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Nyingchi in Tibet: Der Traum vom Wohlstand rückt in greifbare Nähe

2021-04-16 12:17:00 Source: Author:
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Von Zhang Meng*

 

Am 8. Dezember 2020 herrschen in der Stadt Nyingchi in Tibet eisige Temperaturen. Doch in einer Berufsschule verleihen die Schüler dem Tag ein denkbar warmes Ambiente, als sie an einem Kochkurs im Catering-Schulungsgebäude teilnehmen und an den dampfenden Töpfen stehen. Mehr als 30 Teilnehmer aus verschiedenen Kreisen und Bezirken Nyingchis lernen hier an diesem Tag von der jungen Köchin Tsering Yangzom den gekonnten Einsatz verschiedenster Gewürze und Ingredienzien.

 

Obwohl Tsering Yangzom selbst erst 21 Jahre alt ist, kann sie bereits acht Jahre Erfahrung in der tibetischen Kochkunst vorweisen. Es ist erst das zweite Mal, dass sie als Lehrerin für einen Kurs über die Zubereitung traditioneller tibetischer Frühstücksspezialitäten fungiert. Ihre leicht verständlichen Erklärungen und geschickten Vorführungen helfen den jungen Kursteilnehmern, Grundkenntnisse und nützliche Fertigkeiten zu erwerben.

 

Nyingchi liegt im Südosten Tibets und ist bekannt für seine dichten Wälder und malerischen Landschaften. Doch lange war der wunderschöne Ort auch von bitterer Armut geprägt. Ende 2015 gab es in der Stadt insgesamt 6636 registrierte Armutshaushalte mit 22.803 Menschen. Die Armutsquote betrug 16,42 Prozent. Die meisten Landwirte und Hirten besaßen keinerlei Berufsfertigkeiten. Seit Generationen verließen sie sich stets auf den Anbau von Hochlandgerste und die Yak-Zucht als einzige Quelle zum Bestreiten ihres Lebensunterhalts.

 

Um Abhilfe zu schaffen, ergriff die Stadtregierung von Nyingchi verschiedene Maßnahmen. So sollten die örtlichen Bauern und Hirten neue Beschäftigungschancen erhalten und so aus der Armut finden.



 

Sonam Tsering und Paljor besuchen einen Kurs zur Reparatur elektrischer Haushaltsgeräte. Mit den erlernten 

Fertigkeiten wollen sie einen Sprung auf der Karriereleiter machen.


Berufsausbildung als Schlüssel

 

„Wir haben maßgeschneiderte Kurse für die Landwirte und Hirten abgehalten, um ihnen bestimmte Fertigkeiten zu vermitteln“, sagt Zhu Baijia, Direktor der Berufsschule in Nyingchi. „Anstatt komplizierter oder tiefgreifender Theorien legen wir großen Wert auf leicht verständliche Techniken und Methoden, um das Interesse der Kursteilnehmer zu wecken“, sagt er.

 

„Dank der Unterstützung der Regierung hatte ich die Möglichkeit, eine Berufsschule zu besuchen und nach dem Abschluss einen Job zu finden“, sagt Dechen Wangmo aus der Gemeinde Guxiang in Nyingchi. Die Frau leidet an Polio und ihre Eltern sind bei schlechter Gesundheit. Man schlug ihr vor, Hauswirtschaft an der Berufsschule Nyingchi zu lernen. „Ich war von den Studiengebühren befreit und bekam ein Stipendium. Darüber hinaus hat die Schule mir noch einen bezahlten Teilzeitjob angeboten“, sagt sie. Nun betreibe sie mit Unterstützung der Schule und der lokalen Regierung ein kleines Familienhotel. „Die Berufsausbildung hat mein Leben stark verändert“, sagt sie.

 

Sonam Tsering stammt aus dem Kreis Gongbo Gyamda in Nyingchi. Zuvor konnte er keinen Arbeitsplatz finden und verbrachte seine Tage meist zu Hause. Dann meldete er sich für einen Kurs zur Reparatur elektrischer Haushaltsgeräte an. Nach seinem Abschluss will er ein kleines Geschäft zur Reparatur von Elektrogeräten in der Heimat eröffnen.

 

Auch Paljor besucht diesen Kurs. „Viele meiner Freunde haben dank der in der Schule erlernten Fertigkeiten einen Sprung auf der Karriereleiter gemacht. Da will ich aufschließen“, begründet er seine Teilnahme.

 

Weder Sonam Tsering noch Paljor verfügten zuvor über berufliche Grundkenntnisse, sodass es für sie zunächst schwierig war, das vermittelte Wissen zu verinnerlichen. Unter Berücksichtigung dieser Situation verlangsamten die Lehrer das Unterrichtstempo, erklärten die Dinge möglichst ausführlich und gaben zudem praktische Nachhilfe, um den Kursteilnehmern zu helfen, die vermittelten Fertigkeiten auch wirklich zu beherrschen. Darüber hinaus wurden herausragende Teilnehmer gebeten, denjenigen zu helfen, die große Schwierigkeiten beim Lernen hatten.

 

Die Schüler an der Berufsschule stammen in der Regel aus Familien mit niedrigem Einkommen. Um ihre finanziellen Schwierigkeiten beim Kursbesuch zu mindern, bietet die Bildungseinrichtung ihnen kostenlose Lehrbücher, Stifte und Papier an. Darüber hinaus unterstützt die Schule die Absolventen bei der Teilnahme an einschlägigen Berufsprüfungen, sodass sie im Anschluss leichter eine Beschäftigung in einem lokalen Unternehmen finden oder ein eigenes Unternehmen gründen können.

 

Laut Li Jicheng, Direktor des städtischen Büros für Humanressourcen und soziale Absicherung in Nyingchi, half die Stadt allein bis November 2020 37.800 Landwirten und Hirten dabei, eine Beschäftigung zu finden, was 49,4 Prozent der gesamten Erwerbsbevölkerung der Stadt entspricht. Unter ihnen stammten 9603 Menschen aus verarmten Familien, ein Anstieg von 1311 Menschen gegenüber dem Vorjahr. „Im Vergleich zum Vorjahr stieg das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen im Jahr 2020 um 11.400 Yuan“, berichtet Li.

 



Mit Unterstützung der Berufsschule und der lokalen Regierung hat Dechen Wangmo

 ein kleines Familienhotel eröffnet.


Neue Einkommensquellen erschließen

 

Tibetischer Weihrauch wird aus einer Vielzahl wertvoller chinesischer Heilkräuter hergestellt. In der Antike wurde er hauptsächlich für religiöse Rituale verwendet. Doch auch heute findet er noch immer breite Anwendung. Denn ihm wird eine heilende Wirkung zugeschrieben, etwa bei der Reinigung der Luft oder der Vorbeugung von Krankheiten. Nun trägt dieses lokale Kulturgut auch zum Kampf gegen die Armut bei und hilft, das Einkommen der Einheimischen zu steigern.

 

Die Tibeterin Samdrup, die aus dem Dorf Jiemai des Bezirks Bayi in Nyingchi stammt, ist eine bekannte Expertin für die Herstellung tibetischen Weihrauchs. Aus Geldmangel konnte sie allerdings lange nur ein kleines Geschäft führen. 2016 erhielt sie eine Finanzspritze in Höhe von 309.800 Yuan von der lokalen Regierung, um eine Fabrik zur Verarbeitung von Weihrauch aufzubauen. Noch im September desselben Jahres ging diese in Betrieb.

 

Samdrup träumte schon von Kindesbeinen an davon, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Nach dem Start der Fabrik konzentrierte sich die Tibeterin auf die Erweiterung der Vertriebskanäle. Mit großen Anstrengungen handelte sie Vereinbarungen mit neun Handwerksbetrieben in Lhasa und anderen Gebieten aus. Darüber hinaus registrierte sie sich auf verschiedenen E-Commerce-Plattformen.

 

Um den verschiedenen Kundenbedürfnissen gerecht zu werden, bat Samdrup mehr als 30 Touristen aus verschiedenen Teilen Chinas um Feedback und Vorschläge in Sachen Aroma, Form und Verpackung ihres Weihrauches. Darüber hinaus besuchte sie lokale tibetische Weinrauchmärkte, um Marktforschung zu betreiben. So gelingt es ihr, die Qualität ihrer Produkte ständig weiter zu verbessern. Dank ihrer Bemühungen hat sie im Eröffnungsjahr 2016 binnen vier Monaten 60.000 Yuan eingenommen.

 

Im Dorf Jiemai gab es noch weitere sechs registrierte Armutshaushalte. Durch die Teilnahme an Samdrups Weihrauchgeschäft konnten sie alle erfolgreich aus der Armut geführt werden. Seit 2017 erhalten diese sechs Haushalte jedes Jahr Geschäftsdividenden in Höhe von 3100 Yuan. Darüber hinaus können sie monatlich 3000 Yuan verdienen, wenn sie in Samdrups Fabrik arbeiten. Das Weihrauchgeschäft hat es den Dorfbewohnern ermöglicht, einen Arbeitsplatz direkt vor der Haustür zu finden und sich ein stabiles Einkommen zu sichern.

 

Menschen wie Samdrup, die eine bestimmte Fertigkeit besitzen, wurden von der lokalen Regierung dabei unterstützt, die Armut zu überwinden und einen Weg zum bescheidenen Wohlstand einzuschlagen. Darüber hinaus hat das Bauprojekt der Sichuan-Tibet-Eisenbahn zahlreiche weitere Beschäftigungsmöglichkeiten für die lokalen Bewohner geschaffen. Bis Ende November 2020 wirkten insgesamt 12.282 Landwirte und Hirten an 551 Projekten mit. Insgesamt haben sie so mehr als 100 Millionen Yuan verdient.

 

Nach Jahren harter Arbeit erzielte die Stadt Nyingchi im Jahr 2019 ein regionales BIP von 17,245 Milliarden Yuan. Das verfügbare Pro-Kopf-Einkommen der Stadtbewohner betrug 33.041 Yuan, was einer Steigerung von 11,3 Prozent gegenüber dem vorangegangenen Jahr entsprach. Das verfügbare Pro-Kopf-Einkommen der Landbewohner belief sich auf 16.710 Yuan, eine Steigerung von 12,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Alle registrierten Armen und alle 490 Armutsdörfer wurden aus ihrer Not befreit. Die absolute Armut konnte vollständig besiegt und das Glücksgefühl der Menschen kontinuierlich gestärkt werden. Die Verwirklichung des Traums zum Aufbau einer wohlhabenden Gesellschaft rückt damit für Nyingchi in greifbare Nähe.

 

*Zhang Meng ist Reporter der „Tibet Daily“.

 

 

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