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Alternative Schiene: Der China-Europa-Express wird zum logistischen Anker in der Coronakrise

2020-05-25 11:20:00 Source:China heute Author:
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Der China-Europa-Express: Am 25. Februar verlässt ein voll beladener Güterzug den internationalen Eisenbahn-Port Chengdu in Richtung Europa.

 

Von Ma Li

 

Der plötzliche Ausbruch des neuartigen Coronavirus war für viele chinesische Unternehmen ein Schock. Auch am E-Commerce-Unternehmen Maibang aus Chengdu, der Hauptstadt der südwestchinesischen Provinz Sichuan, ging die Epidemie nicht spurlos vorbei. Zunächst lag der Geschäftsbetrieb vollständig still.

 

Da viele internationale Zug- und Flugverbindungen seit dem 22. Januar eingestellt worden waren, konnte das Unternehmen 60.000 Dosen Säuglingsmilchpuver, die bereits aus Australien und Europa bestellt waren, nicht wie geplant ausliefern. „Bei uns stand das Telefon nicht mehr still. Es waren vor allem junge Eltern am Apparat, die uns baten, ihre Bestellungen so schnell wie möglich auszuliefern“, erinnert sich der Generalmanager des Unternehmens, Yang Zihang, im Interview mit „China heute“. Er sagt: „Die vergangenen Frühlingsfestfeiertage waren für mich wirklich nervenaufreibend. Ich bekam sogar einen Ausschlag am ganzen Mund.“

 

Yangs Unternehmen betreibt eine grenzüberschreitende E-Commerce-Plattform, die hauptsächlich Importprodukte wie Milchpulver, Gesundheitsartikel und Kosmetika vertreibt. Nach dem Ausbruch der Epidemie strandeten etwa 100.000 Dosen Saulingsmilchpulver, die das Unternehmen vor der Epidemie bestellt hatte, in Übersee. 



Hochbetrieb auch in Coronazeiten: Das Be- und Entlade-Container-Terminal des internationalen Güterbahnhofs Chengdu

 

Am 3. Februar begann sich die Situation dann zu bessern, vor allem dank der Hilfe der Firma Chengdu International Railway Port Investment & Development (CIPI), die ein Betriebszentrum in der polnischen Stadt Malaszewicze betreibt. Sie half dabei, einen Teil der sehnlichst erwarteten Waren kurzfristig in Güterzüge aus Nürnberg und Lodz zu verfrachten. Schon zwei Tage später verließen 30.000 Dosen Milchpulver Deutschland in Richtung China.

 

15 Tage später, also am 20. Februar, erreichten sie das internationale Schienenfrachtzentrum Qingbaijiang in Chengdu. „Dank der Unterstützung von CIPI hat unser Unternehmen die Krise gut überstanden“, sagt Generalmanager Yang.

 

Angesichts der Epidemie wurden in einigen Regionen Chinas die Güterzugverbindungen zwischen China und Europa reduziert bzw. ganz ausgesetzt. Mit der Wiederaufnahme der Produktion an verschiedenen Orten nahmen die Züge jedoch schnell wieder ihren Betrieb auf. Sie wurden so zu einem wichtigen Bindeglied zwischen chinesischen Verbrauchern und Importwaren aus Europa.

 

Auftragsplus auch während der Epidemie

 

Während der Epidemie werden alle Container einer strengen Desinfektion unterzogen, bevor sie am Bahnhof verladen werden dürfen.


Die Chinesin Zhao Xiaofang betreibt in Chengdu eine Lederschuhfabrik. Ihre Abnehmer sitzen hauptsächlich in Europa. „Um die Transportkosten niedrig zu halten, befördern wir normalerweise 80 Prozent unserer Waren über Straßen- und Seewege nach Europa“, sagt Zhao. „Durch die Coronakrise stockte jedoch der Versand unserer Produkte, da es in China vielerorts Transportbeschränkungen gab, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen“, sagt die Geschäftsfrau. 

 

Zhao wandte sich daraufhin an Wang Ping, den Betriebsleiter der Firma Chengdu Free Trade Supply Chain Services. Dieser half ihr, ihre Lederwaren mit dem China-Europa-Güterzugexpress nach Russland zu transportieren. Ein kurzer Anruf und schon war die Sache unter Dach und Fach. „Das war wirklich eine große Überraschung für mich“, sagt die Geschäftsfrau.

 

„Wir haben einen maßgeschneiderten Plan für Frau Zhao erstellt und ihr eine schnelle und kostengünstige Logistik angeboten“, erklärt Wang Ping. Zhao war zufrieden mit dem Angebot und beschloss, rund 400 Container mit Schuhen, also die Mehrheit ihrer Bestellungen in diesem Jahr, per Schiene an ihre ausländischen Kunden zu liefern.

 

Seit dem Ausbruch der Epidemie wurden die Güterzugverbindungen zwischen China und Europa für viele Unternehmer zum rettenden Anker. Laut CIPI erhielten die China-Europa-Güterzüge in den ersten zwei Monaten des Jahres 2020 deutlich mehr Aufträge als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Mehr als 200 Züge mit über 140.000 Tonnen Gütern, darunter Elektrowaren, Automobile, Bekleidung und Holz, wurden von Chengdu nach Europa transportiert, was einer Steigerung um 80 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht.



Blick auf den internationalen Güterbahnhof Chengdu

 

„Einer der Gründe für die Auftragssteigerung liegt ganz klar darin, dass viele Kunden, die früher den Luft-, See- oder Straßentransport nutzten, in der gegenwärtigen Situation mit Schwierigkeiten konfrontiert waren, so dass sie sich vermehrt der Schiene zuwandten“, erklärt Li Chengyuan, Direktor einer integrierten Abteilung von CIPI. Andererseits hätten sich einige Hersteller elektronischer Produkte auch aufgrund des reibungslosen Betriebs der Züge für einen langfristigen Transportwechsels auf die Schiene entschieden, sagt er. 

 

Laut ihm hätte auch der Güterverkehr in Chengdu, wie in vielen anderen Städten des Landes, die Auswirkungen der Epidemie deutlich zu spüren bekommen. „Ohne die Epidemie hätte die Wachstumsrate für diesen Zeitraum wahrscheinlich bei 90 Prozent gelegen oder sogar noch darüber“, sagt er. 

 

Sein Unternehmen CIPI habe nach dem Ausbruch der Epidemie sofort Gegenmaßnahmen ergriffen, um die Auswirkungen der Coronakrise abzufedern. „Beispielsweise haben wir gezielt Personal eingesetzt, um über die Maßnahmen zur Epidemiebekämpfung in den Ländern entlang der China-Europa-Eisenbahn auf dem Laufenden zu bleiben und die diesbezügliche Kommunikation zu verstärken, sodass wir einen reibungslosen Zugbetrieb sicherstellen konnten“, erklärt er.

 

Darüber hinaus kooperiere CIPI auch mit Unternehmen in der Europäischen Union, um die Waren auch in diesen schwierigen Zeiten pünktlich an die Kunden auf dem gesamten europäischen Kontinent auszuliefern, nachdem sie im Betriebszentrum Malaszewicze eingetroffen sind. „Wir bereiten schon vorab die Lieferungen für die Hin- und Rückfahrt vor, um die Effizienz zu erhöhen und die Transportkosten zu senken“, erklärt Li. „Dies trägt auch dazu bei, dass unser Unternehmen sich mehr Aufträge sichern kann.“ 



Ziel Europa: Dieser Güterzug startete seine lange Reise vom internationalen Güterbahnhof Ganzhou, Provinz Jiangxi, aus. 

 

Auch die China-Europa-Güterzüge von Changsha in der zentralchinesischen Provinz Hunan erlebten in den ersten zwei Monaten des Jahres 2020 einen Geschäftsboom, nämlich einen Anstieg um 143 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

 

Die beste Wahl in dieser besonderen Zeit

 

Am Abend des 26. Februar verließ ein mit Computern, LCD-Bildschirmen und Waschmaschinen voll beladener Güterzug die Stadt Chengdu. In den kommenden 13 Tagen passierte er Kasachstan, Russland, Weißrussland, Polen und Deutschland. Sein Zielort war Tilburg in den Niederlanden.

 

„Zusammen mit den 31 Containern, die wir bereits einige Tage zuvor transportiert hatten, haben wir seit dem Ausbruch der Epidemie insgesamt 47 Container per Zug verfrachtet. Der China-Europa-Express ist eine gute Wahl für uns geworden“, sagt Fu Wenbin, Senior Director der Lenovo Group, der für die Lieferkette in der Region China zuständig ist.

 

Da während der Epidemie der Transport zwischen China und Europa eingeschränkt wurde, war auch die Lenovo Group mit logistischen Schwierigkeiten konfrontiert. „CIPI hat uns in dieser Situation Notversanddienste angeboten. Dank dieser Unterstützung konnten wir unsere Probleme beim internationalen Transport während der Epidemie weitgehend lösen“, sagt Fu.

 

In der Vergangenheit seien die Produkte der Lenovo Group überwiegend auf dem Seeweg verschifft worden. Die Coronakrise habe bewirkt, dass nun ein Drittel der Exportgüter der Firma ihren Weg per Güterzug von Chengdu nach Europa fände. „Das ist für uns deutlich günstiger als auf dem Luftweg“, sagt Fu. „Ob ein Unternehmen während der Epidemie in der Lage ist, seine Waren pünktlich zum Kunden zu bringen, ist für seine Glaubwürdigkeit von entscheidender Bedeutung. So lassen sich Vertrauen und Kundenzufriedenheit festigen“, sagt er. „Die zwei erfolgreichen Lieferungen mit dem China-Europa-Güterexpress haben bewiesen, dass unsere Wahl goldrichtig war.“

 

Laut Ma Hongying, dem Direktor der Abteilung für internationale Zusammenarbeit der China State Railway Group (China Railway), erreichte das Volumen der Im- und Exporte über den internationalen Schienengüterverkehr bis zum 19. Februar rund 8,67 Millionen Tonnen, eine Steigerung um 8,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. „Darunter wurden 83.000 TEU Waren mit dem China-Europa-Express transportiert. Das war eine Steigerung um 1,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr“, sagt er.

 

Laut ihm zeichne sich der China-Europa-Express durch einzigartige Vorteile wie hohe Effizienz, Wetterunabhängigkeit und abschnittsweisen Transport aus. „Die Aufrechterhaltung eines stabilen Betriebs der Güterzüge zwischen China und Europa ist von großer Bedeutung für den reibungslosen Ablauf der internationalen Logistik sowie für die Stabilisierung der chinesischen Wirtschaft, insbesondere des chinesischen Außenhandels“, sagt Ma.

 

Zeng Yi, Direktorin der Abteilung für internationale Kommunikation, die der Verwaltungskommission des internationalen Eisenbahn-Ports Chengdu untersteht, erklärt, die Güterzüge hätten auch große Mengen gespendeter Materialien zur Epidemiebekämpfung von Europa nach China befördert. „Wir haben hierfür einige Vorzugsmaßnahmen eingeführt, zum Beispiel Spenden für Regierung und Wohltätigkeitsorganisationen von allen Frachtkosten befreit“, sagt Zeng. 

 

Wiederaufnahme der Arbeit

 

Nachdem die Epidemie in China allmählich unter Kontrolle gebracht worden war, nahmen auch die China-Europa-Güterzüge allmählich ihren regulären Betrieb wieder auf. „Ungefähr 90 Prozent der Güterzüge fahren mittlerweile wieder“, sagt Ma Hongying.

 

Am 10. Februar fuhr ein Zug mit 86 TEU Fracht von Yiwu, einem wichtigen Handelszentrum für Verbraucherartikel in der südostchinesischen Provinz Zhejiang, nach Minsk in Weißrussland. Drei Tage später brach ein weiterer voll beladener Güterzug mit 82 TEU von Jinhua in der Provinz Zhejiang nach Kirgisistan auf. Seit Mitte Februar sind nun alle China-Europa-Güterzüge im ganzen Land wieder im Normalbetrieb, einschließlich Xuzhou und Nanjing in der Provinz Jiangsu, Zhengzhou in Henan, Taiyuan in Shanxi, Daqing in Heilongjiang und Erenhot in der Inneren Mongolei.



Der erste Postzug zwischen China und Europa erreicht das Zhengzhou Railway Container Center.

 

Laut Ma habe China Railway als verantwortliche Stelle für die Abfertigung aller China-Europa-Güterzüge während der Epidemie flexible Maßnahmen eingeführt, um den normalen und sicheren Betrieb der Güterzüge zu gewährleisten. Darüber hinaus habe man das Betriebsverfahren angepasst, um den Anforderungen zur Prävention und Bekämpfung der Epidemie in anderen Ländern gerecht zu werden.

 

„In Bezug auf die Lokomotiven, Be- und Entladewerkzeuge sowie Arbeitskräfte stellt unser Unternehmen große Unterstützung zur Verfügung“, sagt Ma. Darüber hinaus habe China Railway seine Rolle zur Koordinierung mit den ausländischen Eisenbahnbehörden und Frachtunternehmen voll entfaltet, um den Notfallplan zu optimieren. „Darüber hinaus haben wir auch große Anstrengungen unternommen, um unsere Zusammenarbeit mit Zoll- und Grenzkontrollbehörden zu stärken, um eine möglichst effiziente Zollabfertigung zu gewährleisten“, fügt Ma hinzu.

 

Um die Entwicklung des Güterverkehrs zwischen China und Europa weiter zu fördern, hat die Allgemeine Zollverwaltung der Volksrepublik China am 24. Februar ein Paket mit zehn Maßnahmen auf den Weg gebracht. Ziel ist es, den Wirtschafts- und Handelsaustausch zwischen den Ländern entlang der Eisenbahnlinie weiter zu fördern. 

 

Schon vor der Einführung dieser zehn Maßnahmen hatten die Zollbehörden von Chengdu und anderen Städten ihre Formalitäten zur Abwicklung von Zollverfahren online veröffentlicht, um die Effizienz zu erhöhen und die Bedürfnisse besser zu befriedigen.

 

„In dieser besonderen Zeit arbeiten wir eng mit den Eisenbahn- und Zollbehörden zusammen, damit jeder Güterzug in Richtung Europa unser Land sicher verlässt und jede Warensendung ihren Zielort sicher erreicht“, sagt Li Chengyuan zum Abschluss.

 

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