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Malerisches Xinjiang: Bezirk Ili mausert sich zum Touristenmagneten

2021-08-24 13:17:00 Source: Author:
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Von Wang Bowen

 

Der Kasachische Autonome Bezirk Ili, gelegen im gleichnamigen Flusstal im Westen des Uigurischen Autonomen Gebiets Xinjiang, besticht durch seine herrlichen Landschaften: Weite Wiesen, blaue Seen und romantische Blumenfelder entfalten sich hier vor der malerischen Kulisse des Tianshan-Gebirges. Jedes Jahr zieht die Gegend Zehntausende Touristen aus dem In- und Ausland an. Nicht umsonst gibt es in Ili das bekannte Sprichwort: „Bevor man in Xinjiang war, hat man keine Vorstellung von Chinas Größe; und bevor man in Ili war, hat man keine Vorstellung von der Schönheit Xinjiangs.“

 

In den letzten Jahren hat der Bezirk Ili große Anstrengungen unternommen, um seine natürlichen Ressourcen und die ethnische Kultur zu einem Motor für den Tourismus zu entwickeln. So hat der Bezirk erfolgreich einen Weg zur Wiederbelebung des ländlichen Raums eingeschlagen.

 

Eine duftende, violette Einnahmequelle

 

Schon aus der Ferne empfängt die Touristen im Dorf Sigong betörender Lavendelduft. Der Ort, der zur Gemeinde Lucaogou im Kreis Huocheng in Ili gehört, ist bekannt für seine atemberaubende Blütenlandschaft. Hier streichelt der Wind sachte die violetten Felder, während sich der Blick in den Weiten des Tianshan-Gebirges am Horizont verliert.

 

Was jedoch nur die wenigsten Besucher wissen: Dieses Blumenmeer war einst karge und steinige Einöde. Der dünne und sandige Boden nimmt nämlich kein Wasser auf, was das Wachstum vieler Pflanzenarten nahezu unmöglich macht. Wie ließ sich die Gegend dennoch touristisch aufwerten? Das fragten sich die lokalen Verantwortlichen. Das Parteikomitee der Gemeinde Lucaogou stellte schließlich in Zusammenarbeit mit den Kadern des Dorfes Sigong eingehende Untersuchungen an. Letztlich fassten alle Beteiligten gemeinsam den Entschluss, Lavendel anzubauen. Denn für das Gewächs sind die örtlichen Gegebenheiten geradezu optimal. Dank des einzigartigen lokalen Klimas und der günstigen geografischen Umgebung sprießt Lavendel hier äußerst üppig. Nach und nach wurden im Anschluss verschiedene Verarbeitungsbetriebe errichtet, um Nebenprodukte wie ätherisches Lavendelöl, Seife und Duftkissen herzustellen.

 



Ein Traum in Violette: Wo einst karge, steinige Ödnis war, erstrahlt heute ein prächtiges Blumenmeer.


Angesichts der Fülle an Lavendelblüten kam den Dorfkadern zudem noch eine weitere Geschäftsidee: Sie schlugen den Dorfbewohnern vor, ihre Privathöfe in kleine Gästehäuser zu verwandeln und so direkt ins Tourismusgeschäft einzusteigen. Laut Li Zengjie, Sekretär des Parteikomitees der Gemeinde Lucaogou, erreiche das Pro-Kopf-Jahreseinkommen der Dorfbewohner Sigongs mittlerweile im Schnitt 22.000 Yuan. „Insgesamt 38 Familien sind ins Gasthausgewerbe eingestiegen. 2019 haben sie zusammen mehr als 200.000 Touristen beherbergt“, berichtet er.

 

„Der Lavendel hat das Leben meiner Familie wirklich zum Besseren gewendet“, bestätigt Dorfbewohner Ma Lingfei. „Früher hatten wir nicht einmal ein Motorrad, jetzt besitzen wir zwei Autos“, sagt er. Ma betreibe jetzt eine eigene Anlage zum Trocknen der Lavendelblüten. Darüber hinaus habe er in seinem Haus einen kleinen Ausstellungs- und Verkaufsraum für Lavendelprodukte eingerichtet. Er sagt stolz: „Heute erziele ich ein Jahreseinkommen von mehr als 300.000 Yuan durch den Großhandel auf E-Commerce-Plattformen sowie die Verkäufe an Touristen vor Ort.“

 

Neben der Förderung der Integration von lokaler Landwirtschaft und Tourismus lotet das Dorf Sigong derzeit außerdem den Einstieg in die Film- und Fernsehproduktion aus. Laut Parteisekretär Li beantrage das Dorf gerade den Bau einer Basis für Film- und Fernsehaufnahmen. „Mittlerweile ist unsere Gegend vielen Menschen aus dem Internet bekannt. Das verleiht der Entwicklung des lokalen Tourismus natürlich nochmals zusätzlichen Schub“, freut er sich.



 

Lavendel bringt Wohlstand: Dorfbewohner Ma Lingfei im Interview.


Das Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde

 

Wir machen uns auf in den Osten des Flusstals, in das Landschaftsgebiet Nalati im Kreis Xinyuan. Schon beim Eintreffen an der Empfangsstation für Touristen erspäht man einen Blick auf malerische Orte wie das umliegende Grasland und die Pferderennbahnen. Wir befinden uns hier im Ort mit dem größten Anteil kasachischer Bevölkerung in ganz China. Wer die bis heute bewahrten traditionellen Volksbräuche der kasachischen Minderheit und die reiche Graslandkultur kennen lernen möchte, ist hier an der richtigen Adresse.



 

Touristenmagnet: Das Landschaftsgebiet Nalati


Besonders eindrucksvoll lässt sich Nalati auf dem Rücken der Pferde erkunden. Kein Wunder also, dass man überall Touristen zu Pferd sieht, die die grünen Bergtupfer und die wunderschöne Landschaft bewundern. Alle Pferde stammen von der Pferdegenossenschaft des Dorfs Alashan am Osteingang des Landschaftsgebiets. Diese Genossenschaft wurde im Mai 2013 gegründet und besteht hauptsächlich aus Hirten des Dorfes. Tabusi, Generalmanager der Genossenschaft, sagt: „Bevor die Genossenschaft gegründet wurde, habe ich meine zwei Pferde oft mitgenommen, um Touristen anzulocken. Aber wegen der schlechten Sicherheitsmaßnahmen kam es manchmal zu Stürzen bei den Touristen, so dass ich letztlich mehr Geld verlor, als ich verdiente.“ Mit den wachsenden Touristenzahlen sei ihm dann die Idee gekommen, eine Genossenschaft zu gründen. Mit Genehmigung der Gemeindeverwaltung investierte das Landschaftsgebiet Nalati schließlich 600.000 Yuan in den Bau öffentlicher Serviceeinrichtungen wie Pferdekoppeln, Zaunanlagen und Büros, die der Genossenschaft kostenlos zur Verfügung gestellt wurden.

 

Der örtliche Tourismusboom hat dafür gesorgt, dass sich heute immer mehr lokale Bauern und Hirten an der Pferdegenossenschaft beteiligen. Während der Hochsaison von Mai bis Oktober sind 160 Pferde im Einsatz. Jedes davon erwirtschaftet durchschnittlich 200 Yuan pro Tag. Das Jahreseinkommen liegt mittlerweile bei 35.000 Yuan. Zudem hat die Genossenschaft 160 Arbeitsplätze geschaffen und auf diese Weise geholfen, 20 Haushalte aus der Armut zu befreien.

 

Einer der Einheimischen, für den die Pferdewirtschaft die entscheidende Wende im Leben brachte, ist A’ersheng. Einst lebte der 27-Jährige aus Alashan unterhalb der Armutsgrenze. Sein Vater starb früh, die Mutter kümmerte sich allein um ihn und seinen Bruder. Über die Viehzucht verdiente die Familie gerade so viel, um über die Runden zu kommen. 2016 entschloss sich der junge Mann, ein Pferd der Familie der Genossenschaft zur Verfügung zu stellen und beteiligte sich so am Pferdeverleih für die Touristen. 2018 gelang es ihm durch die Investition, die Armut hinter sich zu lassen. Heute bringt ihm und seiner Familie die Pferdewirtschaft gepaart mit der Viehzucht ein stabiles Einkommen. „Dieses Jahr bin ich in eine neue Wohnung umgezogen und bald werden meine Freundin und ich heiraten“, erzählt er uns stolz. Die Genossenschaft habe nicht nur sein Einkommen gesteigert, sondern ihm auch berufliche Erfüllung gebracht. „Ich liebe Pferde seit meiner Kindheit. Schon mit fünf Jahren nahm ich an meinem ersten Pferderennen teil. Der neue Job macht mir von daher eine Menge Spaß. Außerdem kann ich so hier in der Nähe meines Zuhauses arbeiten.“

 

Neben der Pferdegenossenschaft leitet die lokale Regierung die Landwirte und Hirten auch aktiv dabei an, sich noch stärker im Bereich der Tourismusentwicklung einzubringen, nämlich indem sich die Einheimischen den Jurten-Genossenschaften anschließen oder Gasthäuser bzw. Gaststätten eröffnen. Auf diese Weise sollen sie an den Dividenden des touristischen Aufschwungs teilhaben. Tabusis Frau betreibt ein kleines Gasthaus an der Landesstraße 218. Zusammen mit dem Einkommen aus der Pferdegenossenschaft verdient die Familie so mehr als 300.000 Yuan pro Jahr. Insgesamt hat das Landschaftsgebiet Nalati mehr als 10.000 Arbeitsplätze für die Bewohner in der Gemeinde geschaffen.

 

Die Tourismusentwicklung hat den Einheimischen also wichtige neue Einnahmenquelle beschert und ihnen bescheidenen Wohlstand gebracht. In Zukunft soll die Reisebranche die Wiederbelebung des ländlichen Raums noch weiter voranbringen.



 

Tabusi (links), Generalmanager der Pferdegenossenschaft, mit Dorfbewohner A’ersheng (rechts)


Musikalische Visitenkarte

 

Was wäre eine malerische Landschaft ohne untermalende Klänge? Auch musikalisch hat das Landschaftsgebiet Nalati einiges zu bieten! Viele lokale Musiker komponieren hier bis heute Volkslieder mit traditioneller Note. Einer der bekanntesten darunter ist Gitarrist Wan Haitao, Frontmann der Band Nalati.

 

Wan ist in Nalati geboren und aufgewachsen. Die Musik wurde ihm quasi in die Wiege gelegt. Mit 29 packte Wan jedoch zunächst seine Koffer und fuhr nach Chengdu in der südwestlichen Provinz Sichuan, um sich dort mit seiner Musik zu verdingen. Ende 2018 schlug ihm die Leitung des Landschaftsgebiets Nalati vor, in die Heimat zurückzukehren und eine Band zu gründen, um den malerischen Ort landesweit bekannt zu machen.

 

Wan war schnell Feuer und Flamme und kehrte in die Heimat zurück. Gemeinsam mit neun lokalen Musikern gründete er die Band Nalati. Die Gruppe integriert lokale Volksklänge mit modernen musikalischen Einflüssen, um das Kulturerbe der kasachischen Bevölkerung hervor- und in die Moderne zu heben.

 

Mit Blick auf seine Zeit in Chengdu sagt Wan: „Es ist wirklich schwierig für einen Sänger, Karriere in der Ferne zu machen. Und es gab für mich auch immer finanzielle Sorgen.“ Zurück in der Heimat habe er nun das Gefühl, zu den eigenen Wurzeln zurückgekehrt zu sein. „Mit stabilem Einkommen kann ich mich ganz dem künstlerischen Schaffen widmen“, sagt er.

 

Dank der wachsenden Bekanntheit unter Besuchern der Gegend wird Wan nun auch vermehrt zu Aufführungen in anderen Teilen des Landes eingeladen. „Heute verdiene ich monatlich mehr als 10.000 Yuan“, sagt er.

 

Der Tourismus hat nicht nur dringend benötigte Arbeitsplätze geschaffen, sondern auch vielen jungen Menschen eine Plattform gegeben, um ihre Talente zu zeigen und sich zu verwirklichen. Wan freut sich besonders darüber, dass er seine Heimat heute durch seine Musik einem größeren Publikum vorstellen kann. „Ich hoffe, dass unsere Band die großartige kasachische Musikkultur aus Xinjiang Menschen aus aller Welt bekannt machen wird“, sagt er.

 

Für die Einheimischen ist der Tourismus nicht nur ein wichtiger Weg zur Wiederbelebung des ländlichen Raums, sondern auch ein Schlüssel zum Wohlstand. Tourismus spielt heute in ganz China eine immer wichtigere Rolle bei der Wiederbelebung der ländlichen Gebiete. Am 1. Juni 2021 trat das Gesetz der Volksrepublik China zur Förderung der Wiederbelebung des ländlichen Raums in Kraft. Es bietet eine Garantie für die Umsetzung der Strategie. Darin wird detailliert festgelegt, wie Kultur und Tourismus entwickelt werden sollen.

 

Der Gesetzesvorstoß wird sicherlich auch dem Tourismus in Ili weiteren Aufwind geben und dessen gesunde und nachhaltige Entwicklung in jeder Hinsicht fördern. Dies wird wiederum den Landwirten zugutekommen und den Aufbau eines schönen ländlichen Raums mit intakten Ökosystemen und guter Industrieentwicklung fördern, in dem die Bewohner ein glückliches und wohlhabendes Leben führen können.



 

Musiker Wan Haitao (links) möchte mit seiner Band die kasachische Musikkultur aus Xinjiang in die Welt tragen.

 

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