Von Xu Yanzhuo*
Auf dem XIX. Parteitag der KP Chinas im Oktober 2017 wurde der Aufbau des Wirtschaftsgürtels Seidenstraße und der maritimen Seidenstraße des 21. Jahrhunderts („Ein Gürtel und eine Straße“) in die abgeänderte Fassung des Parteistatuts aufgenommen. Dies hat die Entschlossenheit und Zuversicht der chinesischen Führung in die Verwirklichung dieser Initiative durch internationale Zusammenarbeit erneut unterstrichen. Im Rahmen dieser mittel- und langfristigen internationalen Entwicklungsinitiative hat China bereits Erfolge in der Zusammenarbeit mit zahlreichen Ländern entlang den Seidenstraßenrouten in Bereichen wie dem infrastrukturellen Aufbau und dem Ausbau der Produktionskapazitäten erzielt. Dennoch bilden einige latente finanzielle Risiken noch immer „Flaschenhälse“ für die Vertiefung der Zusammenarbeit. Doch gerade hier verspricht die fortschreitende Internationalisierung des RMB Abhilfe.
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Weiterer Schritt zur Internationalisierung: Am 12. Oktober 2017 wurde am chinesisch-vietnamesischen Grenzübergang in Dongxing im Autonomen Gebiet der Zhuang-Nationalität Guangxi der Auftakt zum grenzüberschreitenden Bargeld-Transfer zwischen dem Renminbi (RMB) und dem vietnamesischen Dong (VND) gefeiert. |
Finanzrisiken beim Aufbau der neuen Seidenstraße
Going global – so lautet eine wichtige Marschroute der chinesischen Öffnungspolitik für heimische Unternehmen. Die Initiative zum Aufbau der neuen Seidenstraße bildet hierbei einen zentralen Aspekt. Sie hat gleichzeitig auch eine wichtige Plattform für die Internationalisierung des RMB geschaffen. Denn chinesische Unternehmen, die im Ausland investieren wollen, sind im Bereich der Geschäftsführung auf zahlreiche Finanzdienstleistungen angewiesen, etwa in Bereichen wie dem Währungswechsel, bei Bürgschaften, der Kreditaufnahme oder dem Abschluss von Versicherungen. Da aber die Länder entlang der neuen Seidenstraße zumeist wirtschaftlich unterentwickelte kleine und mittelgroße Entwicklungsländer sind, gilt es für chinesische Firmen außer Faktoren wie marktbedingten Kursschwankungen und der Strategie der Geschäftsführung insbesondere auch Finanzrisiken, die durch die Änderung der Politik der Zielländer ausgelöst werden können, bei ihren Geschäftstätigkeiten zu berücksichtigen. Dies bildet schon heute eine wichtige Aufgabe für chinesische Investoren im Ausland.
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Voller Erfolg: Am 20. September 2016 veranstaltete die Bank of China in Indonesiens Hauptstadt Jakarta ein Forum für RMB-Internationalisierung. |
Welchen Risiken sehen sich chinesische Firmen im Ausland gegenüber?
Zuerst sei hier das Risiko des Währungswechsels genannt. Da viele Länder entlang der neuen Seidenstraße aufgrund ihrer negativen Außenhandelsbilanz eine rigorose Devisenverwaltung praktizieren, ist es ausländischen Investoren und Geschäftsleuten vielerorts nicht erlaubt, ihr Kapital und ihre Gewinne sowie ihre legalen Einkünfte ins Ausland zu überweisen bzw. derartige Überweisungen werden erheblich eingeschränkt.
Dies hat zur Folge, dass es für ausländische Unternehmen vor Ort mit vielen Schwierigkeiten verbunden ist, ihre Gewinne, die sie über Bauprojekte oder den Verkauf von Waren und Dienstleistungen in einheimischer Währung erwirtschaftet haben, in Devisen umzutauschen und so zu überweisen. Je strenger die Devisen in einem Land verwaltet werden, desto größer ist der Unterschied zwischen dem offiziellen Wechselkurs in US-Dollar und dem Wechselkurs auf dem Schwarzmarkt. Und die Kluft wächst weiter. Es gibt allerdings auch Länder, die eine bessere Wirtschaftslage haben und floatende Wechselkurse praktizieren. Doch selbst diese Länder setzen in gewissem Grad auf eine Verwaltung von Devisen, wodurch unter anderem der Import so genannter „nicht-strategischer“ Güter erheblich eingeschränkt wird.
Zweitens ist das Risiko von Wechselkursschwankungen zu nennen. Derzeit werden die Kosten der Projekte, die chinesische Unternehmen im Ausland durchführen und deren Bauzeit meist mehrere Jahre beträgt, in ausländischer Währung abgerechnet. Für chinesische Firmen bedeutet dies, dass sie sich dem Risiko von Wechselkursschwankungen ausgesetzt sehen. Angesichts der einfachen Industriestruktur einiger unterentwickelter Länder wird ihr Export sehr leicht von Schwankungen auf dem Weltmarkt beeinflusst, was zu Defiziten in der internationalen Bilanz führt. Für chinesische Firmen zieht dies drastische Kursschwankungen nach sich. Die Regulierung des Wechselkurssystems oder der Wechselkurspolitik vermehrt die Risiken chinesischer Unternehmen zusätzlich. Welche Folgen das hat, zeigt sich etwa am Beispiel Ägypten. Am 3. November 2016 verkündete die ägyptische Regierung den Verzicht auf die Wechselkurskontrolle. Über Nacht sank der Wechselkurs des ägyptischen Pfunds gegenüber dem US-Dollar von 8,8 zu 1 auf 13 zu 1. Für chinesische Unternehmen hatte das wirtschaftlich schlechte Folgen.
Drittens bildet die Haftung für chinesisches Vermögen in Übersee ein Problem. Im Zuge ihrer geschäftlichen Entwicklung mehren chinesische Unternehmen ihr Vermögen im Ausland von Jahr zu Jahr. Derzeit geht die internationale Finanzierung der Geschäftstätigkeiten chinesischer Unternehmen im Ausland über folgende Wege vonstatten: Kreditaufnahmen seitens der Käufer oder Verkäufer, zinsgünstige Kredite, Konsortialkredite und Offshore-Finanzierung durch die Haftung von Banken. Damit hat sich allerdings noch keine effektive Haftung für überseeische Vermögen chinesischer Firmen herausgebildet, was die Finanzierungsmöglichkeiten dieser Unternehmen im Ausland deutlich einschränkt.
Die Internationalisierung des RMB hat noch einen langen Weg vor sich
Die Internationalisierung des RMB in den Regionen entlang der neuen Seidenstraße hilft nicht nur den chinesischen Unternehmen, finanzielle „Flaschenhälse“ in Bereichen wie dem Wechselkurs, der Finanzierung und der Schuldenhaftung von Grund auf zu überwinden, sondern erhöht auch die Stellung des RMB im internationalen Währungssystem.
Können chinesische Firmen ihre Leistungen in Bereichen wie dem Außenhandel, der Übernahme von Bauprojekten oder dem Angebot von Dienstleistungen im Ausland in der chinesischen Landeswährung abrechnen, so lassen sich für sie die Wechselkursrisiken erheblich senken. Auch chinesische Exporteure müssten dann ihre Einnahmen nicht mehr durch Termingeschäfte absichern, was ihre Betriebskosten erheblich reduzieren würde. Und wenn es chinesischen Banken möglich ist, heimischen Unternehmen Kredite in RMB zu gewähren, können diese die Geschäftsbereiche ihrer Filialen im Ausland erweitern.
Um diese Aufgaben zu erfüllen, hat die Internationalisierung des RMB allerdings noch einen langen Weg vor sich, insbesondere angesichts der stark gefallenen Markterwartungen. Gemäß den Daten der SWIFT (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunications) ist der RMB unter den meistverwendeten Währungen der Welt von Platz fünf (Juni 2015) auf Platz sechs (Juni 2017) abgerutscht. Auch der Anteil der chinesischen Währung am internationalen Zahlungsverkehr ist von 2,09 Prozent auf 1,98 Prozent gesunken. Es sei aber angemerkt, dass diese Tatsache nicht auf einen Rückgang des chinesischen Außenhandels, sondern auf interne Einschränkungen der Kapitalfluktuation im Ausland zurückzuführen ist. Daraus ist abzulesen, dass im Zuge der stabilen Steigerung des chinesischen Außenhandelsvolumens und der Erweiterung der chinesischen Investitionen im Ausland die Internationalisierung des RMB in Zukunft schrittweise wieder ihr früheres Niveau erreichen dürfte.
Seidenstraßen-Initiative als wichtiger Katalysator
Die Umsetzung der Seidenstraßen-Initiative schafft gute Voraussetzungen für die Beschleunigung der Internationalisierung des RMB. Allein während des Seidenstraßen-Forums für internationale Zusammenarbeit, das im Mai 2017 erstmals in Beijing stattfand, wurden mehr als 270 konkrete Ergebnisse in 76 Kategorien aus fünf Bereichen erzielt, nämlich in den Bereichen politische Kommunikation, infrastrukturelle Vernetzung, freier Handel, Zirkulation und Integration von Geldmitteln sowie Völkerverständigung. Die Kooperationsprojekte decken Industriezweige wie Bergbau, Bauwesen und industrielle Fertigung, das Finanzwesen, Wissenschaft und Technik sowie den Dienstleistungssektor ab.
Besonders zu erwähnen ist, dass die Zielländer entlang der neuen Seidenstraße zumeist keine eigene führende Währung besitzen und dadurch eher in der Lage sind, eine neue Währung wie den RMB zu akzeptieren und sich dieser anzupassen. Der RMB bildet zudem eine relativ stabile Währung. Nachdem er in den Korb der Sonderziehungsrechte (Special Drawing Right oder kurz SDR) aufgenommen wurde, spielt er zunehmend die Rolle einer internationalen Währung in Bereichen wie dem Zahlungsverkehr, Investitionen und Finanzierung, im Devisenhandel und bei den Devisenreserven.
Viele Entwicklungsländer wollen derzeit RMB-Obligationen kaufen, um die chinesische Währung als Devisenreserve zu behalten und damit ihre nationalen Devisenreserven zu diversifizieren. Dies ist eine Strategie, um dem so genannten „Spillover Effect“ der US-amerikanischen Währungspolitik zu begegnen. Zugleich entwickelt sich die Volksrepublik zu einem wichtigen Gläubiger vieler Länder entlang der neuen Seidenstraße. Viele Projekte, die chinesische Unternehmen dort durchführen, werden von chinesischen Finanzinstitutionen unterstützt. Damit ist China auch zum größten Kreditgeber zahlreicher Projekte in diesen Ländern geworden. Obwohl von der Warte des globalen Finanzwesens aus sowohl der Umfang als auch die Tiefe der Internationalisierung des RMB begrenzt sind, sollte China die historische Chance beim Schopfe packen und die Internationalisierung des RMB in diesen Ländern forcieren. So können die oben genannten finanziellen „Flaschenhälse“ aus dem Weg geräumt und die Stellung des RMB als internationale Währung kann weiter gestärkt werden.
Dafür gilt es zum einen, den Aufbau eines grenzüberschreitenden Zahlungssystems in den Ländern entlang den Seidenstraßen-Routen zu beschleunigen. Zum anderen sollte bei chinesischen Kooperationsprojekten mit den Ländern entlang der Seidenstraße die Abrechnung in RMB gefördert werden. Und auch im Handel mit Massengütern wie zum Beispiel Energieträgern, Mineralien und landwirtschaftlichen Rohstoffen sollte eine Abrechnung in RMB erfolgen. Des Weiteren sollten die chinesischen Finanzinstitutionen ihre eigenen Stärken noch besser entfalten und die Abrechnung in RMB erleichtern. Und es sollten Maßnahmen ergriffen werden, um die RMB-Abrechnung an die Durchführung überseeischer Projekte zu koppeln. Außerdem sollten die chinesischen Finanzinstitutionen die in RMB abgerechneten Finanzprodukte für Auslandshilfe, Investitionen und Projekte im Ausland vermehren. Nicht zuletzt gilt es, aktive Untersuchungen anzustellen, um die Abrechnung in RMB bei verschiedenartigen Finanzierungsvorhaben wie Kreditaufnahmen seitens der Käufer oder Verkäufer, zinsgünstige Kreditvergabe für ausländische Geschäftspartner, Konsortialkredite, Investitionsfonds für die Industrie sowie im Bereich der staatlich-privaten Geschäftsführung durchzusetzen.
China sollte seine Kooperationen im Bereich des Währungsaustausches mit den Seidenstraßen-Ländern weiter vertiefen und damit den RMB von der Ebene der Devisenreserven ausgehend ins heimische System der Kreditvergabe verlagern. Auf diese Weise ließe sich die Quelle der Finanzierung durch die Zielländer ausbauen und der finanzielle Bedarf der Realwirtschaft in der Zusammenarbeit zwischen beiden Seiten könnte besser gedeckt werden.
Seit 2009 hat China bereits mit 31 Ländern und Regionen Abkommen über den Währungsaustausch abgeschlossen. Im Dezember 2016 unterzeichneten etwa China und Ägypten ein Abkommen über Währungsaustausch in Höhe von 18 Milliarden Yuan. China verpflichtete sich darin, der ägyptischen Zentralbank Umlaufmittel in gleicher Höhe zur Verfügung zu stellen und damit den Druck der Devisenreserven Ägyptens merklich abzufedern. Obwohl Ägypten gemäß dem Abkommen im Handel mit China den RMB verwenden kann und im umgekehrten Fall das ägyptische Pfund als Zahlungsmittel gilt, gibt es dennoch noch immer großen Spielraum für die Erweiterung der Finanzmittelquellen im Bereich infrastruktureller Aufbau und für die Dienstleistungen im Bereich der Realwirtschaft. Im Hinblick darauf sollten die Mechanismen der Umsetzung des Papiers auf der Ebene des Finanzmarktes weiter gestärkt werden.
Für die Zukunft gilt es, Pilotversuche für die Abrechnung in RMB in ausgewählten Schwerpunktindustrieparks im Ausland durchzuführen. Hierbei sind solche Industrieparks gemeint, in denen chinesische Firmen konzentriert angesiedelt sind und in denen sich zunehmend Cluster bestimmter Industrieunternehmen herausbilden. Aus dem Aufbau und Betrieb entsteht hier ein großer Bedarf an Finanzierung und Abrechnung. Durch die Ansiedlung chinesischer Finanzinstitutionen in diesen Industrieparks können dort Systeme der finanziellen Unterstützung aufgebaut werden, in denen in RMB abgerechnete Finanzprodukte den Kern bilden. Zudem können die in solchen Industrieparks ansässigen Unternehmen Verwaltungsplattformen für internationale Geldmittel gründen, um Finanzrisiken effektiv vorzubeugen und gleichzeitig die Handelskosten zu senken.
Die chinesischen Finanzinstitutionen sollten flankierende Finanzdienstleistungen für die Zusammenarbeit im Bereich Produktionskapazität anbieten und noch mehr in RMB abgerechnete Finanzprodukte auf den Markt bringen, einschließlich der Vergabe von RMB-Krediten. Die großen chinesischen Finanzinstitutionen bilden letztlich die wichtigste Triebkraft für die Internationalisierung des RMB. Nur wenn sie umfassende Finanzdienstleistungen für die grenzüberschreitende Abrechnung sowie für Bilanzierung und Finanzierung im Ausland anbieten, kann sich ein Finanzmarkt für RMB im Ausland herausbilden. Damit dies gelingt, sollten Chinas strategisch wichtige Banken und die großen Geschäftsbanken des Landes noch mehr Filialen im Ausland einrichten und diesen zudem größeren Handlungsspielraum zugestehen. Bisher schränkt die begrenzte Anzahl der Filialen chinesischer Banken im Ausland die Verwendung des RMB noch immer ein. Vor diesem Hintergrund sollte die Regierung die Vergabe von RMB-Krediten in von chinesischen Finanzinstitutionen finanzierten Projekten aktiv fördern und Maßnahmen zur Vergabe zinsgünstiger Kredite ergreifen, damit die Internationalisierung schnellen Schrittes voranschreiten kann.
* Die Autorin Xu Yanzhuo ist Forscherin am Institut für internationale Wirtschaft und Politik (Institute of World Economics and Politics, kurz IWEP) an der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften (CASS).