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Laufen China die ausländischen Investoren weg? – Ein Faktencheck

2025-06-12 17:04:00 Source:german.chinatoday.com.cn Author:Wang Hongru
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Von Zeit zu Zeit nähren einzelne Medienberichte immer wieder das Narrativ eines vermeintlichen Abzugs ausländischer Investitionen aus China. Tatsächlich aber zeigt sich, dass nicht nur die Zahl der ausländischen Unternehmen, die in China investieren, mit jedem Tag wächst, auch Umfang und Intensität ihrer Investitionen nehmen kontinuierlich zu. 

  

Anstieg hier, Rückgang dort – ein Widerspruch? 

Viele blicken insbesondere auf die Entwicklung zweier Kennzahlen, nämlich auf die wachsende Zahl ausländischer Unternehmen einerseits und den Rückgang der Auslandsinvestitionen andererseits. Doch stehen diese beiden Tendenzen – ein Anstieg hier, ein Rückgang dort – im Widerspruch? Um diese Frage zu beantworten, muss man zunächst die Gründe für den Rückgang der ausländischen Investitionen in China genauer unter die Lupe nehmen. 

  

Betrachten wir also zunächst den Investitionsrückgang: Ein Blick in den jüngsten „Global Investment Trends Monitor“ der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) zeigt, dass die ausländischen Direktinvestitionen 2024 weltweit um acht Prozent zurückgegangen sind. Als größter Empfänger ausländischer Direktinvestitionen unter den Entwicklungsregionen verzeichnete Asien dabei einen Rückgang der Investitionszuflüsse um sieben Prozent.  

  

Der Rückgang der tatsächlich genutzten ausländischen Direktinvestitionen in China steht also in engem Zusammenhang mit der weltweiten Investitionsflaute. Wenden wir den Blick vom internationalen Umfeld auf die konkreten Zahlen aus China, so zeigen sich weiterhin die Stärke und Widerstandsfähigkeit der heimischen Wirtschaft.  

  

Ein historischer Vergleich der ausländischen Kapitalnutzung in China belegt, dass in den Jahren 2021 und 2022 historische Höchststände erreicht wurden. 2021 belief sich die tatsächliche Nutzung ausländischer Investitionen auf 1,15 Billionen Yuan – ein Zuwachs von 14,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 2022 wuchs diese Zahl noch einmal auf 1,23 Billionen Yuan, ein Plus von 6,3 Prozent im Jahresvergleich. Obwohl 2023 ein Rückgang zu verzeichnen war, lag das Niveau weiterhin über 1,1 Billionen Yuan. 

  

Aus den obigen Daten lässt sich leicht ablesen, dass der Nutzungsumfang ausländischer Investitionen in China drei Jahre in Folge auf hohem Niveau blieb. Ein zyklischer Rückgang nach einem Höchststand ist jedoch ein normales Phänomen. Schließlich unterliegen Projektinvestitionen gewissen Zyklen. In manchen Jahren liegt die Zahl der Investitionen höher, in anderen niedriger. Solche Schwankungen sind lediglich Ausdruck regulärer Marktanpassungen. 

  

Kommen wir nun zum Anstieg der Zahl ausländischer Firmen: 2024 ist die Zahl ausländischer Unternehmensneugründung in China entgegen dem globalen Trend gestiegen. Letztlich hängt dies stark mit einer verstärkten Dienstleistungsorientierung sowie einem Trend zu Asset-Light-Geschäftsmodellen im Feld der globalen transnationalen Investitionen zusammen, die seit einigen Jahren zu beobachten sind. 

  

Mit der weiteren Öffnung des chinesischen Dienstleistungssektors sind in jüngster Vergangenheit mehr ausländische Investitionen in diesen Bereich geflossen, auf den inzwischen über 70 Prozent der tatsächlich genutzten ausländischen Investitionen in China entfallen. Aufgrund der vergleichsweise geringen Investitionsvolumina einzelner Projekte kommt es aber zu einem Rückgang der tatsächlichen Nutzung der ausländischen Investitionen. Dies ist in gewissem Maße ein Hinweis darauf, dass kleine und mittlere Unternehmen mit ausländischem Kapital ihre Markterschließung in China beschleunigen. 

  

Außerdem floss ein Teil der ausländischen Investitionen in die Hightech-Industrie. Im Zuge der strukturellen Transformation der chinesischen Wirtschaft – von der traditionellen verarbeitenden Industrie hin zu Hightech-Sektoren – passt sich auch die Investitionsrichtung ausländischer Kapitalgeber entsprechend an. Ihr Interesse an aufstrebenden Branchen wie der Hightech-Industrie wächst kontinuierlich, ebenso wie das Volumen ihrer Investitionen in diesen Feldern. 

  

Betrachtet man die Gesamtstruktur der Auslandsinvestitionen, so befindet sich China derzeit in einer Übergangsphase, was die Nutzung ausländischer Investitionen angeht, nämlich eine Phase sinkender Quantität und zunehmender Qualität. Mit anderen Worten: Während der Gesamtbetrag der Auslandsinvestitionen sinkt, steigt jedoch ihre Qualität. 

  

Das nächste „China“ ist immer noch China  

Das Narrativ, ausländische Investitionen würden in großem Umfang aus China abwandern, ist nicht neu. Es wird immer wieder bemüht – ich halte es dennoch für unhaltbar.  

  

Ausländisches Kapital fließt zu oder ab – das ist in der Tat ein Marktverhalten. Zwar haben einige ausländische Unternehmen einen Teil ihrer industriellen Kette aus China abgezogen – teils wohl aus Kostengründen, aber auch aufgrund eigener strategischer Anpassungen sowie geopolitischer Erwägungen. Dennoch beobachten wir gleichzeitig, dass immer mehr multinationale Unternehmen in Erwägung ziehen, ihre Präsenz in China neu zu gestalten. Sie behalten ihre Forschungs- und Entwicklungszentren sowie andere hochtechnologische Glieder der Industriekette weiterhin in China. 

  

Das von Tesla in Shanghai gestartete Projekt einer Gigafabrik für Batterien beispielsweise ist nicht nur ein wichtiger Schritt zur Gestaltung des globalen Akkugeschäfts des US-Autobauers, sondern auch ein neuer Meilenstein für die internationale Zusammenarbeit der chinesischen Industrie im Feld der neuen Energien. Ein weiteres gutes Beispiel ist Samsung. Der südkoreanische Konzern hat in den letzten Jahren in China einige seiner Fabriken im Fertigungsbereich schrittweise geschlossen (einschließlich Produktionslinien für Mobiltelefone und andere elektronische Geräte). Die Produktionskapazitäten wurden in Länder mit niedrigeren Kosten wie Vietnam und Indien verlagert. Dennoch betrifft die Schließung nur einen Teil der arbeitsintensiven Fabriken. In Hightech-Bereichen wie der Halbleiterindustrie, der New-Energy-Batterieindustrie oder KI hat Samsung seine Investitionen in China dagegen weiter aufgestockt. Die strategische Neuausrichtung des südkoreanischen Konzerns zeigt, dass Samsung den Trend in China zur Aufwertung der heimischen Industriekette richtig erkannt hat. 

  

Natürlich lässt sich nicht leugnen, dass einige Industrien mit ausländischem Kapital geringer Wertschöpfung eine gewisse Abwanderung erlebt haben. Im Einzelhandels- und Konsumgütersektor etwa hat der japanische Muji-Konzern 2023 einige seiner Filialen in China geschlossen. Dies ist in erster Linie auf den zunehmenden Marktwettbewerb und den Aufstieg lokaler Marken zurückzuführen, was an der Rentabilität auf dem chinesischen Markt gekratzt hat. Auch die Verlagerung der Lieferkette von Apple ist in diesem Kontext zu nennen. Einer der Gründe auch hier: verschärfter Marktwettbewerb. Daneben spielen zudem geopolitische Risikofaktoren eine Rolle. 

  

Fakt ist: Die Nutzung ausländischer Investitionen in Chinas Hightech-Industrien und Dienstleistungssektor nimmt kontinuierlich zu. Auch dies bestätigt, dass sich ausländische Investitionen faktisch in Richtung von Chinas neuartigen Produktivkräften entwickeln. In Zukunft wird China seine institutionelle Öffnung weiter ausbauen, etwa durch die kontinuierliche Förderung des Abkommens über die Aufwertung der Freihandelszone 3.0 zwischen China und der ASEAN sowie durch aktive Bemühung um den Beitritt zum Partnerschaftsabkommen für digitale Wirtschaft (DEPA) und zum Umfassenden und fortschrittlichen Abkommen für die Transpazifische Partnerschaft (CPTPP). Wir sind fest davon überzeugt, dass sich ausländische Investitionen zukünftig noch stärker in die chinesischen Innovations- und Lieferketten integrieren werden, wodurch ein neues Gleichgewicht entsteht, das hochwertige ausländische Investitionen an die Stelle quantitativer Expansion setzt. 

  

Die Einzigartigkeit des chinesischen Marktes, seine Widerstandsfähigkeit im Zuge der Transformation und Aufwertung sowie die kontinuierliche Ausschüttung systembedingter Dividenden sind die Hauptgründe, weshalb ausländische Investoren China als Megamarkt unverändert schätzen. Immer mehr ausländische Unternehmen und internationale Institutionen sind sich sicher: das nächste „China“ ist immer noch China. 

  

*Wang Hongru ist Korrespondentin des Magazins China Economic Weekly. 

Der Text basiert auf einem Interview mit Fan Penghui, Direktorin des Forschungsinstituts für ausländische Investitionen der Chinesischen Akademie für internationalen Handel und wirtschaftliche Zusammenarbeit. 

 

Die Meinung der Autorin spiegelt nicht unbedingt die Position unserer Website wider. 

 

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