Am 28. Juni fand in Madrid der Chinesisch-Spanische Dialog über Stadtplanung und Kulturentwicklung statt. Unter den Teilnehmenden im Circulo de Bellas Artes waren Hu Kaihong, chinesischer Vizeminister des Zentralbüros für kulturellen und geistigen Fortschritt, und Yao Jing, Chinas Botschafter in Spanien. Als weitere prominente Gäste wohnten der hochkarätig besetzten Veranstaltung zudem María Reyes Maroto Illera, Stadträtin und Sprecherin der Sozialistischen Fraktion im Madrider Stadtrat sowie ehemalige spanische Ministerin für Industrie, Handel und Tourismus, und Natalia Ucero Pérez, Senatorin und erste Sekretärin des Präsidiums des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten des spanischen Senats, bei.
Austauschplattform: Der Chinesisch-Spanische Dialog über Stadtplanung und Kulturentwicklung fand am 28. Juni 2024 in Madrid statt.
Gemeinsam gesponsert wurde der Dialog von der China International Communications Group (CICG) und der spanischen Vereinigung der Freunde Chinas. Unter Schirmherrschaft des Dialogue with China Project of Spain und Cátedra China wurde das Event vom Europa- und Afrikazentrum (China Today) der CICG und der Forschungsakademie für das gegenwärtige China und die Welt organisiert.
Dass Stadtplanung und Kultur für die Weiterentwicklung des städtischen Lebens von großer Bedeutung sind, stand bei dem Treffen außer Frage. Stadtplanung bietet der städtischen Entwicklung den nötigen Raum und die erforderliche Plattform. Doch was die Seele und den Reiz einer Stadt ausmacht, ist ihre Kultur. China und die westlichen Länder teilen ähnliche Ansichten, was bürgerfreundliche Stadtplanung angeht. Aspekte wie der Respekt vor der Natur, die Fortführung des Kulturerbes und die Notwendigkeit grüner Entwicklung stehen für beide Seiten eindeutig im Vordergrund, auch wenn man hier unterschiedliche Erfahrungen gesammelt haben mag und auf unterschiedliche Maßnahmen setzt.
Dass man sich bei der Veranstaltung auf einen breiten Konsens einigen konnte, war folglich abzusehen. Drei Aspekte wurden als besonders wichtig eingestuft: nämlich die Weitergabe des Kulturerbes, um den kulturellen und historischen Wert der Städte zu schützen; die Förderung kultureller Innovationen, um die künftige Entwicklung der Städte zu beflügeln; und die Vermehrung des kulturellen Austausches, um ein neues Kapitel der Völkerverständigung aufzuschlagen.
Liu Shilin, Präsident des China Institute for Urban Governance der Jiaotong University in Shanghai, verwies auf das Stadterneuerungsprogramm seiner Metropole, welches die beiden großen Flüsse Huangpu und Suzhou ins Visier genommen hat. Liu hob auch die Bemühungen Shanghais zur Kulturförderung hervor. Detailliert ging der Wissenschaftler auf Shanghais Achtungserfolge bei der städtischen Transformation ein. Den Verantwortlichen sei es eindrucksvoll gelungen, die einstigen Industriegebiete rund um die beiden wichtigsten Wasseradern der Stadt – lange als „industrielle Rostgürtel“ verschrien – in landschaftlich reizvolle Wohngebiete und dynamische Innovationsinkubatoren umzuwandeln. Mittlerweile sei hier ein nagelneues Stadtbild entstanden, so der Experte, das als landesweites Paradebeispiel für Stadterneuerung und Kulturentwicklung diene, ja als wichtiger Ideengeber auch für andere Städte, was den Aufschwung durch Kulturprogramme und Innovation angeht.
Zhang Yingle, Dozent an der Fakultät für Architektur der Nanjinger Südost-Universität (School of Architecture der Southeast University) und Gastdozent an der Technischen Universität Berlin, gab in seiner Rede Einblicke in die Erneuerung der historischen Viertel und Straßen in Chinas Städten, und zwar aus der Warte der Kulturentwicklung. Mittlerweile setze man in China bei der Stadterneuerung nicht mehr nur darauf, ganze Straßenzüge und Stadtteile zu erhalten, sondern auch ihren kulturellen Wert zu bewahren und ihre Funktionen aufzuwerten. Historische Straßen und Viertel, so der Dozent, würden nicht mehr als isolierte Orte betrachtet, sondern in die moderne Stadtentwicklung, den aktuellen Lebensstil und die Entwicklung neuer Industrien integriert.
Zhang illustriert Chinas Erfahrungen bei der Fortführung des kulturellen Erbes durch die Restaurierung historischer Straßenzüge und Stadtviertel in seinem Vortrag durch anschauliche Beispiele, darunter die Altstadt von Nantou in Shenzhen, die Xiaoxihu-Region in Nanjing und das Gebiet Laocaichang in Xi'an. „Durch eine behutsame Neugestaltung haben diese Projekte nicht nur das kulturelle und räumliche Gedächtnis der Anwohner bewahrt, sondern den Gebieten auch neues Leben eingehaucht. Das gelang, indem eine diversifizierte kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung der Orte gefördert wurde“, so Zhang.
Die spanische Stararchitektin und Präsidentin von Cátedra China María Rosa Cervera Sardá ging in ihrer Rede auf die organische Integration von Stadtplanung und Umweltschutz sowie die Bemühungen zur Verringerung der Kohlenstoffemissionen zur Schaffung hochwertiger städtischer Lebensräume ein. Sie sagte, die chinesische Zivilisation lege seit der Antike großen Wert auf eine harmonische Koexistenz von Mensch und Natur, was heute besonders lehrreich sei. Ihrer Meinung nach müsse gute Stadtplanung mehr Umweltelemente miteinbeziehen, wie etwa Waldparks, städtische Grünkorridore oder Obstgärten. „Zugleich können Dächer und Fassaden bepflanzt werden, was nicht nur die Umwelt verschönert, sondern auch Kohlendioxid aus der Luft bindet“, so die Stadtplanerin.
Die Architektin rief in ihrem Vortrag dazu auf, beim Städtebau dem Ziel der Verringerung der CO2-Emissionen durch energiesparende Konstruktionen und Materialien Rechnung zu tragen. Architektonische Entwürfe könnten sich von der natürlichen Umgebung inspirieren lassen, sagte sie, etwa von den Strukturen von Tieren und Pflanzen wie Muscheln oder Blumen. Laut der Architektin seien solch nachhaltige Designkonzepte, die auf dem Bauplan der Natur basierten, längst ein neuer internationaler Trend.
Basierend auf seinen Erfahrungen in verschiedenen Ländern gab Juan Albert, spanischer Architekturdesigner und Professor am Gengdan-Institut der Polytechnischen Universität Beijing, Denkanstöße darüber, wie sich die nachhaltige Entwicklung der natürlichen Umwelt in die Stadtplanung einbeziehen und gezielt fördern lässt. Aus seiner Sicht sollten Architekten über den Tellerrand der bisherigen Praxis hinausblicken. Denn diese hätte nachweislich zu unzähligen Umweltproblemen geführt. Albert appellierte an die Kreativität und Phantasie der Städteplaner, ohne dabei bewährte Traditionen blind über Bord zu werfen.
Stadt trägt Kultur und Kultur prägt die städtische Seele. Nicht wenige traditionsreiche Städte besitzen allerdings zwei Gesichter: Da ist zum einen der historische Stadtkern mit zahlreichen geschichtsträchtigen Kulturbauten, die es zu schützen und zu bewahren gilt, und zum anderen die Neustadt, die Stadt der Zukunft, die man aufwerten und umgestalten möchte. Nur wenn beidem Beachtung geschenkt wird, lässt sich die Kultur weitertragen und für eine wirkliche Entwicklung nutzen und erneuern.
Im Zuge der Stadtplanung, des Bauens, der Erneuerung und der Aufwertung geht es daher eher um die Frage, wie man mit dem Verhältnis zwischen Altem und Neuem, der historischen Stadt und der Stadt der Zukunft umgeht, wie man die Beziehungen zwischen Kultur, Arbeit und Leben gestaltet und wie man einen städtischen Raum schafft, der nicht nur die Geschichte und Kultur fortführt, sondern auch wirtschaftliche und gesellschaftliche Innovationen zutage bringt.
Über diese und ähnliche Fragen tauschten sich Stadtplaner und Architekten aus China und Spanien während der Diskussionsrunde intensiv aus. Zu den Teilnehmenden zählten Angel Zarabozo, Vizepräsident der Madrid World Capital of Engineering, Construction and Architecture (MWCC) association, Zhao Jie, Vizedirektor des Nanjinger Büros für kulturellen und geistigen Fortschritt, José Luis Esteban Penelas, Lehrstuhlinhaber für Architektur an der Europäischen Universität Madrid, Zhang Yingle, Dozent an der Fakultät für Architektur der Südost-Universität in Nanjing und Maria José Masnou, Mitglied des UNESCO-Lehrstuhls für Zwischenstädte. Sie alle stellten exemplarische Beispiele aus China und Spanien vor und gaben spannende Einblicke in ihre Arbeit und ihre Ansätze.
Intensiver Meinungsaustausch: Teilnehmende an der Diskussionsrunde der Dialogveranstaltung
Zhao Lijun, Präsidentin des Europa- und Afrikazentrums von CICG (China Today), und Antonio Miguel Carmona, Präsident der spanischen Vereinigung der Freunde Chinas, eröffneten gemeinsam den China Today Salon in Madrid, der in Zusammenarbeit zwischen den beiden Organisationen eingerichtet wurde. Der Salon sei eine neue Plattform für die Zusammenarbeit zwischen China und Spanien in verschiedenen Bereichen wie Wirtschaft und Handel, Kultur, Medien und Thinktanks, so Zhao. Er eröffne ein Fenster zu einem besseren Verständnis der chinesischen Kultur für die spanische und europäische Bevölkerung, so Zhao weiter. „Wir werden den Austausch und das gegenseitige Lernen zwischen China und Spanien sowie zwischen China und Europa durch Foren und Austauschaktivitäten in allen Bereichen fördern“, kündigte sie an.
Die Menschen in Europa verstünden China noch nicht ausreichend und wüssten teils nicht, wie das wahre China aussehe, sagt Carmona. „Die Einrichtung des China Today Salons in Madrid wird den Austausch zwischen China und Spanien sowie zwischen China und Europa fördern und zu einem umfassenderen Verständnis Chinas in allen Gesellschaftskreisen beitragen“, sagte er.
Applaus zur Eröffnung: Der China Today Salon feierte am 28. Juni im Rahmen des Chinesisch-Spanischen Dialogs über Stadtplanung und Kulturentwicklung seine Premiere.
Am Rand des Dialogs startete die Forschungsakademie für das gegenwärtige China und die Welt überdies ein Forschungsprojekt zum Austausch und gegenseitigen Lernen im Bereich städtisches Leben. Yuan Lin, Direktor des Büros für Großprojekte der Akademie, erklärte, mit dem Projekt wolle man eine Dialogplattform für Stadtforschung zwischen China und dem Ausland errichten. Man ermutige Stadtverwalter, Planer und Forscher aus aller Welt, Forschungsthemen einzureichen. Ziel sei es, über die Plattform Experten bei der Durchführung gemeinsamer Forschungen zusammenzuführen. Nicht zuletzt wolle man im Rahmen des Projekts auch die Erforschung gemeinsamer Probleme aus dem Themenkomplex Stadtverwaltung und Kulturerbe angehen und Strategien und Vorschläge zur Verbesserung von Dialog und Austausch in diesem Bereich ausarbeiten. Letztendlich sei es das Ziel, das Voneinanderlernen und die Zusammenarbeit zur Bewältigung gemeinsamer städtischer Herausforderungen zu fördern.