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Shan Xu: Eine Pendlerin zwischen den Kulturen

2025-09-17 18:40:00 Source:cdd-online.com.cn Author:Dieter Brockmeyer
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Die Wahl-Frankfurterin Shan Xu stammt ursprünglich aus China. Geboren wurde sie in Jiangsu, einer der reichsten Gegenden des Landes, die beim Bruttoinlandsprodukt Platz zwei unter allen Provinzen belegt. Seit mittlerweile knapp 17 Jahren aber lebt sie in Deutschland, die meiste Zeit davon in der Finanzmetropole am Main. Shan Xu repräsentiert also die jüngere Generation, die die wirtschaftliche Annäherung zwischen China und Deutschland der letzten 50 Jahre heute weiter vorantreibt. Die Pendlerin zwischen den Kulturen hat zwei Masterabschlüsse an der Frankfurt School of Finance and Management absolviert, International Business und Bank Management. Danach war sie drei Jahre für Deloitte Corporate Finance tätig. „Da habe ich einige recht gute Abschlüsse gemacht und das war ein guter Start in mein Berufsleben“, sagt sie im Interview mit „Dialog China-Deutschland“. „Ich bewege mich beruflich nicht nur zwischen Deutschland und China bzw. Asien, sondern auch zwischen Kanada und den USA hin und her.“ 

 

 

 

Shan Xu vor einem chinesischen Smart-Terminal: Exkursionen zu Fabriken in China gehören für die Finanzexpertin aus Jiangsu zum Job – zur Überbrückung internationaler Handelslücken. (Foto: Interviewpartnerin) 

 

Können Sie uns etwas mehr über die Projekte erzählen, in die Sie im Ausland involviert sind? 

Meine Aufgabe ist es, potentielle Partner zusammenzubringen. Aktuell habe ich zwei unterschiedliche Themen, die mich umtreiben: Für den Bundesverband Mittelständische Wirtschaft bin ich für die Außenwirtschaft unterwegs. Da geht es vor allem um erneuerbare Energie. Am Anfang drehte sich vieles um Im- und Export oder auch Projektplanung und -beratung. Jetzt kümmere ich mich um Investitionen und die Finanzierung von Projekten rund um erneuerbare Energien in Europa, vor allem in Deutschland und im ganzen DACH-Bereich, also in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Mein anderes Projekt ist die Unterstützung eines Herstellers für Stevia, das ist ein natürlicher Zuckerersatzstoff. Der ist gut für Kinder, Diabetiker oder für Menschen, die einfach gesünder leben wollen. 

 

 

 

Besuch bei InvestHK: In Zusammenarbeit mit dieser Einrichtung in Hongkong unterstützt Shan Xu Crossboard-Start-ups. (Foto: Interviewpartnerin) 

 

Wie sind Sie denn damals nach Deutschland gekommen? Über das Studium? 

Ja, damit hat alles angefangen. 2006 bekam ich die Zusage, dass ich als eine von vier Vertretern meiner chinesischen Universität in Beijing, der Capital University for Economics and Business, zum Austauschstudium nach Deutschland gehen durfte. Ich war dann ein knappes halbes Jahr im Schwarzwald, an der Hochschule Furtwangen. Die Stadt ist sehr klein mit etwa 2000 Einwohnern. 

 

Sie haben also erst einmal die sehr beschauliche Seite Deutschlands kennengelernt. 

Richtig. In Furtwangen liegt das höchst gelegene Wohnheim – ganz oben auf dem Berg. Außerdem gibt es viel Natur und neben der Universität auch noch das Uhrenmuseum. Ich bin also gleich in diesen Teil der deutschen Kultur eingetaucht und habe gemerkt, hier kann man viel bewegen, mit Innovation, mit Natur. 

 

Und das war der Auslöser für Sie, in Deutschland zu bleiben? 

Ja. Ich habe gemerkt, dass man in Deutschland sehr viel lernen kann. Es ist ein Top-Land für Bildung und das ist für jeden Schritt im Leben wichtig. 

 

Sind denn das chinesische und das deutsche Bildungssystem miteinander vergleichbar? Sie kennen ja beide Seiten. Wo liegen die jeweiligen Vorteile? 

Beide Systeme haben sicherlich ihre Stärken. Für mich war es wichtig, eine gute Struktur zu bekommen, einen Plan, den ich dann Schritt für Schritt abarbeiten konnte. Ich will ein Beispiel geben: Beide Länder sind gut in Mathematik. In China macht man so viele Übungen wie möglich, wobei die Schritte zur Lösung egal sind. In Deutschland habe ich gelernt, Schritt für Schritt vorzugehen, sodass auch andere den Lösungsweg nachvollziehen können. Ich glaube, das ist auch ein kultureller Unterschied im Denken. Wenn wir von der Wirtschaft her denken, passt in der einen Industrie der deutsche Ansatz besser und in der anderen der chinesische. Eine Fusion beider Ansätze wäre also eigentlich ideal. 

 

Machen wir jetzt den Schritt von der Bildung zum Berufsleben. Bieten sich auch dort derartige Synergien? 

Egal, mit welchen Ländern wir uns befassen – überall gibt es Übereinstimmungen und Divergenzen. Das hat einfach mit den unterschiedlichen Kulturen zu tun. Bei Chinesen ist am Anfang Höflichkeit sehr wichtig und konservative Zurückhaltung. Erst mit dem Vertrauen, das sich so aufbaut, kann man dann Geschäfte machen. In Deutschland ist man dagegen immer sehr direkt. Es gibt viele Bücher, die sich genau mit diesen Unterschieden zwischen Ost und West befassen. Ich bin da streng genommen aber keine Expertin. 

 

Dennoch haben Sie viele persönliche Erfahrungen gesammelt. Und darum geht es doch letztlich. 

Stimmt. Und meine persönliche Erfahrung ist, dass man mit Respekt voreinander alle Probleme lösen kann. Wie wir jetzt zum Bespiel: Wir sprechen miteinander, nehmen auf, was der andere zu sagen hat. 

 

 

 

Shan Xu in großer Besprechungsrunde: Besuch einer europäischen Delegation in Shunde in der Provinz Guangdong im Januar 2025 (Foto: Interviewpartnerin) 

 

Wie schlägt sich diese Kultursensibilität in Ihren Projekten nieder? 

Wie ich schon sagte, kümmere ich mich unter anderem um Finanzierung von und Investitionen in Projekte rund um erneuerbare Energie in Europa. Da geht es natürlich auch um Erfahrungsaufbau. Mit Blick auf Asien sprechen wir inzwischen über riesige Investitionssummen. Dort lassen sich also viele Erfahrungen sammeln. Leider aber ist in Europa die Umsetzung noch nicht so weit, auch wenn das Tempo in letzter Zeit schon etwas angezogen hat, etwa bei Batterietechnik oder Speichertechnologie. Aber es gibt noch deutlich Luft nach oben. Da wurden in den letzten Jahren hier in Europa einige Weichen nicht gestellt. Ich hoffe, dass sich das in Zukunft bessert. Wir bereiten jedenfalls die Daten darüber auf, was in Asien bereits geschafft wurde, nicht nur in China, sondern auch in Ländern wie Japan oder Südkorea, und wir zeigen, wie man es dort durch gutes Management und gute Planung geschafft hat, wirklich große Projekte zu realisieren – und natürlich mit weniger Bürokratie. Für das Stevia-Projekt suche ich im Moment noch nach passenden Kooperationspartnern. Ich bin gerade aus Shenzhen zurückgekommen, wo sich einige vielversprechende Perspektiven bieten. Dort habe ich einige Fabriken für Stevia sowie Naturprotein besucht. Das ist schon ein sehr wichtiger Bereich, der in Zukunft noch stärker an Bedeutung gewinnen wird. Der Startschuss für das Projekt fiel erst Anfang des Jahres. Je mehr ich mich aber damit beschäftige, desto größer wird mein Interesse daran. Stevia kann uns alle wirklich gesünder machen. 

 

Sie werden Ihre chinesisch-deutsche Achse also weiter ausbauen? 

Hier in Deutschland habe ich schon alle Partner beisammen. Jetzt geht es darum, auch die internationale Seite einzubinden. Das Potenzial ist enorm. Durch künstliche Intelligenz etwa lässt sich die chemische Zusammensetzung noch weiter optimieren, um das Produkt langfristig noch alltagtauglicher zu machen. 

 

Die Meinung des Autors spiegelt nicht unbedingt die Position unserer Website wider. 

 

 

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