Das Geschäftsumfeld ist eine wichtige Stütze für die Stimulierung der wirtschaftlichen Entwicklungsdynamik und die Förderung einer qualitativ hochwertigen Entwicklung. Am 5. März schlug der chinesische Ministerpräsident Li Qiang in dem Tätigkeitsbericht der Regierung vor, „mit kontinuierlichen Anstrengungen auf ein marktorientiertes, rechtsstaatliches und international kompatibles Geschäftsumfeld auf Weltniveau hinzuarbeiten, damit sich Unternehmen mit auswärtigem Kapital noch besser entwickeln können.“ Kerstin Kaehler, Leiterin des German Enterprise Centre Qingdao, sieht sich dadurch ermutigt. „Ein international kompatibles Geschäftsumfeld, das sich auch noch am Markt orientiert und Firmen rechtsstaatlich behandelt, ist ein Ziel, das wir als GEC Qingdao voll und ganz unterstützen. Selbstverständlich hoffen wir, dass die geopolitischen Rahmenbedingungen dieses zulassen werden“, sagt sie im Interview mit Dialog China-Deutschland.
Das Gebäude vom German Enterprise Center Qingdao im Deutsch-Chinesischen Ökopark Qingdao. (Foto mit freundlicher Genehmigung von Kerstin Kaehler)
Brücke zwischen ausländischen Unternehmen und China
Das GEC Qingdao im Deutsch-Chinesischen Ökopark Qingdao gibt es seit 2016. Als eines der wichtigsten und vielversprechendsten bilateralen Kooperationsprojekte zwischen China und Deutschland ist der Qingdaoer Ökopark ein Tor der Öffnung sowie eine Plattform für die Zusammenarbeit mit der Außenwelt. Das GEC Qingdao konnte bereits zahlreiche deutsche Firmen und ausländische Investitionsprojekte in die ostchinesische Metropole locken.
Daten der Regierungswebsite der Stadt Qingdao zeigen, dass sich bis November 2024 über 40 Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum im Ökopark niedergelassen haben, darunter auch die Fortune-500-Unternehmen Siemens und Continental. Als Vermittlerplattform für die Kommunikation zwischen Firmen und Ökopark bietet das GEC Qingdao seinen Kunden umfassende Dienstleistungen. Sie reichen von Marktforschung und Politikberatung bis hin zur Vermietung von Büroräumen und Rekrutierung von Fachkräften. Das deutsch-chinesische Team unterstützt interessierte Firmen auf diese Weise bei der schnellen Integration in den chinesischen Markt. „Da immer mehr Unternehmen aus verschiedenen Ländern nach Qingdao kommen, um von hier aus den chinesischen Markt zu erschließen, beschränken sich unsere Dienstleistungen längst nicht mehr nur auf deutsche Unternehmen“, sagt die Wahl-Qingdaoerin. „Wir bieten mittlerweile kleinen und mittleren Unternehmen aus aller Welt praktische Hilfe, indem wir unser Netzwerk lokaler Ressourcen teilen und die Anforderungen und Anregungen der Unternehmen an den Ökopark weiterleiten.“
Kerstin Kaehler ist schon seit rund zehn Jahren in Qingdao und schon immer mit Herzblut bei der Sache. Über die Jahre hat sie viel erreicht: Seit der Gründung des GEC Qingdao haben sich mehr als 100 Unternehmen aus Deutschland, Japan, den USA, Singapur und anderen Ländern im Ökopark niedergelassen, die eine bunte Branchenpalette vom Halbleiter über Landmaschinenbau bis hin zu Handel und Beratung abdecken.
Festtagsstimmung: Im November 2024 veranstaltete das German Enterprise Center Qingdao ein buntes Vorweihnachtsprogramm. Hier sehen wir Kerstin Kaehler beim gemeinsamen Basteln von Christbaumschmuck mit einem ihrer Kunden. (Foto mit freundlicher Genehmigung von Kerstin Kaehler)
Doppelte Vorteile von Standort und Geschäftsumfeld
Im November 2024 verabschiedete der Staatsrat den „Masterplan für die Stadtentwicklung Qingdaos (2021–2035)“, der Qingdao offiziell eine zentrale Rolle als „Tor zur Öffnung Nordchinas“ zuspricht. Zu Recht, findet Kaehler. Schließlich bringe Qingdao als zentral gelegene Hafenstadt einzigartige Standortvorteile mit. „Der Qingdaoer Hafen ist der viertgrößte der Welt. Er verfügt über ein komplettes internationales Schifffahrtsnetz, das ausländischen Unternehmen eine zuverlässige Logistik bietet“, so die Leiterin.
Darüber hinaus verfüge die Stadt über reiche Industrieressourcen und eine komplette Produktionskette. Auch in Zukunftsbereichen wie intelligente Fertigung, Haushaltsgeräte und Elektronik sowie beim Schienenverkehr, die sich allesamt vorteilhaft mit der deutschen Industrie verzahnen ließen, schneide Qingdao gut ab. „Viele deutsche Unternehmen entscheiden sich gerade deshalb für Qingdao, weil das Industriegefüge hier Synergien mit ihrem Geschäft verspricht“, sagt die China-Kennerin.
Der kontinuierliche Ausbau der „harten“ Standortvorteile sei dabei auch untrennbar mit der kontinuierlichen Optimierung des Geschäftsumfelds, also der „weichen“ Standortvorteile verbunden. Schon seit einigen Jahren setzt die Küstenstadt gezielt auf die Verbesserung ihres Geschäftsumfelds als wichtiges Mittel zur Förderung einer hochwertigen Entwicklung. Man wolle ausländischen Firmen ein günstiges Investitionsumfeld bieten.
Im November 2024 veranstalteten die Freihandelszone Qingdao und der Deutsch-Chinesische Ökopark gemeinsam eine Konferenz zur Optimierung des Geschäftsumfeldes. Um die Beratungs- und Aufsichtsfunktion der Unternehmer voll zum Tragen zu bringen, hat die Freihandelszone eigens einen Aufsichtsausschuss zur Optimierung des Geschäftsumfelds eingerichtet und 85 Unternehmerinnen und Unternehmer aus acht Gruppen in der Freihandelszone zu Mitgliedern ernannt. Kaehler lobt die langjährigen Bemühungen Qingdaos um direkten Austausch mit den ansässigen Unternehmen.
„Sowohl auf der Ebene der Stadtregierung als auch in den einzelnen Bezirken werden zu verschiedenen Themen immer wieder Gesprächsrunden bzw. Feedback-Meetings arrangiert, bei denen Firmen dann tatsächlich auch sehr offen über ihre Anliegen und etwaigen Probleme und Wünsche sprechen können. Ich war sogar vor ein paar Jahren zu einem Meeting beim lokalen Volksgericht eingeladen, bei dem Firmen Verbesserungsvorschläge zur Gesetzeslage in ihren jeweiligen Industrien machen konnten“, erinnert sich Kaehler. Es sei natürlich nicht so, dass sich alles automatisch umsetzen ließe, aber sie bemerke doch sehr aktive Bemühung um praktische Verbesserungen, so die Deutsche.
Kerstin Kaehler (Mitte) während eines Interviews für ein Werbevideo der Stadt Qingdao im Herbst 2024. (Foto mit freundlicher Genehmigung von Kerstin Kaehler)
Internationalisierung für gemeinsal vorteilhafte Entwicklung
Der Qingdaoer Hafen, nicht weit vom Deutsch-Chinesischen Ökopark entfernt, hat im vergangenen Jahr insgesamt 710 Millionen Tonnen Güter umgeschlagen und steht damit weltweit an vierter Stelle. Das geschäftige Treiben vor Ort erinnert Kaehler oft an ihre Heimatstadt Hamburg. Jedes Mal, wenn sie hierherkommt, wird nicht nur ihr Heimweh gelindert, sondern auch ihre Zuversicht in die zukünftige Entwicklung des GEC Qingdao gestärkt.
„Ich bin nun 52 Jahre alt und habe 26 Jahre lang in China gelebt – genau die Hälfte meines Lebens habe ich also hier verbracht“, sagt die Hamburgerin und lacht. Während ihrer fast zehn Jahre in Qingdao hat die Deutsche nicht nur die rasante Entwicklung der Stadt mit eigenen Augen miterlebt, sondern sich auch ihre eigenen Gedanken über den Aufbau der City gemacht.
Unternehmen seien stets die unmittelbaren Akteure und Nutznießer eines guten Geschäftsumfeldes, sagt sie. Auf die Frage, wie Qingdao sein Geschäftsumfeld noch weiter verbessern könne, regt Kaehler besser aufgebaute englischsprachige Webseiten der Qingdaoer Behörden und Ämter an, um den Internationalisierungsgrad zu erhöhen. „Wenn eine Firma schon vorab zuverlässige Informationen über einen potenziellen neuen Standort erhält, in einer Sprache, die sie versteht, das wäre für Qingdao ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal“, sagt sie.