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Dank E-Commerce: Chinesische Kleinbetriebe punkten in Übersee

2021-10-20 11:47:00 Source: Author:
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Von Xu Peiyu*

 

Lieferung in 37 Länder und Regionen und ein jährliches Exportvolumen von 50 Millionen Yuan – eine beachtliche Bilanz. Wer hätte gedacht, dass dies die Leistung eines Kleinbetriebs mit gerade einmal zwölf Mitarbeitern ist? Die Rede ist hier von dem chinesischen Unternehmen New Newton International Trade aus der nordchinesischen Hafenstadt Tianjin.

 

Dank des kontinuierlichen Abbaus globaler Handelsbarrieren, unter anderem durch den Einsatz neuer Technologien wie des digitalen Zahlungsverkehrs, stiegen im vergangenen Jahr zahlreiche Start-ups sowie Kleinst- und Kleinunternehmen in die grenzüberschreitende E-Commerce-Branche ein. New Newton International Trade ist eines davon.

 

Aber wie genau haben sich diese neuen chinesischen Kleinbetriebe entwickelt? Und welche neuen Trends setzen sie in der grenzüberschreitenden E-Commerce-Branche? Diese Fragen möchten wir hier näher beleuchten.



Trendthema: Auf der China Xiamen International Cross-border E-Commerce Industry Exhibition

 am 12. Juni 2021 war ein Vortrag über grenzüberschreitenden Handel Teil des Programms.

 

Chancen nicht nur für Großbetriebe und Mittelständler?

 

Wie ist es für Kleinbetriebe, grenzüberschreitenden E-Commerce zu betreiben? Das kürzlich von der Marktforschungsagentur CBNData herausgegebene „Weißbuch über die Entwicklung der grenzüberschreitenden E-Commerce-Branche 2020“ hat ein detailliertes Profil solcher Unternehmen erstellt: Es handelt sich in der Regel um Kleinunternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitern, darunter viele Start-ups. Sie nutzen die neuen digitalen Plattformen, um auch komplexe Geschäftsvorgänge schnell und bequem abzuwickeln. In der Vergangenheit war das meist nur für große Unternehmen denkbar. Darunter fallen etwa Produktauswahl und Warenbeschaffung, Verkauf und Logistik, aber auch Zollanmeldung, Zahlungsabwicklung und Steuerrückerstattungen. Im Durchschnitt verfügt jedes der befragten Unternehmen über 3,56 Auslandsstandsorte, und die meisten Betriebe bedienen drei oder noch mehr Überseemärkte. Trotz der negativen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und der komplizierten Weltlage konnten die befragten Firmen im Durchschnitt ein Umsatzplus von satten 130 Prozent verbuchen.

 

Die Firma New Newton ist ein Paradebeispiel für diese aufstrebenden Newcomer. Das im Jahr 2015 gegründete Unternehmen exportiert hauptsächlich Gabelstapler. Trotz der Pandemie konnte es 2020 über den internationalen Online-Marktplatz des chinesischen E-Commerce-Riesen Alibaba ein Exportvolumen von 50 Millionen Yuan erwirtschaften, eine Steigerung von über 100 Prozent gegenüber 2019.

 

„Im letzten Jahr haben wir mehr als 20 neue Überseemärkte erschlossen“, sagt Qiu Yibo, der Generalmanager von New Newton. „Derzeit exportieren wir Gabelstapler in 37 Länder und Regionen. Unsere umsatzstärksten Märkte sind Deutschland, Großbritannien, Kanada, Spanien und Saudi-Arabien“, sagt er.

 

Seit dem vergangenen Jahr schießen multinationale Kleinstunternehmen in China regelrecht wie Pilze aus dem Boden. Das beweist auch ein Blick auf die chinesischen Übersee-Handelsplattformen Taobao und Tmall: Allein im Mai 2020 haben sich hier mehr als 150.000 mittelständische und kleine Unternehmen neu registriert, achtmal so viele wie die Gesamtzahl im Jahr 2019.

 

Die Zhubi Crystal Crafts Co., Ltd in Jinhua, Provinz Zhejiang, beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Verkauf von Kristallperlen, die unter anderem für DIY-Aktivitäten und Heimarbeit genutzt werden. Seit zehn Jahren betreibt die Firma ein Einzelhandelsgeschäft in Yiwu. Dank Corona verbringen weltweit nun immer mehr Menschen viel Zeit zu Hause, was die Entwicklung der sogenannten „Stay-at-home-Economy“ gefördert hat. Dem kleinen Unternehmen aus Ostchina hat dies satte Umsatzzuwächse beschert. „Im vergangenen Jahr konnten wir durch den Onlineverkauf mehr als doppelt so viele Neukunden gewinnen wie noch im Vorjahr. Und unser Umsatz stieg im Vorjahresvergleich um 80 Prozent“, sagt Unternehmensvertreter Lü Rihong. „Durch Alibabas vergünstigte Logistikdienste zwischen China und den USA haben sich unsere Frachtkosten halbiert und auch die Lieferzeit hat sich verkürzt. Unsere Ware erreicht die Großkunden in den USA heute schon nach rund 20 Arbeitstagen“, sagt Lü. Ein Käufer, der in der Vergangenheit jeweils nur Waren im Wert von 1000 US-Dollar eingekauft habe, kaufe jetzt jedes Mal Waren im Wert von 10.000 US-Dollar, sagt er.

 

Längst sind es also nicht mehr nur große Firmen, die am grenzüberschreitenden Onlinehandel teilnehmen, sondern auch immer mehr Kleinst- und Kleinunternehmen. Laut besagtem Weißbuch verschiebt sich der Teilnehmerkreis am grenzüberschreitenden E-Commerce-Markt zunehmend von großen Unternehmen zu Kleinbetrieben und Start-ups. Mit Hilfe der digitalen Plattformen bieten diese neuen Player globalen Käufern diversifizierte Produkte und maßgeschneiderte Dienstleistungen an. Sie sind zu multinationalen Kleinunternehmen gereift.

 

„Früher war es für einzelne Kleinstbetriebe noch unvorstellbar, ins multinationale Exportgeschäft einzusteigen“, sagt Zhang Jianping, Vize-Direktor des akademischen Ausschusses an der Chinesischen Akademie für internationalen Handel und wirtschaftliche Zusammenarbeit des chinesischen Handelsministeriums. Die gängigen grenzüberschreitenden E-Commerce-Plattformen ermöglichten es heute, Beschaffung, Vertrieb und Logistik miteinander zu verbinden, was es vor allem KMUs und Kleinstbetrieben erleichtere, den Überseemarkt zu erschließen und zu erweitern. „Das schafft beispiellose neue Entwicklungsmöglichkeiten. Den Kleinbetrieben und Start-ups bietet diese Entwicklung die Chance, große Erfolge in der grenzüberschreitenden E-Commerce-Branche zu feiern“, sagt der Experte.



Chinesischer E-Commerce-Riese: Messestand von Alibaba.com auf der fünften

 Global Cross-border E-Commerce Conference. Die Messe fand 

am 11. Mai 2021 in Zhengzhou in der Provinz Henan statt. 


Freie Kanäle

 

Was genau sorgt nun dafür, dass kleine Unternehmen den ausländischen Markt betreten und dort große Erfolge erzielen können? Der wichtigste Grund liegt sicherlich in dem stetig wachsenden Ausmaß grenzüberschreitender E-Commerce-Transaktionen.

 

Laut Angaben des chinesischen Hauptzollamts betrugen Chinas grenzüberschreitende E-Commerce-Importe und -Exporte im Jahr 2020 1,69 Billionen Yuan, eine Steigerung von 31,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Darunter erreichten allein die Exporte 1,12 Millionen Yuan, ein Anstieg um 40,1 Prozent im Vorjahresvergleich. Im ersten Quartal 2021 verbuchten Chinas grenzüberschreitende E-Commerce-Exporte einen Zuwachs von 69,3 Prozent. Sie wuchsen damit wesentlich schneller als die Importe.

 

Die rasche Entwicklung multinationaler Klein- und Kleinstbetriebe ist vor allem Chinas politischen Unterstützungsmaßnahmen zu verdanken. Nach der Gründung der ersten umfassenden Pilotzone für grenzüberschreitenden E-Commerce in Hangzhou im Jahr 2015 wurden bis dato bereits 105 solcher Zonen in insgesamt 30 Provinzen, regierungsunmittelbaren Städten und autonomen Gebieten errichtet. Im März dieses Jahres veröffentlichten sechs führende nationale Organe, darunter das Handelsministerium und die Staatliche Kommission für Entwicklung und Reform, gemeinsam ein Rundschreiben, in dem sie eine Erweiterung der Pilotzonen für grenzüberschreitende E-Commerce-Einzelhandelsimporte ankündigten. Demnach sollen diese Pilotzonen nun in allen Freihandels-Pilotzonen, umfassenden Pilotzonen für grenzüberschreitenden E-Commerce, umfassenden Zollfreizonen sowie auch in allen Demonstrationszonen für Importförderung und in den zollfreien Logistikzentren des Landes errichtet werden.

 

Die ständige Verbesserung der Logistik und der Zahlungsdienste hat die rasante Entwicklung des grenzüberschreitenden E-Commerce ebenfalls stark unterstützt. Die Qualität der grenzüberschreitenden Logistikdienstleistungen ist kontinuierlich gestiegen. Chinas Logistikbedarf für grenzüberschreitende E-Commerce-Exporte liegt im weltweiten Vergleich relativ hoch. Laut Angaben des Staatlichen Postamts wurden im Zeitraum von August 2019 bis Juli 2020 60 Prozent der weltweiten Pakete für grenzüberschreitenden E-Commerce aus China versandt. Die rasch wachsende Nachfrage sorgt aber auch für höhere Anforderungen an die gebotenen Logistikdienstleistungen. Das hat unter anderem zur vermehrten Errichtung von Überseelagern beigetragen. Diese Zentren bieten dem grenzüberschreitenden Handel nicht nur professionellen Lagerservice an, sondern auch zusätzliche Dienstleistungen wie Versand und Verkauf, was die Logistikkosten reduziert und die Effizienz gesteigert hat.

 

Auch grenzüberschreitende Zahlungsdienste werden immer komfortabler. Durch die Anwendung neuer Technologien konnten grenzüberschreitende Zahlungsplattformen die Kosten für Finanzdienstleistungen spürbar senken. Darüber hinaus sind die neuen Methoden der Zahlungsabwicklung schnell, bequem und sicher, so dass sie für grenzüberschreitend tätige Unternehmen unverzichtbar geworden sind.

 

Auch das Unternehmen New Newton nutzt einen digitalen Zahlungsdienst, so dass Zahlungen mittlerweile innerhalb eines Tages abgewickelt werden können. „In der Vergangenheit hat es mindestens zwei bis drei Tage gedauert, bis das Geld da war“, erinnert sich Generalmanager Qiu Yibo. „Früher musste man dafür zudem eigens auf die Bank gehen und verschiedene Dokumente vorlegen. Erst nach manueller Überprüfung erhielt man die Zahlung der Käufer. Dieses Verfahren wurde nun deutlich vereinfacht, was uns eine Menge Zeit und Mühe spart. Für kleine Unternehmen ist dieser Zahlungsdienst immens wichtig“, betont der Geschäftsmann.

 

Integration in den globalen Markt

 

Die Überseemärkte chinesischer Verkäufer erweitern sich zunehmend. Dem Weißbuch zufolge haben fast 60 Prozent der chinesischen Händler mindestens zwei Shops im Ausland errichtet, die mit dem Onlineverkaufskanal Amazon.com verbunden sind. 82 Prozent der Verkäufer gaben an, die Eröffnung eines weiteren neuen Shops im Ausland sei in Planung.

 

Die reifen Märkte in Nordamerika und Europa sind dabei die erste Wahl für mehr als 50 Prozent der befragten grenzüberschreitenden E-Commerce-Händler aus China. Erwähnenswert ist zudem die wachsende Affinität chinesischer Händler zum südostasiatischen Markt. Dieser hat sich dem Weißbuch zufolge zum drittgrößten Schwellenmarkt entwickelt.

 

Aufstrebende grenzüberschreitende Onlinehandelsplattformen wie Lazada und Shopee in Südostasien setzen auf verschiedene Fördermaßnahmen, um chinesische Einzelhändler anzulocken. Und auch E-Commerce-Plattformen wie Mercado Libre oder Noon in Lateinamerika bzw. Nahost versprechen gute Zukunftsperspektiven für den grenzüberschreitenden E-Commerce.

 

„Im vergangenen Jahr hat die Durchdringungsrate des E-Commerce in den Überseemärkten deutlich zugenommen“, sagt Qiu. „Viele Verbraucher, die früher an Käufe im Ladengeschäft gewöhnt waren, sind heute auf Onlineplattformen umgestiegen. Das ist eine gute Nachricht für uns“, erklärt der Unternehmensmanager.

 

Chinesische Verkäufer treten also immer mehr grenzüberschreitenden Onlinehandelsplattformen in Übersee bei, und sie sind längst tief in den globalen Markt integriert. „Multinationale Kleinbetriebe können schneller auf Marktanforderungen reagieren und haben ein neues Modell entwickelt, um die wachsenden Bedürfnisse der Stay-at-Home-Ökonomie während der Pandemie zu erfüllen“, sagt Zhang Jianping.

 

Analysten zufolge dürfte das Jahr 2021 eine neue Entwicklungsphase für den digitalen Außenhandel einläuten. Auch Zhang Jianping geht davon aus, dass es in Zukunft immer mehr multinationale Mikro-Unternehmen geben wird. Sie dürften seines Erachtens sogar bald die wichtigste Kraft für die chinesischen Exporte bilden. „Multinationale Kleinbetriebe befriedigen schon heute diversifizierte Marktbedürfnisse. Sie haben außerdem den Vorteil, dass sie auch Märkte erschließen können, deren Nachfrage weniger groß ist. Auch nach dem Ende der globalen Pandemie werden sich multinationale Kleinstunternehmen also meiner Meinung nach weiter gut entwickeln, da sie den neuen Trends und neuen Anforderungen der Marktexpansion gerecht werden“, ist Zhang überzeugt. Das Inkrafttreten der „Regionalen umfassenden Wirtschaftspartnerschaft“ (RCEP) dürfte zudem dafür sorgen, dass multinationale Kleinstunternehmen zu einem neuen Wachstumspunkt in diesem großen Markt reifen, so Zhangs Prognose.

 

Beim Unternehmen New Newton aus Tianjin jedenfalls stehen die Zeichen gut: Bis April 2021 konnte die Firma bereits ein Exportvolumen von 20 Millionen Yuan verbuchen. Bis Jahresende dürfte dieses 70 bis 80 Millionen Yuan erreichen. „Und das ist noch eine konservative Schätzung“, sagt Qiu. „Die Hochsaison für den Außenhandel in der Gabelstaplerbranche ist von Juli bis Dezember. In diesem Zeitraum könnten die Verkäufe also sogar noch einmal kräftig anziehen“, sagt er. „Ich bin insgesamt sehr zuversichtlich, was den Ausbau unserer Überseegeschäfte in diesem Jahr angeht“, so sein Fazit.

 

*Xu Peiyu ist Reporterin der „People’s Weekly“.

 

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