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Chinas Fünfjahrespläne – Die strategische Blaupause hinter Chinas Entwicklungserfolgen

2025-06-13 15:07:00 Source:german.chinatoday.com.cn Author:Lu Yan
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Tipp-Kick 2.0: Grundschüler in Xi’an feuern die Miniaturkicker bei einem Roboter-Fußballspiel an. (Foto: 26. Mai 2025, Xinhua) 

  

Im Juli 1956 lief im 1. Automobilwerk Changchun der erste Pkw „Made in China“ vom Band. Die Stadt Changchun liegt in Jilin, hoch oben im Nordosten des Landes, da wo sich einst Chinas traditionelle Schwerindustrie ballte. Die Produktionspremiere bot einen Einblick in die 156 Schlüsselprojekte des damaligen Fünfjahresplans, dem ersten seiner Art, der für den Zeitraum von 1953 bis 1957 galt. 

  

Ein Sprung ins Jahr 2024, diesmal in Chinas Süden, genauer gesagt in die Provinz Guangdong: Dank hoher Automatisierung und intelligenter Fertigung spuckt hier, im Werk des chinesischen Automobilriesen BYD in Shenzhen, die Fertigungsstraße alle paar Minuten ein neues Elektrofahrzeug aus. Auch die jüngsten Fortschritte im Bereich Hightech-Produktion kommen nicht von ungefähr, sondern sie laufen nach Plan, genau wie im 14. Fünfjahresplan für die Jahre 2021 bis 2025 detailliert beschrieben. 

  

Chinas Fünfjahrespläne, offiziell als Fünfjahrespläne für die volkwirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung bezeichnet, formen also die zentrale Blaupause für Chinas mittel- bis langfristigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt. Sie skizzieren die übergreifenden Ziele, die zentralen Aufgaben und die politische Ausrichtung des Landes, und das über alle Sektoren hinweg für einen Zeitraum von fünf Jahren. 

  

„Chinas Fünfjahresplansystem ist ein wichtiges Instrument für gutes Regieren. Es ist eines der wenigen mittel- bis langfristigen Planungssysteme weltweit, das beibehalten und erfolgreich umgesetzt wurde“, erklärt Yan Yilong, stellvertretender Dekan des Instituts für zeitgenössische Chinastudien an der Tsinghua-Universität in Beijing, gegenüber der Beijing Review.Das Modell zeigt die einzigartigen Stärken von Chinas sozialistischem System“, sagt er. Auch der britische Gelehrte und politische Kommentator Martin Jacques lobte Chinas Fünfjahrespläne gegenüber der Nachrichtenagentur Xinhua als „strategisch und flexibel“. „Die Fünfjahrespläne passen zur chinesischen Mentalität und zur chinesischen Vorstellung von langfristigem Denken“, führt er aus. 

  

2025 ist das letzte Jahr der Umsetzung des 14. Fünfjahresplans. Der im März veröffentlichte Tätigkeitsbericht der Regierung 2025 unterstreicht die große Bedeutung der vollständigen Erfüllung der aktuellen Planziele. Diese sei Voraussetzung für einen soliden Start in die Periode des 15. Fünfjahresplans (2026 - 2030). 

  

Die Entstehung: Vom ersten Entwurf zum fertigen Plan 

Der Formulierungsprozess eines Fünfjahresplans folgt einem strukturierten Rahmen, der die Führung des Zentralkomitees der KP Chinas mit breiter öffentlicher Beteiligung verbindet. Zunächst legt das Plenum des ZK seine Vorschläge für die Ausarbeitung des Plans vor. Der Staatsrat, das höchste staatliche Verwaltungsorgan der Volksrepublik China, erstellt daraufhin einen Entwurf für den Plan. Dieser wird später vom Nationalen Volkskongress (NVK), Chinas nationalem Gesetzgebungsorgan, geprüft und genehmigt, bevor er offiziell veröffentlicht und anschließend umgesetzt wird. 

  

Während dieses gesamten Prozesses finden öffentliches Feedback und Expertenmeinungen sorgfältige Berücksichtigung. Die Verantwortlichen sammeln Einblicke und Erfahrungen aus verschiedenen Bereichen, spiegeln die öffentlichen Erwartungen wider und bauen Konsens auf. Yan betont, dass der Entscheidungsfindungsprozess mehrere Schleifen aus Diskussionen, Untersuchungen und Rückmeldungen umfasse. Ziel sei es, ein breites Meinungsbild einzuholen und alle qualitativ hochwertigen Beiträge von allen Seiten bestmöglich zu nutzen. Der Erstellungsprozess erstrecke sich typischerweise über mehrere Jahre. Die Ausarbeitung des aktuellen 14. Fünfjahresplans, der 2021 verabschiedet wurde, habe beispielsweise bereits im Jahr 2018 begonnen. 

 

 

 

Das Fahrerassistenzsystem des chinesischen Automobilherstellers BYD auf einer Ausstellung in Shanghai. (Foto: 25. April 2025, Xinhua) 

  

Die Ergebnisse: Umsetzung und Bewertung 

Geleitet von den Fünfjahresplänen erzielt China seit Jahrzehnten greifbare Entwicklungserfolge. Der 1. Fünfjahresplan etwa legte einst die industrielle Grundlage Chinas, durch konzentrierte Anstrengungen zum Aufbau der ersten Stahlproduktionsstandorte und des ersten heimischen Autoherstellers. Im Umsetzungszeitraum des 13. Fünfjahresplans (2016-2020) gelang es China, das größte Hochgeschwindigkeitsschienennetz der Welt zu etablieren, welche die Mobilität im Inland durch drastisch verkürzte Reisezeiten revolutioniert hat. 

  

„Historisch betrachtet dienen die Fünfjahrespläne als schrittweise Fahrpläne, welche die Kontinuität der Politik und die Ausrichtung an langfristigen strategischen Zielen gewährleisten“, erklärt Yan. Der Fokus liege dabei nicht nur auf reiner Planung, sondern natürlich auch auf der Umsetzung der Vorgaben und der Bewertung des Erreichten. Ganz wie im 14. Fünfjahresplan vorgesehen, bleibt China der größte Motor des Weltwirtschaftswachstums, trägt etwa 30 Prozent zum globalen Wachstum bei. 

  

Nach Einschätzung der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission ist es China gelungen, ein vollständiges Industriesystem aufzubauen. Mit insgesamt 41 Hauptindustriekategorien, 207 Unterkategorien und 666 Einzelkategorien ist es das vollständigste Fertigungsökosystem der Welt, das praktisch jede industrielle Produktkategorie herstellen kann. China wertet zudem seine industrielle Lieferkette zügig in Richtung höherwertiger Sektoren auf. 

  

Auch hat das Land große Fortschritte bei technologischen Innovationen verzeichnet und Durchbrüche in der Grundlagenforschung und bei Schlüsseltechnologien in zahlreichen Bereichen erzielt, darunter Lebens-, Material- und Computerwissenschaften. Im Jahr 2024 überstiegen die Gesamtausgaben für Forschung und Entwicklung in China 3,6 Billionen Yuan, umgerechnet also rund 500 Milliarden US-Dollar. Das Verhältnis der Investitionen in Forschung und Entwicklung zur Gesamtwirtschaftsleistung des Landes kletterte weiter, und zwar auf 2,68 Prozent, und überstieg damit das durchschnittliche Niveau der EU-Länder. 

  

Darüber hinaus hat China seine Sozialhilfesysteme erheblich ausgebaut, mit Fokus auf Beschäftigungsstabilisierung und Einkommenssteigerung. Während des 14. Fünfjahresplans schuf China rund 50 Millionen neue städtische Arbeitsplätze, wobei das Einkommen der Bürger mit dem Wirtschaftswachstum des Landes Schritt hielt. Jährliche Rentenerhöhungen, nahtlos provinzübergreifende medizinische Abrechnungen und erweiterte Gemeindedienste – öffentliche Dienstleistungen und soziale Absicherung wurden durch konkrete Maßnahmen schrittweise gestärkt. Parallel dazu hat sich auch die Umweltqualität im ganzen Land erheblich verbessert. Das Niveau der Lebensmittel- und Energiesicherheit hat einen historischen Höchststand erreicht, bei gleichzeitig stetiger Verbesserung der Widerstandsfähigkeit und Sicherheit der betreffenden Industrie- und Lieferketten sowie verstärkten Sicherheitsvorkehrungen im Finanzsektor. 

  

Chinas Verkehrsinfrastruktur bricht weiterhin Rekorde: Betriebsfertige Hochgeschwindigkeitsstrecken erstrecken sich mittlerweile über 48.000 Kilometer und machen damit 70 Prozent der globalen Gesamtlänge aus. Autobahnnetze umspannen 190.000 Kilometer und behaupten weltweit die Spitzenposition. Zusätzlich hat sich Chinas Gesamtrechenleistung verdoppelt und die Datenproduktion exponentiell gesteigert. Sie entspricht nun den kombinierten Datenressourcen von über 15 Millionen Nationalbibliotheken. 

  

Während des 14. Fünfjahresplans ist Chinas globaler Status weiter erheblich gestiegen. Die Seidenstraßeninitiative, auch als Belt-and-Road-Initiative bekannt, die China 2013 zur Förderung der Konnektivität entlang und jenseits der antiken Seidenstraßenrouten vorschlug, wurde auf Vereinbarungen mit über 150 Ländern und mehr als 30 internationalen Organisationen ausgeweitet. Das Mammutprojekt befeuert weltweit die Industrie- und Investitionszusammenarbeit. Auch weitere von China vorgeschlagene Initiativen ernten breite internationale Anerkennung, darunter die Globale Entwicklungsinitiative (GDI), die weltweit eine nachhaltige Entwicklung durch die Bewältigung dringender Herausforderungen unterstützt, insbesondere in den Entwicklungsländern. Aber auch die Globale Sicherheitsinitiative (GSI) zur Förderung eines dauerhaften Weltfriedens und die Globale Zivilisationsinitiative (GCI), die die Förderung des menschlichen Fortschritts durch Inklusion und gegenseitiges Lernen anvisiert, treffen international einen Nerv. Sie demonstrieren Chinas Rolle als verantwortungsvolle führende Nation. 

  

Gleichzeitig vertieft China seine Politik der hochgradigen Öffnung nach außen weiter: Beschränkungen für ausländische Investitionen in der Fertigungsindustrie hat das Land vollständig aufgehoben und parallel dazu die Negativliste für ausländische Investitionen (die bestimmte Branchen für ausländische Investitionen verbietet bzw. die Investitionstätigkeit dort einschränkt) auf ein Rekordtief von 29 Punkten reduziert. 

  

Die Zukunft: Der neue Fünfjahresplan 

Die Umsetzung von Chinas 15. Fünfjahresplan wird 2026 beginnen. „Die Planung muss sich auf das Ziel der grundlegenden Verwirklichung der sozialistischen Modernisierung konzentrieren, mit Blick auf den Aufbau eines starken Landes und die Förderung des nationalen Wiederauflebens.“ Dies erklärte Staatspräsident Xi Jinping, der auch Generalsekretär des ZK der KP Chinas sowie Vorsitzender der Zentralen Militärkommission ist, auf einem Symposium über Chinas wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung in der Periode des 15. Fünfjahresplans am 30. April in Shanghai. 

  

Bei der Planung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung der nächsten fünf Jahre gelte es, alle Ziele und Aufgaben angemessen festzulegen und für jedes spezifische Feld konkrete Ansätze und Maßnahmen vorzuschlagen, sagte Xi. „Wir müssen unerschütterlich daran arbeiten, unsere eigenen Angelegenheiten gut zu regeln und uns weiterhin einer Öffnung nach außen auf hohem Niveau verpflichten“, so der Staatspräsident, der die Notwendigkeit zur Förderung einer qualitativ hochwertigen Entwicklung auf allen Gebieten hervorhob. 

  

„Es sollte stärkerer Wert darauf gelegt werden, sowohl Entwicklung als auch Sicherheit zu gewährleisten, mit einer umfassenden Bewertung der Risiken und Herausforderungen im In- und Ausland“, so Xi. Er rief zu verstärkten Anstrengungen zur Verbesserung des nationalen Sicherheitssystems auf. 

  

Yan legt dar, dass die primäre Herausforderung während der Umsetzungsperiode des 15. Fünfjahresplans nun darin bestehe, ein mittleres bis hohes Wachstumstempo aufrechtzuerhalten, wobei die bisher unzureichende effektive Nachfrage ein besonders akutes Risiko darstelle. Zu den wichtigsten Strategien zur Bewältigung dieser Herausforderung gehöre die Entwicklung der Produktivkräfte neuer Qualität, um durch die Generierung frischer Nachfrage den Konsum anzukurbeln. Ein weiterer Fokus liege auf der Stabilisierung der Beschäftigung, so der Tsinghua-Forscher, um die Einkommensgrundlage für die finanzielle Sicherheit der Haushalte zu gewährleisten. 

  

Es gelte, große Schritte in Richtung gemeinsamen Wohlstands zu unternehmen, einschließlich der Verbesserung der Einkommensverteilung, der Steigerung der Kaufkraft der mittleren und unteren Einkommensgruppen und Investitionen in die öffentliche Wohlfahrt, so der Wissenschaftler. „Diese Maßnahmen können gleichzeitig die Binnennachfrage ankurbeln und soziale Anliegen angehen.“ 

  

Wesentlich sei außerdem ein erfolgreiches Erwartungsmanagement – also die Abstimmung der öffentlichen und unternehmerischen Wahrnehmung mit den politischen Zielen. Yan verdeutlicht: „Die Kraft des öffentlichen Vertrauens ist nicht zu unterschätzen.“ 

  

Viele Experten sind zuversichtlich, dass China auch dieser Kraftakt gelingen dürfte – zur Freude der gesamten Weltwirtschaft. Wang Huiyao, Präsident des Beijinger Thinktanks Center for China and Globalization, bringt die Vorzüge des chinesischen Ansatzes gegenüber Xinhua wie folgt auf den Punkt: „Chinas aufeinanderfolgende Fünfjahrespläne bieten der Weltwirtschaft beispiellose Sicherheit und damit einen entscheidenden Anker in einer Zeit, in der die Welt mit tiefgreifenden Unwägbarkeiten konfrontiert ist.“ 

 

Die Meinung dieses Autors spiegelt nicht unbedingt die Position unserer Website wider.

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