Von Chen Jun
Diese automatisierte Erntemaschine kommt in der staatlichen Demonstrationszone für Getreideproduktion der Stadt Xinghua, Provinz Jiangsu, zum Einsatz. Das Gerät ist deutlich effizienter als traditionelle Mähdrescher. Unser Bild entstand am 29. Oktober 2018.
In der Sommersaison 2019 fuhren chinesische Landwirte eine Gesamternte von 141,75 Millionen Tonnen Getreide ein – eine solide Grundlage für ein erntereiches Jahr. Die Sommerernte ist seit Jahren Grund zur Freude für Chinas Landwirte. Über mehrere Jahre hat sich Chinas Getreideproduktion auf einem Gesamtniveau von 600 Millionen Tonnen stabilisiert. Die konstant reiche Getreideernte ist vor allem der hightechgestützten Modernisierung zu verdanken. Der Einsatz moderner Agrartechnik hat dafür gesorgt, dass die landwirtschaftliche Produktionskapazität in den letzten Jahren weiter gestiegen ist.
Agrardrohnen als automatisierte Allrounder
So hat zum Beispiel die Drohnentechnik in China in den vergangenen Jahren an Fahrt gewonnen. Auch in der Landwirtschaft gibt es für die modernen Geräte verschiedenste Einsatzmöglichkeiten. Besonders beim Spritzen und Düngen von Nutzpflanzen kommen in China heute immer häufiger ferngesteuerte Drohnen zum Einsatz.
Ganz ohne Dünge- und Schädlingsbekämpfungsmitteln kommt man in der landwirtschaftlichen Großbewirtschaftung bekanntlich nicht aus. Früher wurde diese Arbeit mithilfe von Traktoren oder von Menschenhand verrichtet. Nachteil dieser Verfahrensweisen ist, dass beim Spritzen über Traktoren die verstäubten Flüssigkeiten die Pflanzen leicht niederdrücken. Manuell versprühte Mittel sind dagegen oft nur unregelmäßig verteilt, zumal ein Teil der Stoffe unweigerlich auf der Kleidung der Arbeiter landet, was gesundheitliche Gefahren für sie birgt.
Ein Ort, der beim Einsatz landwirtschaftlicher Drohnen bereits große Erfolge feiert, ist der Kreis Xihua, der in der zentralchinesischen Provinz Henan liegt. Hier kann man beobachten, wie Drohnen über den weiten Weizenfeldern kreisen und die Getreidepflanzen mit Schädlingsbekämpfungsmitteln besprühen. Großlandwirt Yu Tianlong findet viele positive Worte für die neue Technologie. „Diese kleinen Maschinen erbringen wirklich unglaubliche Leistungen!“, sagt er.
„Ich baue hier auf 340 Mu (1 Mu = 1/15 Hektar) Weizen an. Insbesondere im Frühjahr habe ich stets alle Hände voll zu tun“, sagt der Farmer. Früher hätten er und acht Aushilfen die Insektenmittel selbst versprüht, mit speziellen Spritzapparaten. „Wir haben morgens in aller Frühe begonnen und waren erst spätabends fertig“, erzählt er. Alle Pflanzen zu besprühen, hätte volle drei Arbeitstage in Anspruch genommen. „Einer Aushilfe zahle ich pro Tag 100 Yuan (ca. 12,80 Euro). Hinzu kommen noch die Kosten für die Schädlingsbekämpfungsmittel“, erklärt und der Landwirt.
2017 begann Yu versuchsweise mit dem Einsatz von Drohnen. Die Geräte wurden ihm von der örtlichen Kreisverwaltung zur Verfügung gestellt. Er erzielte sofort gute Ergebnisse. Insbesondere bei der Frühjahrsbestellung haben sich der Zeit- und Kostenaufwand durch die neuen Geräte merklich reduziert. Eine einzige Drohne braucht heute für die Besprühungsarbeit nur noch gut sechs Stunden, wobei die Kosten pro Mu bei 18 Yuan liegen, umgerechnet rund 2,30 Euro also. Im Vergleich zur Besprühung durch Menschenhand spart der Landwirt durch den Drohneneinsatz insgesamt 2300 Yuan, das sind rund 290 Euro. Zudem sind weniger chemische Mittel nötig, weil diese gleichmäßiger zerstäubt und Tropfen und Verschütten vermieden werden.
„Ein besonderer Vorteil liegt in der Schnelligkeit des Vorgangs. Denn dadurch wird letztlich das Leben vieler Nutzpflanzen gerettet“, erklärt uns Yu. Denn Getreidekrankheiten wie die Ährenfusarien (Fusarium graminearum) benötigten in der Regel drei bis fünf Tage, um die Weizenernte zu befallen. Manuelle Spritzung käme in diesem Falle zu spät, während die Drohnen die Pestizide rechtzeitig auftragen. So kann nennenswerten Verlusten vorgebeugt werden.
Zurzeit beträgt die Gesamtanbaufläche für Weizen im Kreis 1,1 Millionen Mu. Seit 2016 investierte die Kreisverwaltung mehr als zehn Millionen Yuan (1,3 Millionen Euro) in die Verbreitung der neuen Agrartechnik. 3500 Arbeiter haben bisher einen Drohnenführerschein gemacht. Sie werden heute in 22 Provinzen, autonomen Gebieten und regierungsunmittelbaren Städten eingesetzt, darunter Xinjiang, Gansu, Anhui, Heilongjiang und Guangxi. Die Dienstleistungen der Arbeiter decken den Anbau von Nutzpflanzen von 6,3 Millionen Mu ab, die so jedes Jahr mehr als 50 Millionen Yuan (6,4 Millionen Euro) erwirtschaften. Dadurch ist es dem Kreis Xihua gelungen, von der Einführung moderner Agrartechnik zur Herausbildung eines neuen Industriezweiges überzugehen. Der Kreis hat bereits eigene Industrieparks aufgebaut, in denen Forschung und Entwicklung der neuen Geräte sowie Produktion, Vertrieb und Verbreitung parallel vorangebracht werden.
Heute ist der Drohneneinsatz für landwirtschaftliche Zwecke in China längst kein Novum mehr. Zhu Mingyan, Gründer der Firma Chong Qing Ling Chuang Yi Li Technology Limited, sagt: „Mit grundlegenden Ackerflächen von über 1,8 Millionen Mu ist China ein großes Agrarland. Das Spritzen der Nutzpflanzen auf diesen Flächen beansprucht jedes Jahr einen großen Aufwand an Arbeitskräften. Durch den Einsatz von Drohnen konnte der Bedarf an Zeit und Arbeitskräften erheblich gesenkt werden – ein Mu Ackerland zu besprühen, dauert heute nur noch ein bis zwei Minuten.“ Die Agrardrohnen bildeten einen großen Markt, betont der Unternehmer. Er selbst hat die guten Perspektiven der neuen Technologie längst erkannt und stieg im Jahr
Ganz konkret müsse man sich den Einsatz von Agrardrohnen wie folgt vorstellen, erklärt Fachmann Zhu: „Zunächst werden die Flüssigkeiten, die zum Einsatz kommen sollen, in einen an der Drohne befestigten Behälter gefüllt. Dann lässt man das Gerät starten. Das Verstäuben der Stoffe erfolgt per Fernsteuerung. Die Arbeitseffizienz der Drohnen liegt 20-mal höher als die beim manuellen Spritzen der Pflanzen.“ Zeitgleich böten die Drohnen noch viele andere Vorteile. „Die durch Hochdruck verstäubten Mittel verteilen sich gleichmäßig, wodurch die benötigte Menge sinkt. Außerdem bleiben die Mittel durch die Auftragung per Drohne auf den Blättern, wodurch sie besser absorbiert werden. Und nicht zuletzt wird vermieden, dass Jungpflanzen zerstampft werden“, sagt er.
Aus Sicht des Experten bildet die Verbesserung der Akkuleistung in Zukunft eine Hauptentwicklungsrichtung für Agrardrohnen. Derzeit verfügten handelsübliche Geräte über eine Tragekapazität von 15 Kilogramm und eine Höchsteinsatzzeit von 30 Minuten. „Gelingt es, dieses technische Problem zu lösen, ließen sich die Kosten für den Agrardrohneneinsatz weiter senken. So könnten die Anwendungsbereiche der Agrardrohnen erweitert und das Smart Farming weiterentwickelt werden“, so das Fazit des Managers.
Voll automatisierte Erntemaschinen ersetzen Mähdrescher
Die Stadt Jinchang in der nordwestchinesischen Provinz Gansu liegt im mittleren Teil des Westkorridors des Gelben Flusses und gilt als „Kornkammer Nordwestchinas“. Jedes Jahr wird hier Mitte Juli mit der Weizenernte begonnen. Im strahlenden Sonnenschein wogen die reifen Weizenähren sanft im Wind. Dieser Wellengang verspricht eine reiche Ernte.
Feng Dejin arbeitet als Landwirt in der 7. Gruppe des Dorfes Meibei, das zur Gemeinde Zhuwangpu des Kreises Yongchang gehört. Die Erntesaison ist die Zeit, die der 60-Jährige jedes Jahr am meisten herbeisehnt. Aber es ist auch die Zeit, in der Feng am meisten zu tun hat. Der 60-Jährige bewirtschaftet insgesamt 30 Mu Ackerland. Auf 20 Mu davon baut er Weizen an, auf den restlichen 10 Mu Mais. Um den Weizen zu ernten, pachtet Feng in der Regel einen Mähdrescher, abtransportiert wird die Ernte dann mit einem Traktor. 20 Touren vom Ackerfeld zu seinem Hof und zurück fährt der 60-Jährige dann, um die gesamte Ernte nach Hause zu bringen.
Ein äußerst mühseliges und auch wenig effizientes Unterfangen, bewertet Luo Xiwen, Mitglied der Chinesischen Akademie der Ingenieurwissenschaften und Professor an der South China Agricultural University, die bisherige Vorgehensweise des Landwirts: „Chinas Landwirte sehen sich mit einem strukturellen Mangel konfrontiert. Das durchschnittliche Alter der ländlichen Arbeitskräfte nimmt ständig zu. Es besteht von daher ein dringender Bedarf, durch smarte Mechanisierung die Arbeitseffizienz zu steigern und die Nutzungseffizienz der Ressourcen sowie den Bodenertrag zu erhöhen“, sagt der Experte.
In der Stadt Jinchang beträgt die Pro-Kopf-Anbaufläche mehr als sieben Mu, was bedeutet, dass eine geringe Anzahl von Menschen großflächige Ackerfelder bewirtschaften muss. Um dies zu bewerkstelligen, ist moderne Landwirtschaft gefragt. Auf einer Weizenanbaufläche im Dorf Tianshengkang, das zur Gemeinde Shuangwan des Bezirks Jinchuan gehört, arbeiten bei der Weizenernte zwei „eiserne Brüder“ harmonisch zusammen. Mehrere Arbeitsgänge werden hier in kürzester Zeit ohne Menschenhand ausgeführt: der Weizen wird gemäht und gedroschen und die Ernte erfolgreich eingebracht. „Diese zwei eisernen Brüder, die wir hier sehen, sind voll automatisiert und werden vom chinesischen Satellitennavigationssystem Beidou gesteuert. Diese automatisierten Erntemaschinen erzielen eine höhere Effizienz als traditionelle Mähdrescher und benötigen zudem keinerlei Arbeitskräfte“, erklärt Agrarexperte Luo.
Einem Fachbericht zufolge arbeitet die South China Agricultural University seit einigen Monaten mit Lovol Heavy Industry, einem weltführenden chinesischen Maschinenbaukonzern, zusammen. Gemeinsam haben sie die vom Beidou-Satellitennavigationssystem gesteuerten selbstfahrenden Erntemaschinen entwickelt. Das drahtlose Netzwerk steuert nicht nur die selbstfahrenden Erntemaschinen, sondern verbindet diese auch mit Transport-LKWs, wodurch garantiert wird, dass alle Arbeitsgänge koordiniert ausgeführt werden.
Sobald der Laderaum einer Erntemaschine voll ist, sendet das System automatisch eine Anweisung an einen selbstfahrenden LKW. Dieser erstellt anhand der Größe der von der Erntemaschine bearbeiteten Felder und der Kapazität ihres Laderaums einen Fahrplan für sich selbst und steuert dann direkt den Standort der Erntemaschine an. Die Andockung erfolgt mit größter Präzision: horizontale und vertikale Abweichung liegen jeweils unter 10 bzw. 20 Zentimetern.
Liu Xiangsan, Direktor des Verwaltungsamts für Agrargeräte der Stadt Jinchang, ist von den voll automatisierten Agrarmaschinen äußerst angetan. „Diese Geräte bringen uns Glück. Regionen wie die Stadt Jinchang im Westkorridor des Gelben Flusses haben einen besonderen Bedarf an derartigen Hightech-Geräten“, sagt er.
„Die Satellitennavigation für Agrargeräte bildet eine wichtige wissenschaftlich-technische Stütze für die Entwicklung einer smarten Landwirtschaft, einschließlich der präzisen landwirtschaftlichen Bewirtschaftung, und ist zudem ein Kennzeichen des fortschreitenden Aufbaus einer modernen Landwirtschaft“, betont Agrarfachmann Luo. Er ist zuversichtlich, dass voll automatisierte Landwirtschaftssysteme eine große Zukunft vor sich haben. „Beim Aufbau einer modernen Landwirtschaft werden solche Systeme eine immer größere Rolle spielen“, so seine Prognose.
Ernteertrag wird rasch zu Barem
„Bankkarte für universelle Zwecke“: Über diese Karte gelangt das Geld für verkauftes Getreide sekundenschnell auf die Konten der Landwirte. Diese freuen sich sichtlich über das neue Verfahren.
Die ostchinesische Provinz Jiangsu ist eines der sechs Hauptanbaugebiete für Weizen in China. Auch in diesem Jahr wurde wieder eine reiche Ernte eingebracht, sehr zur Freude der örtlichen Landwirte. Ihnen liegt nun die rechtzeitige Auszahlung des von ihnen erwirtschafteten Geldes am Herzen.
Wir begeben uns zu einer Getreideankaufsstelle im Bezirk Yandu der Stadt Yancheng in der Provinz Jiangsu. Hier freut sich ein Großlandwirt über ein dickes Geschäft. Sein Weizen zeigt beste Güte und wurde der höchsten Qualitätsnorm zugeordnet. Insgesamt hat der Landwirt 16 Tonnen eingefahren. Nach dem Ankaufspreis von 0,58 Yuan pro Kilo (ca. 7,4 Cent) steht seine Weizenernte also mit 37.000 Yuan (4700 Euro) zu Buche. Die Abrechnung erfolgt durch die sogenannte „Bankkarte für universelle Zwecke“. Sekundenschnell hat der Mann das Geld auf seinem Konto.
Jiang Qiyun ist Leiter der Getreideankaufsstelle des Bezirks Yandu. Um die Interessen der Landwirte zu schützen, arbeitet seine Geschäftsstelle mit dem Banksystem des chinesischen IT-Giganten Inspur zusammen. Gemeinsam mit dem Geldinstitut führte man besagte Abrechnung über die „Bankkarte für universelle Zwecke“ ein. Per Internetverbindung sowie über Computer- und Fernkontrolltechnik hat das Banksystem ein Informationsverwaltungssystem für mittlere sowie Klein- und Kleinstankaufsunternehmen und die ihnen übergeordneten Verwaltungsbehörden aufgebaut. Ziel ist es, das Niveau der Informatisierung der Unternehmen und der Getreidelagerstellen zu erhöhen, uneinlösbare Schuldscheine zu vermeiden und so den Landwirten sorglose Geschäfte zu ermöglichen.
Neben der zeitnahen Abrechnung erhöht eine vom Banksystem Ispur entwickelte spezielle Software Management und Effizienz der Ankaufsstellen. Zudem kontrolliert das Programm den gesamten Ankaufsprozess und kann alle Arbeitsgänge zurückverfolgen, wodurch Ankaufspreise zu Freundschaftskonditionen verhindert werden. So konnte das Ankaufsverfahren insgesamt standardisiert und der Prozess der Getreidezuführung in die Silos beschleunigt werden.
Das von der Inspur-Gruppe kreierte Ankaufssystem bildet gewissermaßen eine Miniatur des gesamten Smart Farmings in China. Als führendes IT-Unternehmen in Bereichen wie Cloud Computing und Big Data hat sich die Inspur-Gruppe in den vergangenen mehr als zehn Jahren durch intensive Forschung und Entwicklung den größten Marktanteil in der chinesischen Getreidebranche gesichert. Sie stellt landesweit über 10.000 Getreideankaufsunternehmen und ihren Geschäftsstellen Informationsdienstleitungen zur Verfügung. Auf der zweiten Chinesischen Getreidehandelskonferenz (China Grain Trade Conference) präsentierte das Unternehmen umfassende smarte Lösungskonzepte für Getreideankauf und -lagerung, Getreidehandel und -logistik sowie die Zurückverfolgung der Getreidequalität. Auch wurden auf der Konferenz Praxiserfolge wie die staatliche E-Commerce-Plattform für Getreidehandel www.cngrain.com sowie eine smarte Verwaltungsplattform der Provinz Henan vorgestellt.
Cloud Computing, Big Data und das Internet der Dinge nehmen derzeit einen rasanten Aufschwung. Dadurch wird auch die Entwicklung der Informatisierung der chinesischen Getreidebranche forciert. Digitalisierung und KI-Anwendung bilden einen wichtigen Garant für die Getreideversorgung des Landes. Der Markt der Informatisierung der Getreidebranche ist heute ein heiß umkämpftes Terrain. Zhang Zhaoping, Vizedirektor der Abteilung für KI-Einsatz in der Getreidewirtschaft der Inspur-Gruppe, sagt: „Wir sind stets darum bemüht, mit unseren neuesten technischen Errungenschaften und Praxiserfolgen zur Informatisierung der Getreidebranche des Landes beizutragen und eine fortschrittliche und effektive Garantie für die Verwaltung der Getreidereserven und die Umsetzung der Verantwortung für die Getreideversorgung durch die Zentralregierung und die Lokalregierungen zu liefern.“