Am 5. Mai 2022 trat das „Haager Abkommen über die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster und Modelle“ – kurz Haager Musterabkommen oder HMA genannt – in Kraft. Noch am selben Tag reichten 49 chinesische Unternehmen 108 internationale Geschmacksmusteranmeldungen ein, zum einen das Staatliche Amt für Geistiges Eigentum (CNIPA), zum anderen direkt bei der Weltorganisation für Geistiges Eigentum (WIPO).
Das Inkrafttreten des HMA bietet nicht nur bessere Dienstleistungen für chinesische Innovationsunternehmen auf ihrem Weg des „Going global“, sondern es zeigt auch, dass China beim Schutz des geistigen Eigentums weitere Fortschritte macht.
Im Global Innovation Index Report (GII-Report) der WIPO ist China zwischen 2017 und 2021 von Platz 22 auf Platz 12 vorgerückt und ist damit Spitzenreiter unter den Volkswirtschaften mit mittlerem Einkommen sowie auch das einzige Land weltweit, das weiterhin rasch auf der Liste vorrückt. Alle Anzeichen deuten also darauf hin, dass sich China von einer großen Importnation in Sachen geistiges Eigentum zu einem Erschaffer von Innovationen wandelt. Dabei ist zudem eine Verschiebung von Quantität zu Qualität zu beobachten.
Historischer Sprung
Chinas Anstrengungen im Bereich geistiges Eigentum sind im Prozess der Reform und Öffnung nie abgerissen. Laut Xie Xiaoyong, Generalsekretär der China Intellectual Property Society (CIPS), begann der Schutz der geistigen Eigentumsrechte in China schon mit der Gründung der Volksrepublik. Aber erst nach der Reform und Öffnung wurde ein entsprechendes Rechtssystem etabliert. Seither hat sich dieses schrittweise verbessert. „Einen Meilenstein stellte zum Beispiel das 1982 verabschiedete Markengesetz dar. Es war der erste Gesetzestext auf dem Gebiet der geistigen Eigentumsrechte“, erklärt er. Gefolgt wurde es vom Patentgesetz und dem Urheberrechtsgesetz der Volksrepublik China und anderen Gesetzen. „Ohne Reform und Öffnung hätte es letztlich auch keine Einrichtung eines umfassenden Systems zum Schutz geistigen Eigentums und damit auch nicht die nötigen Voraussetzungen für die heutige Rechtsprechung gegeben“, so der Experte.
Infotag: Am 20. April informierten diese Mitarbeiter des Büros für Marktaufsicht und -verwaltung (Amt für Geistiges Eigentum) in Qinhuangdao in der Provinz Hebei Geschäftsleute über das Thema Eigentumsrechte.
Anfangs gab es in China eine Kontroverse darüber, ob ein Patentsystem eingeführt werden sollte oder nicht. Kritiker gaben zu bedenken, Chinas wissenschaftlich-technologische Stärke und Innovationskraft seien noch unzureichend und die Einrichtung eines solchen Patentsystems könnte zu Monopolen ausländischer Technologiekonzerne in China führen. Befürworter hielten dem entgegen, dass die Einführung ausländischer Technologien sowie ihr Schutz und ihre Anwendung in China eine gute Referenz darstellen könnten. Die Praxis hat letztlich bewiesen, dass die Einrichtung des Patentsystems zu einer treibenden Kraft für mehr wissenschaftlich-technologische Innovationen in China werden sollte.
Seit dem 18. Parteitag der KP Chinas hat das Land beispiellose Anstrengungen unternommen, um die Rechte am geistigen Eigentum zu schützen. Im September 2021 veröffentlichten das Zentralkomitee der KP Chinas und der Staatsrat gemeinsam den Entwurf für den Aufbau einer starken Nation in Bezug auf geistiges Eigentum (2021-2035), der eine großartige Blaupause für dieses Ziel in der neuen Ära darstellt.
Bemerkenswerte Ergebnisse
Geistige Eigentumsrechte können in vielerlei Hinsicht wirtschaftliche Vorteile bringen. Xie Xiaoyong glaubt zudem, dass ein stärkerer Schutz dieser Rechte unerlässlich ist, wenn eine wirtschaftliche Öffnung auf hohem Niveau gelingen soll.
Er erinnert sich noch gut an eine Szene aus dem Jahr 1997, als er zum ersten Mal das chinesische Patentamt (den Vorgänger der CNIPA) betrat. Er sagt: „In meinem dritten Monat der Patentprüfung wurde ich damals zu Huawei geschickt, um die Situation im Unternehmen zu begutachten.“ Damals sei die Grundlage des Technologiekonzerns im Bereich geistige Eigentumsrechte denkbar schwach gewesen, erzählt Xie. Später habe die Firma die Investitionen in unabhängige Innovationen erhöht und gleichzeitig die Entwicklung in Übersee gestärkt. Letztlich habe man so einen großen Bestand an eigenen Patenten aufbauen können. Heute hält Huawei an dem Grundsatz fest, mindestens zehn Prozent seines Jahresumsatzes in Forschung und Entwicklung zu investieren. In den letzten zehn Jahren summierten sich die F&E-Ausgaben so auf über 845 Milliarden Yuan. Bis Ende 2021 verfügte Huawei weltweit über mehr als 110.000 autorisierte Patente. Mehr als 90 Prozent davon sind Erfindungspatente. Damit belegte der chinesische Tech-Konzern den ersten Platz bei der Anzahl der von der CNIPA und dem Europäischen Patentamt im Jahr 2021 erteilten Patente. Heute ist Huawei zu einem der größten Patentinhaber der Welt aufgestiegen. Das Unternehmen ist nicht nur in China zu einem Branchenführer avanciert, sondern auch in Übersee in Sachen Patentanmeldungen weit voraus. Die Monopolstellung des Westens in Sachen Technologie und Patente ist damit gebrochen.
Tatsächlich sind die geistigen Eigentumsrechte zu einem wichtigen Instrument des Handelsschutzes sowie auch zu einem zentralen Thema in den internationalen Wirtschafts- und Handelsverhandlungen und in der internationalen Zusammenarbeit geworden. „Ob es sich um den Halbleiterkrieg handelt, der durch die Handelsspannungen zwischen Japan und den USA verursacht wurde, den Handelsstreit zwischen den Vereinigten Staaten und Spanien über die Informationsindustrie oder die Handelsspannungen zwischen China und den USA der letzten Jahre – stets spielten die Rechte am geistigen Eigentum eine Schlüsselrolle“, sagt Xie.
In den letzten Jahren haben geistige Eigentumsrechte bei der Förderung wissenschaftlicher und technologischer Innovationen sowie dem Schutz innovativer Errungenschaften zunehmend an Bedeutung gewonnen. Sie werden zunehmend zu einem Kernelement im internationalen Handel. Patentierte Produkte aus China machen heute einen wachsenden Anteil im internationalen Handel aus, und der Anstieg der Import- und Exportlizenzgebühren ist beachtlich.
Nach Angaben der CNIPA stieg das Import-Export-Volumen der Lizenzgebühren für geistiges Eigentum zwischen 2017 und 2021 von 226,51 Milliarden Yuan auf 378,30 Milliarden Yuan. Dabei lag die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Exporte bei 23,8 Prozent, was etwa dem Zweifachen der Wachstumsrate bei den entsprechenden Importen entsprach.
Anerkennung im In- und Ausland
Um mehr ausländische Investitionen ins Land zu locken, hat China im Bereich der geistigen Eigentumsrechte viele Versuche unternommen und dabei viel Lob in- und ausländischer Unternehmen geerntet.
Am 25. April unterzeichneten die Oberste Volksstaatsanwaltschaft und die CNIPA die „Stellungnahmen zur Stärkung des koordinierten Schutzes der Rechte am geistigem Eigentum“. Das Papier soll den Aufbau eines Arbeitsmusters fördern, das sich durch „strengen, starken, schnellen und umfassenden Schutz“ auszeichnet. Umfassender Schutz bedeute, sicherzustellen, dass chinesische und ausländische Unternehmen gleichermaßen geschützt werden, erklärt Xie. Dies zeige, dass China ein System des geistigen Eigentums etabliert habe, das internationalen Standards entspreche. „Dies ist letztlich auch die einzige Möglichkeit, um Chinas Geschäftsumfeld erfolgreich zu vermarkten, gesetzlich gut zu regeln und es weiter zu internationalisieren. Ich sehe darin den Schlüssel, um innovative Unternehmen aus dem Ausland anzuziehen“, sagt er.
Ohne rechtlichen Schutz gibt es keine hochwertige Entwicklung: Um eine Entwicklung hoher Qualität zu erreichen, müssen die geistigen Eigentumsrechte lückenlos gewährleistet werden – von der ersten Anmeldung über Anwendung und Schutz bis hin zu Verwaltung und Dienstleistungen.
In der Business Confidence Survey 2021 der Europäischen Handelskammer in China gab gut die Hälfte der befragten EU-Unternehmen an, Chinas Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte sei sehr gut oder zumindest gut genug. Es war das erste Mal, dass die Bewertung derart positiv ausfiel. Im Jahr 2021 reichten ausländische Betriebe und Personen rund 110.000 Erfindungspatentanmeldungen in China ein, ein Anstieg von 23 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Zahl der Markenregistrierungen betrug 194.000, ein Zuwachs von 55,2 Prozent im Vorjahresvergleich. All dies zeigt, dass Chinas Schutz des geistigen Eigentums in der internationalen Gemeinschaft weithin anerkannt wird.
Zuerst Empfänger, dann Teilnehmer, jetzt Mitgestalter
Das System für geistiges Eigentum kam ursprünglich aus dem Ausland nach China. In den letzten vier Entwicklungsjahrzehnten hat es in China dann einen intensiven Transformationsprozess durchlaufen, wurde nach der Einführung zunehmend an die Landesverhältnisse angepasst. China hat sich über die Jahre von einem passiven Empfänger dieses Systems zu einem Teilnehmer und heute zu einem aktiven Mitgestalter gewandelt.
In den vergangenen Jahren hat die Volksrepublik den Austausch und die Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen wie der WIPO und Institutionen für geistiges Eigentum in verschiedenen Ländern und Regionen ständig vertieft und die Initiative ergriffen, sich zunehmend auch an der Formulierung der internationalen Regeln in diesem Bereich zu beteiligen. China hat den Abschluss des Genehmigungsverfahrens für die Umfassende Regionale Wirtschaftspartnerschaft (RCEP) errungen und einen Beitrittsantrag zur Umfassenden und Fortschrittlichen Transpazifischen Partnerschaft (CPTPP) gestellt. Weiterhin traten auch das Haager Abkommen und der Marrakesch-Vertrag (letzterer unter Schirmherrschaft der WIPO) in China in Kraft. China beteiligt sich zudem aktiv an internationalen Konferenzen und treibt die weitere Konsolidierung des Austauschs und der Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen wie der WIPO und der WTO voran. Auch bei der Förderung der Umsetzung der ersten Phase des Wirtschafts- und Handelsabkommens mit den USA, des China-EU-Abkommens über geografische Angaben und des chinesisch-französischen Protokolls über die Zusammenarbeit im Bereich geografische Angaben spielt China eine Schlüsselrolle. Nicht zuletzt fördert das Land auch aktiv die Verhandlungen über die Aufwertung des Freihandelsabkommens mit Peru.
Xie Xiaoyong sagt: „China wird die Reform und Öffnung im Bereich des geistigen Eigentums weiter ausbauen, sich intensiv an der Global Governance in Sachen geistiges Eigentum beteiligen und aktiv zur Setzung von Standards sowie zur internationalen Zusammenarbeit beitragen, um die Entwicklung der Global Governance im Bereich geistige Eigentumsrechte in eine gerechtere und vernünftigere Richtung zu lenken.“