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5G-Anwendung: Onlinekliniken beflügeln Chinas Gesundheitsreform

2020-01-21 09:56:00 Source:China heute Author:
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Von Zhang Xi

 

Die 5G-Technologie steht kurz vor der breiten Anwendung. Das dürfte auch die Gesundheitsbranche noch einmal kräftig umkrempeln. Besonders deutlich wird das im Bereich der sogenannten Onlinekrankenhäuser – ein Feld, auf dem sich schon heute in China vieles bewegt. Laut dem „Bericht über Onlinekrankenhäuser 2019: Von der Modellveränderung zur Dienstleistungsinnovation“, den das chinesische Institut VCBeat Research, eine auf medizinische Fachinformationen spezialisierte Forschungseinrichtung, kürzlich veröffentlichte, wurden bis Oktober 2019 landesweit bereits 269 dieser Onlinekrankenhäuser in China eröffnet.



Gesundheitscheck in der Smart-Klinik: Am 6. November 2018 unterzog sich diese junge Frau in Wuzhen einer ärztlichen Untersuchung des örtlichen Internetkrankenhauses. 



„Der Aufbau solcher internetgestützter Krankenhäuser befindet sich in China derzeit in einer heißen Phase“, sagt Wen Jian, Leiter der Zweigstelle für Internetkrankenhäuser der Chinese Research Hospital Association. Die neuen Hospitäler verbänden erfolgreich moderne Internettechnik mit den realen Bedürfnissen des Gesundheitswesens, so der Experte. Dies fördere die Entwicklung einer ganzen Wirtschaftsbranche und erleichtere der Bevölkerung den Arztbesuch.

 

Modernisierung der Medizinbranche

 

Wir schreiben Mai 2017. Es ist ein milder Frühlingsmorgen, als Zhang Qiangbin in seinem kleinen Heimatdorf Duangoucun im Kreis Jiaxian in der zentralchinesischen Provinz Henan plötzlich Herzrasen und Schwindelgefühl verspürt. Der herbeigerufene Landarzt, Wang Tingjie, erstellt ein Tele-Elektrokardiogramm und sendet die Daten an das Kreiskrankenhaus. Als die Experten dort eine Erkrankung der Innenwand der Hauptschlagader diagnostizieren, wird Zhang per Notarztwagen in das Krankenhaus Nummer 1 der Universität Zhengzhou in der Provinzhauptstadt eingeliefert. Dank der rechtzeitigen Rettungsmaßnahmen kommt Zhang mit dem Leben davon. Rückblickend sagt er: „Es ging wirklich um Leben und Tod. Ich hätte nicht gedacht, dass mir das Internet einmal buchstäblich das Leben retten würde.“

 

„Das Internet beflügelt heute alle Bereiche der modernen Medizin wie beispielsweise Telediagnosen, Telekonsilien, die Unterzeichnung von Einverständniserklärungen mit dem Hausarzt und Fahrten internetgestützter Ambulanzwagen durch die Dörfer“, sagt Guo Hao, Direktor der zentralen Sanitätsstation der Gemeinde Anliang, in der auch das Dorf Duangoucun liegt. „All das bringt den Menschen in den 41 Dörfern, die unserer Gemeinde unterstehen, enorme Vorteile. Knapp 50.000 Einwohner kommen so heute bequem in den Genuss hochwertiger medizinischer Dienstleistungen, ohne ihre Dörfer verlassen zu müssen“, sagt der Mediziner. Zudem könnten sich die Ärzte an der Basis heute bei der Diagnose besser mit medizinischen Experten höherer Ebenen austauschen und beraten, so Guo.

 

Internetgestützte Krankenhäuser sind Dienstleistungsplattformen für medizinische Online- und Offline-Behandlung. Ob Anmeldung, Terminvereinbarung, Diagnosegespräch oder Arzneimittelverschreibung und -lieferung – alles wird hier über das Internet abgewickelt. Durch eine gekonnte Integration realer Krankenhäuser mit den Plattformen der Online-Hospitale wird es möglich, Leistungen wie medizinische Beratung, Arztbesuche und die Betreuung chronisch Kranker online abzuwickeln. Als erster Schritt ist es hierfür jedoch noch immer erforderlich, dass der Patient bei einem ersten Arztbesuch eine herkömmliche Klinik aufsucht. Dort wird ein genauer Check-up durchgeführt und es werden mögliche Krankheitsbilder erfasst. Weitere Arztbesuche können dann online erfolgen. Die behandelnden Mediziner können den Patienten über die Plattform anhand von Bildern, Krankheitsberichten und Videos neue Diagnosen stellen bzw. Vorschläge zur Genesung unterbreiten. Bei kleineren Beschwerden ist so in Zukunft kein Krankenhausbesuch mehr nötig und für chronische und häufig auftretende Krankheiten können Rezepte auch online ausgestellt werden. Die neuen Möglichkeiten ersparen schon heute zahlreichen Patienten allerlei Unannehmlichkeiten beim Arztbesuch, und auch im Notfall kann mit ihrer Hilfe selbst in entlegenen Regionen rechtzeitige Hilfe geleistet werden, wodurch unnötiges Leid vermieden wird.

 

Welche Vorzüge die gute Integration von Online- und Offlinebehandlung bringt, wird auch am Beispiel internetgestützter Ambulanzwagen deutlich. Auf den ersten Blick sehen diese Fahrzeuge wie gewöhnliche Kombiwagen aus, doch im Innern sind sie mit verschiedensten medizinischen Geräten auf neuestem Stand ausgestattet, darunter Geräte für biochemische Analysen, Ultraschalluntersuchung, Elektrokardiogramme und integrierte Gesundheitsuntersuchungen. Mit den neuen Wagen können also umfangreiche Untersuchungen mobil vor Ort durchgeführt werden, wobei die Ärzte die erhobenen Daten anschließend in einer digitalen Gesundheitsakte erfassen.

 

Guo sagt: „Diese Krankenwagen können direkt in die Dörfer fahren und dort die wichtigsten Zielgruppen wie Senioren, Kinder, Schwangere und chronisch Kranke an Ort und Stelle untersuchen. Alle Untersuchungen laufen dabei direkt zusammen.“ Die neuen Wagen böten den Dorfbewohnern damit intelligente, internetgestützte öffentliche Gesundheitsdienstleistungen auf modernstem Niveau. „Durch den Einsatz eines solchen Wagens können an einem einzigen Vormittag bis zu einhundert Einwohner behandelt werden. Atteste werden elektronisch ausgestellt und in Echtzeit auf die Handys der Patienten sowie auch an die digitale Plattform für öffentliches Gesundheitswesen der Provinz gesendet. Damit kommen die Dienste direkt zu den Bewohnern“, erklärt Guo.



Die Onlinekrankenhäuser durchbrechen räumliche Einschränkungen und sind zudem mit den realen Krankenhäusern vernetzt, so dass auch Menschen auf dem Land und in entlegenen Gebieten Chinas in den Genuss hochwertiger medizinischer Ressourcen kommen. 


Die Onlinekrankenhäuser durchbrechen also die räumlichen und zeitlichen Einschränkungen traditioneller medizinischer Einrichtungen und verbinden sich mit den realen Krankenhäusern, so dass auch Menschen auf dem Land und in entlegenen Gebieten Chinas in den Genuss hochwertiger medizinischer Ressourcen kommen. Einer der größten Betreiber einer solchen medizinischen Plattform ist WeDoctor. Das Onlineportal hat bereits mit einem Dutzend Städten wie Tianjin, Pingdingshan und Sanming eine digitale Community für Gesundheitsfürsorge aufgebaut, die schon heute mehr als 25 Millionen Einwohner abdeckt.

 

Neben der Onlineverschreibung und -lieferung von Arzneimitteln bieten viele Apotheken in China ihre Produkte auch über die großen Essens-Expresslieferdienste des Landes wie Ele.me oder Meituan an. Über sie können Patienten rezeptfreie Medikamente bequem online per App ordern. Die Präparate werden innerhalb von etwa 30 Minuten per Expressbote bis an die Wohnungstür geliefert, womit die Besorgung von Medikamenten sich erheblich erleichtert hat.

 

Gesundheitsreform 3.0: Von medizinischen Behandlungszentren zu Zentren für Gesundheitspflege

 

Liao Jieyuan, Begründer und CEO von WeDoctor, sagt, das digitale Gesundheitswesen verspreche den breitesten Entwicklungsweg der internetgestützten Wirtschaftsbranchen. Die Digitalisierung beeinflusse die gesamte Branche und kremple ihre bestehenden Dienstleistungsketten und das traditionelle Geschäftsumfeld gehörig um.

 

Im Zeitalter des internetgestützten Konsums beläuft sich allein das Handelsvolumen der E-Commerce-Plattform des Branchenriesen Alibaba auf mehr als eine Billion Yuan. Das jährliche Handelsvolumen des chinesischen Medikamentenmarktes übersteigt derweil 2,2 Billionen Yuan und weist zudem eine rasant steigende Tendenz auf. Chinas zweitgrößte Digitalhandelsplattform mit einem Umsatz von mehr als einer Billion Yuan dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit also in Zukunft im Bereich der Gesundheitspflege aus der Taufe gehoben werden.

 

Angesichts ihrer Erfolge spielen die Digitalplattformen bei der Reform hin zur besseren Integration von medizinischer Behandlung, Krankenversicherung und Medikamentenversorgung eine wichtige Rolle. Sie haben unter anderem dafür gesorgt, dass die Medikamentenpreise merklich gesunken sind. Beispielsweise ermöglicht die Digitalplattform Haixi Medicine Exchange der Stadt Sanming (Provinz Fujian) den landesweit zentralisierten Einkauf von Grundstoffen zur Medikamentenherstellung. Innerhalb von sieben Jahren haben sich die Ausgaben durch das neue Angebot um 7,36 Milliarden Yuan verringert. Im April 2019 nahm dieses Handelszentrum für Medikamente im Auftrag des staatlichen Amtes für Gesundheitsfürsorge den Aufbau eines untergeordneten Verwaltungssystems in Angriff, das in Zukunft der landesweiten Ausschreibung und dem landesweiten Einkauf von Medikamenten und medizinischen Verbrauchsmateriealien dienen soll. So will China die Errichtung regionaler Einkaufsplattformen für Medikamente vorantreiben. Die Zentralisierung von Medikamenteneinkauf, Preisverhandlungen, Handel, Abrechnung, Kontrolle und Verwaltung soll bewirken, dass die Einkaufspreise in einem weiteren Schritt sinken. Nach der Fertigstellung derartiger Plattformen können Berechnungen zufolge jährlich Finanzausgaben von mindestens 600 Milliarden Yuan eingespart werden.

 

Auf dem China Entrepreneur Summit 2019 stellte der chinesische Topmanager Liao Jieyuan drei Phasen zur Verwirklichung der Ziele der neuen Reformrunde in Chinas Gesundheitswesen vor: In einer ersten Phase sollen demnach die überhöhten Medikamentenpreise gesenkt werden, indem die zur Herstellung benötigten Grundmaterialien gemeinsam eingekauft werden. In einer zweiten Phase wolle man die Behandlung der Patienten je nach Erkrankungsgrad in Krankenhäusern verschiedener Ebenen durchsetzen und so das Problem der unausgewogenen Allokation medizinischer Ressourcen lösen. In einer dritten Phase soll erreicht werden, dass die medizinischen Behandlungszentren zu echten Gesundheitspflegezentren avancieren.

 

Kontroll- und Verwaltungsplattformen sollen Branchenentwicklung fördern

 

Doch angesichts der rasanten Entwicklung sieht sich die internetgestützte Medizinbranche auch mit verschiedenen Problemen konfrontiert, so etwa mit der Frage, ob Internetkliniken als Novum in Zukunft komplett kommerzialisiert werden sollten oder stattdessen mehr Gewicht auf die gesellschaftliche Verantwortung zu legen ist? Ist es sinnvoll zunächst nach quantitativer Expansion oder nach Qualitätsverbesserung zu streben? Und sollten die Onlinehospitale lieber eigene Krankenhäuser errichten oder mit Drittseiten kooperieren?

 

Wang Hang, Begründer und CEO der Medizinplattform www.haodf.com, sagt, dass medizinische Fürsorge eine lebenslange Frage sei. „Für eine stabile Entwicklung bildet zweifelsohne die Qualität den Schlüssel“, sagt er. In ihrem Entwicklungsprozess sollten die neuen internetgestützten Kliniken Kommerzialisierung, gemeinnützige Aspekte und grundlegende gesellschaftliche Fragen miteinander verbinden, das gelte insbesondere für das Hier und Jetzt. Die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung bilde für die Branche die entscheidende Linie, die es zu wahren gelte, sagt der Unternehmer. Was die zukünftige Entwicklungsrichtung der Onlinekrankenhäuser angehe, so könne man vor allem von den wertvollen Erfahrungen des E-Commerce lernen. „Branchenriesen für elektronische Haushaltsgeräte wie die Haier Group oder Gree Electric Appliances verfügen zwar auch über eigene E-Commerce-Plattformen, aber ihre Hauptumsätze erwirtschaften sie über allgemeine Onlineshoppingportale wie Jingdong und Tianmao“, analysiert der Topmanager.

 

Auch gilt es, zu klären, wie das fachliche Niveau und die Autorität der Onlineärzte und Krankenhäuser garantiert werden sollen – ebenfalls eine besorgniserregende Frage, die einer guten Antwort harrt. Hier vertreten viele die Auffassung, dass das „Internet plus medizinische Behandlung“ zu einer „Internetgestützten medizinischen Behandlung plus Kontrolle und Verwaltung“ geführt werden müsse. Es gelte, durch die Ergänzung dieser Komponenten die Sicherheit und Qualität von Onlinebehandlungen zu gewährleisten. Das ist eine weitere wichtige Entwicklungstendenz der chinesischen Onlinekrankenhäuser.

 

Im Januar 2019 wurde die Plattform für Onlinekrankenhäuser der Provinz Zhejiang als landesweit erste nach dem Modell „Dienstleistung plus Kontrolle und Verwaltung“ betriebene Onlinekrankenhausplattform in Betrieb genommen. In ihre Kompetenz fallen die Kontrolle und Verwaltung aller medizinischen Institutionen, die internetgestützte medizinische Dienstleistungen anbieten. Dabei geht es um weitgefächerte Aufgabenbereiche, zum Beispiel um die Kontrolle und Verwaltung von Onlinekliniken, ihrer Geschäftsbereiche und ihrer Dienstleistungen, die Kontrolle und Verwaltung der beruflichen Qualifikationen der dort tätigen Ärzte, Krankenschwestern und Pharmazeuten, die Kontrolle und Verwaltung des gesamten Verschreibungsvorgangs von Medikamenten sowie die Kontrolle und Verwaltung der medizinischen Behandlung.

 

Alles in allem scheint die Branche zuversichtlich, was die Integration der Onlineplattformen angeht. Bis heute sind bereits zahlreiche Krankenhäuser der Kategorie 3, also der höchsten Leistungsstufe Chinas, und verschiedene Spezialkliniken auf den verschiedenen Plattformen für Onlinekrankenhäuser registriert. Andere Krankenhäuser haben begonnen, eigene Onlineplattformen aufzubauen. Mit der Verbreitung der 5G-Technologie dürften Chinas Onlinekrankenhäuser im Jahr 2020 zweifelsohne einen starken Aufschwung nehmen.  

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