HOME>Gesellschaft

Zhang Yongzhong: Chinas „Motorendoktor“ und seine Geschichte

2021-08-30 11:21:00 Source: Author:
【Schließen】 【Drucken】 GroßMittelKlein

 

„Stopp!“, ruft Zhang Yongzhong energisch. „Mit dem Geräusch dieses Motors stimmt etwas nicht!“ Wir befinden uns in der Motortuning-Anlage der Firma Chongqing Chang‘an Automobile. Hier führt Zhang Yongzhong seine Lehrlinge gerade durch eine Praxisübung, wobei eine Reihe von Motoren stichprobenartig überprüft wird. Dank seiner langjährigen Erfahrung entgeht „Motorendoktor“ Zhang kein noch so kleines Detail bei seiner Fehlerdiagnose. Die Fehlzündung in einem der Motoren hat er natürlich sofort herausgehört. Sie signalisiert ein Problem, das es zu beheben gilt.

 

Der 57-Jährige hat eine beeindruckende Karriere hinter sich. Hier bei Chang‘an Automobile kennt ihn jeder, er ist eine echte Koryphäe. 2007 trat er in die KP Chinas ein und bereits seit mehr als drei Jahrzehnten ist er in der Automobilindustrie tätig. Zhang hat vier nationale Patente angemeldet und obendrein eine eigene Methode zur Motorwartung entwickelt, die neue Standards gesetzt hat.



 

Zhang Yongzhong ist in Chinas Automobilindustrie eine echte Koryphäe.


Qualitätskontrolle ist das A und O

 

Zhang Yongzhong ist ein waschechter Chongqinger, genauer gesagt kam er im Stadtbezirk Jiangbei der Millionenmetropole zur Welt. Nach dem Abschluss der Oberstufe der Mittelschule im Jahr 1981 trat er zunächst in die Armee ein und wurde Fernmelder. Kurz darauf kehrte er nach Chongqing zurück und arbeitete als Zimmermann in der damaligen Jiangling Machinery Factory. Seine Aufgabe war es, Außenhüllen für Tisch- und Wanduhren herzustellen.

 

Der junge Zhang arbeitete fleißig und konnte sich schon bald in Sachen Fähigkeiten mit seinem Meister messen. Tischuhren mussten damals nach der Montage eine minutiöse Überprüfung durchlaufen. Nur diejenigen Produkte, die den hohen Qualitätsanforderungen entsprachen, gelangten letztlich auf den Markt. Die Außenhüllen einiger der von den Handwerksmeistern gefertigten Uhren wiesen gelegentlich Mängel auf und wurden daraufhin Zhang zur Reparatur übergeben. Nach geduldigem und sorgfältigem Ausbessern der Mängel durchliefen die Produkte schließlich ohne weitere Beanstandung die abschließende Qualitätskontrolle.

 

Eines Tages teilte der Werkstattleiter Zhang mit, dass er einer der sieben Mechaniker sei, die für die Teilnahme an einer internen Fortbildung zum Thema Motoren ausgewählt worden waren. Keiner der sieben Teilnehmer hatte einen formalen Hochschulabschluss, daher fiel ihnen die neue Herausforderung zunächst schwer.

 

Die leitenden Ingenieure betonten in dem Lehrgang, welch große Sorgfalt die Motorenmontage erforderte. Jede noch so kleine Unachtsamkeit, so erklärten sie, könne schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Schon eine Haarsträhne im Motor beispielsweise genügte, um eine Verbrennung auszulösen. „Wir mussten damals spezielle Hausschuhe tragen, damit kein Staub in die Werkstatt gelangte“, erinnert sich Zhang zurück. Sowohl er als auch seine Kollegen begannen, eifrig die Namen aller Motorenbestandteile akribisch auswendig zu lernen und sich mit jedem Teil des Motors genauestens vertraut zu machen, um mögliche Pannen zu vermeiden.

 

Bald begannen sie herauszufinden, was zu tun war, indem sie die Motoren zerlegten und wieder zusammenbauten, indem sie ihre Mentoren beobachteten und sich anschließend nach dem Prinzip „trial and error“ selbst an der Montage versuchten. Gab es ein Problem, das nicht gelöst werden konnte, standen ihnen der Werksleiter und der Werkstattleiter stets mit Rat und Tat zur Seite. Manchmal arbeiteten die Nachwuchskräfte von morgens bis mitternachts an der Konstruktion eines Motors.

 

Nach langer Lehrzeit hatten sich Zhang und seine Mitstreiter erfolgreich große Kompetenz erarbeitet, die sie dazu anspornte, noch mehr zu lernen. „Mache mehr, frage mehr, denke mehr“ – das ist bis heute Zhangs Devise. Außerdem müsse man seine Profession lieben, ist er überzeugt. Der Aspekt seiner Arbeit, der ihm am meisten Spaß bereite, sei die Fehlersuche, sagt er. „Probleme zu entdecken, die Ursache herauszufinden und dann Lösungen zu finden, das ist mein größtes Vergnügen“, sagt der 57-Jährige.

 

Nach jahrelanger Praxiserfahrung ist Zhang Yongzhong heute in der Lage, den „Puls“ jedes Motors fachmännisch zu befühlen und Motorschäden aller Art zu „diagnostizieren“, ganz wie es ein guter Arzt bei seinen Patienten tut. Auf diese Weise hat er eine Reihe einzigartiger „Diagnoseverfahren“ entwickelt: zum Beispiel Rückschlüsse aus dem Geruch der Autoabgase zu ziehen oder anormale Geräusche des Motors herauszuhören. „Solche Kriterien helfen mir, die genaue Ursache eines Problems herauszufinden“, sagt er.

 

Eines Tages stellte Zhang in einer Werkstatt für Motorenfertigung fest, dass der Klang, den die Arbeiter beim Hämmern mit ihren Werkzeugen erzeugten, etwas anders war als das, was er normalerweise hörte. Sofort kontrollierte Zhang daraufhin die Anzeigeinstrumente. Es stellte sich heraus, dass die Schlagstärke geringer war als erforderlich, was zu einem zu geringen Drehmoment der Pleuelmutter und schlimmstenfalls zum Motorausfall führen konnte. Die Techniker untersuchten und behoben das Problem umgehend und verhinderten so, dass 1500 mangelhafte Motoren auf den Markt kamen.

 

Zhangs Diagnosetechniken, mit denen potentielle Motorausfälle schnell und präzise vorhergesagt und verhindert werden können, haben sich in der Praxis bewährt und werden in Fachkreisen hoch geschätzt. Ein Beweis dafür ist, dass sie mittlerweile in der Automobilindustrie im ganzen Land zum Einsatz kommen.

 

Engpässe überwinden

 

Neben seinen einzigartigen Verfahren zur Fehlerdiagnose hat Zhang auch zahlreiche Spezialwerkzeuge entwickelt. 1994 schlossen sich die Chang‘an Machinery Factory und die Jiangling Machinery Factory zur Chang‘an Automobile Co., Ltd. zusammen. Während eines technischen Workshops einige Zeit später stellte Zhang fest, dass es auffällig viel Ausschuss bei den Ventileinstellschrauben der Motoren der G-Serie gab, was die Einstellung des Ventilzusammenspiels behinderte und die Produktionseffizienz stark beeinträchtigte.

 

„Arbeiter können täglich 300 bis 400 Motoren am Fließband produzieren. Doch wir können nicht bestätigen, ob der Motor die Qualitätsanforderungen erfüllt, bis die Arbeiter die Einstellung des Ventilzusammenspiels abgeschlossen haben“, erklärt Zhang. „An jedem Motor müssen 16 Ventile eingestellt werden. Ist eines davon nicht richtig justiert, muss der ganze Motor erneut eingebaut werden, was zeit- und arbeitsintensiv ist.“

 

Da es sich bei der Produktionslinie um ein Importprodukt handelte, musste sich Zhang mit seinen Zweifeln an den ausländischen Hersteller wenden. Dieser erklärte jedoch, die Fixierung der notwendigen Werkzeuge zur Einstellung des Ventilzusammenspiels sei mit hohen Kosten und intensiver Forschung und Entwicklung verbunden, wobei außerdem die Ergebnisse nicht zu 100 Prozent garantiert seien. Zhang nahm die Sache kurzerhand selbst in die Hand.

 

Er entwarf und experimentierte mit seinen eigenen Werkzeugen, angetrieben von dem Wunsch, den bestehenden Engpass in der Produktionslinie zu beseitigen. Nach der Ingebrauchnahme eines neuen, von ihm entwickelten Werkzeuges erreichte die Rate der erfolgreichen Qualitätsabnahme der Montage hundert Prozent, die Ausschussrate der Einstellschrauben lag derweil bei null. Das von ihm entwickelte Werkzeug verbesserte nicht nur die Produktionseffizienz der betriebseigenen Linien, sondern erhielt letztlich sogar ein nationales Patent. Im ersten Stock seiner Werkstatt hat Zhang stolz verschiedene Werkzeuge aufgereiht, darunter zum Beispiel Drehmomentschlüssel, von denen mehrere nationale Patente erhalten haben.

 

Die jahrzehntelange harte Arbeit hat jedoch auch ihre Spuren hinterlassen, sie hat Zhangs Gesundheit stark zugesetzt. Seit 2005 leidet er unter Schmerzen in den Füßen, ignorierte diese aber lange und verheimlichte sie vor Familie und Kollegen. An einem Tag im Jahr 2006 wurden die Schmerzen so stark, dass er es nicht mehr aushielt. Die jahrelange Überarbeitung hatte zu einer Knochennekrose beider Füße geführt, die einen Krankenhausaufenthalt und eine Operation erforderte. Sogar im Krankenhausbett nutzte Zhang sein Smartphone, um seinen Kollegen aus der Ferne in technischen Fragen zu beraten. Nach seiner Operation ging Zhang, sobald er sich wieder einigermaßen bewegen konnte, unbeholfen am Stock zurück in die Fabrik und kehrte auf seinen Posten zurück.

 

Fähigkeiten weitergeben

 

Zhang arbeitet nun schon seit 39 Jahren in der Automobilindustrie, in wenigen Jahren wird er in Ruhestand gehen. Am liebsten möchte er vorher seine Erfahrungen und Fähigkeiten an möglichst viele junge Mitarbeiter weitergeben. Zu diesem Zweck hat Zhang mit Dutzenden von ihnen Mentoring-Vereinbarungen abgeschlossen, in denen er sich verpflichtet, seine eigenen technologischen Kenntnisse an so viele Nachfolger wie möglich weiterzugeben, getreu der chinesischen Devise: „Der Wert des Lebens eines Menschen besteht darin, sein Bestes zu geben, um das Höchste in der gewöhnlichen Arbeit zu erreichen.“ Bisher wurden schon mehr als 80 Prozent der Motoreinstelltechniker von Chang‘an Automobile von ihm fortgebildet.

 

Neben den Technikern in der Firmenzentrale konsultieren ihn auch die Mitarbeiter in den Wartungsniederlassungen des Unternehmens im ganzen Land bei schwierigen Problemen. Zhang hilft auch hier stets gerne mit seinem Rat.

 

Chang‘an Automobile ist heute stolz darauf, eine eigene Bedienungsanleitung zu haben, in der Zhang und seine Kollegen ihre jahrelange Ingenieurserfahrung zusammengestellt haben. In dem Handbuch sind 152 Arten von häufigen Motorausfällen und Lösungen für diese aufgelistet. Sie sind zu einem wertvollen Schulungsleitfaden für die Motorfehlersuche geworden.

 

Zum Abschluss pflegt Zhang seinen Lehrlingen noch eine Lebensweisheit mit auf den Weg zu geben: „Bei der Arbeit und dem beruflichen Werdegang muss man stets mutig voranschreiten. Man darf Schwierigkeiten nicht scheuen. Wie bei allem im Leben gilt, dass beherzte Anstrengungen letztlich Früchte tragen werden, solange man nur fleißig durchhält.“

Teilen:

Copyright © 1998 - 2016

今日中国杂志版权所有 | 京ICP备10041721号-4

京ICP备10041721号-4