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Fünfjahrespläne: Globale Erkenntnisse aus Chinas System der zielorientierten Governance

2025-06-25 12:33:00 Source:german.chinatoday.com.cn Author:
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Warum gelingt es China, selbst in einer Zeit stockender Globalisierung kontinuierlich Entwicklungserfolge zu erzielen? Und wie vermag es das Land, in einem von Komplexität und Unsicherheit geprägten internationalen Umfeld seine nationalen Ziele effizient umzusetzen? Die Antwort liegt in Chinas einzigartiger Entwicklungsmethodologie, genauer gesagt in seinem System der zielorientierten Governance, manifestiert in den Fünfjahresplänen.  

 

Dieses System ist ein wichtiger Ausdruck des chinesischen Staatsführungsmodells. Herzstück formt die kontinuierliche Formulierung realistischer Ziele durch den Staat, wobei die Zielausrichtung der verschiedenen Akteure stets aufeinander abgestimmt wird. Nach der Festlegung eines Entwicklungsziels werden für die Umsetzung anschließend die Ressourcen der gesamten Gesellschaft mobilisiert. Dies bildet die Grundlage für Chinas Entwicklungserfolge und bringt seine institutionellen Stärken in konzentrierter Weise zum Ausdruck. Durch diese zielorientierte Governance überwindet China die herkömmliche Dichotomie von Planwirtschaft und Marktwirtschaft und stellt damit einen chinesischen Ansatz für institutionelle Innovationen im Bereich Global Governance bereit. 

 

Strategischer Weitblick: China setzt auf Langfristigkeit und Systematik 

Mit seinem Modernisierungsprozess folgt China einer klaren Jahrhundertstrategie: Von 1949 bis 2049 soll innerhalb von einhundert Jahren ein großes und modernes sozialistisches Land aufgebaut werden. Diese langfristige Vision wird in 20 aufeinanderfolgende Fünfjahrespläne unterteilt. In den ersten drei Jahrzehnten (1949–1978) hat China zunächst ein umfassendes, eigenständiges Industriesystem etabliert. Anschließend folgten vier Jahrzehnte (1981–2020) mit acht Fünfjahresplänen, in denen der Aufbau einer Gesellschaft von bescheidenem Wohlstand vollständig gelang. Die letzten 30 Jahre (2021–2050) mit sechs weiteren Fünfjahresplänen widmen sich nun dem Ziel, ein großes und modernes sozialistisches Land aufzubauen. 

 

China steht kurz vor dem Eintritt in die Phase des 15. Fünfjahresplans (2026–2030) – einem entscheidenden Wendepunkt in der hundertjährigen Entwicklung des Landes. Als Roadmap in einem Schlüsselmoment der Modernisierung Chinas muss der kommende Fünfjahresplan nicht nur die Weichen für die nächsten fünf Jahre stellen, sondern auch die langfristige Vision im Blick behalten, bis 2035 die sozialistische Modernisierung im Wesentlichen zu vollenden.  

 

Die grundlegende Ausrichtung in Sachen Modernisierung bleibt über den gesamten Jahrhundertzeitraum unverändert, während sich jede einzelne Generation für die Verwirklichung der Ziele des jeweiligen Fünfjahresplans engagiert. Doch bei den konkreten Zielsetzungen passt sich China den wandelnden Gegebenheiten an.  

 

Trotz komplexer internationalen Lage – etwa die erlebten Handelskonflikte – beweist China stets eine bemerkenswerte strategische Beständigkeit und Gelassenheit. Diese Standhaftigkeit speist sich letztlich aus Chinas einzigartigem Entwicklungsmodell: nämlich der Fähigkeit, langfristig zu planen („play the long game“). Oder wie es der Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften Robert Engle einmal gut auf den Punkt brachte: „Während die USA für die nächste Wahl planen, plant China für die nächste Generation.“ 

 

Ein weiterer wesentlicher Vorteil von Chinas Ansatz des zielorientierten Regierens liegt in der systematischen Politikgestaltung, die der Rahmen der Fünfjahrespläne ermöglicht. Um die abgesteckten Ziele zu erreichen, gestaltet China systematisch seine politischen Maßnahmen und institutionellen Regelwerke stets mit System und bringt ganzheitliche Maßnahmenpakete zielorientiert auf den Weg. Zur besseren Abstimmung verschiedener makroökonomischer Weichenstellungen stärkt China gezielt die strategische Leitfunktion seiner Pläne. Insbesondere sorgen sorgfältig formulierte Entwicklungspläne für eine stärkere strategische Ausrichtung in zentralen Bereichen wie Finanzen, Bankwesen, Landnutzung, Industrie, Wissenschaft und Technologie sowie Soziales. 

 

Im Vergleich dazu sehen sich andere Länder bei ihrer Politikgestaltung teils mit Herausforderungen konfrontiert. Denn ohne ein systematisches Rahmenwerk für zielorientierte Governance verabschieden sie gelegentlich Gesetze oder administrative Verordnungen, die intern nicht systematisch auf die Gesamtziele abgestimmt sind. Dies mündet oft in Widersprüche zwischen einzelnen Zielen oder gegenseitige Wirkungsaufhebung verschiedener politischer Maßnahmen, was sowohl Unternehmen belastet als auch die Kontinuität und Stabilität der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung beeinträchtigt. 

 

Von Worten zu Taten: Umsetzbarkeit und Konsistenz der zielorientierten Governance 

Chinas Fünfjahrespläne sind keineswegs eine bloße Vision auf dem Papier, sondern ein konkretes Entwicklungsprogramm mit hoher Umsetzungskraft. Dank eines ausgeklügelten Mechanismus gelingt es China, zur Umsetzung seiner Ziele alle Ressourcen der Gesellschaft schnell und effizient zu mobilisieren. Von einer klaren Verantwortungszuweisung und der detaillierten Aufschlüsselung verbindlicher Kennziffern über die Aufteilung der Fünfjahresziele in Jahresaufgaben bis hin zu prozessbegleitendem Monitoring, strengen Kontrollen und flankierenden Anreizen – all dies bildet ein geschlossenes Governancesystem. Selbst während des 14. Fünfjahresplans (2021–2025), der von der Pandemie und globalen Unsicherheiten geprägt war, hat China die Verwirklichung der meisten seiner Ziele dennoch konsequent vorangetrieben. Dies belegt die Widerstandskraft und Verlässlichkeit der chinesischen Entwicklungsstrategie. Diese große Umsetzungskraft beflügelt nicht nur weitere Entwicklungsschübe, sondern stärkt auch die Glaubwürdigkeit von Chinas Versprechen im Bereich internationale Zusammenarbeit, etwa bei Klimaschutz und Emissionssenkungen. 

 

Chinas zielorientiertes Governance-Modell setzt nicht auf einseitige Anweisungen, sondern schafft eine synergetische Interaktion zwischen Staat und Individuum. Durch politische Anleitung und Ressourcenallokation wahrt die Regierung die Selbstständigkeit von Unternehmen und Bürgern bei der Verfolgung eigener Entwicklungsziele und integriert diese gleichzeitig in die Gesamtentwicklung des Landes. Das schafft eine tiefgreifende Übereinstimmung zwischen individuellen Lebensentwürfen und staatlichen Strategien. 

 

In Chinas Fünfjahresplänen wird also die weitsichtige strategische Gesamtplanung mit der Lebensrealität der Bevölkerung verbunden. Durch breite Bürgerbeteiligung und präzise Abstimmung auf gesellschaftliche Bedürfnisse wird makrostrategische Planung mit mikroökonomischen Gegebenheiten im Leben der Menschen verknüpft. Dies bringt die große nationale Entwicklungslogik mit der kleinen Alltagslogik von Bürgern und Firmen in Einklang. Beispielhaft zeigt sich dies etwa bei der Entwicklung neuartiger Produktivkräfte. Hier werden die strategischen Vorgaben der Fünfjahrespläne über konkrete Industriepolitik und Investitionsprojekte stufenweise in innovative Unternehmenspraktiken überführt. So entsteht ein organisches Zusammenspiel von Makropolitik und Mikroökonomie. 

 

Im Bereich Global Governance stehen die Länder der Welt vor verschiedenartigen Herausforderungen. In einigen Staaten führen übermäßige Zugeständnisse an kurzfristige öffentliche Meinungsströmungen zu politischer Kurzsichtigkeit, in anderen verfehlt man Ziele aufgrund mangelnder Systematik. Dies kann ein Ungleichgewicht zwischen nationalen Strategien und Bevölkerungsinteressen bewirken. China hingegen integriert in seinen Fünfjahresplänen das Streben der Menschen nach einem guten Leben in den nationalen Gesamtentwicklungsrahmen. Die Anliegen der Bürger in Bezug auf Einkommen, Gesundheits- und Altersversorgung, Bildung und andere Lebensbereiche werden durch eine wissenschaftlich fundierte, professionelle Politikgestaltung in systematische und nachhaltige Entwicklungslösungen überführt. Dadurch entsteht eine synergetische Wechselwirkung zwischen der „großen Logik“ der staatlichen Entwicklung und der „kleinen Logik“ des Alltagslebens der Menschen. 

 

Globale Perspektive: Chinas zielorientierte Governance als Beitrag für die Menschheit 

Planungsvermögen an sich ist eine gemeinsame Stärke der Menschheit – ein Produkt unseres institutionellen zivilisatorischen Erbes und Ausdruck des menschlichen Drangs nach strukturierter Entwicklung. Indem China entsprechend seiner nationalen Gegebenheiten bestehende Planungskonzepte kreativ transformiert und weiterentwickelt, schafft es ein neuartiges Planungsmodell im 21. Jahrhundert. Ein neues Modell, das nicht nur stereotype Vorstellungen von traditioneller Planwirtschaft überwindet, sondern auch neue Denkansätze und Richtungen für die Global Governance eröffnet. 

 

Die Theorie staatlicher Planung hat eine lange Geschichte. In den 1930er Jahren bezweifelten jedoch einige, dass eine zentrale Wirtschaftsplanung bei dezentralisierten Marktakteuren und fragmentierten Informationen überhaupt noch möglich ist. Heute jedoch hat sich gezeigt: Chinas Planung basiert keineswegs auf verstreutem, sondern auf ganzheitlichem Wissen, das für die gesellschaftlichen Abläufe von wesentlicher Bedeutung ist. Das Wesen des chinesischen Wegs liegt in der organischen Verbindung von Planung und Markt, wobei auf allen Ebenen und in allen Bereichen jeweilige Stärken genutzt und Synergien geschaffen werden. Chinas Fünfjahrespläne sind inzwischen zu einer umfassenden nationalen Entwicklungsplanung gereift, die Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und Umweltfragen miteinander verbindet. Wir haben es also mit einem ganzheitlichen Wissensmanagement zu tun. Mit seiner einzigartigen zielorientierten Governance liefert China der Welt auf diese Weise letztlich einen chinesischen Ansatz für die Erforschung zukünftiger Governance-Modelle. 

 

*Yan Yilong ist Professor an der School of Public Policy and Management der Tsinghua-Universität. 

 

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