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Stadtentwicklung in Shanghai: Auf dem Weg zur „Smart City“

2024-07-05 16:10:00 Source:german.chinatoday.com.cn Author:Xue Xiang und Wang Haokun
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Im Oktober 2020 gab China seinen 14. Fünfjahresplan (2021 bis 2025) sowie die langfristigen Ziele bis 2035 bekannt. Dabei wurden die Stärkung der digitalen Gesellschaft und der digitalen Verwaltung als zentrale Vorhaben hervorgehoben. Es soll zudem weiter an der Entwicklung von „City Brains“ gearbeitet werden. Am 20. Mai dieses Jahres veröffentlichte die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission dann spezielle Leitlinien zur Vertiefung der Entwicklung von Smart Cities sowie zur Förderung der digitalen städtischen Transformation. Chinas Städte sollen sich in Zukunft weiter qualitätsvoll entwickeln und die Strategie „Digital China“ in einem weiteren Schritt vorankommen. 

  

Als eine der ersten Pilotstädte zum Aufbau einer „Smart City“ startet Shanghai nun in eine neue Phase, in der alle städtischen Dienstleistungen online verfügbar sind. Die gesamte Stadtverwaltung wird dabei effektiv vernetzt. Alle Bürger sollen sich am Gemeinschaftsprojekt der Schaffung einer intelligenten Stadt beteiligen. Damit schlägt die Metropole ein neues Kapitel der digitalen Stadtverwaltung auf. 

 

  

 

Smart City von oben: Die Pilot-Freihandelszone Lingang in Shanghai 


Alles in einem Netzwerk 

„Dass der Shanghai-QR-Code mittlerweile den Personalausweis ersetzen kann, habe ich erst durch Zufall herausgefunden“, erzählt die Shanghaierin Jin Ziqi und lobt die neuen Möglichkeiten der digitalen Verwaltung. Der neue städtische QR-Code sei in der App „Government Shanghai“ zu finden, verrät sie, die 2019 von Stadtregierung gelauncht und in diesem Jahr um neue Funktionen erweitert wurde. Mithilfe der Applikation lassen sich nun alle alltäglichen Behördengänge und Formalitäten über eine einzige Anlaufstelle abwickeln. Darüber hinaus kann die Smartphone-App als elektronische Version von 100 Ausweisen und Lizenzen genutzt werden.  

  

„Mein Verständnis von einer intelligenten Stadt ist, dass alles leicht zugänglich sein muss“, erklärt uns Jin. Und sie nennt ein Beispiel: „Wenn ich jetzt einen Reisepass beantragen will, muss ich nicht mehr allerlei Verfahren durchlaufen und viele Behördengänge absolvieren, sondern gehe einfach zu einem einzigen Schalter und reiche dort all meine Unterlagen ein. Dann bekomme ich schon nach kurzer Zeit meinen Reisepass. Das nenne ich smart!“ 

  

Jins Erwartungen an die intelligente Stadt decken sich mit dem Ansatz zur Digitalisierung, den die Verantwortlichen verfolgen. Xu Caisu, Dozent der Universität Shanghai, erklärt uns, dass der Aufbau der „Smart City“ Shanghai auf einem plattformbasierten Outsourcing-System beruhe. Will heißen: die Regulierungsbehörden legen zunächst Regeln und Anforderungen fest, die dann von großen Unternehmen über eine entsprechende Plattform umgesetzt werden. „Beide Seiten arbeiten dabei eng zusammen, um die Qualität der öffentlichen Dienstleistungen stetig zu verbessern“, sagt Xu. 

  

Die Vorteile einer solchen Smart City liegen auf der Hand: Für die Bürger bringt das Ganze jede Menge Komfort, insbesondere im Gesundheitswesen. Die App „Government Shanghai“ umfasst bereits Funktionen wie Onlinekonsultationen bei Ärzten und Online-Terminvereinbarungen. Nachdem die Patienten ihre persönlichen Daten eingetragen haben, können sie einen Termin in jedem Krankenhaus vor Ort vereinbaren. Außerdem besteht die Möglichkeit, sich in einer der Onlinesprechstunden innerhalb der App beraten zu lassen. Nicht zuletzt umfasst die App auch eine elektronische Patientenakte, die jederzeit eingesehen werden kann. 

  

Stadtverwaltung online 

In der Vergangenheit hat sich Jin als Ehrenamtliche in der Behindertenvereinigung des Bezirks Yangpu engagiert. Sie half dabei, die digitalen Akten behinderter Menschen im Bezirk zu aktualisieren. „Diese digitalen Akten enthalten sogar einen aktuellen Familienstammbaum, was mich sehr überrascht hat. Auch die Arbeit auf der Basisebene in China ist also längst im digitalen Zeitalter angekommen“, lobt die junge Großstädterin. 

  

Darüber hinaus half die passionierte Ehrenamtliche den Behinderten auch, sich besser im Alltag zurechtzufinden, brachte ihnen zum Beispiel bei, wie sie intelligente Geräte wie Smartphones oder die Handy-App WeChat benutzen. Finanziert wurden diese behindertenfreundlichen Dienstleistungen von der örtlichen Regierung. 

  

Tatsächlich hat Shanghai im Prozess der Digitalisierung längst damit begonnen, technische Neuerungen für die Basisebene nutzbar zu machen. Nun setzt die Finanzmetropole alles daran, die Plattformisierung der Stadt weiter zu fördern. Zugute kommt Shanghai, dass die internationale Stadt bereits auf jede Menge Erfahrung bei der vernetzten Stadtverwaltung zurückgreifen kann. Seit Jahren erzielt die Millionenmetropole immer neue Erfolge bei der einheitlichen Planung in einem Netzwerk, beim Aufbau digitaler Tools, bei der Erweiterung des urbanen „neuronalen Netzwerks“ sowie bei der Verbesserung des digitalen Betriebssystems der Stadt. Auf dieser Grundlage sind die relevanten Mitarbeiter auf der Basisebene heute problemlos in der Lage, die Stadt effizienter und besser zu verwalten. Einem Zuständigen der Kommission für Wirtschaft und Information der Stadt zufolge hat Shanghai auf dem Weg zur intelligenten City schon viele Erfolge erzielt: Als erste Stadt in China kann man hier mit einer umfassenden 5G-Abdeckung aufwarten. Und auch in Sachen dualer Gigabit-Breitbandanschluss hat man die Nase vorn. 

  

In den letzten Jahren hat Shanghai seine technischen Stärken im Digitalisierungsprozess erfolgreich ausgespielt. Die Verwaltungsdatenressourcen der Basisebene wurden standardisiert und gesammelt, die Verwaltungsprozesse für das Informationssystem der Basisebene erfolgreich normiert. Zudem setzt Shanghai darauf, die Anwendungsszenarien digitaler Technologien in den städtischen und ländlichen Wohnvierteln gezielt auszubauen. All dies dient dazu, die digitale Transformation an der Basis effektiv voranzutreiben, zum Nutzen der Bürger. 

  

Jin Ziqi wünscht sich, dass die Mitarbeiter der Basisebene in Zukunft sogar noch stärker auf digitale Tools zurückgreifen, um so die Arbeitseffizienz weiter zu erhöhen. Als ehemalige Ehrenamtliche in der Behindertenvereinigung ruft die junge Frau zudem dazu auf, die Bedürfnisse behinderter Menschen in Zukunft mithilfe digitaler Technologien besser zu befriedigen. 

  

Ihre Vorschläge finden bereits Gehör. Im Mai dieses Jahres eröffnete Shanghai offiziell sein Online-Servicezentrum für Behinderte. Es ist die erste offizielle Onlineplattform in China, die gezielt Dienstleistungen für behinderte Menschen anbietet. Leistungsberechtigte, die Vorzugsmaßnahmen der behindertenfreundlichen Politik in Anspruch nehmen können, werden heute mithilfe intelligenter Tools identifiziert. Dies erleichtert den Mitarbeitern der Basisebene die Erfassung und Auswertung entsprechender Informationen. 

 

  

 

Smarte Ticketoptionen für die smarte Stadt: In Shanghai kann man U-Bahn-Tickets bequem per Handy kaufen. Aber auch die klassische Papiervariante gibt es noch, natürlich mit QR-Code. 


Gemeinsam zur intelligenten Stadt 

2020 hat Staatspräsident Xi Jinping im Rahmen seiner Inspektionsreise nach Shanghai den menschenzentrierten Entwicklungsgedanken bei der Stadtentwicklung in den Vordergrund gerückt. Um dieser Forderung nachzukommen, unternimmt Shanghai seit 2023 intensive Anstrengungen vor allem in den drei Schlüsselfeldern grundlegende Institutionen, grundlegende Infrastruktur sowie grundlegende Faktoren, um so den Aufbau einer „Smart City“ festen Schrittes voranzutreiben. 

  

Während der Erprobung von Anwendungsszenarien informiert Shanghai die Öffentlichkeit regelmäßig über den aktuellen Stand und holt Feedback aus verschiedenen Gesellschaftskreisen ein. Um sicherheitsrelevante, rechtliche und andere Fragen zu klären sowie auf die Anliegen und Bedürfnisse der Bürger besser eingehen zu können, wurde außerdem ein Beratungsmechanismus mit Experten eingerichtet. 

  

Erwähnenswert ist, dass Shanghai auch die Anliegen von Minderheiten wie Menschen mit Behinderung gezielt berücksichtigt. Nach der Eröffnung der neuen Bürger-Servicehotline wurde nun erstmals auch eine Gebärdensprachen-Funktion eingeführt, damit auch hörgeschädigte Personen ihre Anliegen per Videotelefon an speziell geschulte Mitarbeiter weitergeben können. 

  

Neben neuester Digitaltechnologie sind für den Aufbau einer intelligenten Stadt auch jede Menge Fachkräfte vonnöten, etwa in den Bereichen öffentliche Verwaltung und digitales Management. Bereits 2021 hat Shanghai daher im 14. Fünfjahresplan der Stadt klar festgelegt, die Disziplinen rund um die städtische Sicherheit weiterzuentwickeln und neue Fachkräfte für diesen Bereich auszubilden. Berufsschulen haben bereits damit begonnen, mit Unternehmen aus Feldern wie dem Internet der Dinge und der Informationstechnologie zusammenzuarbeiten, um gemeinsam Industrieakademien zu gründen, außerschulische Praktikumsbasen einzurichten und dadurch mehr Fachkräfte heranzubilden. 

  

Jin Ziqi absolviert mittlerweile ein Masterstudium an der Fudan-Universität im Fach soziale Arbeit. Im Rahmen ihres Studiums hat sie unter anderem auch ein Pilotprojekt zum Aufbau eines demenzfreundlichen Wohnviertels für ältere Menschen begleitet, das von ihrem Betreuer geleitet wurde. Mit Hilfe sozialwissenschaftlicher Methoden führte sie eine Umfrage unter Senioren mit kognitiven Beeinträchtigungen durch, wobei auch digitale Tools für die quantitative Analyse zum Einsatz kamen. Auf die Forschungsergebnisse haben auch die Mitarbeiter in den Wohnvierteln Zugriff. Sie dienen ihnen als wichtige Referenz. 

  

Städte werden letztlich von Menschen gebaut und sollen ihnen dienen. Oder wie es der kanadische Wissenschaftler Vincent Mosco, der seit langem zu intelligenten Städten forscht, sagt: „Letztlich ist es die kollektive Erfahrung der Bürger, Berufstätigen und Besucher selbst, die eine Stadt intelligent machen.“ Masterstudentin Jin hofft, dass in Zukunft immer mehr Studierende eine aktive Rolle beim Aufbau von Smart Cities spielen werden. 

 

  

 

Wichtiger Umschlagplatz: Im 1. Quartal 2024 wurden mehr als 290.000 Fahrzeuge über den Shanghaier Hafen Waigaoqiao in alle Welt exportiert. 

  

*Xu Xiang ist Dozent der Fakultät für Kultur und Kommunikation an der Beijing International Studies University sowie Forscher am Chinesischen Forschungszentrum für Kultur und digitale Kommunikation. 

Wang Haokun arbeitet als Forschungsassistent an der Fakultät für Kultur und Kommunikation der Beijing International Studies University. 

 

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