Offiziell ist das China Zentrum Bayern in Ingolstadt Anfang August 2015 gestartet. „Wir sind dieses Jahr genau zehn Jahre alt“, freut sich Hannes Schleeh, der Geschäftsführer des Zentrums, das 2014 auf Initiative des damaligen Ingolstädter Oberbürgermeisters, Dr. Christian Lösel, ins Leben gerufen wurde. Dieser sei ein sehr visionärer Mensch gewesen, der davon überzeugt gewesen sei, dass die Zukunft unserer Kinder in Asien und nicht in Amerika liege. Schleeh selbst hat 2014 im Existenzgründerzentrum Ingolstadt angefangen zu arbeiten, das über eine Tochter zur Hälfte der Stadt gehört. Außerdem sind auch die umliegenden Landkreise beteiligt. Das Zentrum ist also keine offizielle Institution des Freistaates Bayern, trotz des Namens. „Wir heißen zwar Bayern und ich habe auch schon Unternehmen von außerhalb unserer Region unterstützt, aber wir sind eine lokale Initiative der Region. Wir haben uns damals China Zentrum Bayern genannt – und das war auch nie ein Problem. Am ersten China-Tag, den wir veranstaltet haben, war auch der damalige bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer, selbst Ingolstädter, dabei und der hatte nichts dagegen“, erinnert er sich. Noch bevor er im September 2014 offiziell angefangen habe, habe ihn der Oberbürgermeister angerufen und gesagt, er wolle, dass Ingolstadt das Düsseldorf des Südens werde und wolle hier Chinesen ansiedeln. Er solle sich etwas überlegen.
Eröffnungszeremonie der Firma WolfX-Hexin (Foto: China Zentrum Bayern)
Die grundsätzliche Idee des Existenzgründerzentrums sei, neuen Unternehmen günstig Flächen anzubieten, um den Start zu erleichtern. „Wir haben über 4.000 m² und zudem über unsere Mutter, in die wir demnächst überführt werden, noch zwei Gebäude in der Nachbarschaft mit großen Hallen und viel Bürofläche. Wir haben von daher auch ideale Voraussetzungen, wenn sich eine Firma aus China hier in Bayern ansiedeln möchte.“ Man könne ihnen den gleichen Service bieten, der für lokale Gründer vorgehalten wird. Außerdem könne das Zentrum mit seinen chinesischen Kunden in ihrer Muttersprache kommunizieren. „Ich habe zwei Mitarbeiter, meine Prokuristin und eine Werkstudentin, die Chinesisch-Muttersprachler sind.“ Zusätzlich bietet das Zentrum ein Netzwerk an Spezialisten, von Steuerberatern zu Fachanwälten bis zu Versicherungsspezialisten, die ihre Angebote auch auf China ausgerichtet haben. Wenn es um ganz große Verträge geht, gibt es Zugang zu großen Beratungskonglomeraten, die einen China Desk haben, aber auch zu lokalen Anwälten vor Ort in Ingolstadt. Das Zentrum pflegt zudem sehr enge Beziehungen zur lokalen Sparkasse. „Es war mal eine Zeit lang immer schwieriger für chinesische Unternehmen, hier in Deutschland ein Konto zu eröffnen, da haben wir sehr eng mit der Bank of China und der Sparkasse zusammengearbeitet“, erzählt Schleeh. Auch der Draht zum Ausländeramt sei kurz, falls es da mal Probleme gäbe.
Präsentation des „China Zentrum Bayern“ mit Hannes Schleeh und Chang-Hua Reichert (Foto: China Zentrum Bayern)
Dabei hatte der Manager vor seiner Zeit in Ingolstadt keinerlei Erfahrung mit China. „Ich war zuvor nie in Asien. Meine erste Reise nach China war mit einer 30-köpfigen Delegation nach Foshan. Die Partnerschaft wurde im Januar 2014 geschlossen, also in dem Jahr, in dem ich hier die Geschäftsführung aufnahm. Die erste Delegationsreise dorthin, 2015, durfte ich dann organisieren.“ Davor hatte Schleeh in sehr vielen unterschiedlichen Bereichen gearbeitet, davon drei Jahre lang selbständig. Er weiß also um die Hürden einer Gründung. Schleeh hat für Adidas, die BASF gearbeitet, und war Assistent bei Gerd Käfer in München. Seine Ausbildung hat er auf einer Hotelfachschule, also in der Gastronomie, gemacht. „Ich habe ein sehr breites, fundiertes Wissen, was in der Beratung ein immenser Vorteil ist“, ist er sicher. Vor seiner Zeit in Ingolstadt hat er in München eine landwirtschaftliche GmbH mit aufgebaut und elf Jahre für sie gearbeitet. „Mir wird immer langweilig, wenn die Routine einsetzt. Von daher hat mich die Aufgabe, etwas mit China aufzubauen, richtig angefuchst“, erläutert er seine Motivation. „Die zweite Delegationsreise habe ich schon mit meiner heutigen chinesischstämmigen Prokuristin gemacht. Wir sind ein richtig gutes Tandem.“
Außenansicht des Existenzgründerzentrums Ingolstadt (Foto: China Zentrum Bayern)
Für Unternehmen aus China sei der Standort Ingolstadt ideal: Die Stadt ist sehr stark im Automotive-Bereich. Das sei zumindest in den letzten zehn Jahren ein enormer Vorteil gewesen. Durch das Audi-Hauptquartier habe die Stadt in China eine enorme Bekanntheit. Auch in der Luftfahrt habe man einiges zu bieten. „Wir haben hier ja die Landebahn von Airbus, auf der sogar das Space Shuttle hätte landen können, und es gibt zudem weitere attraktive Unternehmen auch in anderen Bereichen, wie etwa die Bauer AG im Spezialtiefbau“, so der Manager. Daher zeichne den Standort eine sehr hohe Dichte an Fachkräften aus: „Wir haben hier sehr viele Talente, gerade im Ingenieurwesen. Unsere Fachhochschule wurde in den letzten zehn Jahren enorm ausgebaut. Man hat hier die Fachkräfte und eine gute Anbindung. Der Münchner Flughafen etwa ist nur einen Katzensprung entfernt.“ Das alles biete für chinesische Unternehmen Vorteile.
Ein chinesischer Automobilzulieferer wird jetzt auf einem neu erworbenen Grundstück seine Deutschlandzentrale bauen, denn BMW und Mercedes seien sehr schnell zu erreichen und Audi direkt vor der Haustür. Die Bilanz des Zentrums der letzten zehn Jahre kann sich insgesamt sehen lassen. Man habe rund 50 chinesische Unternehmen in ihrer Anfangsphase im Haus gehabt und sie bei der Ansiedelung in der Region betreut, oder mache das immer noch. „Anfragen hatten wir noch einige mehr, aber natürlich kommt nicht alles zustande.“ Ingolstadt ist ein internationaler Standort mit über 140 Nationalitäten. „Das kommt natürlich durch Audi, die haben sehr viele Mexikaner und Chinesen durch gleich zwei Standorte dort. Nach dem Zweiten Weltkrieg, Mitte der 1940er Jahre, hatten wir 30.000 Einwohner. Jetzt sind es 140.000. Der Zuwachs muss ja irgendwoher kommen.“
Auch wenn er jetzt bald in den Ruhestand wechselt, sei das Zentrum gut aufgestellt: „Natürlich fällt es mir schwer, das China-Zentrum, das wirklich mein Baby ist, zu verlassen. Mir ist um seine Zukunft aber nicht bang.“ Der Wirtschaftsreferent der Stadt sei sehr China affin. Er setze sehr stark auf die Ansiedelung chinesischer Firmen, weil die Stadt einen sehr starken Überhang der Autoindustrie habe. „Da ist China sehr stark und wir versuchen passende Unternehmen aus diesem Sektor aber auch aus anderen Bereichen aus China hier anzusiedeln.“ Ingolstadt sei sehr aktiv im Bereich „Urban Air Mobility“, was in China „Low-altitude Economy“ genannt werde. Dafür gibt es in der Stadt sogar ein eigenes Gründerzentrum, direkt am Flughafen in Manching, wo man auch Drohnen austesten kann. Auch die Fachhochschule sei mit einem europaweiten Drohnen-Testzentrum hier sehr aktiv. „Wir organisieren auch gerade eine Delegationsreise mit Experten aus ganz Deutschland aus dem Drohnengeschäft.“ Das Engagement in diesem Sektor werde mit China auf jeden Fall ausgeweitet. Schleeh ist überzeugt: „Unser Verhältnis zu China wird in Zukunft immer besser werden.“
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