„Ich beschäftige mich seit vielen Jahren mit dem Thema Berufsbildung und freue mich entsprechend stark, dass sich die Erwartungen von Staatspräsident Xi Jinping an die Fortschritte in diesem Bereich allmählich erfüllen.“ Dies sagt Bai Wenhui, Mitglied des Landeskomitees der Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes (PKKCV) und Vorstandsvorsitzender der Shandong Huaxin Industriegruppe sowie auch Vorsitzender der Berufs- und Technikuniversität Shandong für internationale Studien (SWUT) am Rande der diesjährigen zwei Tagungen in Beijing. Bai nimmt in diesem Jahr erstmals als PKKCV-Mitglied an den Tagungen teil. Bereits seit fünfzehn Jahren engagiert er sich intensiv im Bereich Berufsbildung.
Bai Wenhui im Interviewraum des PKKCV-Pressezentrums. (Foto mit freundlicher Genehmigung des Interviewten)
Mehr Talentschmieden schaffen
Um mehr Kindern Zugang zu Bildung zu ermöglichen, investierte der Privatunternehmer Bai Wenhui 2008 aus sozialer Verantwortung in die private Berufsausbildung. Seit mehr als einem Jahrzehnt also verfolgt er nun schon aus nächster Nähe mit, wie sich die berufliche Bildung in China strukturell verändert hat.
„Lange Zeit war die Berufsbildung eine Bildungsebene, die an die allgemeine Hochschulbildung angegliedert war. Studierende an Berufsschulen konnten demnach nur einen Associate Degree erlangen“, sagt er. Dies sei für die berufliche Weiterentwicklung und den sozialen Aufstieg von technisch qualifiziertem Personal wie eine gläserne Decke gewesen, so Bai, und auch ein großes Hemmnis für die Entwicklung der beruflichen Bildung.
Um hier Abhilfe zu schaffen, ergriff China eine Reihe von Maßnahmen, um die Berufsbildung als Bildungsart gezielt zu fördern und berufsbildende Bachelorstudiengänge einzurichten. Im Jahr 2019 wurde die Berufsbildung im „Nationalen Plan für die Umsetzung der Berufsbildungsreform“ dann klar als eigenständiger Bildungsweg festgeschrieben. Zudem veranlasste die Regierung die Einrichtung eines Aufnahmeprüfungssystems für das Berufskolleg.
Die Beschränkung, dass Studierende an Berufsschulen nur einen Associate Degree erlangen konnten, fiel ebenfalls weg. Die SWUT ist ein Nutznießer dieser Politik. Im Dezember 2018 wurde sie mit Genehmigung des Bildungsministeriums als eine der ersten 15 berufsbildenden Hochschulen Chinas zugelassen.
„Der Schwerpunkt der Ausbildung von mehr hochqualifizierten technischen Fachkräften liegt darin, der Talent-Entwicklung den Weg zu ebnen“, sagt Bai. Seine langjährigen Untersuchungen haben ihn darin bestätigt, dass in China bei der Integration von beruflicher und allgemeiner Bildung noch immer viele Schwierigkeiten bestehen. Das PKKCV-Mitglied schlägt deshalb vor, sich auf die Ressourcen der allgemeinbildenden Hochschulen zu stützen, um die Ausbildung von Postgraduierten mit klarer beruflicher Ausrichtung zu erforschen. Außerdem sei es nötig, berufsbildenden Hochschulen stärker unter die Arme zu greifen und die Mechanismen zur Heranbildung von Talenten im Berufsbildungssystem zu verbessern, um eine echte Gleichstellung von beruflicher Bildung und allgemeiner Bildung im Hinblick auf die Ausbildung von Talenten zu erreichen.
Lehre und Praxis stärker integrieren
Im Praktikumsraum der SWUT waren fünf Studierende unter Leitung erfahrener Forscher an der Entwicklung eines neuen Wärmeisolationssystems für das Steuergerät tonnenschwerer Löschbomben beteiligt. Ihr Ziel war die Lösung eines kniffligen technischen Problems, nämlich dass die Batterie des Steuergeräts im Winter bei großer Kälte leicht versagt. Das von dem jungen Team und der Shandong Huaxin Aviation Technology Co., Ltd. gemeinsam entwickelte Modell tonnenschwerer Waldbrandlöschbomben kam letztlich als offizielles Produkt bei den Olympischen Winterspielen in Beijing zum Einsatz. Auch griff man bei den Waldschutzdiensten rund um den XX. Parteitag und bei den offiziellen Sportspielen der Provinz Shandong auf das Gerät zurück.
„Der Schlüssel für eine qualitätsvolle Berufsbildung liegt darin, die Integration von Lehre und Praxis sowie die Zusammenarbeit zwischen Lehranstalten und Unternehmen voranzutreiben“, betont Bai.
Daten des Bildungsministeriums zeigen, dass China derzeit mehr als 3000 Unternehmen kultiviert und 21 Pilotstädte aufgebaut hat, die speziell auf die Integration von Beruf und Bildung abzielen. Die Berufsschulen bieten landesweit mehr als 1300 Hauptfächer und mehr als 120.000 Fachrichtungen an, die im Wesentlichen alle Bereiche der Volkswirtschaft abdecken. Sie bieten letztlich eine starke Talentgarantie für den umfassenden Aufbau eines modernen sozialistischen Landes.
Als Verantwortlicher einer von einem Privatunternehmen gegründeten Berufsuniversität gibt Bai Wenhui jedoch zu bedenken, dass es noch immer einige ungelöste Probleme bei der genannten Verschränkung von Lehre und Praxis gebe. Insbesondere reiche die Integration nicht tief genug und es mangele manchen Firmen am Kooperationswillen. Das stelle ein Hindernis für die Entwicklung der modernen Berufsbildung in China dar, so der Experte. Doch diese Probleme ließen sich anpacken. Bai unterbreitet hierzu drei Vorschläge.
Erstens sei es nötig, dass die zuständigen Behörden die kombinierte Anreizpolitik „Finanzen + Steuern + Grundstücke + Kredite“ für Unternehmen, die an der genannten Zusammenführung von Lehre und Praxis mitwirken, weiter verfeinerten. Ziel müsse es sein, die Bereitschaft und den inneren Antrieb der Firmen zu stimulieren, so Bai.
Zweitens rät er den zuständigen Regierungsbehörden, eine Plattform für Informationsaustausch aufzubauen. So ließen sich durch den Kauf von Dienstleistungen noch mehr Unternehmen dazu ermutigen, an der besseren Verschränkung von Lehre und Praxis mitzuwirken.
Drittens gelt es, das Bewertungs- und Evaluierungssystem zu verbessern sowie die Teilnahme von Firmen an der Zusammenarbeit mit Lehranstalten offiziell als Teil der Übernahme sozialer Verantwortung anzuerkennen. Dies werde für staatseigene Unternehmen zusätzliche Anreize schaffen, in diesem Bereich als Vorreiter zu fungieren und nicht nur betriebswirtschaftliche Aspekte ins Visier zu nehmen, sondern auch gesellschaftliche Effekte stärker im Blick zu behalten.
„Traditionelle chinesische Kultur erleben“: Unter diesem Motto lud die SWUT im Juni 2022 ausländische Experten in die Stadt Rizhao ein. Führungskräfte der Stadt und Experten aus Übersee besuchten in Begleitung von Bai Wenhui (1.v.r.) den Praktikumsraum für Zimmerei der Universität.
Mehr Austausch und Zusammenarbeit mit dem Ausland
Am 5. Februar fiel an der SWUT der Startschuss für das Online-Austauschprogramm „Chinese Bridge“ des Bildungsministeriums. Die Aktion steht unter dem Motto „Lerne den Geschmack Chinas und Chinas Kochkünste kennen“. Rund 400 Studierende aus über zehn Ländern folgten dem Aufruf, darunter Teilnehmer aus Russland, Spanien, Japan und Südkorea. Md Raju khan, ein Student aus Bangladesch, ist einer davon. Er sehe die Aktion auch als Gelegenheit, seine Chinesischkenntnisse zu verbessern und tiefere Einblicke in die chinesische Kultur zu erhalten, sagt er.
Statistiken des Bildungsministeriums zufolge unterhält China in Sachen Berufsbildung stabile Austauschbeziehungen zu mehr als 70 Ländern und internationalen Organisationen. In mehr als 40 Ländern beziehungsweise Regionen wurden „Chinesisch+Berufsbildung“-Programme aufgelegt, die ausländischen Studierenden Berufsbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten bieten. Hinzu kommen Kooperationen von mehr als 400 chinesischen Berufskollegs mit ausländischen Einrichtungen beim Betrieb von Schulen. Die Zahl der Vollzeitstudenten aus dem Ausland ist in der Volksrepublik mittlerweile auf 17.000 geklettert.
Chen Ziji, Direktor der Abteilung für Berufs- und Erwachsenenbildung des Bildungsministeriums, sagt, der Mechanismus für die Zusammenarbeit und den Austausch mit dem Ausland in Bezug auf Chinas Berufsbildung werde ständig optimiert. China stelle der Welt in diesem Bereich schon heute erfolgreich chinesische Lösungen und chinesisches Know-how zur Verfügung, so sein Fazit.