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Gespräch über grüne Weichenstellung

2022-12-05 16:55:00 Source:german.chinatoday.com.cn Author:Sudeshna Sarkar
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Da die Seidenstraßeninitiative sich zunehmend auf eine klimagerechte, nachhaltige Entwicklung konzentriert, sollten China und die USA das Kriegsbeil begraben, zumindest was den Klimawandel betrifft. 

 

  


Ein riesiges Kunstwerk aus Sand, finanziert von britischen Künstlern, schmückt New Brighton Beach, um am 31. Mai 2021 in Merseyside, Großbritannien, die Öffentlichkeit auf die globale Erwärmung aufmerksam zu machen. 


Vor zehn Jahren hätte niemand geglaubt, dass an einem Samstagabend, der besten Zeit für Unterhaltung und Sportereignisse, mehr als 50 000 Menschen etwas sehen würden, das weder ein Fußballspiel noch ein Blockbuster-Film, auch kein Pop-Konzert mit Spitzenkünstlern war, sondern eine Gesprächsrunde, bei der Beamte und Experten über die Bedeutung des Umweltschutzes, das gemeinsame Vorgehen gegen den Klimawandel und die Rolle Chinas dabei diskutierten. 

 

Doch genau das geschah kürzlich auf einer Konferenz zum Thema „Eine grüne Seidenstraßeninitiative und eine grüne gemeinsame Zukunft“, die von der BRI International Green Development Coalition (BRIGC) und dem China Global Television Network veranstaltet wurde. Die Konferenz fand in Beijing statt, aber die Zuschauer kamen aus verschiedenen Teilen der Welt – den Vereinigten Staaten, Äthiopien, Pakistan und einigen anderen Ländern. Darunter waren auch viele junge Menschen, hauptsächlich Hochschul- und Universitätsstudenten. Obwohl sie aus unterschiedlichen Regionen kamen, hatten sie eines gemeinsam: die Angst vor der Klimakatastrophe. Einige erleben gegenwärtig die schlimmste Dürre ihres Lebens, andere müssen mit beispiellosen Sturzfluten kämpfen, wieder andere mit Wirbelstürmen und Waldbränden. 

 

Die steigende Zahl solcher Extremwetterereignisse hat die weltweite Besorgnis über den Klimawandel und das Interesse am in Ägypten tagenden UN-Klimagipfel COP27 verstärkt und die Erwartungen erhöht, die in diesen Gipfel gesetzt wurden. Und sie haben auch das Interesse an der erwähnten grünen Seidenstraßeninitiative geweckt, was sich an der Zahl der Teilnehmer am Runden Tisch ablesen ließ. 

  

Grüne Seidenstraßeninitiative 

  

Die Seidenstraßeninitiative, die 2013 von China initiiert wurde, ist zum größten Infrastrukturprojekt der Gegenwart geworden: Im Mittelpunkt steht der Bau von Autobahnen, Eisenbahnen, Industrieparks, Flughäfen und Telekommunikationstürmen - kurz gesagt, die ganze Bandbreite der Konnektivität, um das Alltagsleben und die Lebensbedingungen in den mittlerweile rund 150 Partnerländern und -regionen zu verbessern. 

 

Kurz vor ihrem 10-jährigen Bestehen hat die Initiative einen neuen Schwerpunkt gefunden: grüne Entwicklung. In seiner Eröffnungsrede auf der Konferenz bezeichnete Huang Runqiu, der chinesische Minister für Ökologie und Umwelt, die grüne Entwicklung als ein entscheidendes Merkmal der gegenwärtigen Initiative, was bedeute, dass ein neuer Weg beschritten werde, um Synergien zwischen Entwicklung und Umweltschutz zu schaffen. 

 

Aufgrund der weltweiten Besorgnis über den Klimawandel, extreme Wetterereignisse und den Verlust der biologischen Vielfalt steht der Aufbau einer grünen Seidenstraßeninitiative mit sauberer Bautechnik, sauberer Energie, sauberem Verkehr und grüner Finanzierung auf der Tagesordnung. Eine grüne Seidenstraßeninitiative bedeutet die Verringerung der Umweltverschmutzung und der Kohlenstoffemissionen sowie den Schutz der Artenvielfalt bei gleichzeitiger Verbesserung der wirtschaftlichen Möglichkeiten für die beteiligten Länder. Erik Solheim, ehemaliger Exekutivdirektor des UN-Umweltprogramms und einer der Teilnehmer am Runden Tisch, bezeichnete dies als „die Chance einer Generation, es richtig zu machen“.   

 

Die entscheidende Komponente der grünen Seidenstraßeninitiative ist Chinas Ziel zur Verringerung der CO₂-Emissionen. Neben dem inländischen Ziel, bis 2030 den Höhepunkt der Kohlenstoffemissionen zu erreichen und bis 2060 kohlenstoffneutral zu werden, wird die Ankündigung von Staatspräsident Xi Jinping im vergangenen Jahr, dass China keine neuen Kohlekraftwerke mehr im Ausland bauen werde, als „enorme Auswirkung“ angesehen. Dimitri de Boer, Direktor für Asien bei ClientEarth, einer gemeinnützigen europäischen Organisation für Umweltrecht, nannte es „die beste Nachricht für das Klima seit dem Pariser Abkommen (zur Begrenzung des Temperaturanstiegs)“. 

 

Hierfür gibt es mehrere Gründe. Nach Angaben der amerikanischen Denkfabrik Global Energy Monitor (GEM) plante China anfangs im Rahmen der Seidenstraßeninitiative den Bau von etwa 44 Kohlekraftwerken im Ausland, in mindestens 13 Ländern in Asien (Russland, Mongolei, Vietnam, Indonesien, Bangladesch und Pakistan), Europa (Bosnien-Herzegowina, Serbien) und Afrika (Elfenbeinküste, Madagaskar, Kenia, Malawi und Südafrika). Einige sind bereits gebaut, andere wurden für den Bau freigegeben und wieder andere sind erst angekündigt. 

 

Nach Schätzungen von GEM bedeutet die Einstellung der neuen Projekte, dass potenzielle künftige Emissionen von 200 Millionen Tonnen Kohlendioxid vermieden werden. De Boer zitierte auch Studien, die besagen, dass alle Kohlekraftwerke, deren Bau China im Rahmen der Seidenstraßeninitiative zugestimmt hatte, die globalen Temperaturen bis zum Ende des Jahrhunderts um 2,7 Grad Celsius erhöht haben würden, wenn sie in Betrieb gingen.  

 

  


Am 6. November 2019 wird Kohle von einem Frachtschiff in Gabtoli unweit von Dhaka entladen. 

  

Eine Politik mit mehreren Effekten 

  

Und es gibt noch mehr Vorteile. Neben dem Verzicht auf neue Kohlekraftwerke im Ausland ist der „vorbildlichste“ Teil von Chinas Kohlenstoffpolitik laut Kevin P. Gallagher, Direktor des Global Development Policy Center der Boston University, die chinesische Entscheidung, die Finanzierung für eine kohlenstoffarme Entwicklung in der ganzen Welt zu erhöhen, was er als „die zentrale Aufgabe unserer Zeit“ bezeichnet. In dieser Hinsicht ist China dem Westen voraus, denn obwohl viele westliche Regierungen und Institutionen ebenfalls von kohlebetriebenen Projekten in Übersee abraten, verpflichten sie sich nicht zu einer neuen kohlenstoffarmen Entwicklung. 

 

Ein aktuelles Beispiel für Chinas Bemühungen um eine kohlenstoffarme Entwicklung ist die Anfang September unterzeichnete Vereinbarung zwischen dem staatlichen Bangladesh Power Development Board und einem chinesisch-bangladeschischen Konsortium über den Bau eines 55-Megawatt-Windkraftwerks in Mongla, dem zweitgrößten Seehafen Bangladeschs. Bangladesch hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2050 mehr als 40 Prozent seiner Energie aus erneuerbaren Energien zu erzeugen, und Berichten zufolge ist China der größte Investor in Projekte für erneuerbare Energie in diesem südasiatischen Land.  

 

„China ist also wirklich in der Lage, hier eine Führungsrolle zu übernehmen“, sagte Gallagher. Neben dem Engagement der chinesischen Politik ist diese Führungsrolle auch auf Chinas „enorme Finanzierungskapazität und technologische Überlegenheit“ zurückzuführen.  

 

Solheim, der derzeit mit dem in Beijing ansässigen BRIGC zusammenarbeitet, ging näher auf Chinas Expertise in grüner Technologie ein. China produziert mehr als 80 Prozent aller Solarpanele der Welt. Im vergangenen Jahr erzeugte das Land 80 Prozent der neuen Wasserkraft der Welt. Es produziert auch 80 Prozent der Offshore-Windkraft und 99 Prozent aller Elektrobusse. Solheim sagte, dass China nicht nur bei allen umweltfreundlichen Technologien, die die Welt braucht, dominiere, sondern sich auch mehr und mehr für umweltfreundliche Praktiken einsetze. Ein Beispiel dafür sei, dass „keine Nation die Umweltverschmutzung so schnell gesenkt hat wie China“. Solheim sagte, dass China in sieben Jahren das geschafft habe, wofür die USA und Europa dreißig Jahre gebraucht hätten. 

 

Die Teilnehmer der Gesprächsrunde betonten, dass die Entwicklung einer grünen BRI zur Bekämpfung des Klimawandels letztlich eine globale Zusammenarbeit erfordere. Zhou Guomei, Generaldirektorin der Abteilung für internationale Zusammenarbeit im chinesischen Ministerium für Ökologie und Umwelt, erläuterte, wie China sein Fachwissen weitergibt. Die Regierung hat bisher den Aufbau von Kapazitäten für mehr als 3.000 Beamte und technische Mitarbeiter aus über 100 Ländern unterstützt. 

 

Grace Fu, Singapurs Ministerin für Nachhaltigkeit und Umwelt, nannte ein weiteres Beispiel für Chinas Engagement in der internationalen Zusammenarbeit: die chinesisch-singapurische Ökostadt Tianjin. Die Ökostadt, 150 km von Beijing entfernt, liegt in der Tianjin Bohai New Area, die als Chinas neuer Wachstumsmotor gilt. Bevor sie gebaut wurde, war die Gegend karg und bestand hauptsächlich aus Salinen und verschmutzten Gewässern. 

 

„In einem Jahrzehnt wurde ein Gebiet mit unbewohnbaren Salinen in eine kohlenstoffarme, lebenswerte und lebendige Smart City umgewandelt“, sagte Fu. „Ihre Null-Abfall-Strategie wird in anderen Städten nachgeahmt.“ Sie hoffe, dass das Gespräch über grüne Entwicklung vorangetrieben werde, so dass „wir voneinander lernen ... und gemeinsam eine bessere Welt aufbauen können.“ 

  

Der Elefant im Raum 

  

Was an den Klimagesprächen besonders nachdenklich macht, ist die Tatsache, dass sie nicht mit diesem einen Runden Tisch begannen und endeten, sondern auf verschiedenen Plattformen fortgesetzt werden, wobei immer wieder die Sprache auf ein Thema zurückkommt – die Beziehungen zwischen China und den USA. Beide Länder arbeiteten 2015 auf der COP21 zusammen, was zum Pariser Abkommen führte. Heute, da zahlreiche weitere Krisen ausgebrochen sind, sagen Experten weltweit, dass die beiden Regierungen zusammenarbeiten müssten, um dem Klimaschutz Richtung und Dynamik zu geben. 

 

Nach dem unklugen Besuch der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses Nancy Pelosi in Taiwan hat China jedoch die Klimakooperation mit den USA ausgesetzt. Das ist einer der Gründe, warum Klimaaktivisten den XX. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas aufmerksam beobachtet haben, in der Hoffnung, dass China trotz der Provokationen einlenken würde, weil das, was auf dem Spiel steht, nicht nur die USA, sondern das Schicksal der ganzen Welt betrifft. 

 

Auf einem anderen Forum formulierte ein Historiker den Gedanken, der allen durch den Kopf geht. Rana Mitter, Geschichtsprofessor an der Universität Oxford, warnte bei einem Gespräch über globale Sicherheit, dass „der globale grenzüberschreitende Klimawandel die Spielregeln für alle verändert hat“. Deshalb müssten die Hauptverursacher des Klimawandels, die USA, China, Indien und die EU, dafür sorgen, dass ihr Klimadialog unabhängig von anderen Themen fortgesetzt werde. „Es ist nicht immer einfach, Fragen der Sicherheit, der Kultur und der internationalen Grenzen voneinander zu trennen, aber das Problem ist, dass sich der Klimawandel nicht darum kümmert. Er wird einfach weitergehen“, sagte er. 

 

Wenn sich die Hauptakteure nicht zusammensetzen und über eine friedliche Welt sprechen würden, wäre dies ein „grober Verrat an den nächsten Generationen, den niemand von uns auf dem Gewissen haben möchte“. 

 

*Sudeshna Sarkar lebt als Journalistin und Redakteurin in Beijing. Als ehemalige Kommentatorin für das Regionalhörfunkprogramm der Deutschen Welle verfolgt sie Chinas Entwicklung, Kultur und internationale Beziehungen. 

 

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