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Not macht erfinderisch: Wie ein kleines Restaurant in Beijing der Coronakrise trotzt

2020-07-28 13:54:00 Source:China heute Author:
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Das kleine Fast-Food-Restaurant von Cheng Cheng befindet sich in der Nähe des Beijinger Zoos.


Von Hu Yue

 

„Gibt es bei Ihnen auch gehackte Chilis, die in diesem Jahr geerntet wurden?“, „Liefern Sie den frischen Fisch auch bis an die Wohnungstür?“ Solche Fragen hört der Chinese Cheng Cheng häufig in seiner WeChat-Gruppe für den Einkauf frischer Produkte. Der Betreiber eines kleinen Restaurants in Chinas Hauptstadt hat die Social-Media-Gruppe vor gut einem Jahr gegründet. „Eigentlich wollte ich durch sie einfach ein bisschen mit dem Onlinegeschäft experimentieren. Ich hätte nie erwartet, dass sie eines Tages mein kleines Restaurant retten würde“, sagt er. Heute sei Chengs WeChat-Gruppe mit ihren 500 Mitgliedern seine einzige Hoffnung, sagt der Jungunternehmer. „Alle Mitarbeiter meines Restaurants sind mittlerweile an diesem Onlinebusiness beteiligt.“

 

Corona trifft Chinas Gastro-Branche hart

 

Der 32-jährige Cheng stammt aus der Nähe der Stadt Zhangjiakou in der angrenzenden Provinz Hebei. Vor zwölf Jahren kam er nach Beijing, um als Expresszulieferer zu arbeiten. Dank seines Fleißes konnte er sich von seinem Lohn nach und nach ein paar Ersparnisse zurücklegen. Mit diesem Geld eröffnete er im September 2019 ein Fast-Food-Restaurant in einem Einkaufszentrum in der Nähe der U-Bahn-Station Beijing Zoo. „Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass die drei Frühlingsmonate für mein Restaurant zur Hochsaison werden würden. Doch im Februar musste ich coronabedingt das Geschäft schließen. In den darauffolgenden drei Monaten lag mein Umsatz quasi bei null“, erklärt der Restaurantbetreiber.

 

Die Gastronomie, mit der Cheng sein Geld verdient, ist auch in China stark von der Epidemie gebeutelt. Laut dem Untersuchungs- und Analysebericht über den aktuellen Stand und die Entwicklungstrends der chinesischen Gastronomie während der Corona-Epidemie 2020, der von der chinesischen Gastronomievereinigung veröffentlicht wurde, mussten 78 Prozent der Catering-Unternehmen einen völligen Einbruch ihrer Geschäftseinnahmen hinnehmen. Allein in den sieben Feiertagen des chinesischen Neujahrsfestes beliefen sich die von der Epidemie verursachten Umsatzverluste in der Gastronomie auf rund 500 Milliarden Yuan. Corona stellt die ohnehin risikoanfällige Branche also vor bespiellose Herausforderungen.

 

Dank der erfolgreichen Eindämmung von COVID-19 und insbesondere nach der Senkung der Notfallwarnstufe in Beijing wurden die Restaurants in der chinesischen Hauptstadt ab März schrittweise wieder geöffnet. Auch das kleine Restaurant von Cheng Cheng begann, wieder Gäste zu begrüßen.

 

„Doch im Vergleich zu Restaurants, die in wichtigen Geschäftsvierteln oder in der Nähe von großen Wohnvierteln liegen, hat sich mein Geschäft deutlich langsamer erholt“, sagt Cheng. „Da der provinz- und grenzüberschreitende Tourismus wegen der Coronakrise weiterhin stagniert, läuft das Geschäft meines Restaurants nur sehr schleppend, auch wenn es im Geschäftsviertel rund um den Beijinger Zoo liegt.“ Monatlich mache er Verluste von über 30.000 Yuan. „Ich habe fast meine ganzen Ersparnisse in die Gründung dieses Restaurants gesteckt. Allein für die Anfangsinvestitionen habe ich fast 600.000 Yuan hingeblättert. Ich tue wirklich mein Bestes, um das Geschäft wieder zum Laufen zu bringen“, sagt er. Die Entwicklung des Onlinegeschäfts ist dabei eine wichtige Maßnahme. 

 

Onlinegeschäft als Rettungsanker

 

„Entschuldigen Sie bitte, dass unser Gericht nicht nach Ihrem Geschmack war. Ich habe Ihnen die Gebühren zurückerstattet.“ Wenn Kunden aus irgendeinem Grund das Essen beanstanden, ruft Cheng sie persönlich an, um sich zu entschuldigen. „Seit kurzem ist mein Restaurant auf wichtigen Lieferplattformen wie Meituan vertreten. Zwar habe ich noch nicht viele Bestellungen erhalten, aber jede eingehende Bestellung behandle ich sehr gewissenhaft“, sagt er.

 

Neben dem Beitritt zu diesen wichtigen Onlineplattformen hat Cheng zudem die eingangs erwähnte WeChat-Gruppe gegründet, in der die Mitglieder Nahrungsmittel bestellen können. Mittlerweile zählt die Gruppe mehrere hundert Mitglieder, von denen fast alle Einwohner und Büroangestellte in der Umgebung des Restaurants sind. „Regelmäßig räume ich den Mitgliedern einige Privilegien ein“, sagt Cheng. Mittlerweile verdient er durch das Onlinegeschäft rund 1000 Yuan pro Tag. „Das reicht aber noch lange nicht, um die Kosten für Miete, Wasser und Strom sowie die Löhne der Mitarbeiter zu decken“, sagt er. 

 

Auf einer Sitzung des Staatsrates am 21. April schlug Chinas Ministerpräsident Li Keqiang vor, dass staatliche Unternehmen mit gutem Beispiel vorangehen sollten, um die Mietbelastung von Klein- und Kleinstunternehmen sowie privaten Händlern zu verringern. Dieser Vorschlag wurde in nur weiniger als einer Woche umgesetzt. Auch Chengs Restaurant wurden drei Monatsmieten erlassen. „Die Miete meines Restaurants beträgt 50.000 Yuan pro Monat. Diese Vorzugsmaßnahme hat mich stark unterstützt“, sagt er. „Darüber hinaus wurde ich auch von den sechsmonatigen Verwaltungsgebühren für die Franchise-Marke befreit.“ 

 

Verkauf landwirtschaftlicher Produkte

 

Doch das ist noch nicht alles, was Cheng für die Wiederbelebung seines Restaurants getan hat. Nun versucht er, einen Onlineshop aufzubauen und damit eine Brücke zwischen den Agrarprodukten seiner Heimat in der Provinz Hebei und den Verbrauchern in Beijing zu schlagen.

 

Laut Cheng befindet sich das Geschäftsviertel des Beijinger Zoos, in dem sein Restaurant liegt, derzeit im Umbau. Noch in diesem Jahr soll das Umbauprojekt abgeschlossen sein. „Dann werden sich neue Unternehmen in diesem Geschäftsviertel ansiedeln, was meinem Restaurant eigentlich mehr Kundschaft hätte bescheren sollen. Aber der plötzliche Ausbruch der Epidemie hat diesen Plan vollständig zunichte gemacht.“ Unter dem enormen finanziellen Druck versuche er, über WeChat-Business für zusätzliche Einnahmen zu sorgen.



Schwierige Zeiten für Gastronomen: In der Coronakrise unternimmt Restaurantbetreiber Cheng Cheng große Anstrengungen, um das Onlinegeschäft zu entwickeln.

 

Unter den Auswirkungen der Coronakrise sind viele landwirtschaftliche Produkte aus seiner Heimat Zhangjiakou schwer zu verkaufen. „Ich habe versucht, Kontakte mit vielen landwirtschaftlichen Genossenschaften in meiner Heimat aufzunehmen, um sie beim Verkauf ihrer Agrarprodukte zu unterstützen“, sagt Cheng. „Viele von ihnen reagierten positiv auf meinen Vorschlag.“

 

Auf seinem Smartphone zeigt uns der Jungunternehmer einige Fotos. „Das ist eine Zuchtfarm für Schweine in meiner Heimat. Die Umgebung ist wunderschön! Dieses Foto ist von einer Kamera aufgenommen, die ich eigens in der Zuchtfarm installiert habe“, sagt er. Über seinen Onlineshop biete er heute Landwirtschaftsprodukte aus seiner Heimat wie Schweinefleisch, Trauben, Äpfel und Süßkartoffeln an. „Dadurch ist mein Monatseinkommen um 20.000 bis 30.000 Yuan gestiegen“, sagt er.

 

Nun sind das Restaurant und der Onlineshop sein wichtigster Fokus. „Die rasante Entwicklung von E-Commerce, Online-Einzelhandel und Logistik- und Lieferdiensten hat uns jungen Menschen große Chancen eröffnet“, sagt Cheng.

 

Cheng hat sich noch ein größeres Ziel gesetzt: „Wenn Landwirtschafts- und Frischwasserprodukte in Zukunft per Hochgeschwindigkeitszug in die Hauptstadt transportiert werden können, ließe sich der gesamte Prozess von der Ernte bzw. dem Fang bis zur Lieferung an die Wohnungstür der Verbraucher innerhalb von nur vier Stunden abwickeln“, schwärmt er. Im Tätigkeitsbericht der Regierung, der auf der diesjährigen Tagung des Nationalen Volkskongresses (NVK) veröffentlicht wurde, hat die Regierung festgelegt, dass weitere Maßnahmen ergriffen werden sollen, um die Entwicklung der Initiative „Internet plus“ umfassend zu fördern und neue Stärken der digitalen Wirtschaft herauszubilden. „Ich hoffe, dass diese neuen Maßnahmen bis ins Detail umgesetzt werden und aufstrebenden Branchen mehr Chancen bringen “, sagt Cheng.

 

Insgesamt hätten ihm die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen sehr geholfen, sagt Cheng. Einen kleinen Wunsch hat er dennoch: „Ich würde es begrüßen, wenn die Regierung Restaurants in Tourismusgebieten wie meinem einige spezielle Vorzugsmaßnahmen wie Mietminderung bzw. -befreiung einräumen würde, da wir besonders von den Auswirkungen der Epidemie betroffen sind“, sagt er.

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