von Oliver Eschke
Im Rahmen der fünften Sitzung des 13. Nationalen Volkskongresses (NVK) die mit Spannung erwartete Pressekonferenz von Außenminister Wang Yi statt. In seinen Ausführungen zur aktuellen Ukraine-Krise wurde deutlich, dass China seine internationale Verantwortung als Großmacht vollständig wahrnimmt.
Pressekonferenz vom Außenminister Wang Yi (Foto: Xinhua)
Chinas Außenminister und Staatsrat sagte dies zwar speziell mit Hinsicht auf die chinesisch-russischen Beziehungen, aber die drei von ihm genannten Prinzipien könnten auch Chinas generelle Außenpolitik beschreiben: Nicht-Blockbildung, Nicht-Konfrontation und Nicht-Vorgehen gegen eine dritte Seite.
Während die von Washington angeführte westliche Allianz die aktuelle Ukraine-Krise scheinbar dafür nutzen will, um alte Muster und eine Mentalität des Kalten Krieges samt Blockbildung und Nullsummenspiel-Denken zu reaktivieren, bleibt Beijing seinen langfristigen außenpolitischen Prinzipien treu.
„Egal, wie tückisch der internationale Sturm ist, China und Russland werden ihre strategische Entschlossenheit aufrechterhalten“, versicherte Wang Yi am Montag. „Die Freundschaft zwischen beiden Völkern ist felsenfest." Allein durch diese zwei Sätze wird bereits ein fundamentaler Unterschied zwischen den beiden Großmächten USA und China deutlich: Während die Washingtoner Regierungen stets taktisch und opportunistisch manövrieren und schon beim kleinsten Gegenwind ihr Wort brechen - wie beim (kurzfristigen) Ausritt aus dem Pariser Klima-Abkommen, dem Rückzug aus dem Iran-Atom-Deal oder zuletzt dem desaströsen Afghanistan-Abzug deutlich wurde -, steht Chinas Führung stets zu ihrem Wort und denkt in langfristigen Zeiträumen.
Entsprechend warnte Wang Yi auch am Montag, dass der aktuelle Konflikt nicht zum alten Denken in einem Freund-Feind-Schema führen dürfe, sondern alle Parteien stattdessen weiterhin im offenen Dialog bleiben müssten. Die oberste Priorität sei die Wahrung des Friedens, die Beendigung von Konflikten durch Verhandlungen und die Beilegung von Streitigkeiten durch Dialoge, betonte der Außenminister das eigentlich offensichtliche – das jedoch im Westen scheinbar häufig vergessen wird.
Um eine „große humanitäre Krise“ in der Ukraine zu vermeiden, habe China einen Sechs-Punkte-Vorschlag erarbeitet, der unter anderem vorsieht, auf eine Politisierung von humanitären Fragen zu verzichten, Zivilisten effektiv zu schützen, und reibungslose sowie sichere humanitäre Hilfseinsätze unter UN-Führung zu gewährleisten. China selbst habe im Dialog mit seinen Botschaften und den lokalen Behörden in den entsprechenden Nachbarländern der Ukraine bereits für eine Evakuierung seiner Staatsbürger sorgen können. In Kürze werde zudem das Chinesische Rote Kreuz dringend benötigte Hilfsgüter an die Ukraine liefern.
Wenn die humanitäre Situation gesichert ist, gelte es im offenen Dialog eine Lösung für die aktuelle Krise zu finden, die, anders als die USA glauben machen wollen, nicht monokausal sei, sondern auf „komplexe Ursachen“ zurückzuführen sei. Die derzeitige Krise führe auch eindrucksvoll vor Augen, dass die Konkurrenz zwischen Großmächten nicht mehr der „Tenor der Zeit“ und ein Denken nach dem Nullsummenspiel-Schema nicht die richtige Wahl sei. Der von den USA verfolgte Ansatz der diplomatischen „Trichotomie“ aus Wettbewerb, Kooperation und Konfrontation müsse durch die „drei Prinzipien“ des gegenseitigen Respekts, der friedlichen Koexistenz und der Win-win-Kooperation ersetzt werden. Diesen Grundsätzen folgend gelte es, die legitimen Sicherheitsbedürfnisse aller Parteien zu respektieren. In diesem Rahmen kritisierte Wang Yi auch die „indopazifische Strategie“ der USA, da diese dem gemeinsamen Wunsch der Länder in der Region zum Streben nach Frieden, Entwicklung, Kooperation und gemeinsamem Nutzen zuwiderlaufe. Stattdessen wollten die USA, ähnlich wie sie es mit der NATO probieren, damit lediglich ihren eigenen hegemonistischen Einflussbereich weiter ausdehnen.
Ein altes chinesisches Sprichwort lautet, so Wang Yi, als er schließlich noch auf den anhaltenden Konflikt auf der Koreanischen Halbinsel zu sprechen kam: „Wir müssen uns der Wurzel des Problems zuwenden, wenn wir die Krankheit heilen oder den Fehler korrigieren wollen."
Dieser Ansatz wäre auch für die aktuelle Krise in der Ukraine empfehlenswert.
Quelle: german.china.org.cn vom 8. März 2022