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Trotz zahlreicher Herausforderungen: Neue Chancen für die Internationalisierung des RMB

2021-03-10 13:29:00 Source: Author:
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Von Xu Gang*

 

2020 war wirtschaftlich kein leichtes Jahr. Die globale Rezession aufgrund der COVID-19-Pandemie und die wachsenden Spannungen zwischen China und den USA haben pessimistische Stimmen in Bezug auf die Zukunft der Weltwirtschaft vermehrt. Eine Entwicklung läuft diesem Trend jedoch entgegen und macht Hoffnung: die zunehmende Internationalisierung des RMB. Dieser Prozess und die vielen positiven Indikatoren im Zusammenhang damit setzen positive Signale und werden in einer wirtschaftlich allgemein eher düsteren Zeit zu einem Zeichen der Hoffnung.

 

Laut dem von der China Banking Association veröffentlichten „Bericht über die Internationalisierung des RMB 2019-2020“ verzeichnete das Volumen der grenzüberschreitenden Zahlungsabwicklung in RMB trotz der Auswirkungen der Pandemie ein starkes Wachstum. 2019 sowie im ersten Halbjahr 2020 stieg das Volumen im Vorjahresvergleich um jeweils 24,1 bzw. 36,3 Prozent. Mittlerweile ist die chinesische Währung die fünftgrößte Reservewährung der Welt. Unter den bevorzugten Zahlungswährungen rangiert der RMB auf Platz fünf, bei den wichtigsten Devisenwährungen an achter Stelle. Heute wird bereits in 242 Ländern und Regionen eine grenzüberschreitende Abwicklung in RMB angeboten. Die Chinesische Volksbank hat bilaterale Swap-Abkommen mit den Zentralbanken von 39 Ländern und Regionen unterzeichnet. All dies spiegelt den erhöhten Internationalisierungsgrad der chinesischen Währung.

 



Kein leichter Weg

 

Doch der Internationalisierungsprozess des RMB verlief keineswegs völlig reibungslos. Zwar hatten die Gespräche zu diesem Thema schon kurz nach Chinas WTO-Beitritt begonnen, doch erst nach dem Ausbruch der internationalen Finanzkrise im Jahr 2008 nahm der Prozess wirklich an Fahrt auf. Angesichts der Wogen eines sich anschickenden erdrückenden Finanztsunamis verspürten alle Länder das dringende Bedürfnis, die nationalen Finanzen und die eigene Landeswährung unter eigene Kontrolle zu bringen. Forderungen nach einer grundlegenden Reform des internationalen Währungssystems wurden immer lauter. Vor diesem Hintergrund machte die Internationalisierung des RMB deutliche Fortschritte. Der erste grenzüberschreitende Handel in RMB wurde im Juli 2009 in Shanghai abgewickelt.

 

Das Jahr 2015 sollte schließlich zu einem wichtigen Wendepunkt bei der RMB-Internationalisierung werden. Denn am 11. August 2015 wurde die RMB-Wechselkursreform eingeführt, was der Erwartung einer dauerhaften Aufwertung des RMB ein Ende setzte und die Situation grundlegend veränderte. Im November desselben Jahres gab der IWF seine Entscheidung bekannt, den RMB zusammen mit dem US-Dollar, dem Euro, dem japanischen Yen und dem britischen Pfund Sterling in den Korb der Sonderziehungsrechte (SZR-Korb) aufzunehmen. Damit fungierte der chinesische Yuan nicht mehr nur als reine Handelswährung, sondern avancierte zu einer Währung für internationale Investitionen, Finanzierung und Reserve.

 

Handelsstreitigkeiten mit den USA

 

Der wachsende Trend zur Anti-Globalisierung nach dem Jahr 2016, der Vormarsch von Handels- und Investitionsprotektionismus, der eskalierende Handelskonflikt zwischen China und den USA sowie vermehrte Kapitalflucht  zwangen Chinas nationale Währungsbehörde, die Überwachung der Kapitalkonten zu verstärken. Als Folge verlagerte sich der Fokus der chinesischen Regierung und Öffentlichkeit vermehrt von der RMB-Internationalisierung hin zu Sorgen in Bezug auf Handelsstreitigkeiten und die allgemeine Finanzsicherheit. Es wurde folglich eine Zeit lang still um die Internationalisierung der chinesischen Währung, wobei einige Indizes zurückfielen.

 

Der Gegenwind stellte zwar einerseits Chinas Entwicklung vor große Herausforderungen, brachte aber andererseits der RMB-Internationalisierung auch neue Möglichkeiten.

 

Internationalisierung des RMB als Chance für die Weltwirtschaft

 

Angesichts der Gefahr, dass die USA eine Entkoppelung ihrer Wirtschaft und Finanzen von China anstreben könnten, machten Chinas politische Entscheidungsträger die Internationalisierung des RMB erneut zu einer Priorität, die auch von der Öffentlichkeit unterstützt wurde. Seit 2019 haben die USA gleich mehrere Gesetze verabschiedet, die sich in die inneren Angelegenheiten Chinas in Bezug auf Hongkong, Xinjiang und Taiwan einmischen. Darüber hinaus setzten die Vereinigten Staaten viele chinesische Unternehmen, Institutionen und Bürger auf ihre Sanktionsliste, um verstärkten  Druck auf China auszuüben. Vor diesem Hintergrund ist die Internationalisierung des RMB für China die einzige Wahl, um sich gegen die Risiken durch US-Sanktionen, die Dominanz des US-Dollars und die zentrale Position der USA im globalen Finanzgefüge zu wehren. Diese Entscheidung wurde von der Politik unterstützt und findet auch größten Rückhalt in der Bevölkerung.

 

Ein altes chinesisches Sprichwort besagt: „Eine gerechte Sache genießt reichlich Unterstützung, während eine ungerechte Sache kaum Unterstützung findet.“ Der Missbrauch von Sanktionen durch die USA hat immer mehr Länder auf der ganzen Welt veranlasst, ihre Währungen vom US-Dollar zu entkoppeln, was ein günstiges Umfeld für die Internationalisierung des RMB geschaffen hat. Die Zentralbanken vieler Länder haben ihre Goldreserven erhöht. Die Türkei beispielsweise erhöhte ihren Goldbestand im ersten Halbjahr 2020 um 22,2 Tonnen. Russland hat in den letzten Jahren amerikanische Staatsanleihen in Höhe von mehr als 100 Milliarden US-Dollar verkauft. Mehrere EU-Länder haben sich dem Instrument zur Unterstützung des Handelsaustausches (INSTEX) angeschlossen. Dieses bildet einen neuen Kanal zur Umgehung der US-Sanktionen gegen den Iran, um über das Finanznachrichtennetzwerk SWIFT Handel mit diesem Land durchzuführen. Die ersten Transaktionen wurden bereits erfolgreich abgeschlossen. Das grenzüberschreitende Interbank-Zahlungssystem (CIPS), das Clearing- und Zahlungsdienste für Finanzinstitutionen im grenzüberschreitenden und Offshore-RMB-Geschäft anbietet, gewinnt ebenfalls an Bedeutung. Bis Juli 2020 hatten sich schon 951 Finanzinstitutionen in 97 Ländern und Regionen diesem System angeschlossen.

 

Die weitere Öffnung des chinesischen Finanzsektors erleichtert die Internationalisierung des RMB nun zusätzlich. Sie dürfte zur Lösung vieler Probleme beitragen, die die Internationalisierung des RMB in der Vergangenheit eingeschränkt haben. Nach der Einführung der Wechselkursreform in China hat sich der RMB-Wechselkurs von einer einseitigen Aufwertung hin zu wechselseitiger Volatilität entwickelt. In der Vergangenheit bemängelten einige internationale Investoren, die unzureichende Entwicklung und Offenheit des chinesischen Finanzmarktes und die mangelnde Konvertierbarkeit von Kapitalkonten behinderten den reibungslosen Rückfluss des Offshore-RMB und senkten den Erlös von RMB-Produkten. Dies verringerte zunächst die Anziehungskraft des RMB als internationale Reserve-, Investitions- oder Finanzierungswährung. Doch seit dem Jahr 2018 hat sich hier eine Veränderung eingestellt.

 

Ab 2018 wurden neue Investitionskanäle wie die Shenzhen-Hongkong Stock Connect, die Shanghai-London Stock Connect und die Bond Connect eröffnet. Zudem wurden RMB-Termingeschäfte in Bezug auf Rohöl, Eisenerz, Kupfer und Gummi gestartet. Chinesische Aktien und Staatsanleihen wurden in relevante internationale Indexsysteme aufgenommen. Das RMB-Finanzvermögen ausländischer Institutionen und Einzelpersonen wie etwa RMB-Aktien oder -Anleihen wächst rasant. Eigenkapitalinvestitionen sind heute die wichtigste Triebkraft für die stärkere Verwendung des RMB im grenzüberschreitenden Handel. Viele chinesische Provinzen haben Pilot-Freihandelszonen errichtet, in denen derzeit Versuche für die wechselseitige Eröffnung von Kapitalkonten unternommen werden. Nachdem China die Obergrenzen für ausländische Investitionen im Finanzsektor einschließlich Versicherungen und Wertpapiere aufgehoben hat, fließen immer mehr ausländische Investitionen nach China, was die Verbindung des internen und externen Umlaufs von RMB-Vermögen weiter fördern wird.

 

Rasche Kontrolle der Corona-Epidemie im eigenen Land

 

Die schnelle Erholung der chinesischen Wirtschaft nach dem Ausbruch des neuartigen Coronavirus und die Stabilität des RMB haben die Anziehungskraft der chinesischen Währung noch einmal erhöht. Dank der wirksamen Maßnahmen zur Bekämpfung von SARS-CoV-2 und der auf diese Weise verwirklichten niedrigeren Zahl an COVID-19-Toten gehört China zu den wenigen großen Volkswirtschaften der Welt, die 2020 ein Wachstum erzielen konnten. Dies hat eine solide Grundlage für die weitere Internationalisierung des RMB geschaffen. Im Unterschied zu den USA hat die Volksrepublik weder Gelder nach dem Gießkannenprinzip verteilt, noch massive Konjunkturmaßnahmen praktiziert, sondern stattdessen eine umsichtige Geldpolitik umgesetzt. Der Referenzzinssatz des RMB blieb im Bereich von zwei bis drei Prozent, was RMB-Anlagen für Investoren noch attraktiver gemacht hat. Ganz anders sieht es aus, wenn man in die USA blickt: Dort wird so schnell nicht erwartet, dass man von der ergriffenen massiven quantitativen Lockerung bald loskommt. Die Talfahrt des US-Dollar-Index setzt sich fort, was die Internationalisierung des RMB nur beschleunigen wird.

 

Außerdem hat die Entwicklung einer digitalen Währung seitens der chinesischen Zentralbank neue Möglichkeiten für eine Umstrukturierung des internationalen Währungssystems geschaffen und dürfte der Internationalisierung des RMB neue Impulse verleihen. Angesichts des harten Wettbewerbs zwischen den digitalen Währungen der Zentralbanken weltweit haben alle Länder die Erforschung von Theorien und Praktiken über legale digitale Währungen beschleunigt. Die digitale Währung der chinesischen Zentralbank befindet sich derzeit in der umfangreichen Erprobung verschiedener Szenarien. China wird aller Voraussicht nach die weltweit erste große Volkswirtschaft sein, die eine digitale Währung einführt. Dadurch werden die Kosten für grenzüberschreitende Transaktionen weiter gesenkt, die Effizienz verbessert sich und es werden vernetzte externe Effekte geschaffen, was die Akzeptanz und die Nutzerzahlen einer chinesischen Digitalwährung weltweit erhöhen dürfte.

 

Der Weg ist noch lang

 

Trotz der oben genannten Möglichkeiten entspricht der derzeitige internationale Status des RMB jedoch noch immer nicht Chinas Status in der Weltwirtschaft. Die Internationalisierung der chinesischen Währung hat von daher noch einen langen Weg vor sich und sieht sich mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert, verursacht durch die Veränderungen im in- und ausländischen politischen wie wirtschaftlichen Umfeld. Die RMB-Internationalisierung ist nicht nur eine Entscheidung Chinas aus eigener Initiative, sondern auch eine Reaktion auf die aktuelle Situation. Ziel ist es nicht, finanzielle Hegemonie in der Weltwirtschaft anzustreben, sondern Chinas Entwicklungsinteressen besser zu schützen. In dieser Hinsicht freut sich China auf die Zusammenarbeit mit noch mehr Ländern, um die Schaffung eines gerechteren, neutraleren und stabileren internationalen Währungssystems zu fördern.

 

*Xu Gang ist Forscher am Institut für Weltwirtschaftsstudien an der chinesischen Akademie für zeitgenössische internationale Beziehungen.

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