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Blühende Geschäfte: Junger Rückkehrerin gelingt mit Pflaumenbäumen der Durchbruch

2023-04-18 17:35:00 Source:german.chinatoday.com.cn Author:Wei Hongchen
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Der Arbeitstag von Zhang Hongxia* beginnt früh. Jeden Morgen macht sich die junge Frau auf zur Plantage, um Setzlinge zu züchten und Zweige zu stutzen. Zhang lebt in Yaonan, einem kleinen Dorf in Jiangsu, das zur Gemeinde Gaoliu zählt. Auf der örtlichen Plantage namens Xinyi ist sie quasi bereits ein alter Hase. Wie viele andere Dorfbewohner ist sie schon rund sechs Jahre im Team. Früher jobbte sie fern der Heimat, schlug sich mit Gelegenheitsjobs durch. Mit der Anstellung auf der Plantage hat sich für die junge Chinesin schließlich ein beruflicher Traum erfüllt: eine feste Anstellung das ganze Jahr über, und das direkt in ihrer Heimat. Rund 3000 Yuan verdiene sie damit heute im Monat, erzählt sie uns. Umgerechnet sind das rund 400 Euro. Ein gutes Gehalt für die Gegend. „Noch wichtiger aber ist für mich, dass mir die vergleichsweise einfache Tätigkeit ermöglicht, Arbeit und Familie unter einen Hut zu bringen“, sagt sie.  

  

Nicht weit entfernt hört man immer wieder Wortfetzen einer Moderation zu uns dringen. „Jetzt zeige ich Ihnen ein Pflaumenbäumchen. Rund einen Meter zwanzig misst der Hauptstamm. Er steht in voller Blüte. Sie sollten sich also beeilen mit dem Bestellen, wenn Sie eines haben möchten!“ Die Stimme gehört zu Li Ziqi. Sie ist Livestream-Moderatorin und Jahrgang 1995. Mit dem Smartphone in der Hand wuselt sie zwischen den blühenden Bäumen und Sträuchern umher und fängt die Blütenpracht gekonnt mit der Kamera ein, um die Gewächse online zu vermarkten.  

  

Li Ziqi ist nicht nur Livestream-Promoterin, sondern auch die Leiterin der Plantage. Ihre Genossenschaft hat rund 33 Hektar Land im Dorf unter Vertrag genommen. Dort pflanzt sie mit ihrem Team alle Arten von Grünpflanzen an. Allein die Pflaumenbäumchen nehmen eine Anbaufläche von 13 Hektar ein. Das Dorf Yaonan ist eine der drei wichtigsten Herkunftsregionen für Pflaumensetzlinge in China. Auf den rund 400 Hektar Gesamtanbaufläche des Dorfes sprießen allein auf mehr als 330 Hektar verschiedenste Blumen, Sträucher und Bäume. Das kleine Dörfchen hat sich nämlich auf den Anbau dieser Gewächse spezialisiert und damit seine Marktnische gefunden. Die Blumen- und Baumwirtschaft ebnete den Einheimischen den Weg zum ländlichen Aufschwung, zu Wohlstand und stabiler Entwicklung. Hübsch anzusehen ist das Ganze obendrein auch noch. 

 

  


Livestreaming vor Ort: Li Ziqi wirbt für Pflaumensetzlinge aus örtlicher Produktion (Foto mit freundlicher Genehmigung von Li Ziqi)  

  

Rückkehr mit Träumen und Enthusiasmus im Gepäck 

  

Früher lebte das Dorf Yaonan von traditioneller Landwirtschaft. Die Geschäfte waren stark witterungsabhängig und die Entwicklung schleppend. In den 1990er Jahren wurde der Grundstein für den Wandel gelegt. Damals wies das Dorf zwei Hektar Land als Versuchszone zum Anbau von Schnittblumen, Bäumen und Sträuchern aus.  

  

Lis Eltern gehörten zu den ersten Einheimischen, die diesen Schritt wagten. 2009 gründeten sie die Blumen- und Baumpflanzungsgenossenschaft Xinyi, die sich auf die Pflanzung und den Verkauf von Blumen und Bäumen sowie auf technische Ausbildung in diesem Bereich spezialisiert hat. 

  

Li Ziqi ist auf der Plantage der Eltern großgeworden, mit ihr gewachsen. Der Duft der Blüten auf den Feldern, der Geruch frisch gepflügter Erde, diese Eindrücke hat Li Ziqi seit Kindertagen in sich aufgesogen. Sie fühlt sich der Landwirtschaft eng verbunden. Dabei waren im Zuge der chinesischen Entwicklung eine Zeitlang immer weniger junge Menschen daran interessiert, in der ländlichen Heimat zu bleiben, geschweige denn hierhin zurückzukehren. Nicht so Li Ziqi. Sie zog es zurück. 2014 hängte die Informatikabsolventin ihren gut bezahlten Job in der Großstadt an den Nagel, um in die Heimat zurückzukehren und wie ihre Eltern Blumen zu züchten. Die Eltern waren anfangs wenig begeistert, hielten die Entscheidung für keine gute Idee. 

  

„Letztendlich war es meine Liebe für das Land selbst, die mich zurückgeführt hat. Der ländliche Raum birgt großes Potenzial. Es braucht junge Leute wie mich, um hier etwas zu bewegen“, sagt Li selbstbewusst. Die junge Rückkehrerin hat ihre ganz eigene Vorstellung von der Blumen- und Baumzucht. Sie hält nichts von Monokulturen. Kurzerhand krempelte sie deshalb das Geschäftsmodell ihrer Elterngenrationen mutig um. 

  

Neue Generation, neue Ideen 

  

Die Chinesen verbindet seit alters eine besondere Beziehung zu Pflaumenbäumen. Diese Pflanzen werden in China als kulturelles Symbol hoch geschätzt und schon seit über dreitausend Jahren kultiviert. 

  

Die Gemeinde Gaoliu ist der einzige Ort für Originalpflaumenstecklinge im Land. Die lokalen Setzlinge, die in der Branche als „einheimische Pflaume“ bekannt sind, haben eine höhere Überlebensrate und eine längere Wachstumszeit als andere Sorten. Dank eigener Pflanz- und Aufzuchttechniken verbindet die Einheimischen hier ein besonderer Enthusiasmus für das Gewächs. Dennoch bestehen auch noch einige Probleme, wie Monokulturen oder minderwertige Qualität.  

  

„Ein normaler Pflaumensetzling etwa der roten und grünen Pflaume wechselt für etwa zehn Yuan den Besitzer. Ein Jahr harte Arbeit steckt in dem Gewächs, bis es auf den Markt kommt. Neben den Arbeitskosten kommt noch die Landpacht hinzu. Da bleibt für die Züchter am Schluss nicht mehr viel übrig“, rechnet Li Ziqi vor. Mit dem Ansatz der Generation ihrer Eltern, nämlich auf Altbewährtes zu setzen und damit auf Nummer sicher zu gehen, sei sie nicht einverstanden gewesen, gibt die junge Frau offen zu. Aus diesem Grund führte sie mutig eine Reihe seltener neuer Pflaumensorten ein. „Zwar sind diese Sorten nur bei einem kleinen Käuferkreis populär, doch dafür haben sie einen hohen Stückpreis, und zwar über 100 Yuan.“ Heute bauen Li und ihr Team auf einem 13,3-Hektar-Grundstück mehr als 300 Arten von Pflaumenbäumen an, vor allem einheimische und seltene Sorten. Der landesweite Marktanteil der seltenen Gewächse ihrer Plantage liegt bei mehr als 90 Prozent. Lis Hoffnung ist, dass sie durch ihren Erfolg weitere Züchter zum Mitmachen bewegen kann. 

  

2017 gründete Li zudem ein eigenes E-Commerce-Unternehmen. Heute beschäftigt sie ein Team von acht Vollzeitmitarbeitern, daneben mehrere Dutzend Teilzeitarbeiter, die sich auf E-Commerce und Pflanzentechnologie spezialisiert haben. Ziel ist es, das traditionelle Geschäftsmodell zu verändern.  

  

In ihrem Onlineshop bietet die Jungunternehmerin neben Pflaumensetzlingen und Topfpflanzen der familieneigenen Farm auch Produkte der umliegenden Plantagen an. Auch schaltet sich Li als Moderatorin persönlich in die Live-Übertragung ein, um die Pflaumenblüte in ihrem Heimatort zu bewerben. Durch das clevere Marketing verkaufen sich die Pflanzen über die Provinz hinaus im ganzen Land.  

  

Die Hochsaison für den Pflaumengewächsverkauf ist jedes Jahr von Oktober bis April. In Spitzenzeiten verbringt die junge Moderatorin oft ganze Tage vor der Kamera. In der Hochsaison gingen täglich durchschnittlich ein- bis zweihundert Bestellungen ein, sagt sie. Die Gewinnmarge liege bei rund 50 Prozent. Darüber hinaus biete der Onlineshop seinen Kunden einen kostenlosen Kundendienst auf Lebenszeit. Das sorge für eine ausgeprägte Kundenbindung. Man zähle mittlerweile viele Stammkunden, teils sogar im Ausland, etwa in Kanada oder den Vereinigten Staaten. Diese ersten Erfolge bestätigen die „Bäuerin 2.0“ in ihrem Konzept und ihrer Hartnäckigkeit. Sie geben ihr Selbstvertrauen, an ihre Ideen zu glauben, auch in Zukunft.


  


Blühende Geschäftsgrundlage: Pflaumenbäume auf der Plantage im Dorf Yaonao (Foto mit freundlicher Genehmigung von Li Ziqi) 

  

Kleine Blumen, großes Geschäft 

  

Ende 2022 wies Staatspräsident Xi Jinping auf der Zentralen Konferenz für ländliche Arbeit darauf hin, dass China gezielt Talente für den ländlichen Raum gewinnen müsse. Es gelte, Hochschulabsolventen und andere qualifizierte Menschen, Wanderarbeiter und Unternehmer zur Rückkehr aufs Land anzuspornen. Man müsse diese Menschen gezielt dabei unterstützen, sich dauerhaft eine Existenz auf dem Land aufzubauen.  

  

Dank der guten Politik des Landes in den letzten Jahren entwickelt sich das Geschäft von Li prächtig. Die einheimischen Pflaumenblüten ihrer Genossenschaft behaupten sich erfolgreich auf dem chinesischen Markt, haben mittlerweile einen Marktanteil von mehr als 50 Prozent erreicht. Überdies hat das Unternehmen mehr als 800 Landwirte in der Kultivierung geschult. Mindestens 100 Dorfbewohner haben so letztlich ihr eigenes Unternehmen gegründet oder finden während der Hochsaison eine Saisonanstellung. Das Resultat: das jährliche Pro-Kopf-Einkommen der Gegend beläuft sich mittlerweile auf mehr als 12.000 Yuan, gut 1600 Euro also. 

  

Wang Jun*, der in diesem Jahr 54 Jahre alt wird, hat sich sein ganzes Leben lang der Landwirtschaft gewidmet. Heute ist er als Vollzeitbeschäftigter in Li Ziqis Unternehmen für die Verpackungs- und Versandarbeiten zuständig. „Ich bin ja noch fit. Zuhause würde ich mich in meinem Alter nur langweilen. Und durch die Arbeit hier in der Firma verdiene ich mehrere tausend Yuan im Monat.“ Und nicht nur das: Wenn im Pflaumengarten viel los ist, kommt auch seine Frau, um Gelegenheitsarbeiten zu erledigen, etwa beim Beschneiden der Zweige zu helfen. Läuft der Markt gut, verdient sie so rund hundert Yuan am Tag. „Auf diese Weise verdienen wir locker 30.000 bis 40.000 Yuan (rund 4000 - 5300 Euro) im Jahr. Viel mehr als wir als Landwirt auf dem eigenen Feld erwirtschaften würden“, sagt Wang. 

  

Der erste Schritt zur Wiederbelebung des ländlichen Raums ist die Industrieentwicklung. Um die Modernisierung traditioneller Industrien zu beschleunigen, gründete das Dorf Yaonan 2019 die Blumen- und Baumgenossenschaft Zhangzhuang. Die Führung hat die örtliche Parteizelle inne. Die Parteimitglieder fungieren als Vorreiter und die Dorfbewohner beteiligen sich aktiv. Aufgrund der Analyse der aktuellen Markttrends sowie von Angebot und Nachfrage riet man den Einheimischen, auf Bäume mit kleinerem Durchmesser umzusteigen, was ihnen half, ihre Absatzmärkte weiter zu öffnen. Noch im selben Jahr stieg das Verkaufsvolumen um über 30 Prozent. Im August 2022 waren insgesamt 300 Haushalte im Dorf Yaonan in dieser Branche tätig, was 2000 Menschen auf dem Land Arbeit verschaffte. Der Blumen- und Baumanbau ist damit zum führenden Wirtschaftszweig für Armutsüberwindung und ländlichen Aufschwung in der Region geworden.  

  

Parallel dazu hat das Dorf einen E-Commerce-Industriepark eingerichtet, um das traditionelle Verkaufsmodell zu verändern. Heute erwirtschaftet das Dorf über die E-Commerce-Plattform mehr als 30 Millionen Yuan Umsatz pro Jahr, das sind 60 Prozent des Gesamtumsatzes. Allmählich hat sich ein industrielles Modell des auftragsbezogenen Anbaus und Verkaufs herausgebildet. Das sichert die Absatz- und Einkommenskanäle und macht es den Dorfbewohnern leichter. Die gesamte Branche hat damit im Dorf einen rasanten Aufschwung genommen.  

  

Große Pläne für die Zukunft 

  

Doch mit diesen Erfolgen begnügt sich die junge Züchterin Li Ziqi bei weitem nicht. Sie hat bereits ein neues Projekt in Angriff genommen, nämlich die Kette der Pflaumenbaumindustrie zu verlängern und ihre Wertschöpfung zu erhöhen. Am Tag des Interviews sind Li Ziqi und ihr Team just auf einer Geschäftsreise in der Provinz Anhui unterwegs, um für den von ihnen hergestellten Pflaumenblütentee zu werben. 

  

Anfang 2023 hat die Jungunternehmerin nämlich mit der Herstellung von grünem und weißem Pflaumenblütentee begonnen. Dafür kaufte sie fast eine halbe Tonne Pflaumenblüten von Landwirten aus der Umgebung an. Daraus stellte sie 150 Kilogramm Pflaumenblütentee her. Und der findet reißenden Absatz. Bisher war den Einheimischen in Yaonan der wirtschaftliche Wert der Blütenknospen gar nicht bewusst, weshalb sie die Pflege vernachlässigten, was zu einem geringen Ertrag an Knospen führte. Der Knospenertrag von einem Mu Anbaufläche brachte gerade einmal 4000 Yuan ein. In Anhui erwirtschaftet ein einziger Baum diesen Betrag. „Nachdem die Dorfbewohner das gehört hatten, entschieden sie sich, die Anpflanzung auszuweiten und sich besser um die Bäume zu kümmern, um im nächsten Jahr mehr Pflaumenblüten zu ernten“, erzählt uns Li. 

  

Für die Zukunft hat die junge Frau noch viele weitere Ideen: die Anbaufläche ausweiten, Pflaumenwein herstellen und weitere Sorten von Pflaumenblütentee auf den Markt bringen, um nur einige Vorhaben zu nennen. 

  

Mittlerweile ist die junge Rückkehrerin fast neun Jahre im Geschäft. Neun Jahre, die ihr vor Augen geführt haben, wie schwierig und mühsam die Arbeit in der Landwirtschaft ist. Trotzdem fühlt sich die Jungunternehmerin wohl. Sie sei angekommen, sagt sie und lacht. „Meine Heimat hat mich genährt. Nun möchte ich etwas Sinnvolles für diese Gegend tun und so etwas von dem, was ich erhalten habe, zurückgeben“, sagt sie. 

 

*Namen auf Wunsch der Interviewpartner geändert. 

 

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