HOME>Gesellschaft

Dokumentarfilm über Chinas Armutsüberwindung: Ein abgelegenes Dorf findet den Anschluss

2021-03-10 12:28:00 Source: Author:
【Schließen】 【Drucken】 GroßMittelKlein
 

Von Ma Li

 

Chinas erfolgreiche Anstrengungen zur Armutsüberwindung haben weltweit Aufmerksamkeit erregt. Einen Einblick in die Arbeit im Kampf gegen die Armut gibt nun ein neuer Dokumentarfilm. „Rooted in the Soil“ (auf Chinesisch 落地生根 Luòdì shēnggēn) heißt die Produktion, die im Dezember vergangenen Jahres erstmals bei CCTV ausgestrahlt wurde. Gedreht wurde die landesweit gezeigte Doku unter Leitung von Regisseurin Chai Hongfang. Der Film gibt tiefe und berührende Einblicke in die Thematik und zeichnet ein exemplarisches Bild für die landesweiten Anstrengungen zur Armutsüberwindung der vergangenen Jahre.

 

Regisseurin Chai Hongfang sagt: „Mein Film erzählt vom Schicksal eines abgelegenen, armen Bergdorfs im autonomen Bezirk Nujiang in der südwestchinesischen Provinz Yunnan. Der Fokus liegt ganz klar auf den Menschen und dem Wandel in ihrem persönlichen Leben. Er dokumentiert die gemeinsamen Anstrengungen der Einheimischen und der lokalen Regierung im Kampf gegen die örtliche Armut.“




 Harte Armutsüberwindung vor traumhafter Kulisse: Von einer Bergspitze aus zeigt das Filmteam

 einen Panoramablick auf den Fluss Nujiang.


Dreharbeiten mit Hindernissen

 

Der Startschuss für das Projekt fiel am 17. Mai 2017. Dies war der Tag, an dem sich Chai und ihr neunköpfiges Filmteam im Dorf Shawa im Kreis Fugong im autonomen Bezirk Nujiang einquartierten, um das dortige Leben mit der Kamera festzuhalten. Das Produktionsteam setzte sich aus Mitgliedern aus Beijing und Yunnan zusammen. „Wir hatten kein Drehbuch“, erzählt Chai. „Stattdessen wollten wir den gesamten Prozess der Armutsüberwindung in diesem Bergdorf authentisch mit der Kamera einfangen und die Menschen über einen langen Zeitraum begleiten, ein Projekt, dessen Verwirklichung für mich eine Herzensangelegenheit war“, sagt die Filmschaffende. „Ich hatte mich auf einen langen Aufenthalt eingestellt“, sagt sie. „In meinen Augen gestaltet sich die filmische Dokumentation des Prozesses der Armutsüberwindung an einem Ort genauso schwierig wie die eigentliche Armutsbekämpfung.“

 

Traumhafte Kulisse, harte Lebensbedingungen

 

Bevor Chai und ihr Team im Mai 2017 offiziell den Drehort betraten, hatten sie schon den gesamten Bezirk Nujiang erkundet. Ihre Wahl fiel schließlich auf das Dorf Shawa im Kreis Fugong. „Ich kann mich heute noch genau daran erinnern, wie mich die Szenerie im Dorf beim ersten Anblick direkt in ihren Bann gezogen hat, nachdem wir sechs Stunden lang den Berg hinaufgekraxelt waren, um Shawa zu erreichen“, erzählt Chai. „In der Ferne sah man die in Nebel gehüllten Berggipfel, an den Hängen glitzerten die Reisfelder golden im Licht der Sonne. Kinder liefen durch das Dorf und die Einheimischen arbeiteten und wischten sich von Zeit zu Zeit mit den Ärmeln den Schweiß von der Stirn“, beschreibt Chai ihre ersten Eindrücke. Das abgelegene und wunderschöne Dörfchen schien der perfekte Drehort für die geplante Dokumentation. Obwohl der Ort bitterarm war, gab es doch immerhin Zugang zu Wasser und so auch bewässerte Felder, mit deren Feldfrüchten sich die Einheimischen selbst versorgen konnten. „Arm war dieser Ort vor allem deshalb, weil es keine Verbindungsstraße zur Außenwelt gab“, erklärt Chai.

 

Die Schönheit der natürlichen Landschaft war jedoch letztlich trügerisch, denn die Lebensbedingungen vor Ort waren denkbar hart. Am ersten Abend nach der Ankunft trommelte Chai deshalb ihre Teammitglieder zusammen, um ihnen ein Ultimatum zu stellen: „Wer gehen möchte, sollte es jetzt tun. Und wer bleibt, muss bis zum Ende durchhalten“, sagte sie. „Die Bedingungen im Dorf Shawa waren hart. Und weil wir planten, ein bis zwei Jahre oder sogar noch länger zu bleiben, war ich besorgt, dass der eine oder andere auf halber Strecke das Handtuch werfen würde“, erinnert sie sich. Ihr Team nach Shawa zu bringen, sei bisher das größte Abenteuer in ihrem Leben gewesen, fügt sie hinzu.




 Landwirte aus Shawa bei der Arbeit auf ihren Reisfeldern.


Ein altes Klassenzimmer wird zum Produktionsraum

 

„Ein verlassenes Klassenzimmer in der Grundschule mit drei alten Schreibtischen, einigen morschen Bänken und mehrere von uns mitgebrachte Computer bildeten unseren Bearbeitungsraum“, sagt Chai. „Unsere Schlafräume lagen gleich neben den Schweineställen. Oft war es nicht das Krähen der Hähne, das uns weckte, sondern das Schnarchen der Säue und das Quietschen der Ferkel. Im Sommer krochen außerdem alle möglichen Insekten über die Wände und durch die Betten. Es war psychologisch schon eine echte Herausforderung für uns“, sagt die Regisseurin. „Unsere erste Aufgabe war es, uns an die neue und so andere Umgebung zu gewöhnen.“

 

Dabei sollten sich die widrigen Lebensbedingungen gar nicht einmal als das größte Problem herausstellen. Noch schwieriger sollte es für die Filmcrew werden, sich in den Alltag der Dorfbewohner zu integrieren. „Shawa war lange völlig isoliert von der Außenwelt, Fremde kamen nur äußerst selten ins Dorf. Entsprechend hatten die Einheimischen anfangs einige Berührungsängste“, sagt Chai. „Bei unserer Ankunft im Dorf versteckten sich die Menschen anfangs oder rannten davon, sobald sie uns sahen. Es gab keinerlei Kommunikation. Das war natürlich ein großes Hindernis für die Produktion, da die Dreharbeiten unter diesen Voraussetzungen quasi nicht fortsetzbar waren“, sagt Chai.

 

Um das Problem zu lösen, bat Chai einen gebildeten Mann im Dorf um Hilfe, der unter den Einheimischen großes Ansehen genoss und des Hochchinesischen mächtig war - A Dengyan. Chai erklärt ihm, weshalb das Filmteam vor Ort war, in der Hoffnung, dass die Dorfbewohner durch sein Zureden ihre Berührungsängste abstreifen und bei den Dreharbeiten mit dem Filmteam zusammenarbeiten würden.

 

„Eine Zeit lang stand ich jeden Tag auf einer Anhöhe im Dorf und begrüßte alle Dorfbewohner, die vorbeikamen, zum Beispiel auf dem Weg zur Feldarbeit. Anfangs rannten sie noch schnell weg, als sie mir begegneten. Im Laufe der Zeit aber lud ich sie oft ein, sich zu uns zu setzen. Auf diese Weise wurden die Einheimischen allmählich mit uns vertraut und versteckten sich nicht mehr. Im Gespräch erfuhren wir dann schnell mehr über ihr Leben und fanden so unsere Protagonisten, die wir schwerpunktmäßig mit der Kamera begleiten wollten.“ Zu den Hauptfiguren ihres Films zählten die im Armutsregister vermerkten Eheleute Po Luo und Li Jianhua, Zhu Yun, ein Mitglied der im Dorf stationierten Vor-Ort-Arbeitsgruppe zur Armutsbekämpfung, und der kleine Laba als Vertreter der Kinder. „Die Veränderungen in ihrem Leben sind in gewisser Weise exemplarisch für den Wandel im Leben aller 700 Millionen chinesischen Bauern, den die chinesische Politik zur Armutsüberwindung bewirkt hat. Ihre Geschichten spiegeln die tief greifenden Veränderungen in der chinesischen Gesellschaft wider“, so Chai.

 

Chai Hongfang und ihre Teammitglieder verbrachten letztlich mehr als 1000 Tage und Nächte im Dorf. Während dieser Zeit galt es für sie nicht nur, einige durch die harten Lebensbedingungen bedingten körperlichen Beschwerden zu verkraften, auch Einsamkeit und Trostlosigkeit nagten in der isolierten Umgebung an ein ums andere Mal an Nerven und Gemütern. Doch dank ihrer großartigen Entschlossenheit gelang es dem Team, dem Publikum eine aufrichtige Arbeit zu präsentieren. „Die vier Jahre, die wir hier in Shawa verbracht haben, fielen genau in die kritische Zeit für Chinas Armutsüberwindung. In dieser Zeit fanden landesweit mehr als 50 Millionen Menschen in Chinas ländlichen Gebieten den Weg aus der Armut. Diese Menschen müssen sich heute keine Sorgen mehr machen um die Deckung ihrer Grundbedürfnisse, sie haben Zugang zu grundlegender Schulbildung und medizinischer Versorgung sowie ein sicheres Dach über dem Kopf“, sagt Chai. Mit Hilfe der Regierung sei es im Jahr 2020 auch dem Dorf Shawa gelungen, die Armut erfolgreich abzustreifen. „Wir haben die Pflicht, die Geschichte der Armutsbekämpfung in China zu erzählen. Ich bin begeistert und fühle mich geehrt, dass ich diese große Ära des Wandels filmisch dokumentieren konnte“, sagt die Regisseurin.




 Im Gespräch mit Einheimischen: Während der vierjährigen Dreharbeiten hat Regisseurin Chai Hongfang enge Beziehungen zu den Dorfbewohnern aufgebaut. Die anfänglichen Berührungsängste sind längst verflogen.


Chinas Armutsüberwindung im filmischen Zeitraffer

 

Zheng Yi, Direktor der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit des Bezirks Nujiang, sagt: „Chais Dokumentarfilm wurde technisch aufwendig umgesetzt. Durch den langen Aufenthalt vor Ort konnte das Filmteam die schrittweisen Veränderungen gut dokumentieren. Es gibt wohl nur wenige Filme, die die Geschichte der Armutsüberwindung in China so lebensnah mit der Kamera eingefangen haben. Eine wirklich wertvolle Arbeit.“

 

Shawa liegt auf dem Schneeberg Biluo östlich der Großen Schlucht des Nujiang-Flusses, weit entfernt von der nächsten Stadt. Vor 2018 gab es keine gepflasterte Zugangsstraße und auch keinen Internetzugang. Die Mehrheit der über 800 Dorfbewohner aus den örtlichen 228 Haushalten war im staatlichen Armutsregister erfasst, das durchschnittliche Pro-Kopf-Jahreseinkommen betrug weniger als 3000 Yuan. Damit galt Shawa provinzweit als eines der Gebiete, in der sich die Armutsüberwindung am schwierigsten gestaltete.

 

Chai Hongfang erzählt die Geschichte des Dorfes schnörkellos und eindringlich, zeichnet ihre Protagonisten frisch und lebendig. Durch ihre filmische Erzählung hoffe sie, Hoffnung und Kraft zu vermitteln, sagt die Regisseurin. Die eingefangenen Bilder und die mit Bedacht gewählte Erzählstruktur zeichnen ein berührendes Gesamtbild. Es ist ein Mosaik aus Szenen wie diesen: Auf dem holprigen Bergpfad benötigt Po Luo mehr als einen halben Tag, um seinen kleinen Kühlschrank zur Reparatur ins Tal zu schleppen; Li Jianhua bringt jedes Mal nur 20 Hühner zum Verkauf auf den Markt, mehr kann er auf seinen Schultern einfach nicht tragen; eines Nachts erkrankt seine Frau plötzlich, doch für eine Behandlung muss sie bis zum Morgengrauen warten, erst dann kann die Reise ins Krankenhaus angetreten werden; mangels Personals zur vorschulischen Betreuung wird Zhu Yun, Mitglied der im Dorf stationierten Militärgruppe zur Armutsbekämpfung, kurzerhand zum Kindergärtner... .

 

Chai sagt: „Mangelnde Verkehrsanbindung, eingeschränkte medizinische Versorgung und schlechter Zugang zu Bildung sind typische Probleme, mit denen viele arme Bergdörfer zu kämpfen haben. Die Armutsüberwindung zielt darauf ab, genau diese Probleme zu lösen und der armen Bevölkerung so ein Gefühl des Glücks, des Gewinnens und der Sicherheit zu vermitteln. Unser Film hat die Veränderungen des täglichen Lebens der einfachen Menschen aufgezeichnet, die in einer sich schnell verändernden Ära leben.“

 

Im Film sehen wir, dass Po Luo sich mit dem Bau der Straße einen Traktor für Transportgeschäfte gekauft und einen kleinen Laden im Dorf eröffnet hat. Li Jianhua konnte durch die Einführung moderner Zuchtmethoden seine Hühnerzucht erweitern. Laba und andere Kinder des Dorfes sind auf der Fernsehbühne von CCTV aufgetreten. Zudem sind einige Dorfbewohner mittlerweile in ein städtisches Gebiet umgesiedelt, wo sie heute ein modernes Leben führen. Auch dies ist Teil des Ansatzes, um Menschen aus armen Gebieten aus der Armut zu führen.

 

„Bei der Armutsüberwindung wird das Lebens- und Entwicklungsrecht der einfachen Leute eindeutig respektiert. Was wir mit der Kamera aufgenommen haben, sind ganz alltägliche Geschichten, die sicher auch für die internationale Gemeinschaft sehenswert sind“, sagt Chai.

 

Im September 2017 wurde mit dem Bau einer gepflasterten Straße nach Shawa begonnen, die man 2018 dem Verkehr übergab. 2019 wurde die Straße betoniert und damit noch einmal aufgewertet. Innerhalb von nur drei Jahren hat sich das Leben der Dorfbewohner stark verbessert. „Die Straße formt die erzählerische Hauptlinie, die alle Geschichten miteinander verbindet. Sie ist für die Einheimischen nicht nur ein Weg, um von der Armut zu Wohlstand zu gelangen, sondern auch ein Weg für die Regierung, um die Herzen der Menschen zu verbinden“, sagt Regisseurin Chai. Sie würde gerne noch fünf weitere Jahre in Shawa bleiben, sagt sie, um die schnelle Entwicklung des Ortes durch seine touristische Erschließung mitzuerleben und aufzuzeichnen. „Die Geschichte dieses Dorfes hat gerade erst begonnen, und sie steuert für mich ganz klar auf ein echtes Happy End zu“, sagt sie.

 

Teilen:

Copyright © 1998 - 2016

今日中国杂志版权所有 | 京ICP备10041721号-4

京ICP备10041721号-4