Von Hu Yue
Chinas Weltgartenbau-Expo ist ein Großevent, das sich als Olympische Spiele des Gartenbaus bezeichnen lässt. An der groß angelegten Ausstellung in Beijing nehmen insgesamt 110 Länder und internationale Organisationen aus aller Welt sowie mehr als 120 nichtstaatliche Interessenverbände teil. Allein, was die Teilnehmerzahl angeht, stellt die Veranstaltung in Chinas Hauptstadt also einen Rekord auf.
Besuchermagnet: In der kleinen Bäckerei im französischen Pavillon können Messebesucher französische Brotwaren kosten.
„Unsere Produkte gehen im wahrsten Sinne des Wortes weg wie warme Semmeln!“, sagt ein Becker aus Frankreich am Eingang des französischen Pavillons. Er hat am Expo-Eröffnungstag alle Hände voll zu tun. Schon beim Betreten des Pavillons strömt den Besuchern der verführerische Duft frischer französischer Backwaren in die Nase. Zwei Becker hantieren vor den Augen des Publikums gekonnt mit geschmeidigen Teigmassen und geben den Schaulustigen einen Einblick in die Geheimnisse ihres Handwerks.
Allein am Expo-Eröffnungstag, dem 29. April, gingen hier knapp 1000 französische Baguettes und einige Hundert Croissants über die Theke. Die gläserne Fassade der kleinen Backstube gibt den Blick frei auf Küchenbretter, eine Knetmaschine, einen Backofen und ein Brotgestell, alles feinsäuberlich angeordnet. Weizenmehl und andere Zutaten wurden extra aus Frankreich eingeflogen. Die authentische Backstube lockt die Ausstellungsbesucher schon von weitem in Richtung des französischen Gartens und macht ihn damit zu einem der Publikumsmagneten.
„Live green, live better“ – so lautet das Motto der diesjährigen internationalen Gartenbauausstellung, die noch bis Oktober ihre Pforten geöffnet hat. „Der Expo-Slogan steht für den Wunsch, dass normale Stadtbewohner wie du und ich ein besseres Leben führen können, eine bessere Wohnumgebung vorfinden, dass sich ihre alltäglichen Wege noch umweltfreundlicher gestalten, ihre Kleidung keine giftigen Chemikalien enthält, sich ihre Gesundheit verbessert, kurzum dass ihr Lebensumfeld insgesamt noch schöner wird“, kommentiert Cecile Sonia Eyaan, Sonderbeauftragte für den französischen Pavillon und Chefin der chinesisch-französischen Vereinigung für nachhaltige Entwicklung, das Thema der Veranstaltung.
Grünes Leben
„Das Motto dieser Expo tangiert jeden Bürger der Welt“, sagt Alain Berger, der Direktor des französischen Pavillons. Der Ausstellungsexperte fungierte vor vier Jahren schon einmal als Direktor der französischen Ausstellungshalle der Expo 2015 in Milano. Zwar unterscheide sich die französische Halle in Milano wesentlich vom französischen Pavillon in Beijing, doch letztlich liege den beiden Präsentationen das gleiche Konzept zugrunde, so Berger. Grundidee sei es, den Besuchern Frankreichs grüne Landwirtschaft durch hochwertige Bio-Erzeugnisse kulinarisch näher zu bringen.
Der französische Pavillon nutzt Regenwasser, das in speziellen Bassins gesammelt wird, zur Bewässerung von Blumen und Gemüse und erzeugt damit ein kleines Ökosystem im Expo-Garten.
Im Erdgeschoss des französischen Pavillons illustrieren Plakate die verschiedenen Aspekte der französischen Biolandwirtschaft. Auch sind Kleidungsstücke, die aus Bambus und anderen abbaubaren Fasern hergestellt wurden, zu sehen. Damit wollen die Verantwortlichen den Besuchern Einblicke in neue Wege der grünen Stadtentwicklung und eine umweltfreundliche Lebensweise verschaffen.
Auf der Dachterrasse im ersten Stockwerk befindet sich ein Freiluft-Restaurant. „Wir wollen die Weltgartenbau-Expo auch als Plattform nutzen, um französischen Unternehmen zu helfen, den chinesischen Markt zu erschließen“, sagt Eyaan. Teil dieses Konzeptes ist auch, dass im Restaurant des Pavillons einmal im Monat ein Bankett veranstaltet wird, bei dem französische Starköche das Expo-Publikum kulinarisch beglücken. Im französischen Restaurant ist zudem eine Ecke ausgewiesen, in der frisches Gemüse und Obst angebaut werden. Die Köche können ihre Zutaten also teils direkt auf der Dachterrasse ernten – was Besucher zu einem grünen und gesunden Bioleben inspirieren soll.
Die Fassade des Pavillons bildet ein kleines Ökosystem für sich. An der Außenwand sind feste Stoffbeutel mit Gartenerde angebracht, in denen verschiedene Blumen angepflanzt wurden. Auf der Gartenfläche, die den Pavillon umgibt, sprießen landwirtschaftliche Nutzpflanzen wie verschiedene Gemüsesorten, Weizen und andere Getreidearten. Um den Garten herum wurden Rinnen angelegt, in denen Regenwasser gesammelt wird. Dieses dient zur Bewässerung der Blumen und Nutzpflanzen des Gartens. In jedem Detail werden also Ideen der nachhaltigen Entwicklung und des Umweltschutzes aufgegriffen.
Auch der britische Pavillon verkörpert das Konzept der grünen Entwicklung in allen Details. Insbesondere die gezeigten Ideen zur städtischen Raumgestaltung zeigen, wie sich städtische Bauwerke in bepflanzte Erholungszonen umwandeln lassen. Zudem wird ein Konzept für nachhaltige Haushaltsführung präsentiert. Demnach sollte man Bedarfsartikel nach Möglichkeit in einem Kreislauf nutzen, Gebrauchtes erneuern oder recyceln. Sara Everett, Direktorin des britischen Pavillons, sagt: „Großbritannien und China unterstützen einander, fördern durch gemeinsame Anstrengungen den Umweltschutz und bringen die Einwohner dazu, die Bedeutung des Schutzes von Pflanzen und Umwelt zu erkennen.“
Der britische Pavillon zeigt unter anderem, wie sich Ressourcen sinnvoll recyceln und im Alltag nutzen lassen. Aus alten Plastikflaschen, die sonst einfach im Müll gelandet wären, wurde hier ein umweltfreundliches Gartenhaus gebaut. In den Flaschen wird Regenwasser gesammelt, das zur Bewässerung der Pflanzen genutzt wird.
Der japanische Pavillon zeigt sich durchströmt von grünen Lebensentwürfen, die vom Zen-Buddhismus inspiriert sind. Dem architektonischen Konzept der Einheit von Haus und Garten folgend verschmelzen hier Gartenlandschaft und bauliche Dekorationselemente. Durch die ebenerdigen Fenster des Pavillons können die Besucher die Gartenlandschaft auch von Innen aus bewundern, wodurch eine unmittelbare Rückkehr in die Natur ermöglicht werden soll. Durch diese Symbiose von Konstruktion und Grün bezaubert die japanische Ausstellungsfläche mit unverwechselbarem architektonischem Stil.
Nachhaltige Stadtentwicklung
Im Zuge des ständigen Wachstums moderner Städte steigt auch die Zahl städtischer Gebäude rasant, was wiederum eine starke Belastung der Wasser-, Luft und Bodenressourcen nach sich zieht. Umso wichtiger erscheint vor diesem Hintergrund die internationale Zusammenarbeit in Sachen Umweltschutz. Das ist wohl letztlich auch einer der Hauptgründe, warum so viele Länder und internationale Organisationen auf der Beijinger Expo Präsenz zeigen, liefert die Ausstellung doch eine gute Plattform für Austausch und Kommunikation, die das gegenseitige Lernen einzelner Länder, die gemeinsame Nutzung guter Erfahrungen und die Nachahmung von Paradenbeispielen im Bereich der nachhaltigen Stadtentwicklung ermöglicht. Und diese zeigt sich besonders gut in den zahlreichen Länderpavillons auf dem Expo-Gelände.
Auch der internationale Pavillon hat Modellcharakter. Das Areal wird von 94 „Schirmen“ konischer Form beschützt, die als Fotovoltaik-Anlage dienen. Die tagsüber über sie aus Sonnenenergie gewonnene und gespeicherte Elektrizität unterstützt nach Sonnenuntergang den Betrieb des Pavillons. Doch die Gebilde dienen nicht nur als „Sonnen-“, sondern auch als „Regenschirme“. In ihrer Mitte ist nämlich jeweils eine rohrförmige Vorrichtung zum Sammeln von Regenwasser angebracht, das zur Bewässerung der vorhandenen Pflanzen eingesetzt wird.
Die Konstruktion des internationalen Pavillons weist eine ganze Reihe solcher innovativer technischer Lösungen auf, die als Vorbild für die Förderung nachhaltiger Stadtentwicklung dienen können. Es gibt Ideen für Sonnenschutz und natürliche Belüftung, Verdampfungskühlung und Tropfbewässerung oder zur Regenwasserspeicherung. Dank dieser technischen Maßnahmen weist der Pavillon einen niedrigen Energieverbrauch und hohe Umweltfreundlichkeit auf, er ist ein Prototyp für grüne städtische Architektur.
Der deutsche Pavillon steht unter dem Motto „Die Zukunft säen“. Im Innern ist eine Ausstellung zu besichtigen, die den Entwicklungsweg der Stadt Essen im vergangenen halben Jahrhundert festhält. In den 1960er Jahren war die Ruhrmetropole noch vom Kohlenbergbau geprägt, heute ist zu einer grünen europäischen Weltstadt gereift. Außerdem zeigen die Organisatoren verschiedene Alltagsgegenstände aus recycelbaren Materialien. Zu sehen sind beispielsweise Tische und Stühle aus Bambus, wasserdichte Gummistiefel aus Mais und Sportschuhe im Naturlook aus Baumpilzen. All das verkörpert das Konzept der nachhaltigen Entwicklung.
Die belgischen Verantwortlichen haben unterdessen „Wolken“ als das zentrale Thema des belgischen Expo-Pavillons gewählt. Die dahinter stehende Grundidee ist, den menschlichen Wohnraum möglichst nahtlos in die Natur zu integrieren. Die künstlichen Wolken, die auf der belgischen Ausstellungsfläche gezeigt werden, sind nicht nur als Kunstwerk aufzufassen, sondern sie bilden auch einen Bestandteil des Pavillons und bieten Zuschauern Schutz vor Regen. Recycling und Nachhaltigkeit ziehen sich als Themen auch wie ein roter Faden durch die gesamte Gestaltung des belgischen Pavillons und der dazugehörigen Gartenfläche.
Internationale Zusammenarbeit zum Schutz der Artenvielfalt
In seiner Rede auf der Eröffnungszeremonie der Weltgartenbau-Expo am 29. April erklärte Chinas Staatspräsident Xi Jinping: „Eine schöne Heimat aufzubauen, ist der gemeinsame Traum der Menschheit. Angesichts bestehender Herausforderungen im Bereich der Ökosysteme und der Umwelt bildet die Menschheit eine Schicksalsgemeinschaft, in der der Aufschwung bzw. Abschwung eines Landes letztendlich zum Aufschwung bzw. Abschwung aller Länder führt.“ Kein Land könne nur auf eigene Vervollkommnung bedacht sein, so der Staatspräsident. „Nur wenn wir Hand in Hand zusammenarbeiten, können wir globale Umweltprobleme wie den Klimawandel, die Verschmutzung der Weltmeere und den Schutz der biologischen Vielfalt bewältigen und die in der UN-Agenda 2030 enthaltenen Ziele für die nachhaltige Entwicklung erreichen.“ Nur wenn man Schulter an Schulter vorwärts schreite, könne das Konzept der grünen Entwicklung tief im allgemeinen Bewusstsein verankert und auf dem Weg der globalen ökologischen Zivilisation könnten sicheren Schrittes langfristige Erfolge erzielt werden, betonte Chinas Staatspräsident weiter.
Zu Xi Jinpings Rede sagte Berger: „Chinas Staatspräsident Xi Jinping hat bei verschiedenen Angelegenheiten über Themen wie den Umweltschutz und den Schutz der Artenvielfalt gesprochen. Die Menschheit sollte die Verantwortung für den Schutz der Artenvielfalt von Tieren und Pflanzen gemeinsam auf sich nehmen.“ Denn an der Artenvielfalt hänge die Zukunft der Erde und an der Zukunft der Erde wiederum die Zukunft der Menschheit, so der französische Funktionär.
China wird im Jahr 2020 als Gastgeberland die 15. Konferenz der Unterzeichnerländer der „UN-Konvention über biologische Vielfalt“ veranstalten. Viele Länder hegen auch angesichts dessen die Erwartung, dass die Volksrepublik bis dahin auch im Bereich des Schutzes biologischer Vielfalt als verantwortungsbewusstes großes Land auftritt und eine noch aktivere Rolle spielt.
In seiner Rede auf der Eröffnungszeremonie betonte Staatspräsident Xi: „Die Weltgartenbau-Expo in Beijing steht unter dem Motto ,live green, live better‘ und verfolgt das Ziel, die Menschen dazu zu bringen, Respekt vor der Natur zu hegen, sich in die Natur zu integrieren und ein schönes Leben zu führen. Ich hoffe, dass die durch die Expo-Gärten präsentierten und vermittelten Ideen der grünen Entwicklung auch die entferntesten Winkel der Welt erreichen.“