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Chinesisch-deutsche Beziehungen: gegenseitige Abhängigkeit mit Perspektive auf mehr

2024-01-02 15:50:00 Source:german.chinatoday.com.cn Author:Nils Bergemann*
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Premiere: Am 6. und 7. November 2023 fand in Chongqing die erste Konferenz für wissenschaftlich-technologischen Austausch im Rahmen der Seidenstraßeninitiative statt. Unter dem Motto „Weg der gemeinsamen Innovationen, gemeinsame Förderung der Kooperationsentwicklung“ tauschten sich bei der Veranstaltung in- und ausländische Teilnehmer aus mehr als 80 Ländern und internationalen Organisationen über Themen wie die zwischenstaatliche wissenschaftlich-technologische Zusammenarbeit, den Kulturaustausch und industrielle Innovationen aus. (Foto: Wang Quanchao / Xinhua) 


Wenn es um Deutschlands Beziehungen zu China geht, liest man Widersprüchliches in deutschen Medien: Von Abhängigkeit, Angst, Dominanz, Deflation, Entkoppelung, Gefahr, Konkurrenz und Macht ist ebenso die Rede wie von Attraktivität, Entwicklungshilfe, Gewinnen, Hightech, Handel, Hoffnung, Investitionen, Innovationen und Seidenstraßeninitiative. 

  

Eines steht fest: Deutschland kann ohne China nicht, China braucht Deutschland umgekehrt auch und will eine echte partnerschaftliche Beziehung, die über den Austausch von Dienstleistungen und Gütern hinausgeht. Die Weltwirtschaft ist längst nicht mehr Europa-zentriert. China nimmt heute eine, wenn nicht sogar die führende Position im globalen Handel ein.  

  

In den deutschen Medien wird oft die deutsche Abhängigkeit vom Handel mit China kritisiert, ohne anzumerken, dass globaler Handel per Definition von gegenseitigen Abhängigkeiten geprägt ist. Einige politische Stimmen fordern sogar eine Abkehr vom apolitischen Export-Modell der deutschen Wirtschaft, aber die deutschen Unternehmer haben bislang nicht mitgespielt. 

  

China setzt auf ein breites Spektrum von Maßnahmen wie beispielsweise die gezielte Förderung von Forschung und Entwicklung, die Bereitstellung von Steueranreizen für Unternehmen, die Kooperation mit internationalen Partnern, den Aufbau von Technologieparks und Cluster-Netzwerken sowie die Lockerung von Regelungen für den Zugang ausländischer Firmen. China will auch den Zugang zu wichtigen Technologien erleichtern und die Integration von Produktionsketten vorantreiben. 

  

Die deutsche Bundesregierung sieht in ihrem Strategiepapier China sowohl als Partner, Wettbewerber als auch als systemischen Rivalen. Die Beziehungen erscheinen darin als eine Mischung aus wechselseitigen, gemeinsamen, konkurrierenden und gegensätzlichen Interessen. 

Die China-Strategie der Bundesregierung soll die Diversifizierung von Wirtschaftsbeziehungen fördern sowie die ökonomische Resilienz Deutschlands und der EU. Aber auch De-Risking könnte teuer für Deutschland sein. 

  

Deutschland benötigt China als Absatzmarkt für deutsche Produkte und Technologien sowie als Produzenten wichtiger Güter, während China in Deutschland eine wichtige Quelle von Knowhow und Investitionen sieht. Gleichzeitig konkurrieren die Länder in Bereichen wie Technologie, künstliche Intelligenz und Elektromobilität, in denen beide um eine Führungsrolle kämpfen.  

  

Die politischen Konsultationen zwischen Deutschland und China sind trotz Differenzen angemessen und wichtig. Ob man es will oder nicht, China bleibt der wichtigste Partner für die deutsche Wirtschaft. Eine Abkopplung oder Verringerung der Abhängigkeiten wäre nicht machbar. 

  

Auch wenn die Beziehungen zwischen Deutschland und China in den vergangenen 50 Jahren mitunter schwierig waren, werden die beiden Länder auch in Zukunft enge Handelsbeziehungen und Kooperationen unter anderem im Bereich Technologie und Innovation haben. Bei den politischen Herausforderungen, wie etwa den unterschiedlichen Definitionen der Menschenrechte, wird es darauf ankommen, dass beide Seiten diese Differenzen konstruktiv angehen und gemeinsame Lösungen für Herausforderungen finden. 

  

Das Jahr 2023 ist noch überschattet von der etwas eigentümlichen Wortwahl der deutschen Außenministerin nach ihrem China-Besuch. Doch auch das werden die soliden Beziehungen überstehen, die ein lebendiger Beweis dafür sind, wie zwei Länder trotz kultureller und politischer Unterschiede erfolgreich zusammenarbeiten und voneinander profitieren können. 

  

Vorurteile im chinesisch-deutschen Verhältnis können durch den Erwerb interkultureller Kompetenzen und Sprachkenntnisse überwunden werden. Es gibt seitens Deutschland Pläne, die Asien- und China-Kompetenz auszubauen und China bietet Bürgern aus Deutschland vorerst für ein Jahr visafreie Einreisen für einen Aufenthalt von 15 Tagen. Das sind richtige Schritte. Im Bereich Sprache und Kultur gibt es gute Angebote der deutschen Goethe-Institute und der chinesischen Konfuzius-Institute.  

  

Einen deutlichen Hinweis auf die Zukunft der bilateralen Beziehungen dieser zwei starken Staaten wird schon das Jahr 2024 liefern. Sie werden intensiver! Deutschland ist auf den chinesischen Markt mehr angewiesen denn je. Beide Seiten können voneinander profitieren. Es bleibt zu hoffen, dass die deutsche Regierungspolitik im kommenden Jahr realistischer und pragmatischer wird, einfach, weil an China kein Weg vorbeiführt.  

  

Betrachtet man die China-Berichterstattung, so fällt auf, dass Experten aus der Praxis und Unternehmer schon seit vielen Jahren ein eher positives China-Bild haben, während einige Journalisten kontinuierlich versuchen, mit spitzer Feder das Ende von Chinas Aufstieg oder sogar Chinas Untergang herbeizuschreiben – aber Totgesagte leben ja bekanntlich länger. 

  

Laut einer Umfrage vom vergangenen Jahr gehört übrigens auch die deutsche Bevölkerung zu den China Wohlgesonnen und ist zum Beispiel der Seidenstraßeninitiative gegenüber mehrheitlich aufgeschlossen. 

  

Wer an einem guten Verhältnis von China zu Deutschland interessiert ist, sollte nicht abwarten und Tee trinken, sondern mit Think Tanks und jungen mehrsprachigen Journalisten aus Deutschland und China die Agenda selbst setzen und mehr Realität in die Berichterstattung bringen. Am besten geht das, wenn man in dem jeweils anderen Land eine Weile lebt. 

  

*Nils Bergemann ist studierter Journalist mit langer Erfahrung als Redakteur und Kommunikationsexperte bei Verlagen und anderen Unternehmen. Zuletzt arbeitete er fünf Jahre für die China Media Group. Weiterhin in Beijing lebend unterrichtet er seit 2023 Deutsch, Sprachwissenschaften und Wirtschaft an der University of International Business and Economics. 

 

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