Große Abdeckung: Bisher hat CRE insgesamt 16 internationale Eisenbahnstrecken eröffnet, die Chengdu mit Europa im Westen, Russland im Norden und den ASEAN-Staaten im Süden verbinden.
Von Ma Li
Am 26. April 2013 verließ der erste Güterzug von China Railway Express (CRE) den Bezirk Qingbaijiang in der südwestchinesischen Stadt Chengdu in Richtung Lodz in Polen. Wang Hongfu, 31 Jahre alt und Angestellter der Chengdu International Railway Service Co., Ltd, war bei diesem historischen Moment dabei. „Damals war ich gemeinsam mit nur einem weiteren Mitarbeiter mit der Zuteilung der Container vor Ort vertraut. Heute ist unser Team auf mehr als 20 Mitarbeiter angewachsen“, sagt er. Die Entwicklung seines Teams ist Spiegel des rasanten Wachstums des von CRE transportierten Gütervolumens: 2013 rollte gerade einmal ein Güterzug pro Woche von Chengdu aus nach Europa, mittlerweile sind es wöchentlich drei Züge.
CRE stieg bereits vor vielen Jahren in das Geschäft der Güterverkehrsabwicklung zwischen China und Europa sowie den Ländern entlang dem Wirtschaftsgürtel Seidenstraße und der maritimen Seidenstraße des 21. Jahrhunderts ein. Zwischen März 2011 und Juni 2018 verkehrten unter Federführung des Unternehmens mehr als 9000 Güterzüge zwischen dem Reich der Mitte und Europa. Die Züge transportierten rund 800.000 Standardcontainer an Waren zwischen 48 chinesischen und 42 europäischen Städten und in 14 verschiedene Länder. Das Transportnetz deckt mittlerweile alle wichtigen Gebiete des eurasischen Kontinents ab und hat sich zu einem zentralen Logistikkanal für die Länder entlang dem Wirtschaftsgürtel Seidenstraße und der maritimen Seidenstraße des 21. Jahrhunderts entwickelt.
Die Güterzüge bringen neue Geschäftsmöglichkeiten
Rollender Gütertransport: Bis 28. Juni 2018 starteten bereits 2000 CRE-Züge von Chengdu aus ins Ausland.
Kasper Christensen kommt aus Dänemark und hat sich vor mehr als 20 Jahren bei seinem ersten Chinabesuch in dieses große Land verliebt. Seither kommt er jedes Jahr nach China, um hier seinen Urlaub zu verbringen. Im September 2017 reiste er mit seiner chinesischen Handelspartnerin Fu Tian nach Chengdu, um seine Milchpulvermarke „Royal Farm“ zu bewerben. Er hoffte, mit Hilfe von CRE neue Geschäftsmöglichkeiten aufzutun.
Christensen sagt: „In der Vergangenheit hatten viele dänische Markenhersteller keinerlei Ahnung vom chinesischen Markt. Mittlerweile hat sich zwar die große Nachfrage in China herumgesprochen, aber viele wissen trotzdem nicht, wo sie anfangen sollen“, sagt Christensen. Er und seine chinesische Geschäftspartnerin hätten beschlossen, diese Geschäftslücke auszunutzen und hochwertige Produkte aus Nordeuropa nach China einzuführen. „Der China Railway Express hilft uns dabei, dieses ehrgeizige Projekt zu realisieren“, sagt der Däne.
Und das Vorhaben der beiden nimmt bereits Gestalt an: „Bisher haben sich fast 50 berühmte Markenhersteller aus Nordeuropa für eine Zusammenarbeit mit uns entschieden“, sagt Fu Tian. „Die Produkte gelangen allesamt über Züge von CRE nach China. Der schnelle und effiziente Transport schafft eine Win-win-Situation für alle Beteiligten“, zeigt sich Fu zuversichtlich. Christensen fügt hinzu: „Ich hoffe, dass wir die besten Produkte aus Nordeuropa nach Chengdu und China bringen können, damit die Menschen hier diese Produkte lieben lernen und mehr Lebensqualität genießen können.“
Die Freunde Andrew Ye, ein Amerikaner chinesischer Abstammung, und Guillaume Chamant aus Frankreich, arbeiten beide für das Unternehmen Sichuan Rongouzhilian Technology Co., Ltd, das über die grenzüberschreitende Online-Business-Plattform „Haioo“ Weine aus Europa nach China importiert. Auch ihren Erfolg haben sie und ihre Firma zu einem guten Teil dem Gütertransportdienst von CRE zu verdanken.
Geschäftiger Verkehrsknotenpunkt: Der Chengdu Railway Port
„Ich habe meinen Job in den USA gekündigt, um in Chengdu zu arbeiten, weil der CRE eine vielversprechende Zukunft hat“, sagt Ye. „Ich hoffe, dass unsere Firma mit dem CRE gemeinsam wächst.“ Auch Guillaume Chamant teilt diese Hoffnung und sieht seine berufliche Zukunft in China: „Ich liebe dieses Land und seine Kultur und hoffe, dass ich noch mehr Chinesisch lernen werde und sich unsere Firma gemeinsam mit China entwickelt“, sagt er. Während seines zweijährigen Studiums an der Fakultät für internationalen Handel an der Sichuan Agricultural University habe er die Metropole Chengdu kennen und lieben gelernt. „Es ist ein ganz besonderes Gefühl, hier in Chengdu ein Glas Rotwein aus Bordeaux zu genießen“, sagt Chamant.
Kasper Christensen, Fu Tian, Andrew Ye und Guillaume Chamant stammen aus unterschiedlichen Ländern, doch gemeinsam ist allen Vieren, dass sie in China für die Verwirklichung ihrer Träume kämpfen. CRE ist für sie dabei eine wichtige Stütze.
Mit der zunehmenden Zahl von Zügen, die seit den letzten beiden Jahren zwischen China und Europa verkehren, wurden und werden immer mehr hochwertige europäische Produkte nach Chengdu sowie in andere Teile Chinas eingeführt. Der China Railway Express ist damit zu einer wichtigen Brücke zwischen europäischen Produzenten und chinesischen Verbrauchern geworden.
Erleichterung des grenzüberschreitenden Handels
Dank der Eröffnung der Eisenbahnlinie zwischen Chengdu und Europa ist auch der Direktimport von Autos durch private Händler zu einem neuen wirtschaftlichen Wachstumspunkt geworden. Bis heute haben sich mehr als 40 Handelsunternehmen, die in diesem Bereich tätig sind, am Chengdu International Railway Port im Bezirk Qingbaijiang angesiedelt. Die Zahl der importierten Autos erreicht bisher rund 800 Stück.
„Darunter sind Wagen bekannter Marken wie Bentley, Maserati, Mercedes-Benz, BMW, Land Rover und Dodge“, sagt Zeng Yi, die Direktorin der Verbindungsabteilung der Verwaltungskommission des Chengdu International Railway Port. Dank des China Railway Express dauere es heute nur noch zehn Tage, europäische Autos nach Chengdu zu transportieren.
„Neben Europa als wichtigstem Quellmarkt für Autos sind Nordamerika und der Nahe Osten Quellen für den Warenimport nach China“, sagt Zeng. Die Einfuhren aus diesen beiden Regionen würden als intermodale Fracht transportiert, also auf einer Kombination aus Schiene und Wasser. „Chengdu ist die erste Binnenstadt Chinas, die beim Direktimport von Autos Seeschifffahrt und Eisenbahnverbindungen miteinander verbindet. Derzeit bemühen wir uns außerdem darum, den Kanal für den Import von Autos von Qingzhou in der Provinz Shandong nach Chengdu zu erschließen. Dadurch wird sich unser Importgeschäft nach Zentralasien ausweiten“, ist Zeng optimistisch.
Zentralasien sei ein weltweit wichtiger Markt für Autos. „Auch die Preise sind hier weltweit am niedrigsten“, wie Zeng erklärt. „Wir versuchen, den Verbrauchern in Chengdu und Südwestchina kostengünstige Automobile aus den oben erwähnten drei Quellmärkten zu bringen, damit sie von den internationalen Bahndiensten, darunter auch die Güterzüge von CRE, direkt profitieren können.“ Dies sei ein wichtiges Ziel des Chengdu International Railway Port.
Der International Railway Port in Chengdu aus der Vogelperspektive
Zhou Yong ist Generalmanager von „Taste of Germany“, einer Handelsgesellschaft in Chengdu. Vor der Gründung dieser Firma arbeitete er als Steward für eine niederländische Airline, deren Passagiermaschinen regelmäßig zwischen Chengdu und Amsterdam verkehrten. Als er erfuhr, dass CRE Chengdu Containerdienste für grenzüberschreitendes E-Business anbietet, kündigte er kurzerhand seinen gutbezahlten Job und gründete im April 2017 im Qingbaijiang-Bezirk in Chengdu eine eigene Firma.
Heute ist er Generalvertreter des deutschen Weinproduzenten Heuchelberg Weingärtner in China. „Das Weingut plante damals, den chinesischen Markt zu betreten. Nach einem Treffen mit seinem Besitzer haben wir sofort einen Vertrag unterzeichnet. Das war der Startschuss für unsere Zusammenarbeit“, sagt Zhou. „Das schnelle Vorankommen haben wir vor allem dem leichten Transport durch den China Railway Express zu verdanken“, sagt der Jungunternehmer. Zwischen Juli 2017 und Mitte Januar 2018 hat Zhou bereits 14.000 Flaschen deutschen Wein nach China importiert. „Die ersten zwei Lieferungen sind schon angekommen und die dritte ist in einem CRE-Zug gerade auf dem Weg nach Chengdu“, sagt er.
Die Gründe für Zhous Entschluss, ein grenzüberschreitendes E-Business aufzubauen, liegen einerseits in der verkürzten Transportzeit des CRE-Dienstes nach Chengdu, andererseits in den niedrigen Importsteuern für den grenzüberschreitenden Onlinehandel. „Für den allgemeinen internationalen Handel liegt die Warensteuer bei 48,2 Prozent, während sie beim grenzüberschreitenden E-Business nur bei 21 Prozent liegt“, erklärt uns Zhou. Die neue Güterzugverbindung ermögliche es chinesischen Verbrauchern also, europäische Qualitätsprodukte zu günstigeren Preisen zu genießen.
Qiao Peishu ist Vize-Direktorin der Handelsbehörde des Chengduer Bezirks Qingbaijiang. Sie sagt: „Seit letztem Jahr bieten wir einen speziellen Containerservice für das grenzüberschreitende E-Business an. Der reibungslose Betrieb der CRE-Züge ist zu einer wichtigen Garantie für die rasche Entwicklung des grenzüberschreitenden Onlinehandels geworden. In diesem Jahr werden wir die Kanäle für diesen Geschäftszweig weiter ausbauen, um die Clusterbildung grenzüberschreitender E-Business-Unternehmen in unserem Bezirk zu fördern.“
Bis heute haben sich bereits 36 solcher Unternehmen im Bezirk Qingbaijiang angesiedelt. Sie vertreiben vor allem Konsumgüter wie Wein sowie Alltagsartikel für Mutter und Kind. Ihr Umsatzvolumen ist im Vergleich zum vorigen Jahr deutlich gestiegen.
Die örtliche Handelsbehörde sei bemüht, ein noch günstigeres Geschäftsumfeld zu schaffen. Vize-Direktorin Qiao sagt: „Um die Freihandelszone Chengdu bei der Anwerbung ausländischer Investoren zu unterstützen, haben wir einen Industriepark für grenzüberschreitende E-Business-Unternehmen gegründet. Darüber hinaus bieten wir auch Zollabfertigungsdienste an, die rund um die Uhr gebucht werden können. Zusätzlich organisieren wir gezielt Veranstaltungen, um noch mehr Unternehmen für das grenzüberschreitende Onlinegeschäft hier vor Ort zu gewinnen und so die Zusammenarbeit und den Austausch mit den Ländern entlang dem Wirtschaftsgürtel Seidenstraße und der maritimen Seidenstraße des 21. Jahrhunderts zu stärken. Ziel ist es, möglichst vielfältige E-Business-Produkte guter Qualität anbieten zu können.“
Anfang dieses Jahres initiierte CRE außerdem einen Frachthandels-Integrationsdienst zur Einfuhr sibirischer Bauhölzer in die Metropole Chengdu, die als eines der Holzhandelszentren Südwestchinas gilt. Seit der Eröffnung dieses Kanals werden die per Container über die Schiene gelieferten russischen Bauhölzer von Chengdu aus auf dem gesamten südwestchinesischen Markt abgesetzt. Allein von März bis Juni des laufenden Jahres rollten 55 Sonderzüge mit russischen Bauhölzern gen China. 49 von ihnen sind bereits in Chengdu angekommen.
Erweitertes Eisenbahnnetz
Im April 2017 wurde Li Chengyuan, Mitarbeiter der Chengdu International Railway Service Co., Ltd, nach Malaszweicze in Polen versetzt, um dort die Arbeiten am örtlichen Bahnhof seiner Firma zu unterstützen. „Diese polnische Stadt erstreckt sich über ein großes Gebiet mit geringer Bevölkerungsdichte und hier gab es bisher nur wenige Arbeitsplätze für junge Menschen, was dazu geführt hat, dass die meisten jungen Leute hier in größere Städte wie Warschau oder Kraków abgewandert sind. Die wenigen, die geblieben sind, arbeiten heute in der Logistikabteilung unserer Firma“, sagt Li. „Die Seidenstraßeninitiative und die CRE-Eisenbahnlinie haben also viele neue Arbeitsplätze für junge Polen vor Ort geschaffen“, sagt Li.
Noch gut erinnert sich der Chinese an seine ersten Eindrücke nach der Ankunft am Warschauer Flughafen: „Auf dem Weg vom Chopin-Flughafen ins Warschauer Stadtzentrum habe ich viele chinesische Elemente bemerkt, wie Reklametafeln des chinesischen Mobiltelefonherstellers Huawei, Videos über den Großen Panda auf einem großen Bildschirm des chinesischen Elektronikunternehmens TCL und zahlreiche von lokalen Bewohnern betriebene chinesische Restaurants.“
Waren aus aller Welt in greifbarer Nähe: Dieses Geschäft am Chengdu International Railway Port führt ein großes Sortiment an importierten Waren.
Nach über einem Jahr in Polen zeigt sich der Chinese tief beeindruckt von den großen Beiträgen, die CRE und andere chinesische Unternehmen für die Förderung der lokalen Wirtschaft geleistet haben. „Einmal wurde ich eingeladen, eine TCL-Fabrik in der Stadt Żyrardów zu besuchen. Der Leiter der Logistikabteilung sagte uns, dass nur drei Chinesen hier arbeiteten, die anderen 300 Mitarbeiter seien lokale Kräfte. Da wurde mir noch einmal richtig bewusst, welch großen gesellschaftlichen Beitrag chinesische Firmen hier in Polen leisten“, sagt Li.
Bevor die Eisenbahnlinie von CRE Chengdu eröffnet wurde, importierte die Fabrik in Zyrardów die von ihr benötigten Teile für elektronische Geräte wie Mainboards und LED-Anzeigen auf dem Seeweg. Von Shenzhen oder Shanghai nach Gdańsk dauerte es 33 Tage, danach waren noch fünf Tage nötig, um die Waren bis zum Fabrikgelände zu transportieren. Seit die Eisenbahnlinie zwischen China und Europa in Betrieb ist, werden die Waren direkt in der südchinesischen Stadt Huizhou, wo sie produziert werden, auf die Schiene verladen. „In 21 Tagen sind sie beim Kunden in Polen. Die Effizienz hat sich also deutlich erhöht“, sagt Li.
Laut Li Chengyuan ist das Umsatzvolumen chinesischer Fernsehgeräte rund um die Zeit der Fußballweltmeisterschaft 2018 in Europa stark gestiegen. Als Folge habe TCL seine Ausfuhren nach Polen merklich gesteigert, wodurch sich das Einkommen der lokalen Arbeiter stark erhöht habe. „Nach der Eröffnung der CRE-Eisenbahnlinie wurde in Lodz eine Reihe von Frachtbahnhöfen errichtet. Sie haben nicht nur das lokale Wirtschaftswachstum gefördert, sondern auch neue Arbeitsplätze für Einheimische geschaffen und der Region neue Hoffnung beschert“, sagt Li. Die China-Europa-Eisenbahnlinie bringt den Menschen, die in den Ländern entlang dieser Route leben, große Vorteile. Durch sie ist China mit Europa und dem Rest der Welt ein weiteres Stück zusammengerückt und auch Chinas Freundeskreis hat sich ständig vergrößert.
Zeng Yi, die Direktorin der Verbindungsabteilung der Verwaltungskommission des Chengdu International Railway Port, sagt: „In den ersten sieben Monaten 2018 sind insgesamt 600 internationale CRE-Züge von Chengdu aus gestartet, darunter beinahe 500 nach Europa und der Rest nach Zentralasien und in die ASEAN-Staaten.“ Nun strahlten die internationalen Eisenbahnlinien von Chengdu aus in alle Himmelsrichtungen aus. Es sei eine neue eurasische Landbrücke entstanden, die den Pazifik und den Atlantik miteinander verbinde.
„Bisher hat CRE insgesamt 16 internationale Eisenbahnstrecken eröffnet, die Chengdu mit Europa im Westen, Russland im Norden und den ASEAN-Staaten im Süden verbinden“, fasst Zeng zusammen. Nun könnten per Zug Lodz und Malaszewicze in Polen, Nürnberg in Deutschland, Tilburg in Holland, Moskau und Tomsk in Russland, Istanbul in der Türkei, Minsk in Weißrussland, Smögen in Schweden, Almaty in Kasachstan, Prag in der Tschechischen Republik, Taschkent in Usbekistan, Gent in Belgien und Mailand in Italien erreicht werden. „Darüber hinaus steuern die CRE-Güterzüge von Chengdu aus auch 14 chinesische Küsten- bzw. Grenzstädte an, darunter Shanghai, Shenzhen und Nanning. Damit ist Chengdu zu einem Dreh- und Angelpunkt sowohl des nationalen als auch des internationalen Schienenverkehrsnetzes geworden“, so Zengs Fazit.
„Schauen Sie sich die roten Linien hier an!“, sagt Zeng Yi und deutet auf ein geografisches Miniaturmodell vor uns. „Die internationalen Eisenbahnlinien sind wie rote Gürtel, die die Länder und Städte entlang dem Wirtschaftsgürtel Seidenstraße und der maritimen Seidenstraße des 21. Jahrhunderts miteinander verbinden und ihre Kommunikation und ihren Handel einfacher machen“, sagt sie zum Abschluss.