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Beijings wilde Seite: Ein britischer Vogelbeobachter in Chinas Hauptstadt

2021-12-20 13:10:00 Source: Author:
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Von Liu Yixuan

 

„Beijing ist reich an Wildtieren. Unter den Hauptstädten der G20 hat Beijing nach Brasilia die zweitgrößte Anzahl von Vogelarten“, sagt Terry Townshend. Der Brite ist Experte für Biodiversitätsschutz und lebt im Beijinger Bezirk Shunyi. Jedes Wochenende fährt er in die Vororte der chinesischen Hauptstadt, um Vögel zu beobachten. „In Beijing gibt es rund 510 registrierte Vogelarten. Ich freue mich, dass ich bisher 430 von ihnen selbst sehen konnte“, sagt er.



Britischer Experte für Biodiversitätsschutz: Terry Townshend bei der Beobachtung von Vögel

 am Ufer des Wenyu-Flusses im Beijinger Bezirk Shunyi. 


Terry Townshend kam 2010 nach Beijing, um bei einer internationalen Umweltschutzorganisation zu arbeiten. Überrascht stellte er fest, dass die Millionenmetropole ein Paradies für Vogelbeobachter ist. Er gestaltete eine Website namens „Birding Beijing“, über die sich schon bald chinesische und ausländische Vogelbeobachter vernetzten, um sich über ihre Erfahrungen und Erlebnisse bei der Vogelbeobachtung auszutauschen. 2019 wurde Townshend vom Beijing Municipal Forestry and Parks Bureau als Mitglied des internationalen Expertenteams für den Schutz der städtischen Biodiversität in Beijing eingestellt.

 

Townshend ist seit Kindertagen ein echter Naturfan. In seiner Heimat Großbritannien wuchs er in direkter Nähe zum Meer und zu einem Naturschutzgebiet auf. Seine Freizeit verbrachte er oft in besagtem Naturschutzpark, wo er Wildtiere beobachtete und zuordnete. Im Alter von vier Jahren begann er mit der Vogelbeobachtung. Während seines elfjährigen Aufenthaltes in Beijing haben die völlig anderen Naturbedingungen und seltenen Tierarten in Chinas Hauptstadt sein großes Interesse geweckt.

 

Auf seiner Website „Birding Beijing“ hat Townshend eine von der Beijing Bird Watching Society zusammengestellte „Checkliste der Vogelarten in Beijing“ veröffentlicht. Sie soll Touristen und Einheimischen dabei helfen, ihre Kenntnisse über Vögel und andere Wildtiere zu vermehren. Er selbst hat stets ein Notizbuch griffbereit, in dem er Datum, Zeit, Ort, Art und Anzahl der von ihm gesichteten Vögel vermerkt. Regelmäßig aktualisiert er die Inhalte und teilt sie mit anderen Vogelbeobachtern über seine Website. Darüber hinaus hat er auch verschiedene Vogelgesänge im Audioformat aufgenommen und online gestellt. Längst ist er in der Lage, die meisten Vogelarten in wenigen Sekunden vom Klang her zu unterscheiden.

 

In Zusammenarbeit mit Vogelexperten aus China, Schweden, Belgien und anderen Ländern fand Townsheed im Mai 2015 heraus, dass der Beijinger Mauersegler, der sich jeden Sommer im Sommerpalast der Hauptstadt niederlässt, mehr als 13.000 Kilometer nach Süden fliegt, um am Kap der Guten Hoffnung in Afrika zu überwintern. „Ich habe Glück, einen Mauersegler mit einem Geolokalisierungsgerät freigelassen zu haben“, sagt Townshend. „Ein Mauersegler legt im Laufe seines Lebens auf seinen Flügen durchschnittlich die halbe Entfernung von der Erde bis zum Mond zurück. Das ist wirklich unglaublich“, schwärmt er.

 

Neben Vögeln hat Townshend auf seiner Website auch Rubriken eingerichtet, in denen er Amphibien, Säugetiere, Reptilien und Insekten vorstellt, die in der Hauptstadt vorkommen. Bis heute hat er zum Beispiel mehr als 170 Schmetterlingsarten in Beijing entdeckt.



 Auf der Durchreise: Eine Gruppe von Schwanengänsen fliegt über Beijing.


Auf den Spuren der Wildkatzen

 

Townshend zeigt nicht nur großes Interesse für Vögel und Insekten, sondern auch für Wildkatzen. „Beijing ist tatsächlich eine der wenigen Hauptstädte der Welt, in denen noch Wildkatzen leben“, erzählt der Brite begeistert. So hat er in Beijing zum Beispiel schon wilde Leopardenkatzen beobachtet und beteiligt sich zudem an einem Forschungsprojekt, das gemeinsam von der Peking University School of Life Sciences und der China Felid Conservation Alliance initiiert wurde. Er unterstützt das Team bei der Erforschung der Population der Leopardenkatzen in Chinas Hauptstadt.

 

Townshend hat schon viele Orte in China besucht, insbesondere Gebiete, die reich an Wildtieren sind, so zum Beispiel Qinghai, Yunnan und die Innere Mongolei. Im Naturschutzgebiet Sanjiangyuan in Qinghai sind ihm viele seltene Schnappschüsse von Schneeleoparden geglückt. „In Sanjiangyuan Schneeleoparden zu Gesicht zu bekommen, war für mich wie ein Traum“, sagt er. „Ich war überrascht, dass sie vor uns Menschen sehr entspannt waren. Das zeigt, dass die Einheimischen und die Raubtiere einen Weg des harmonischen Zusammenlebens gefunden haben“, sagt er.

 

Townshend hat sich auch am Vorbereitungsprojekt zum Aufbau des „Valley of the Big Cats“ im Naturschutzgebiet Sanjiangyuan beteiligt. Dieses Projekt befindet sich in der Gemeinde Angsai im Kreis Zaduo in der Tibetischen Autonomen Präfektur Yushu der Provinz Qinghai. Der Ort ist ein Paradies für Wildtiere wie Schneeleoparden, Braunbären und Luchse, denn Berge und Täler haben diese Region lange weitgehend von der Außenwelt isoliert. Daher wird die Gegend auch als „Tal der Großkatzen“ bezeichnet.

 

2016 fand in Angsai das erste „Nature Watch“-Festival statt. Das Festival wurde gemeinsam von der Kreisverwaltung Zaduo, der Verwaltungskommission des Nationalparks Sanjiangyuan, dem Shanshui Conservation Center und dem Forschungszentrum für Naturschutz und gesellschaftliche Entwicklung an der Peking-Universität veranstaltet. Townshend wurde als Jury-Mitglied zu der Veranstaltung eingeladen. Mit eigenen Augen hat er Schneeleoparden über die Berge laufen sehen, wie es ihm die Dorfbewohner zuvor schon oft beschrieben hatten. Später hat er sich als Berater an der Planung eines Projektes zur Beobachtung von wilden Schneeleoparden beteiligt, das von der lokalen Hirtengemeinschaft in der Gemeinde durchgeführt wurde.

 

Noch findet der Tourismus hier nur in Kleingruppen statt. Bis Ende 2019 hatten insgesamt 302 Touristen in 98 Gruppen das Tal der Großkatzen besucht, was der Gemeinde mehr als eine Million Yuan einbrachte. „Das Projekt kombiniert die Bereiche Wohnen, Ökologie und Tourismus, was den Touristen ein einzigartiges Erlebnis beschert. So bekommen sie die Möglichkeit, Wildtiere in einem sicheren, geordneten und sinnvollen Rahmen in freier Wildbahn zu beobachten“, sagt Townshend. 45 Prozent der Einnahmen gingen an die lokalen Gasthäuser, die anderen 45 Prozent würden in einen örtlichen Gemeinschaftsfonds investiert, sagt er. Die restlichen zehn Prozent kämen dem Schutz der Schneeleoparden zugute. „Die Einheimischen haben den wirtschaftlichen Nutzen des Schutzes der Raubtiere erkannt, was das Bewusstsein für den Naturschutz insgesamt deutlich gestärkt hat“, freut sich der Brite.

 

Im Januar 2021 wurde Townshend von der „Beijing News“ für seine großen Verdienste für den Umweltschutz mit einem Preis geehrt. „Ich freue mich natürlich, denke aber, dass ich nur einer von vielen bin, die sich für den Schutz von Wildtieren engagieren. Dieser Preis gehört letztlich ihnen allen“, sagt Townshend bescheiden. Auch in Zukunft will sich der Brite dem Wildtierschutz in China widmen.

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