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Wenn Saiten Geschichten erzählen: Eine kubanische Geigerin findet in China ihre Inspiration

2023-05-15 16:22:00 Source:german.chinatoday.com.cn Author:Magdalena Rojas
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Die kubanische Geigerin Ivet Curbelo ist schon vielerorts in China aufgetreten. (Foto mit freundlicher Genehmigung der Interviewten)  

 

20 Jahre China und kein bisschen müde, im Gegenteil. Ihre ausgedehnte musikalische Reise durch das Reich der Mitte hat Ivet Curbelo auf zahlreiche Bühnen und in viele Genres geführt. 

 

Obwohl die kubanische Sängerin und Geigerin mittlerweile seit mehr als zwei Jahrzehnten - etwa die Hälfte ihres Lebens - in China weilt, war es doch einst eher der Zufall, der sie ins Reich der Mitte führte. Die Gelegenheit bot sich mit der Eröffnung des ersten argentinischen Restaurants in Shanghai. Die Besitzer wollten ihre Gaststätte mit einem lebendigen Soundtrack untermalen und reisten eigens nach Kuba, um eine passende Band zu finden. „Ich hätte nicht gedacht, dass es in einem Land mit so viel kultureller Tradition noch Platz für die Latino-Kultur gibt“, gesteht Curbelo und fügt schnell hinzu, „aber das Angebot, Geigerin in einer traditionellen kubanischen Gruppe zu werden, schien mir eine fantastische Gelegenheit zu sein, dieses wunderschöne  Land kennenzulernen.“ 

 

Neue Oktaven erklimmen 

 

Nach Ablauf ihres Vertrags mit der kubanischen Band, mit der sie einst angereist war, schloss sich Curbelo, die an der Nationalen Kunstschule Havanna in klassischer Violine ausgebildet wurde, einer kolumbianischen Band an. Doch Curbelo wollte mehr als nur Teil eines Ensembles sein und beschloss, einige Oktaven zu überspringen. Und so kehrte sie auf eigene Faust nach Shanghai zurück, um von dort aus eine Karriere als unabhängige Künstlerin zu starten. In Shanghai, so sagt sie, habe sie begonnen, sich anderen Musikrichtungen zu nähern, sich auch mit Pop und Jazz vertraut zu machen.   

 

Ihre musikalische Reise sollte die junge Kubanerin durch ganz China führen - sie tourte, machte Aufnahmen und produzierte sogar Musik für berühmte Handelsmarken. Zu ihren denkwürdigsten Momenten zählt Curbelo die Eröffnung der Expo-Weltausstellung 2010 in Shanghai, bei der sie die Gelegenheit bekam, die Bühne mit dem berühmten italienischen Tenor Andrea Bocelli und den meisten in Shanghai ansässigen ausländischen Künstlern zu teilen. „Solche Großevents sind immer mit einer Starbesetzung, großartiger Produktion, viel Hingabe und Proben verbunden - alles sehr lohnend für uns als Künstler“, sagt sie. 

 

Auf die Frage, wie eine typische Woche in ihrem Leben vor Corona ausgesehen habe, antwortet sie: „Die Woche eines Musikers ist nie normal.“ Neben einem vollen Terminkalender, bei dem sich jeder Tag vom vorherigen unterscheidet, gebe es Wochen mit Besprechungen oder langen Proben tagsüber und einem Auftritt am selben Abend. „Und es gibt Zeiten, in denen die Nachfrage gering ist, so dass man mehr Zeit hat, an seinem Handwerk zu feilen, ins Tonstudio zu gehen oder die Konzerte von Kollegen zu besuchen“, gibt sie Einblicke in ihren Alltag. 

 

Und dann seien da noch diese wirklich intensiven Wochen, in denen man jeden Tag eine andere Show in einer anderen Stadt absolviere. Das bedeute, dass man viel Zeit im Zug oder Flugzeug verbringe, nur wenig schlafe und sich erst wieder zu Hause ausruhen könne, sagt sie. Trotzdem ist die Musik Curbelos große Leidenschaft. Und China habe einen fruchtbaren Boden für ihre künstlerische Entwicklung geschaffen und ihr zahlreiche Plattformen geboten, ihr Talent zu zeigen. „Mit das Beste an Shanghai ist, dass man hier von seinen Auftritten leben kann. In Europa oder Amerika ist das gar nicht so einfach“, betont sie. 

 

Derzeit tritt Curbelo sowohl mit der Geige als auch als Sängerin auf, wobei letzteres eigentlich aus dem Bedürfnis heraus entstand, sich neue Ziele zu stecken. „Musikerkollegen gaben mir die Gelegenheit, durch das Singen in ihren Bands oder Projekten Neues zu lernen und mich weiterzuentwickeln“, erinnert sie sich. Aber das ist noch nicht alles. 

 

Die Kubanerin singt inzwischen nicht nur in ihrer Muttersprache Spanisch, sondern auch in anderen Sprachen, darunter Hochchinesisch. „Ich singe in mehreren Sprachen, weil ich Projekte in verschiedenen Stilen habe. Auf Chinesisch zu singen, ist immer am schwierigsten, aber auch am lohnendsten. Das Publikum liebt es, einen ausländischen Künstler in der Landessprache singen zu hören.“ 

 

Die Lernkurve ist eines der Dinge in China, vor allem in Shanghai, die Curbelo wirklich zu schätzen weiß. „Ich konnte Musik aus verschiedenen Ländern machen, von mexikanischen Mariachis über bayerische, irische und italienische Musikgruppen bis hin zu A-cappella-Ensembles mit europäischen Künstlern und sogar traditionellen chinesischen Instrumenten“, schwärmt sie. „Es ist befriedigend, wenn man für eine Show jeglicher Art eingeladen wird und bereits die Erfahrung hat und sagen kann: ‚Klar kann ich das‘!“ 

 

   

 

Seit 2001 lebt und arbeitet Ivet Curbelo in China. Derzeit wohnt sie im quirligen Shanghai. (Foto mit freundlicher Genehmigung der Interviewten)  

 

Das Herz einer Künstlerin 

 

Curbelo erblickte in Santa Clara das Licht der Welt, wuchs also in einer vergleichsweise kleinen kubanischen Stadt mit etwa einer halben Million Einwohnern auf. Santa Clara ist unter anderem für seine revolutionären Relikte bekannt sowie als letzte Ruhestätte Che Guevaras und anderer revolutionärer Kämpfer. Später zog sie nach Havanna, um ihr Studium fortzusetzen. Dort wirkte sie zunächst in verschiedenen studentischen Ensembles mit, später spielte sie in populären kubanischen Bands. 

 

An Kuba vermisst sie vieles: das Wetter, die Strände, die ungetrübte Lebensfreude der Menschen, das musikalische Umfeld und natürlich ihre Familie. „Dort wurde ich geboren. Dort werden für immer meine schönsten Kindheits- und Jugenderinnerungen sein“, sagt sie. Aus diesem Grund streut Curbelo, wann immer möglich, kubanische Lieder in ihre Shows ein, um „dem chinesischen Publikum den Rhythmus des Landes näherzubringen“, wie sie sagt, „aber auch, um meine Wurzeln nicht zu vergessen und mich Kuba ein wenig näher zu fühlen“. 

 

In China ist die kubanische Virtuosin mittlerweile auch Mutter geworden und hat sich ihr eigenes Zuhause geschaffen. „Hier fühle ich mich zu Hause, nicht wegen der Zeit, die ich bereits hier verbracht habe, sondern weil man sich hier gut einleben und integrieren kann“, sagt sie. 

 

Während ihrer zwei Jahrzehnte im Land hat die Kubanerin die beeindruckenden Veränderungen und wirtschaftlichen Entwicklungen Chinas hautnah miterlebt. „Shanghai ist eine großartige Stadt und ich hatte das große Privileg, sie in den letzten 20 Jahren wachsen zu sehen“, sagt sie. „Ich würde sogar sagen, dass es sich um zwei verschiedene Städte handelt, diejenige, in der ich einst angekommen bin, und die jetzige. Aber beide sind gleichermaßen liebenswert.“ 

 

Die Pandemie hat es Musikern und Künstlern wie Curbelo bekanntlich nicht einfach gemacht, da Performancekünstler besonders von der Schließung von Veranstaltungsorten, der Aussetzung von Konzerten und von anderen Anti-Corona-Maßnahmen betroffen waren. 

 

„Ich vermisste in Pandemiezeiten die vielen Möglichkeiten, die China ausländischen Musikern immer geboten hat, und auch die Bewegungsfreiheit, die es vor der Pandemie gab“, gesteht sie. Corona war für sie als Tausendsassa jedoch kein Grund, untätig zu bleiben. „Jetzt, da ich Mutter bin, widme ich mich gerne meiner kleinen Tochter. Und ich versuchte während der Pandemie, in kleinen Projekten und bei einigen spezifischen Veranstaltungen weiter Musik zu machen“, sagt sie. Darüber hinaus übte Curbelo einfach mehr zu Hause, hörte ständig Musik und lernte weiter. Sie gehört einfach zu den Menschen, die immer auf der Suche nach neuen Horizonten sind.  

 

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