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Berufsbildung schafft Zukunft: Die BN Vocational School in Beijing

2022-02-09 10:42:00 Source: Author:
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Von Yang Shuangshuang 

  

„Bildung erhellt das Leben, Fertigkeiten verwurzeln uns in der Gesellschaft.“ Diese ermutigenden Worte begrüßen die Besucher im Foyer der BN Vocational School (BNVS) in Beijing. Die Schule bietet kostenlose Berufsausbildung an. Sie war einst die erste ihrer Art in ganz China. 

  

Ursprünglich wurde die BNVS als gemeinnützige Einrichtung für die Bildung von Wanderarbeiterkindern gegründet. Heute aber finden hier Kinder aus armen Familien im ganzen Land eine Chance auf Ausbildung.  

 


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Bildung bringt die Wende 

  

Yao Li, die Gründerin der Schule, arbeitete Ende der 1980er Jahre zunächst für ein staatliches Außenhandelsunternehmen. Damals unternahm sie Geschäftsreisen in den Westen, wo sie mit modernen philanthropischen Ideen in Berührung kam. In ihrer späteren Position als Leiterin einer Immobilienfirma stellte sie fest, dass in der Branche ein gravierender Fachkräftemangel herrschte. Gleichzeitig hängten viele Kinder von Wanderarbeitern ihre schulische Karriere frühzeitig an den Nagel. Yao Li brachte dies auf die Idee, eine gemeinnützige Berufsschule zu gründen. 2005 wurde die BNVS mit Unterstützung von einigen Geschäftsfreunden ins Leben gerufen.  

  

Im Bewerbungsprozess mit schriftlicher Prüfung und Vorstellungsgespräch wurden im ersten Ausbildungsjahr 84 von 200 Bewerberinnen und Bewerbern ausgewählt. Die Kinder kamen allesamt aus einkommensschwachen Familien, stammten aus 21 verschiedenen Provinzen bzw. autonomen Regionen im ganzen Land.  

  

Wen Bo, Präsident der BNVS, erklärt, dass sich eine Berufsschule deutlich von den normalen Schulen unterscheide. Es kämen andere Lehrmethoden zum Einsatz. „Die Unternehmen sind an der Gestaltung des Lehrplans beteiligt, damit er den Anforderungen des Marktes entspricht“, erklärt er. „Einige unserer Klassen werden von Fachkräften aus der Praxis unterrichtet. Zudem sind auch Betriebspraktika Teil des Ausbildungsprozesses“, so Wen. 

  

In den Anfangsjahren bot die BNVS vor allem Qualifizierungskurse für Elektrotechnik, Klimatechnik und Hoteldienstleistungen an, wonach damals auf dem Arbeitsmarkt hohe Nachfrage bestand. Um den veränderten gesellschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden, wurde der Lehrplan im Laufe der Jahre aber immer wieder nachjustiert. Er deckt heute auch neue Technologien und Fertigkeiten ab. „Anfangs lag die Ausbildungsdauer bei 24 Monaten. Das erste Ausbildungsjahr wurde auf dem Campus absolviert, das zweite in einer Praxisphase am Arbeitsplatz. Als die erste Gruppe im Jahr 2007 ihren Abschluss machte, waren sie bei den Arbeitgebern sehr gefragt“, erinnert sich Wen Bo. 

  

Die BNVS legt besonderen Wert darauf, ihren Schülern ein gewisses Berufsethos zu vermitteln. Ein Personalleiter eines Fünf-Sterne-Hotels sagte einmal zu Wen, er habe beobachtet, dass BNVS-Absolventen ihre Aufgaben mit großer Freude erfüllen. Aus diesem Grund erhalte die Schule regelmäßig positive Rückmeldungen von Arbeitgebern. Mittlerweile habe man knapp 5000 Absolventen erfolgreich ins Berufsleben entlassen. Sie alle hätten eine passende Beschäftigung gefunden, sagt Wen. 

 


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Ganzheitliche Bildung 

  

Um die Qualität der Ausbildung zu gewährleisten, gibt es bei der BNVS nur eine begrenzte Zahl an Ausbildungsplätzen. In der Regel lernen weniger als 100 Schüler auf dem Campus der Schule. Landesweit aber wurden bereits weitere Schulen nach dem Vorbild der BNVS eröffnet. Ziel ist es, noch mehr Kindern aus armen Familien den Zugang zu beruflicher Bildung zu ermöglichen. 

  

Nach dem Erdbeben von Wenchuan in der Provinz Sichuan im Jahr 2008 holte die BNVS 20 Schüler aus dem Erdbebengebiet nach Beijing. Ein Jahr später gründete man eine Schwesterschule in Chengdu, der Hauptstadt Sichuans. Sie richtete sich gezielt an Schüler aus dem Erdbebengebiet sowie aus anderen Teilen der Provinz, die hauptsächlich von Tibetern bewohnt werden. In den Folgejahren kamen auch in anderen Teilen Chinas Ableger hinzu. 2021 gab es unter anderem Schwesterschulen in Sanya auf der Insel Hainan sowie in den Metropolen Nanjing und Wuhan.   

  

Die BNVC setzt dabei auf ganzheitliche Bildung. Es geht also nicht nur um die Vermittlung von Wissen, sondern auch um die Stärkung des staatsbürgerlichen Bewusstseins. Wen Bo verdeutlich das Konzept an einem Beispiel: „Ein guter Autofahrer sollte schließlich nicht nur wissen, wie man ein Fahrzeug steuert und die Verkehrsregeln einhält, sondern er muss auch ein Bewusstsein für sicheres Fahren und Respekt vor dem Leben anderer haben.“  

  

Um eine ganzheitliche Bildung zu realisieren, hat die BNVS 30 Prozent ihrer Kurse auf Kultur, Kunst und Sprachen ausgerichtet. Cao Yingjie ist eine der Absolventinnen der Schule. Mit 13 Jahren ließ der Vater die Familie im Stich. Seither kümmerte sie sich alleine um ihre krebskranke Mutter. An der BNVS lernte Cao Japanisch. Eigentlich sollte es nach dem Abschluss nach Japan zum Arbeiten gehen. Doch dann kam Corona. Schließlich fand Cao eine Anstellung in einem Einkaufszentrum. Das regelmäßige Gehalt ermöglicht es ihr, die Mutter zu unterstützen. Parallel dazu setzt die junge Frau ihr Studium fort, um später eine noch bessere Zukunft zu haben. 

    

Cao Yingjie ist kein Einzelfall. An der BNVS finden sich zahlreiche junge Leute, denen die Schule ebenfalls neue Perspektiven und Wege eröffnet. Ein Mädchen aus der Provinz Henan sah sich gezwungen, die Schule zu Hause abzubrechen, damit ihre Familie für die Bildung ihres jüngeren Bruders aufkommen konnte. Als sie sich mit Gelegenheitsjobs in der Stadt durchschlug, erfuhr sie von der BNVS und deren kostenlosen Bildungsprogrammen. Sie meldete sich an, bestand alle Prüfungen und wurde angenommen. Wen sagt: „Es gibt viele arme Familien im ländlichen Raum, die es sich nicht leisten können, alle ihre Kinder zur Schule zu schicken. Daher ist es umso wichtiger, jungen Mädchen aus solchen Familien die Möglichkeit zu geben, auf die Schulbank zurückzukehren. Wir möchten junge Menschen heranbilden, die die Fertigkeiten und Fähigkeiten besitzen, ein glückliches Leben zu führen.“ 

  

Die Ausbildung an der BNVS verbessert nicht nur die finanzielle Situation der Absolventen, sondern auch ihrer Familien. Um sich zu revanchieren, spenden fast alle Absolventen später an die Schule, sobald sie im Berufsleben stehen, um auch anderen Kindern zu helfen, eine bessere Ausbildung zu erhalten.  

 


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Mehr Bedürftigen helfen 

  

Die BNVS trägt als erste gemeinnützige Schule des Landes, die eine kostenlose Berufsausbildung anbietet, also ihren Teil zu Chinas Bemühungen der Armutsüberwindung bei. Nachdem die absolute Armut in China wie geplant im Jahr 2020 überwunden werden konnte, fragen sich viele, ob nun die Zahl der geförderten Schüler zurückgehen wird. 

  

Dazu sagt Wen: „Eine Studie von 2015 zeigt, dass bis zu 85 Prozent der Schüler an den sekundären Berufsschulen Chinas aus ländlichen Familien stammen. Auch nach der Beseitigung der absoluten Armut bleiben Kinder vom Land also unsere Hauptzielgruppe.“ Man werde in Zukunft neue Modelle einführen, um den veränderten gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung zu tragen, fügt er hinzu.  

  

Im Oktober letzten Jahres veröffentlichten das Büro des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas und des Staatsrates ein Dokument zur Förderung der qualitativ hochwertigen Entwicklung der modernen Berufsbildung. Darin wird klar das Ziel formuliert, Chinas Berufsausbildung auf ein Weltniveau zu heben, den gesellschaftlichen Status von technischen Fachkräften zu erhöhen und sicherzustellen, dass das Angebot an Berufsbildungsressourcen den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungsbedürfnissen des Landes bis 2035 in hohem Maß entspricht und ihre Rolle beim Aufbau eines modernen sozialistischen Landes deutlich gestärkt wird. 

  

Die BNVS dürfte eine Vorreiterrolle bei der Förderung der beruflichen Bildung spielen. Die Schule ist schon heute dabei, ihre Präsenz weltweit auszubauen. Erste Projekte gibt es unter anderem in Angola. Nach dem Ende des Bürgerkriegs im Jahr 2002 begann der afrikanische Staat mit einem massiven Wiederaufbau. Das chinesische Unternehmen CITIC Construction kam 2008 ins Land, um zu helfen. Um junge Einheimische aus armen Familien auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten und professionelle Arbeitskräfte für die eigenen Geschäftstätigkeiten vor Ort auszubilden, gründete das Unternehmen im Jahre 2014 eine Berufsschule nach dem Vorbild der Hauptstadtschule – die BNVS Angola. 

  

„Der Schulableger in Angola nimmt Schüler im Alter von 16 bis 25 Jahren auf und bietet ihnen unter anderem Ausbildungsprogramme in den Bereichen Elektrotechnik, Maschinenbau, Bauwesen und Hoteldienstleistungen. Die Auszubildenden haben außerdem die Möglichkeit, in Beijing zu studieren“, sagt Wen. 

  

Die meisten Mitglieder des Lehrkörpers sind Angolaner, die sich für Bildung und Wohltätigkeit engagieren. Neben der Finanzierung durch CITIC Construction wird die Schule auch von der örtlichen Gemeinde sowie weiteren chinesischen Unternehmen und internationalen Organisationen in Angola unterstützt. 

  

Da die Seidenstraßeninitiative an Fahrt gewinnt, sucht die BNVS nach weiteren Möglichkeiten für Chinas Berufsbildungseinrichtungen, sich global auszurichten. So sollen in Zukunft noch mehr qualifizierte Arbeitskräfte in den Seidenstraßenländern ausgebildet werden.

  

 

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