Im Spiegel konnte man am 23.6.24 ein interessantes Eingeständnis lesen. „Mehr als eine Billion Euro Entwicklungshilfe ist in den vergangenen 30 Jahren nach Afrika geflossen. Die Armut ist geblieben. In einem kleinen Dorf im Westen Kenias lässt sich erahnen, warum das so ist…“ Die Geschichte von Sauri Village ist eine Geschichte über die internationale Entwicklungszusammenarbeit, über falsche Ansätze, falsche Versprechungen. Bei der Planung des Projektes wurden die Einheimischen nicht mal befragt, was für eine nachhaltige Entwicklung notwendig ist. „Man fängt den Leuten keinen Fisch, sondern zeigt ihnen, wie man angelt“, lautet ein chinesisches Sprichwort. Um die Armut auf dem afrikanischen Kontinent zu überwinden, müssen die Menschen lernen selbst aktiv zu werden, die Angel zu bauen, um den Fisch zu fangen.
Die Chinesen haben das nach vielen schmerzhaften Erfahrungen gelernt und nach beinahe 40 Jahren Anstrengungen die Armut überwunden. Diese Erfahrungen sind sie bereit den Völkern Afrikas zu vermitteln. Bevor die erste Konferenz des Forums der China-Afrika-Kooperation, FOCAC, im Jahre 2000 stattfand, halfen bereits chinesische Experten in Afrika den Bauern, die landwirtschaftliche Produktion unter den gegebenen Bedingungen zu verbessern. Es erwies sich als richtig und notwendig, vor jedem Projekt, klein oder groß, mit den Betroffenen über die historischen, kulturellen und lokalen Möglichkeiten zu diskutieren, abzustimmen und dann gegenseitig Aufgaben zu vereinbaren. Das ist die Bestimmung der alle drei Jahre stattfindenden Konferenzen der FOCAC.
Vorzeigeprojekt: Im Bild sieht man das 100-Megawatt-Projekt Redstone Concentrated Solar Thermal Power – ein Solarturm mit Salzschmelze als Energiespeicher in der Provinz Nordkap in Südafrika. Das von der Firma SEPCOIII Electric Power Construction, einer Tochtergesellschaft von PowerChina, entwickelte Projekt ist das erste solarthermische Schmelzsalzprojekt Afrikas südlich der Sahara. (Foto: Zhang Yudong / Xinhua)
Zur diesjährigen neunten Konferenz reisten von den 54 afrikanischen Staaten 51 Staats- und Regierungschefs sowie Vertreter weiterer zwei Staaten, der Vorsitzende der Kommission der Afrikanischen Union und der UN-Generalsekretär, an. Der dreitägige FOCAC-Gipfel gilt als das größte „diplomatische Großereignis“ für Afrika und China. Chinas Staatspräsident, Xi Jinping, empfing die Staats- und Regierungschefs und setzte sich mit vielen von ihnen zu Einzelgesprächen zusammen. In seiner Grundsatzrede auf dem Gipfel sagte Xi: „Modernisierung ist ein unveräußerliches Recht aller Länder. Der westliche Modernisierungsprozess hat den Entwicklungsländern unermessliches Leid zugefügt... Das gemeinsame Streben Chinas und Afrikas nach Modernisierung wird eine Modernisierungswelle im Globalen Süden auslösen und ein neues Kapitel in unserem Streben nach einer Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Zukunft für die Menschheit aufschlagen.“ Vereint haben China und Afrika einen 10-Punkte-Aktionsplan für die kommenden drei Jahre vorgelegt, um eine Modernisierungswelle im Globalen Süden in Gang zu setzen. Dafür wird China rund 360 Milliarden Yuan bereitstellen, die sich aus etwa 210 Milliarden US-Dollar an Kreditfazilitäten, 70 Milliarden Yuan an zugesagten Investitionen chinesischer Unternehmen und 80 Milliarden Yuan an Hilfen zusammensetzen. Die Zusammenarbeit geht weit über den Handel oder die Finanzierung von Projekten hinaus. Sie bezieht sich in vielerlei Hinsicht auf afrikanische Erwartungen. So zum Beispiel kündigte Xi u.a. 60.000 Stipendien für Frauen und Jugendliche, 25 Zentren für Afrika-China-Studien, 30 gemeinsame Programme für die Entwicklung sauberer Energien, 500 gemeinnützige Projekte und die Entsendung von 500 landwirtschaftlichen Experten und 2000 medizinischen Kräften an.
China ist mit einem Handelsvolumen von 282,1 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023 bereits seit 15 Jahren der größte Handelspartner des Kontinents. Afrikas Handelsdefizit mit China hat sich allerdings im vergangenen Jahr weiter ausgeweitet. Um diesem entgegenzuwirken, erhöht China verstärkt seine Importe aus Afrika. Zudem wird den 33 am wenigsten entwickelten afrikanischen Ländern ein zollfreier Zugang zum chinesischen Markt gewährt.
Dabei spielt vor allem der Export von afrikanischen Agrarprodukten eine entscheidende Rolle. China hat bereits eine Reihe von Agrarimportabkommen mit afrikanischen Ländern unterzeichnet, darunter mindestens vier Abkommen über den Import von Avocados mit Kenia, Simbabwe, Tansania und Südafrika.
Praxisübung: Ein Lehrling im Fach Mechanik am internationalen Berufsbildungszentrum Nkok im Januar 2023. Das Zentrum liegt in der Sonderwirtschaftszone Nkok in Libreville, der Hauptstadt von Gabun. Eingerichtet haben es die AVIC International Holding Corporation und Chengdu Aeronautic Polytechnic. (Foto: Han Xu / Xinhua)
Im vergangenen Jahr war Afrika der größte Empfänger chinesischer Investitionen im Rahmen der Belt- and Road Initiative (BRI). Dank der Initiative erreichten die Direktinvestitionen aus China 2023 40 Milliarden US-Dollar, was das Land zu einer der führenden ausländischen Investoren in Afrika macht. Insgesamt investierten chinesische Unternehmen fast 130 Milliarden US-Dollar. Weiter plant China mittels Belt and Road Initiative 30 Projekte mit gegenseitiger Vernetzung und 1.000 „kleine und schöne Projekte“ in Afrika. Ebenfalls wird China 20 Digitalisierungsprojekte aufbauen, um dem Kontinent zur neuen Technologierevolution zu verhelfen.
Während Chinas neuer Energiesektor mit Vorwürfen der „Überkapazität“ und wachsenden Restriktionen im Westen konfrontiert wird, sind die Technologien in Afrika eine neue Chance für die Modernisierung des Kontinents. Neue Fabriken für Elektrofahrzeug-Unternehmen entstehen oder werden ausgebaut, insbesondere in den vergleichsweise entwickelten Ländern des Kontinents wie Südafrika, Kenia, Ägypten und Marokko.
Der chinesische Ministerpräsident Li Qiang betonte in seiner Rede vor Wirtschaftsexperten die Unterstützung für kleine und mittlere Unternehmen in Afrika, die den Industrien des Kontinents helfen, ein „selbsterhaltenes und widerstandsfähiges“ Wachstum zu sichern. China sei daran interessiert, die Lieferkettenbeziehungen und die industrielle Integration mit Afrika zu vertiefen, um gemeinsame Vorteile und Entwicklungen zu erreichen. China und der afrikanische Kontinent genossen große industrielle Komplementarität. Wenn die Industrieketten koordiniert und miteinander verbunden würden, könnten die jeweiligen Ressourcenausstattungen in Entwicklungsdynamik verwandeln werden. „Chinesische und afrikanische Unternehmen sind nicht nur Geschäftspartner, sondern vor allem teilen Sie eine Verbindung von Brüderlichkeit“, sagte der Premier.
Das ist eine klare Absage an die von den USA geführte Politik der Entkopplung. In dem besagten Aktionsplan 2025-2027, der vom FOCAC veröffentlicht wurde, sagten chinesische und afrikanische Entscheidungsträger, dass sie die globalen Industrie- und Lieferketten stabil und reibungslos halten wollen, sich jeder Form von Unilateralismus und Protektionismus von den früheren Kolonialmächten widersetzen und Mauern und Barrieren, Entkoppelung und Lieferunterbrechung ablehnen werden.
Dies steht im Gegensatz zu den westlichen Narrativen von einem einzigen Weg zur Modernisierung über westliche Demokratie, offene Märkte und Institutionenaufbau, der auf den universellen „humanistischen Werten“ der westlichen Staaten basiert.
In den westlichen Medien sind vor allem negative Berichte über den FOCAC-Gipfel zu lesen. „Afrika will mehr als einen roten Teppich“ heißt es da. Offensichtlich hat man nicht die Ergebnisse des Gipfels studiert. Neuerdings kann man in Anbetracht des wirtschaftlichen Stillstandes in Deutschland und der Migrationskrise Kommentare lesen, die fordern, in Afrika Arbeitsplätze zu schaffen und von China zu lernen.
Der chinesische Staatspräsident dagegen endete in seiner Grundsatzrede mit dem Versprechen. „Wir werden die mächtige Kraft von mehr als 2,8 Milliarden chinesischen und afrikanischen Menschen konzentriert anstrengen, um gemeinsam auf unserem Weg zur Modernisierung voranzukommen, was auch die Modernisierung des Globalen Südens antreiben wird".
*Uwe Behrens ist langjähriger Chinakenner und war 27 Jahre unter anderem in China und Indien als Logistikmanager tätig.
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