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Grüne Botschafter zwischen den Kulturen: Die spannenden Konzepte hinter den Beijinger Expo-Gärten

2019-05-29 15:06:00 Source:China heute Author:
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Von Zachary G. Lundquist
 
Als Chinas Staatspräsident Xi Jinping und seine Gattin Peng Liyuan im Frühjahr 2014 den Niederlanden einen Staatsbesuch abstatteten, wurden sie von König Willem-Alexander und Königin Máxima zu einer besonderen Zeremonie eingeladen. Der Gattin des chinesischen Staatspräsidenten wurde die Ehre zuteil, eine neu gezüchtete holländische Tulpensorte zu taufen. Zum Gedenken an die in der niederländischen Geschichte geläufige Bezeichnung „Cathay“ für China, taufte Peng Liyuan die neu gezüchtete Tulpe auf diesen Namen. Danach begoss sie die Blume ganz nach heimischem Brauch mit Champagner. Das gesamte Zeremoniell war auch Sinnbild dafür, dass sich der chinesisch-niederländische Austausch im Bereich Gartenbau keineswegs nur auf die Gegenwart beschränkt, er besitzt eine lange historische Tradition.
 
Nimmt man die Kulturgeschichte näher unter die Lupe, wird schnell klar, dass Pflanzen im zwischenstaatlichen Verkehr immer wieder in die Rolle grüner Botschafter geschlüpft sind. Dabei entfalteten sie ihre Funktion nicht nur auf dem diplomatischen Parkett, sondern förderten auch die staatliche Entwicklung im Bereich des Handels und des Umweltschutzes.
 
Eine besondere Plattform für den Austausch und Dialog in der Gegenwart wird diesen grünen Botschaftern aus verschiedensten Ländern derzeit in Beijing geboten, wo noch bis Oktober die Weltgartenbau-Expo stattfindet. 110 Länder und internationale Organisationen nutzen sie, um ihre Erfahrungen im Bereich der grünen Entwicklung zu teilen. Das Großevent der Superlative steht unter dem Motto „Live Green, Live Better“. Die Devise umfasst zudem mehrere Teilaspekte wie „grüne Entwicklung“, „Gartenbaukunst im Leben“, „Harmonie mit der Natur“, „Bildung und Zukunft“ oder „Heimat der Herzen“. Im Folgenden sollen einige ausgewählte Pavillons und ihre Besonderheiten vorgestellt werden.
 
Grünes Zuhause: Integration von Natur und Wohnen
 
Schon beim Betreten des japanischen Pavillons macht sich beim Besucher innere Ruhe breit. Der Pavillon, der durch eine Mauer eingerahmt wird, gliedert sich in einen inneren und einen äußeren Teil. Das Bauwerk fügt sich harmonisch in die natürliche Umgebung und lockt den Besucher zugleich in sein Inneres. Li Jian, Direktionsassistent des japanischen Pavillons, erklärt das Motto des Pavillons: „Harmonie von Pflanzen, Natur und Bauten zur Verwirklichung eines naturnahen Lebens“.
 


Unter dem Motto „Japanese Green Life“ zeigt der japanische Pavillon eindrucksvoll, wie sich Gartenbau und Blumenarrangements harmonisch in die Gestaltung des Wohnraums integrieren lassen. 

Der feine künstliche Wasserfall, die Bäume entlang der Außenmauer und die kleinen Fische, die sich im Wasser tummeln – alles scheint hier harmonisch ineinander zu greifen und verbindet sich zu einer anmutigen Grünfläche. An der Innenseite der Mauer wurden Bambusse gepflanzt. Jenseits des Wasserteiches steht ein naturfarbener Flachbau. Zu seinem minimalistischen Interieur zählt eine traditionelle Faltwand, die der Belüftung dient und sich wie ein Fächer zusammenfalten lässt – ein für die japanische Architektur typisches Element. Im Haus haben die Designer des Pavillons außerdem eine kleine Ausstellung zum Thema „Das Tao der Blumen“ konzipiert. Hier können Besucher an Infotafeln nachlesen, worauf es bei der Bewunderung der Kunst des Blumensteckens zu achten gilt und wie sie selbst Blumenarrangements gestalten können. Das „Tao der Schnittblumen“ bildet ein wichtiges Element der traditionellen japanischen Kultur und gehört zur Philosophie der japanischen Gartenbaukunst.

 

Neben der gewöhnlichen Besichtigung können Besucher auch an verschiedenen Veranstaltungen zu jahreszeitlich abgestimmten Themen teilnehmen, wie uns Li erklärt. Auch konnten die Organisatoren japanische Experten gewinnen, die sich bei Diskussionsrunden und Vorträgen im Pavillon mit Fachkollegen und Interessierten austauschen werden. Das Thema für die erste Zeitspanne vom 29. April bis zum 5. Juli lautet „Bunter Frühling“, verrät uns Li, die Zeit vom 6. Juli bis zum 30. August wird unter dem Motto „Wind des Sommers“ stehen, und für die Zeit vom 31. August bis zum Abschluss der Expo Anfang Oktober haben die Organisatoren das Thema „Früchte des Herbsts“ gewählt. In den ersten Themenwochen wird das Ikebana, Japans alte Kunst des Blumensteckens, vorgestellt; in der zweiten Phase soll die von Ohara Unshin im ausgehenden 19. Jahrhundert begründete Schule der Kunst des Blumensteckens präsentiert werden; und im dritten Themenkomplex wird eine weitere bedeutende japanische Schule des Blumensteckens gezeigt. Auch die Dekorationen werden auf die Jahreszeitenmottos abgestimmt, genauso wie die präsentierten Blumen und Pflanzen. All dies steht ganz im Sinne der Grundidee des japanischen Pavillons, nämlich ein Umfeld zu schaffen, in dem Natur und Leben harmonisch zusammenfließen.

 

Grünes Stadtleben: Dach- und Themengärten sowie eine „lebende Wand“

Auch der niederländische und der britische Pavillon warten mit spannenden Konzepten und Ideen auf. Ersterer wurde vom niederländischen Landschaftsarchitekten Niek Roozen entworfen. Im Interview sagt er: „Die Grundidee unseres Pavillons ist es, Menschen aus aller Welt dazu zu motivieren, ihre Aufmerksamkeit nicht nur auf Nutzpflanzen, die als Nahrungsmittel dienen, zu richten, sondern auch der grünen Vegetation in den Städten mehr Aufmerksamkeit zu schenken.“ Eine Besonderheit des holländischen Pavillons liegt darin, dass dieser kein geschlossenes Bauwerk darstellt. Stattdessen besteht er aus 13 offenen Themengärten, in denen jeweils verschiedene Blumen und andere Pflanzen sprießen. Einer dieser 13 Gärten ist ein Dachgarten, eine spezielle Konstruktion, durch die sich städtisches Regenwasser effektiv sammeln lässt, so dass nur wenig Wasser auf die Straße fließt. Dieser architektonische Entwurf, der Teil wassersparender „Schwammstädte“ ist, hat in der modernen städtischen Entwicklung in den Niederlanden und Nordeuropa in den letzten Jahren an Popularität gewonnen. Im niederländischen Pavillon, so erklärt Architekt Niek Roozen, würden den Expo-Besuchern viele innovative Materialien und Konzepte niederländischer Firmen zu Themen wie Dachgartengestaltung, Treibhaustechnik oder dem Anbau gesunder Nahrungsmittel vorgestellt.

 


Gartentechnik „Made in Holland“: Der niederländische Pavillon präsentiert verschiedene Gartenbautechniken und -produkte, die sich in ihrem Heimatland bereits in der Praxis bewährt haben.  

Neben ansehnlichen kleinen Gärten zeigen sowohl der niederländische als auch der britische Pavillon einzigartige Ideen für grünes Stadtleben, ein Ansatz, der beide Pavillons verbindet. Dies zeigt sich vor allem in dem Versuch, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie Pflanzen besser in die städtische Entwicklung integriert werden können. So ist in beiden Pavillons zum Beispiel eine „lebende Wand“ zu bestaunen, die von Grün bewachsen ist. Jedes der daran sprießenden Gewächse wird von speziellen Wasserleistungssystemen bewässert, die beispielsweise Regenwasser auf dem Dach sammeln oder Wasser aus einem anderen nachhaltigen Bewässerungssystem nutzen. Entwürfe wie diese demonstrieren, wie sich natürliche Ressourcen effizient nutzen lassen und so der Umweltschutz vorangetrieben werden kann.

 

Außerdem setzen beide Pavillons auf das Konzept verschiedener Themengärten, die jeweils unterschiedliche Funktionen erfüllen. So ist ein Teil der Gartenanlage des britischen Pavillons darauf angelegt, Honigbienen und Schmetterlinge anzuziehen. Darüber hinaus gibt es eine Grünfläche zur Präsentation der biologischen Vielfalt sowie einen kleinen botanischen Garten. Manche Pflanzen hier können zur Herstellung von Speisen, Getränken und Kosmetikartikeln genutzt werden. Darüber hinaus ist ein Kinderspielgarten zu bewundern, der ganz nebenbei noch in der Lage ist, Schadstoffe zu absorbieren.

Steven Jewitt-Fleet, Direktor des britischen Pavillons, erklärt, solche Parkanlagen und Gärten seien in Großbritannien häufig anzutreffen. Ferner seien die einzelnen Themengärten des britischen Pavillons darauf ausgerichtet, die Sinnesorgane, insbesondere die Gesichtswahrnehmung, zu stimulieren. Die Pracht der Pflanzen labe das Auge, der Duft von Pfefferminze und chinesischem Veilchen (Telosma cordata) ströme in die Nase, während Bundwurz (Caladium) ein angenehmes Tastgefühl vermittele. „Die verschiedenen Kategorien der Gärten, die hier angelegt wurden, spiegeln nicht nur die Vielfalt von Großbritanniens Erfahrung im Bereich des Gartenbaus, sie sollen die Besucher auch inspirieren, in die biologische Vielfalt einzutauchen und zum Beispiel mehr über die große Bedeutung der Bestäubung von Pflanzen zu erfahren“, so der britische Gartenfachmann.

 

Heilende Bäume und ein Nationalpark im Stadtzentrum

 

Viele Länder der Welt sind auf eine ertragsreiche und gesunde Landwirtschaft angewiesen und tragen oft auch zur Versorgung anderer Staaten bei. Manche davon sind der Öffentlichkeit kaum bekannt, so beispielsweise die Republik Benin aus Westafrika. Auch sie ist auf der diesmaligen internationalen Gartenbau-Expo in Beijing vertreten.

Virgili Ahouamosiha, Botaniker und Direktor des Pavillons Benins, sagt: „Wir hoffen, dass durch unsere Teilnahme noch mehr Menschen aus aller Welt unser Land und unsere Kultur kennen lernen. In Benin und auch in anderen westafrikanischen Ländern wächst ein Baum, der eine außerordentlich hohe Heilwirkung besitzt. Das Gewächs kann mehr als 300 Krankheiten heilen. Die Blätter und Früchte sind gesundheitsförderlich und die Samen sind gut für die Haut.“

Bei besagtem Baum handelt es sich um den so genannten „Wunderbaum“ (Moringa oleifera Lamarck). Der Botaniker aus dem westafrikanischen Benin hofft, unter dem oben angeführten Motto der Expo den Besuchern Land und Leute Benins vorzustellen und ihnen die aus diesem Baum gewonnenen Präparate näher zu bringen, damit die Menschen in anderen Ländern ein noch gesünderes und vielfältigeres Leben führen können.

 


Am Ausstellungsstand von Benin hofft man, durch die Beijinger Expo noch mehr Menschen auf die eigenen pflanzlichen Erzeugnisse aufmerksam zu machen.

Neben Benin besitzt auch die Republik Kenia reiche grüne Ressourcen. Der ostafrikanische Staat hofft, durch die Beijinger Expo das Interesse von noch mehr Menschen aus aller Welt für Kenias grüne Schätze zu wecken. Als Kenia einst seine Hauptstadt Nairobi aufbaute, traf es die Entscheidung, das bestehende Tierschutzgebiet mitten in der modernen Metropole zu erhalten. Heute ist es bekannt als Nairobi Nationalpark, weltweit der einzige Nationalpark, der sich im Zentrum einer Landeshauptstadt befindet. Durch seine Teilnahme an der Expo möchte das ostafrikanische Land seine Erfahrungen im Bereich der grünen Entwicklung mit anderen Ländern teilen. Sammy Nyamu, kenianischer Beamter für Handelsinformationen und Kommerzdienstleistungen, sagt: „Die kenianische Regierung hat beschlossen, während der Expo jeden Monat eine Veranstaltung zu einem bestimmten Mottothema abzuhalten, wie z.B. Tourismus, Handel, Investitionen oder Landwirtschaft. Daran werden Minister und Geschäftsleute aus Kenia teilnehmen.“ Dadurch hoffe man, neue Kräfte für die globale grüne Entwicklung zu schöpfen und auch die grüne Entwicklung im eigenen Land weiter voranzutreiben, so Nyamu.

 

Inspirationen aus Chinas Gärten

 

Auch viele chinesische Provinzen locken durch eigene, von Lokalkolorit geprägte Entwürfe der traditionellen chinesischen Gartenbaukunst die Expo-Besucher an. Im Garten der südostchinesischen Provinz Guangdong beispielsweise ist Gartenbaukunst der sogenannten Lingnan-Schule („Schule der grazilen Anmut“) zu bestaunen. Schon beim Betreten des Ausstellungsgeländes fällt dem Besucher ein charakteristisches Bauwerk aus Holz und Stein ins Auge, das an einem kleinen Teich mit künstlichem Wasserfall gelegen ist. Durch das Hauptbauwerk gelangt man über einen mit Holzbrettern überdachten Korridor zu einer Steinbrücke. Folgt man danach weiter einem schmalen Pfad, erscheinen vor dem Auge des Betrachters künstliche Felsformationen und der oben genannte Wasserfall. Geht man weiter, erreicht man einen kleinen Garten am Eingang. In diesem Garten gedeihen für Südchina typische Blumen und Pflanzen und der Blick des Betrachters bleibt an einem dichten Flechtwerk kleiner Gewässer haften. Alles weist eine besondere Grazie auf. Der Gesamtentwurf verkörpert alle typischen Elemente der Lingnan-Schule.


 

Ein Stück Guangdong in Chinas Hauptstadt: Der Pavillon der südostchinesischen Provinz Guangdong präsentiert die Essenz der berühmten traditionellen Gartenbauschule der grazilen Anmut. 

Neben Gartenbaukunst werden hier auch noch zahlreiche Kunsthandwerkstücke des chinesischen immateriellen Kulturerbes ausgestellt. Zu sehen sind Stein-, Holz- und Ziegelschnitzereien. Das Besondere an ihnen ist ihre harmonische Integration von Natur, Bauwerken und der chinesischen traditionellen Kultur in ihren Motiven. Li Yingjie, Chefarchitekt des Pavillons der Provinz Guangdong und leitender Funktionär des Landwirtschaftsamtes der Provinz, sagt: „Wir wollen die Expo als Plattform nutzen, um die traditionelle Kultur Südchinas zu präsentieren. Obwohl Gärten wie dieser heute in unserer Provinz nur noch selten entworfen und angelegt werden, wollen wir den Besuchern doch das traditionelle Kulturerbe und die traditionelle Gartenbaukunst vor Augen führen.“ Im Guangdonger Garten wird unser Verständnis über grüne Botschafter also nochmals erweitert. Und aus der hier vorgestellten traditionellen grünen Kultur Chinas sind sicherlich Inspirationen zu gewinnen, um auch die eigene Heimat noch schöner zu machen und Natur und Mensch noch besser in Einklang zu bringen.

 

Alle Teilnehmer an der Beijinger Expo, seien es Länder, internationale Organisationen oder Provinzen, haben zwar jeweils ihre ganz eigenen grünen Botschafter mitgebracht, die ihren ganz eigenen Charakter besitzen. Vereint aber sind sie alle in dem Ziel, über die Veranstaltung ihre Entwicklungserfahrungen mit anderen zu teilen und gemeinsam zur grünen Entwicklung und der Verbesserung des Lebens der Menschen beizutragen.

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