Es ist Frühling in Sichuan, alles steht in voller Blüte hier in Chinas Südwesten. Auf dem idyllischen Campus des Ausbildungsinstituts für ländlichen Aufschwung in Zhanqi herrscht gute Stimmung. Auf dem Ausbildungsgelände in dem kleinen Dorf kommen Studierende aus ganz China zusammen, sie lernen gemeinsam und tauschen Ideen aus.
Viel Grün: Blick auf den Campus des Ausbildungsinstituts für ländlichen Aufschwung im Dorf Zhanqi. (Foto bereitgestellt von Yu Wenzheng)
Am 12. Februar 2018 empfing das kleine Dorf prominenten Besuch: Staatspräsident Xi Jinping war zur Inspektion nach Zhanqi gereist. Der kleine Ort liegt im Distrikt Pidu der Stadt Chengdu. Vor Ort rief Xi dazu auf, bei der Wiederbelebung des ländlichen Raums gute Arbeit zu leisten, weiterhin eine Vorreiterrolle einzunehmen und mit gutem Beispiel voranzugehen.
Sichuan setzt derzeit alles daran, den Geist der wichtigen Anweisungen von Generalsekretär Xi Jinping vollständig zu entfalten und die Strategie des ländlichen Aufschwungs tiefgehend in die Tat umzusetzen. Dabei hat die Provinz in erster Linie die Förderung von Talenten ins Visier genommen. Im August 2018 wurde daher das erste Ausbildungsinstitut des Landes mit dem Schwerpunkt ländlicher Aufschwung gegründet. Bis heute hat das Institut über 700 Ausbildungskurse verschiedener Art veranstaltet. Rund 67.000 Studierende aus über 30 Städten bzw. autonomen Bezirken in 22 Provinzen haben an den Veranstaltungen teilgenommen.
Nun sollen auch andere Orte in China von den Erfahrungen aus Zhanqi profitieren. Seit diesem Jahr führt das Institut deshalb in Zusammenarbeit mit einer Stiftung für ländliche Entwicklung in Beijing ein Schulungsprogramm durch, in dem Einheimische aus Zhanqi fit gemacht werden für die Aufgabe, die erfolgreichen Ergebnisse aus ihrer Heimat für andere Regionen nutzbar zu machen. Die Teilnehmer der Bildungsmaßnahme seien allesamt talentierte junge Menschen aus dem Dorf Zhanqi, erklärt uns Yu Wenzheng, der Exekutivdirektor des Ausbildungsinstituts. Es sei geplant, sie im Zuge einer rund einjährigen Ausbildung zu schulen, die den Prozess der Wiederbelebung des Dorfs Zhanqi gut vermitteln können.
Yi Fengyang, Sekretär des Parteikomitees des Dorfes Huohua im Bezirk Pidu, ist einer der Auszubildenden. Der 34-Jährige stammt aus dem Dorf Zhanqi. Trotz seines jungen Alters spricht er mit einer solchen Professionalität über die Arbeit zur Wiederbelebung des ländlichen Raums, dass man sich kaum vorstellen kann, dass er noch vor ein paar Jahren ein einfacher Lokführer war.
2010 entschied sich der frischgebackene Hochschulabsolvent wie viele andere junge Menschen zu dieser Zeit, seine Heimat zu verlassen, um in der Großstadt Karriere zu machen. „Doch mir wurde schnell klar, dass ich mich nur schwer von der Heimat trennen kann“, erinnert er sich im Interview. Zur gleichen Zeit suchte Gao Demin, Sekretär der Parteizelle des Dorfes Zhanqi, nach jungen Talenten, die bereit waren, in die Heimat zurückzukehren und zur lokalen Entwicklung beizutragen. Als die beiden einander erstmals trafen, stand schnell fest, dass sie die gleiche Vision verbindet. 2011 kehrte Yi schließlich in sein Heimatdorf zurück und begann mit der Arbeit auf dem Land. Er ahnte damals nicht, dass dies sein Beruf für die nächsten zehn Jahre werden würde.
„Bei uns in Zhanqi hat die Förderung lokaler Talente eine lange Tradition“, sagt Yi. Als er selbst in das Dorf zurückkehrte, musste er jedoch fast alles von Grund auf neu lernen. Von erdlosen Anbautechniken über Buchhaltungskenntnisse bis hin zu Hotelmanagement und Marketing – Yi Fengyangs Kenntnisse wuchsen parallel zur rasanten und umfassenden Entwicklung des Dorfes. Berufsmäßig machte er in der Dorfkooperative, der Touristenattraktion „Mutterfarm“ sowie im Dorfkomitee Station. 2014 ernannte man ihn zum Reservekader auf Dorfebene. Im April 2019 hatte Yi Fengyang bereits mehr als neun Jahre Berufserfahrung im Dorf gesammelt. Im Rahmen der Auswahl von Reservekadern für das Talentteam zur Wiederbelebung des ländlichen Raums wurde er schließlich zum Sekretär der Parteihauptzelle des Dorfes Xingluo gewählt. Ein Jahr später ernannte man ihn zum Sekretär des Parteikomitees des Dorfes Huohua.
Den Schlüssel zur Wiederbelebung des ländlichen Raums bilden eindeutig die Menschen. Die Haupttriebkraft stellen die Dorfkader auf der Basisebene dar. In den letzten Jahren hat sich der Distrikt Pidu auf die Förderung von Talenten an der Basis konzentriert und gezielt den Aufbau eines Reservekaderkontingents auf Dorfebene als wichtigen Ausgangspunkt gefördert. Das Ziel: die Talentförderung im ländlichen Raum noch vielfältiger zu gestalten. „Solche Mechanismen geben Menschen, die bereit sind, anzupacken und Dinge zu verändern, die Möglichkeit, wichtigere Positionen zu übernehmen. Wenn junge Menschen Hoffnung sehen, motiviert sie das, es treibt sie an und befeuert ihr Engagement“, sagt Yi.
Gemeinsam etwas bewegen: Das Dorf Huohua mobilisierte Kräfte aus allen Gesellschaftsschichten, um mehr als 500 Solarstraßenlaternen auf den Hauptstraßen des Dorfes zu installieren. (Foto bereitgestellt von Yi Fengyang)
Als Yi Fengyang seinen Posten in Huohua antrat, stellte er schnell fest, dass das Dorf im Vergleich zum benachbarten Zhanqi, einem nationalen Modelldorf für die Wiederbelebung des ländlichen Raums, erheblich hinterherhinkte, nicht nur in Sachen industrielle Entwicklung, sondern auch in den Köpfen, sprich der Mentalität der Menschen. Im Dorf gab es zu jenem Zeitpunkt keine kollektiven Unternehmen und nur fünf oder sechs kleine Werkstätten, die den Beschäftigungsbedarf der meisten Menschen nicht decken konnten. Die Dorfbewohner waren daran gewöhnt, von dem zu leben, was die Natur ihnen gab, sprich ihren Lebensunterhalt mit der Landwirtschaft zu bestreiten.
„Um sich zu entwickeln, muss man bei den Menschen anfangen“, weiß Yi. Basierend auf den Erfahrungen aus Zhanqi nahm der Nachwuchskader den Aufbau des Talentkontingents als Ausgangspunkt. 2020 bildete Huohua durch Direktwahlen ein neues Führungsgremium für das Dorfkomitee. Das Durchschnittsalter lag bei gerade einmal 37 Jahren, mehr als 50 Prozent aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hatten zudem einen Hochschulabschluss in der Tasche. So wurde das Problem mangelnder Motivation und Qualifikation der Dorfkader auf der Basisebene, das der Wiederbelebung des ländlichen Raums entgegensteht, erfolgreich gelöst.
Die Tangchang-Ente ist eine lokale Spezialität. Huohua hat in den letzten Jahren erfolgreich Produkte wie diese mit örtlichen Besonderheiten auf den Markt gebracht. (Foto bereitgestellt von Yi Fengyang)
Huohua nimmt sich aktiv ein Beispiel an Entwicklungsvorreitern wie Zhanqi und setzt auf das bewährte Modell „Industrien mit örtlichen Besonderheiten + Kulturtourismus“. Heute befindet sich Huohua im Kerngebiet der integrierten Demonstrationszone Zhanqi für ländlichen Aufschwung.
Für Yi Fengyang sind die positiven Veränderungen im Dorf in den letzten Jahren ganz offensichtlich: „Heutzutage sind immer mehr junge Leute bereit, in die Heimat zurückzukehren, um sich dort weiterzuentwickeln.“ Das sei ein klares Zeichen für die positive Entwicklung des Ortes. Allein im letzten Jahr seien vier junge Leute ins Dorf zurückgekehrt. Gemeinsam hätten sie eine Familienfarm eröffnet. „Die Entwicklungsideen im Dorf decken sich mit der Entwicklungsrichtung der eigenen Karriere der jungen Menschen. Das ist der Grund, warum sie zurückzukommen“, erklärt Yi. In den letzten Jahren habe China gezielt die Entwicklung von Familienfarmen vorangetrieben, um deren wichtige Rolle bei der Wiederbelebung des ländlichen Raums voll zur Geltung zu bringen, so Yi. Unter Ausnutzung dieser günstigen Politik plant auch das Dorf Huohua in einem nächsten Schritt eine Reihe von Familienfarmen zu entwickeln, um ein Gefüge der industriellen Integration mit Zhanqi zu bilden. Das Ziel: gemeinsame Entwicklung.
Das Dorf Zhanqi ist also nicht nur selbst auf der Erfolgsspur, sondern auch zu einem wichtigen Zugpferd gereift, das tausende andere Dörfer bei der Wiederbelebung des ländlichen Raums antreibt. Huohua ist nur ein Beispiel hierfür. „Als Dorfkader, der hier in Zhanqi aufgewachsen ist, hoffe ich, durch das genannte Schulungsprogramm die Geschichte und die Erfahrungen Zhanqis an noch mehr Menschen weiterzugeben“, sagt Yi Fengyang über seine Pläne für die Zukunft.
