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40 Jahre Reform und Öffnung: Tee lässt Träume in Erfüllung gehen

2019-01-30 11:38:00 Source: Author:
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Aufgezeichnet von Ma Li

 

Ich bin Chen Tingming, 56 Jahre alt und Sekretär der Parteizelle des Dorfs Hetaoba, das im Kreis Meitan der Provinz Guizhou liegt. Armutsüberwindung ist für mich nicht bloß ein leerer Begriff, sondern eine Errungenschaft, die ich mit eigenen Augen mitverfolgt habe.

 

Ich arbeite nun schon seit 28 Jahren hier im Dorf, nachdem ich 1990 zum stellvertretenden Vorsteher des Dorfkomitees gewählt wurde. Ich durfte miterleben, wie es den Dorfbewohnern gelungen ist, sich durch den Anbau von Tee aus ihrer Armut zu befreien und sich aus eigener Kraft ein besseres Leben aufzubauen.

 

In den vergangenen vier Jahrzehnten seit der Einführung der Reform- und Öffnungspolitik ist das durchschnittliche jährliche Pro-Kopf-Einkommen in Hetaoba von damals 40 Yuan auf heute 16.400 Yuan gestiegen. Vor 40 Jahren konnten die Menschen hier im Ort nur mit Mühe ihre Grundbedürfnisse decken. Jetzt besitzt jede Familie ein Auto und jeder Dorfbewohner hat sich ein eigenes Geschäft aufgebaut. Es hat sich also ein riesiger Wandel vollzogen. Heute führen die Menschen hier in Hetaoba ein glückliches Leben.

 

 

Bessere Infrastruktur: Die Autobahn von Hangzhou (Provinz Zhejiang) nach Ruili (Provinz Yunnan) führt vorbei an Meitan

 und bietet somit auch eine bequeme Verkehrsverbindung zum Dorf Hetaoba.

 

Armut weckt den Wunsch nach Veränderung

 

Im Herbst 1978, dem Jahr der Einführung der chinesischen Reform- und Öffnungspolitik, kam ich gerade in die Oberstufe der Mittelschule. Meine Familie lebte damals in ärmlichen Verhältnissen: Meine Mutter war bei schlechter Gesundheit und meine zwei jüngeren Brüder gingen wie ich noch zur Schule. Mein Vater musste also die Last der Ernährung unserer Familie ganz alleine schultern.

 

Wenn ich an diese Jahre zurückdenke, kommt mir stets ein altes Volkslied in den Sinn, das wohl alle hier im Dorf meiner Generation auswendig kennen. Es zeichnet ein gutes Bild der Verhältnisse in den 1970er Jahren:

 

„Oh Hetaoba, mit trockenen Flussbiegungen und Buchten,

neun von zehn Jahren lässt die Dürre nichts fruchten.

Süßkartoffeln und Mais füllen kaum die Mägen,

für Trinkwasser muss man hügelige Meilen zurücklegen.

Einmal erwachsen, zieht es die Jungen aus der Heimat fort,

und keine Frau heiratet in diesen kargen Bergort.“

 

Damals beliefen sich meine Lebenshaltungskosten für den Besuch der Mittelschule auf acht Yuan pro Monat, was sich mein Vater nur schwer leisten konnte. Er musste sich Geld von Verwandten und Nachbarn leihen. In meine Erinnerung hat sich das Bild eingebrannt, wie er in seinen zerschlissenen Schuhen die über zehn Meilen in die Gemeinde Meijiang zurücklegte, um auf dem örtlichen Markt Tabak und Ingwer zu verkaufen. Das Geld, das er zurückbrachte, reichte meist gerade so aus, um die Schulden zu begleichen, übrig blieb davon fast nichts. Auch den anderen Familien in unserem Dorf erging es nicht besser: Alle steckten in finanzieller Not und führten ein hartes Leben.

 

1981 schloss ich die Oberstufe der Mittelschule ab. Damals war im Dorf gerade das neue System der vertragsgebundenen Verantwortlichkeit auf Basis der Haushalte eingeführt worden. Durch die Bewirtschaftung vertraglich vereinbarter Landstücke verbesserte sich das Leben der Dorfbewohner allmählich. Aufgrund der schlechten Bodenqualität fielen die Erträge äußerst bescheiden aus. Doch das Blatt sollte sich bald wenden: In jenem Jahr führte nämlich He Dianlun, der damalige Sekretär der Parteizelle unseres Dorfes, erstmals hochwertige Teesämlinge des Guizhou Tea Research Institute im Ort ein. Nach zwei Jahren des probeweisen Anbaus war He überzeugt, dass der Verkauf von Teeprodukten zu einer neuen, vielversprechenden Einnahmequelle für uns Bewohner werden konnte.

 

1983 wurde der Teeanbau schließlich auf das gesamte Dorf ausgeweitet. Angesichts der mageren Getreideerträge waren die Teepflanzen unsere letzte Hoffnung. Als einer der wenigen Abiturienten im Ort wurde ich zum stellvertretenden Chef der Wirtschaftsgenossenschaft des Dorfs gewählt. Meine Aufgabe war es, den Parteisekretär beim Aufbau der Teewirtschaft zu unterstützen.

 

Bereits als ich meinen Mittelschulabschluss machte, hatte sich die finanzielle Situation meiner Familie allmählich zum Besseren gewendet, da ich nun meinem Vater zunehmend zur Hand gehen konnte. Jeden Tag rackerten wir von früh bis spät, um Tabak, Gemüse und Ingwer anzubauen. Zudem züchteten wir einige Schweine. Wir schufteten hart und letztlich sollten sich unsere großen Anstrengungen auszahlen. Die Erfolge beeindruckten uns und spornten uns weiter an.

 

1985 trat ich zunächst vom Amt des stellvertretenden Chefs der Wirtschaftsgenossenschaft zurück. Es war das Jahr, in dem ich den Bund der Ehe einging. Meine frischvermählte Frau und ich teilten uns fortan ein zwölf Quadratmeter großes Zimmer. Unsere bescheidene Habe bestand quasi nur aus einem Bett und zwei neuen Bettwäschesätzen.

 

Es war auch das Jahr, in dem der Umfang der Teeindustrie unseres Dorfes merklich erweitert wurde, da die Dorfbewohner deutliche wirtschaftliche Gewinne erzielt hatten. Auch ich hatte auf einem vier Mu (15 Mu = 1 Hektar) großen Stück Ackerland Tee angebaut. Ein Mu Ackerland war mir vom Dorfkollektiv zugeteilt worden, die anderen drei Mu hatte ich gepachtet. Da die Teeblätter allerdings erst drei Jahre später geerntet werden konnten, galt es eine Durststrecke zu überbrücken, weshalb ich noch eine Zeit lang mit Ingwer und Schweinen handelte.

 

1986 wurde meine Tochter geboren, zwei Jahre später kam mein Sohn zur Welt. Auch die Teeblätter waren mittlerweile ausgereift und bereit für die erste Ernte. In jenem ersten Jahr verdiente ich durch ihren Verkauf bereits 7000 Yuan. Zusammen mit den bestehenden Einnahmequellen übertraf mein jährliches Gesamteinkommen plötzlich 10.000 Yuan, was damals im ganzen Land eine Seltenheit war. Ich erinnere mich noch gut, dass damals fast alle 300 Haushalte des Dorfes, die in den Teeanbau eingestiegen waren, ähnlich viel verdienten.

 

1989 besaß meine Familie bereits die so genannten „großen drei Dinge“, die in China damals als Gradmesser des Wohlstandes galten: Wir hatten ein Fahrrad der Marke „Forever“, eine Armbanduhr der Marke „Shanghai“ und eine Nähmaschine der Marke „Bee“. Außerdem stand in unserer Wohnung ein Kassettenrekorder der Marke „Yanwu“. Alle Produkte stammten von den zu jener Zeit angesagtesten Herstellern. Innerhalb von nur einem Jahrzehnt war es uns Dorfbewohnern also gelungen, uns aus der Armut zu befreien und ein glückliches Leben zu führen. Mit seinen großen Veränderungen hielt unser Dorf gleichzeitig Schritt mit der rasanten wirtschaftlichen Entwicklung im ersten Jahrzehnt der chinesischen Reform und Öffnung.

 

 

Gruppenbild der Führungskader des Dorfes Hetaoba aus dem Jahr 2003. Chen Tianming, Parteisekretär des Ortes,

 ist an zweiter Stelle von rechts zu sehen.

 

 

Die Entwicklung geht weiter

 

1993 wurde ich zum Vorsteher des Dorfkomitees gewählt. Unter der Leitung des damaligen Parteisekretärs förderte Hetaoba weiter energisch die Entwicklung seiner Teeindustrie. Wir wurden zu einem Pionierdorf für den Teeanbau des gesamten Kreises Meitan.

 

Ab Juli 1996 bekleidete ich selbst das Amt des Sekretärs der Parteizelle im Dorf. Gleich nach dem Amtsantritt stellte ich mir selbst Regeln für die zukünftige Arbeit auf: Ich wollte in die Fußstapfen meines Vorgängers treten und seine Arbeit gewissenhaft fortsetzen, um die Wirtschaft im Dorf weiterzuentwickeln und durch Innovationen neue Erfolge zu erzielen.

 

In jenem Jahr wurde in unserem Dorf bereits auf einer Fläche von insgesamt 1350 Mu Tee angebaut. Das durchschnittliche Pro-Kopf-Nettoeinkommen war auf 2200 Yuan gestiegen. Um es weiter zu erhöhen, arbeitete ich gemeinsam mit den anderen Mitgliedern des Dorfkomitees einen neuen Entwicklungsplan aus, der vorsah, alle geeigneten Landstücke als Teeplantage zu nutzen.

 

Der Plan stieß auf ein begeistertes Echo bei den Dorfbewohnern. Bis 2012 wuchs die Fläche unserer Teeplantagen auf 8380 Mu an. Unser Dorf zählte damals 807 Haushalte und insgesamt 3347 Einwohner. Mit 2,5 Mu pro Kopf belief sich das durchschnittliche Nettojahreseinkommen pro Einwohner auf 8300 Yuan. Davon stammten mehr als 85 Prozent aus der Teeindustrie. Im Zuge der Erweiterung der Plantagen entwickelten wir das neue Modell „Parteizelle + Unternehmen + Verein“, um die Standardisierung der Plantagen und der Teeverarbeitung zu fördern.

 

Zwischen 2001 und 2011 gründete unser Dorf unter Anleitung der Parteizelle und des Dorfvereins drei führende Unternehmen auf Provinz- und Stadtebene. Hinzu kamen 35 kleinere Teeverarbeitungsfabriken sowie Tee-GmbH, die Filialen in Beijing, Shanghai und Shenzhen eröffnete. Nach jahrelanger Entwicklung wurde unserem Dorf der Titel „Öko-Teedorf Nr. 1 Südwestchinas“ verliehen.

 

Im Jahr 2010 zog meine Familie in ein neues Haus mit 120 Quadratmetern Wohnfläche um. Wie viele andere Dorfbewohner investierte ich zudem in den Kauf eines Autos. Dafür zahlte ich 70.000 Yuan. Im selben Jahr wurde ich als einer der „zehn besten Parteisekretäre auf Dorfebene“, als „Modellarbeiter der Provinz Guizhou“ sowie als „Wohlstandsförderer durch Wissenschaft und Technik in der Provinz Guizhou“ ausgezeichnet. Auch unser Dorf gewann in jenem Jahr mehrere Auszeichnungen.

 

Im Jahr 2011 wurde Hetaoba mit dem Titel „Fortschrittliche Einheit der China Rural Special Technology Association“ geehrt. Darüber hinaus erhielt ich eine Auszeichnung als „Herausragender Mitarbeiter für Parteiangelegenheiten“ von der Organisationsabteilung des Zentralkomitees der KP Chinas.

 

Diese Ehrungen und Auszeichnungen erinnern mich stets an die Worte von Staatspräsident Xi Jinping: „Glück wird durch harte Arbeit geschaffen.“

 

Für ein besseres Leben

 

Um das Leben der Dorfbewohner weiter zu verbessern, renovierten wir in Hetaoba seit dem Jahr 2012 außerdem mehr als 600 Wohnhäuser. Auch wurden die Wasser- und Stromversorgungseinrichtungen sowie die Straßen modernisiert, um den Alltag der Dorfbewohner komfortabler zu machen. Darüber hinaus gründeten wir mehr als zehn Organisationen und Verbände, darunter eine Gewerkschaft, einen Frauenverband, ein Serviceteam junger Freiwilliger sowie eine freiwillige Patrouillengruppe. Ziel war es, die gesellschaftliche Gouvernance auf der Basisebene zu standardisieren, den Führungsstil der Partei in ländlichen Gebieten zu erforschen, das Selbstverwaltungssystem der Dorfbewohner zu verbessern und ihre Partizipation an den Staatsangelegenheiten zu erhöhen. Unsere Arbeit zielte darauf ab, die Infrastruktur zu verbessern, die Industrie zu beleben, das Dorf zu verschönern und ihm ein neues Antlitz zu verleihen.

 

Mein Vorgänger würde sich über die großen Errungenschaften unseres Dorfes freuen, wenn er noch am Leben wäre. Dank der Erschließung ländlicher Tourismusressourcen und der stetigen Weiterentwicklung der örtlichen Teeindustrie erreichte der Produktionswert Hetaobas im Jahre 2017 mehr als 230 Millionen Yuan und das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen stieg auf 17.000 Yuan.

 

Umgestaltung und Modernisierung der Teeindustrie haben die Entwicklung unseres Dorfes stark gefördert. Heute besitzt jeder Haushalt eine eigene Teeplantage und betreibt neben der Landwirtschaft auch ein eigenes Geschäft. Vier führende Unternehmen auf Provinz- und Stadtebene und mehr als 80 Fabriken verarbeiten jedes Jahr mehr als 1000 Tonnen Tee. Die Produkte werden nicht nur in Chinas Großstädten verkauft, sondern auch auf dem europäischen Markt. Die Teeverarbeitung erwirtschaftet jedes Jahr einen Produktionswert von mehr als 100 Millionen Yuan, umgerechnet etwa 12,8 Millionen Euro also.

 

Darüber hinaus hat unser Dorf eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um Ressourcen in Kapital und anschließend in verfügbare Mittel umzuwandeln. Erwähnenswert sind hier die effektive Übertragung von vertraglich gepachteten Ackerflächen, Flächen zum Bau von Wohnhäusern und kollektiven Bauflächen auf dem Land sowie die Pilotversuche zur Reform der Zertifizierung von Rechten über Grundstücke, Wohnhäuser, Teeplantagen und Bergwälder. Diese Maßnahmen haben nicht nur den Dorfbewohnern beim Bau ihrer Teeplantagen wichtige finanzielle Garantien geboten, sondern auch dazu beigetragen, das öffentliche Eigentum des Dorfs zu erhöhen.

 

Heute verfügt Hetaoba über eine wunderschöne Landschaft, hat sich seine traditionellen Bräuche bewahrt und gleichzeitig materiellen Reichtum erlangt und eine prosperierende Industrie herausgebildet. Dank unserer gut entwickelten Teeindustrie ist es uns außerdem gelungen, den Tourismus anzukurbeln, wodurch wir es den Menschen aus den Städten ermöglichen, in unserem Dorf die frische Landluft und die natürliche Landschaft zu genießen.

 

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