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Chinas Strategie ist Innovation und Modernisierung

2023-03-08 15:18:00 Source:german.chinatoday.com.cn Author:Stephan Ossenkopp
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„Innovationsgetriebene Entwicklung“ ist zu einem Schlüsselbegriff in China geworden, wobei es nicht nur um die Beherrschung bestimmter strategisch wichtiger Technologien geht, sondern darum, das chinesische Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell insgesamt auf kontinuierliche Innovation und dauerhaften technologischen Fortschritt zu stützen. Bereits im Jahre 2016 wurde diese Strategie der Öffentlichkeit vorgestellt. 

 

Darin hieß es, dass sich viele chinesische Industrien immer noch im unteren Mittelfeld der globalen Wertschöpfungskette befänden. Man schlug drei Schritte vor, um diesen Rückstand anzugehen: 1. Durchbrüche in Kerntechnologien, die ansonsten von anderen dominiert werden; 2. bis 2030 zu den führenden innovationsgetriebenen Ländern gehören und dementsprechend die Ausgaben für Forschung und Entwicklung auf 2,8 % des chinesischen BIP erhöhen; 3. China bis 2050 zu einer starken Weltmacht in Wissenschaft und Technologie, Verteidigungstechnologie und wettbewerbsfähigen Industrien machen. 

  

Beeindruckende Marktkräfte 

 

Dies spiegelte sich auch in einer Grundsatzrede des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping im Mai 2018 auf der 19. Akademikerkonferenz der Chinesischen Akademie der Wissenschaften wider, in der er Innovation als „die wichtigste Triebkraft“ bezeichnete und zur Entschlossenheit aufrief, sich „auf die Verbesserung der Fähigkeit zur unabhängigen Innovation zu konzentrieren“. 

  

  


Forscher stellen am 17. Dezember 2021 den supraleitenden Quantenchip Tianyu-1 im Hangzhou Science and Innovation Center der Zhejiang University vor. 

  

Nachdruck für die Dringlichkeit dieser Innovations-Strategie kam durch ein schwerwiegendes Ereignis von außen: die 2019 verhängten Sanktionen des US-Handelsministeriums gegen Chinas Telekommunikationssektor. Mittlerweile wollen die USA nicht nur chinesische Hightech-Firmen sanktionieren, sondern China insgesamt vollständig von den Lieferketten jener Maschinen, Rohstoffe und Produkte ausschließen, die es ermöglichen würden, eine wettbewerbsfähige moderne heimische Fertigung von Halbleitern und ähnlichen Produkten aufzubauen. 

 

Diese Maßnahmen der US-Regierung werden jedoch eher Verwirrung und Konflikte verursachen. Die New York Times räumte jüngst sogar ein, dass sich in China das ganze Land hinter die Strategie der Eigenständigkeit in dieser äußerst wichtigen Technologie stellt. Chinas beeindruckende Marktkräfte, so die Times weiter, hätten auch in anderen sanktionierten Bereichen, wie bei der Raumfahrt- und Verteidigungsindustrie, letztlich den Erfolg sichern können. 

  

Aufwertung industrieller Strukturen durch digitale Wirtschaft 

 

In seinem Arbeitsbericht der Zentralregierung bekräftigte Premierminister Li Keqiang während der Eröffnungssitzung des Nationalen Volkskongresses (NVK) am Sonntag, dass Chinas Regierung im Verlauf der vergangenen fünf Jahre alle geforderten Elemente der innovationsgetriebenen Entwicklungsstrategie implementiert habe. Dazu gehörten die Aufwertung industrieller Strukturen und die Einführung wichtiger wissenschaftlich-technischer Innovationsprojekte. Industrieunternehmen sollen damit motiviert werden, in das Mittel- bis High-End-Feld vorzudringen, vor allem im Bereich der Produktion, damit chinesische Produkte eine höhere Qualität und bessere Wettbewerbsfähigkeit erreichen, so der Premier. 

 

  


Am 5. März wurde die erste Tagung des 14. Nationalen Volkskongresses (NVK) in der Großen Halle des Volkes in Beijing eröffnet. 

  

Einer dieser Bereiche ist die Künstliche Intelligenz (KI). Li Kaifu, ein chinesischer KI-Spezialist, wurde bereits im Jahr 2019 in einem Zeitungsbericht mit den Worten zitiert: „Künstliche Intelligenz wird so grundlegende Veränderungen bewirken wie einst die Elektrifizierung“. Aktuelle KI-Anwendungen reichen von Sprach- und Bilderkennung, Gesichtserkennung, maschineller Übersetzung und anderen „Wahrnehmungstechnologien“ bis hin zu intelligenter Fertigung, innovativer Arzneimittelforschung, automatisierten Robotern, und automatisiertem Fahren. 

 

Das weltweit renommierte Wirtschaftsmagazin Forbes schrieb bereits 2020, China sei auf dem Weg, die erste globale Supermacht für Künstliche Intelligenz zu werden, da es „die ehrgeizigste KI-Strategie aller Nationen“ besitze und „weltweit die meisten Ressourcen für deren Umsetzung“ bereitstelle. 

 

Ermöglicht wurde dies auch durch die rasante Expansion der digitalen Wirtschaft Chinas. Der Anteil der digitalen Wirtschaft am chinesischen Bruttosozialprodukt stieg bis heute auf rund 40%. Bis Ende Mai 2022 verfügte China über etwa 1,7 Millionen 5G-Basisstationen und weitet die Nutzung von Big Data, Cloud Computing und der Anwendung künstlicher Intelligenz auf Bereiche wie Medizin, Transport, Bildung und Landwirtschaft aus. 

 

Die Politische Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes (PKKCV), die sämtliche Vorschläge zur Verbesserung der Volkswirtschaft koordiniert und derzeit parallel zum Nationalen Volkskongress in Peking tagt, hat in ihrer Pressekonferenz vor Eröffnung ihrer ersten Sitzung dementsprechend angekündigt, das Fundament zur Entwicklung der digitalen Wirtschaft weiter zu stärken und die Integration der Digitalwirtschaft mit dem produktiven Gewerbe voranzutreiben. 

  

Saubere Energie zur Umweltverbesserung 

 

Ein weiterer zentraler Faktor in Chinas Innovationsstrategie ist die Verbesserung der Umwelt. Der Arbeitsbericht der Regierung stellte dabei fest, dass die Luftqualität in chinesischen Städten  in den vergangenen fünf Jahren an über 86% der Tage gut bis exzellent gewesen sei – vier Prozent besser als im Zeitraum davor. Eine nicht zu unterschätzende Rolle dabei spielt die Umstellung auf modernere Energiesysteme und technologisch innovative Kraftwerkstypen. So ist die Entwicklung einer heimischen Nuklearindustrie ein ehrgeiziges Langzeitprojekt der chinesischen Regierung mit vielversprechenden Aussichten. 

  

  


Der Wenyuhe-Park im Bezirk Changping ist der erste Park zum Thema „Kohlenstoffneutralität“ in Beijing. 

  

Neben der sicheren Stromerzeugung eröffnet die Nuklearwissenschaft eine Fülle von Anwendungen in Technik und Gesellschaft, beispielsweise in den Bereichen Medizin und Lebensmittelverarbeitung. Tausende neuer Unternehmen in den Lieferketten der Nuklearindustrie bringen auch erhebliche wirtschaftliche Vorteile und Modernisierungen für Chinas Aufstieg zum High-End-Land. 

 

Chinas Kernenergieproduktion ist von 70 Milliarden Kilowattstunden im Jahr 2009 auf über 250 Milliarden Kilowattstunden im Jahr 2019 gewachsen. Der Anteil der Kernenergie ist im gleichen Zeitraum von 1,9 % auf etwa 5 % gestiegen. Derzeit sind in China 55 Reaktorblöcke in Betrieb, und die Zahl soll weiter steigen. Im Januar 2021 nahm Chinas Kernkraftwerk der dritten Generation, das Hualong One in der ostchinesischen Provinz Fujian, offiziell den Betrieb auf. Dieser Reaktor basiert auf einer von Chinas Ingenieuren und Wissenschaftlern unabhängig entwickelten Technologie. 

 

China betreibt derzeit auch den weltweit erfolgreichsten Fusionsreaktor, den Experimental Advanced Superconductor Tokamak, abgekürzt EAST. Wie Ende Dezember 2021 von Forschern des Instituts für Plasmaphysik der Chinesischen Akademie der Wissenschaften (ASIPP) bekannt gegeben wurde, betrug die Brenndauer des 70 Millionen Grad heißen Plasmas über 17 Minuten. Die Rohstoffe, die notwendig sind, um diese "künstliche Sonne" am Laufen zu halten, sind auf der Erde und im Universum praktisch unbegrenzt vorhanden. Aus diesem Grund wird die Stromerzeugung durch Kernfusion als die ultimative Lösung für die Beschränkungen angesehen, die mit fossilen Energien verbunden sind. 

  

Eine bedeutende Rolle der High-Tech Regionen 

 

Um technologischen Fortschritt und Innovation auf breiter Ebene zu etablieren, müssen Erfolgsfaktoren oft in regionalen Innovationszentren konzentriert werden. In Chinas nationaler Innovationsstrategie spielen die Region Beijing-Tianjin-Hebei (JingJinJi), der Jangtse-Wirtschaftsgürtel und die Greater Bay Area (GBA) eine besonders tragende Rolle. Die GBA beinhaltet den Zusammenschluss von neun Städten und zwei Sonderverwaltungszonen – ein Gebiet mit 70 Millionen Einwohnern – zu einem riesigen Ballungszentrum, das jene Schlüsselfaktoren anziehen soll, die Entwicklungssprünge in Technologie und Innovation ermöglichen. Diese Region wurde und wird in spezieller Weise von der Zentralregierung gefördert, wie Premier Li ebenfalls in seinem diesjährigen Arbeitsbericht vor dem NVK betonte. 

 

  


Die Hongkong-Zhuhai-Macao-Brücke (Archivbild von Xinhua) 

  

Die GBA nutzt die Stärken der verschiedenen Metropolregionen, wie beispielsweise in den Bereichen Technologie und Innovation, Finanzen, Schifffahrt und Handel, fortschrittliche Fertigung und Gastgewerbe, und schafft eine engmaschige Lieferkette für Ideen, Ressourcen und Talente innerhalb der Region. Zum Beispiel: Mit den Fähigkeiten der Stadt Shenzhen bei der Entwicklung von Spitzeninnovationen und -technologien und den Stärken Hongkongs als internationaler Kapitalmarkt und Finanzzentrum wird erwartet, dass die Greater Bay Area neue Perspektiven sowohl bei Forschung und Entwicklung für Unternehmen als auch als Talentpool und Technologie-Ökosystem eröffnet. 

 

Mit einer Bevölkerung von 17,5 Millionen soll Shenzhen voraussichtlich bis 2035 zu einer weltweit einflussreichen Metropole der Innovation, des Unternehmertums und der Kreativität, und damit zu einer Modellstadt für China bei der Verwirklichung der sozialistischen Modernisierung, aufgestiegen sein. Im Jahr 2013 begann Shenzhen, fünf Industrien zu priorisieren, darunter im Bereich intelligente Roboter und Geräte, und baute 20 Industrieparks für innovative Produktion. Seitdem wurden auch mehr als 6000 durch ausländische Investitionen finanzierte Unternehmen in Shenzhen gegründet. 

  

Aktive Teilnahme an internationalen technologischen Kooperationen 

 

Chinas Ziel, in möglichst vielen Bereichen technologische Unabhängigkeit zu erlangen, bedeutet keineswegs, dass es sich von der Außenwelt abschottet – im Gegenteil. Die Volksrepublik unterhält über zwischenstaatliche Kooperationsplattformen sehr enge Beziehungen zu anderen Innovationszentren auf der ganzen Welt.  

 

Laut öffentlichen Quellen hat China bis dato wissenschaftlich-technische Kooperationsbeziehungen mit mehr als 160 Ländern und Regionen aufgebaut und ist mehr als 200 internationalen Organisationen und multilateralen Mechanismen beigetreten. Viele Experten kommen zu dem Schluss, dass Chinas unabhängige Innovation den Kuchen der globalen Entwicklung eher noch größer machen wird. 

 

China hat mit seiner innovationsgetriebenen Entwicklungsstrategie den korrekten Weg eingeschlagen. Es ist nur eine Frage der Zeit und der natürlichen Entwicklung, bis jene Technologien, die die USA und andere westliche Länder versuchen, von China und implizit auch allen Entwicklungsländern fernzuhalten, vollständig von China beherrscht und sogar verbessert werden. Dies wird allen Bereichen der globalen Entwicklung zugutekommen. 

  

*Stephan Ossenkopp ist Senior Researcher am Schiller Institute Berlin und Senior Copy-Editor am China Institute of International Studies Beijng. 

 

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