Von Yao Ling*
Im Mai vergangenen Jahres kündigte Chinas Staatspräsident Xi Jinping auf dem Forum der Seidenstraßeninitiative für internationale Zusammenarbeit in Beijing an, China werde ab dem Jahr 2018 alljährlich eine internationale Importmesse veranstalten. Nach mehr als einem Jahr der Vorbereitung ist es nun soweit: die erste internationale Importmesse steht kurz vor der Eröffnung. Sie wird vom 5. bis zum 10. November im National Exhibition and Convention Center in Shanghai stattfinden. Veranstaltet wird das Großevent gemeinsam vom chinesischen Handelsministerium und der Shanghaier Stadtregierung.
Werbeplakate für die Internationale Importmesse am Oriental Pearl Tower in Shanghai
Die Ambitionen der Veranstalter sind groß: Die Importmesse soll zu einer Ausstellung weltweiten Spitzenniveaus werden und eine neue Plattform zur Präsentation der Entwicklungserrungenschaften verschiedener Länder sowie zur Entfaltung offener Kooperation im internationalen Handel bieten. Angesichts von Herausforderungen wie wachsendem Unilateralismus und Protektionismus sowie der Bedrohung des multilateralen Handelssystems besitzt die von China veranstaltete Importmesse außerordentliche Bedeutung.
Eine neue Runde der Öffnung nach außen auf hohem Niveau
In seiner Grundsatzrede auf der Eröffnungszeremonie des Bo’ao-Asienforums im April dieses Jahres unterstrich Xi Jinping erneut die Wichtigkeit einer solchen Messe: „Die chinesische Importmesse ist eine große Plattform und wird in Zukunft jedes Jahr stattfinden. Sie ist keine gewöhnliche Messe, sondern stellt ein Manifest für unsere Politik der aktiven Marktöffnung sowie einen wichtigen Schritt zu dessen Umsetzung dar.“
Die Importmesse dürfte also die neue Runde der chinesischen Öffnung nach außen auf höherem Niveau weiter forcieren. Seit Beginn dieses Jahres hat Chinas Staatspräsident eine Reihe wichtiger Maßnahmen zur Erweiterung der Öffnung des Landes nach außen bekannt gegeben. Zu ihnen gehört auch die „Erweiterung der Importe aus eigenem Antrieb“. Derzeit werden diese wichtigen Maßnahmen intensiv umgesetzt und erste positive Effekte sind bereits eingetreten. So senkte die Volksrepublik beispielsweise die Importsteuern auf 1500 Sorten von Konsumgütern in großem Maße. Der Zollsatz auf importierte Automobile etwa sank von 25 auf 15 Prozent. Für 28 Arten von Krebspräparaten wird ein Null-Zollsteuersatz praktiziert. Seit dem 1. November 2018 gilt zudem für 1585 Arten von Industrieprodukten ein reduzierter Zollsteuertarif. Damit wurde das Gesamtzollsteuerniveau auf 7,5 Prozent gesenkt, im Vorjahr betrug es noch 9,8 Prozent.
Betrachtet man Chinas Entwicklungsprozess der Reform und Öffnung der vergangenen 40 Jahre, kann man feststellen, dass die Erweiterung des Imports auf den endogenen Bedarf der chinesischen Wirtschaftsentwicklung und die Erweiterung der Öffnung zurückzuführen ist. Die Importmesse stellt dementsprechend eine wichtige Maßnahme zur unbeirrten Unterstützung der Handelsliberalisierung und der wirtschaftlichen Globalisierung sowie einen Schritt zur aktiven Öffnung des chinesischen Marktes für den Rest der Welt dar. Dieser Schritt wird zweifelsohne auch anderen relevanten Maßnahmen zur aktiven Erweiterung der Importe neuen Schub verleihen. Zudem demonstriert er Chinas Zuversicht und Entschlossenheit in die erweiterte Öffnung nach außen und wird die neue Runde dieser Öffnung auf hohem Niveau unaufhörlich fördern.
Eine hoch qualitative Entwicklung fördern
Chinas Wirtschaft ist bereits von der Phase des rasanten Wachstums in die Phase der hoch qualitativen Entwicklung übergegangen. Die Erweiterung der Importe wird der Reform der Angebotsseite und der Erhöhung von Effizienz und Qualität der Wirtschaftsentwicklung sicherlich neuen Antrieb verleihen. In dieser Hinsicht findet die diesjährige Importmesse also genau zur rechten Zeit statt.
In den vergangenen 40 Jahren stützte sich Chinas Wirtschaftswachstum hauptsächlich auf drei Eckpfeiler, nämlich Export, Investitionen und Konsum. In einem nach außen gerichteten Wirtschaftsmodell machte der Waren- und Dienstleistungsexport einst nahezu 40 Prozent des BIP aus.
Seit einigen Jahren jedoch, insbesondere im Zuge der wirtschaftlichen Transformation und Niveauhebung, entwickelt sich der Konsum zunehmend zu einer wichtigen Stütze des volkswirtschaftlichen Wachstums. 2017 belief sich der Anteil des Konsums am BIP auf 53,6 Prozent und der Beitrag des Konsums an der gesamten Volkswirtschaft erreichte 58,8 Prozent. Die Importmesse setzt nun ein wichtiges Signal, den Spagat zwischen stärker ausgeglichenem Im- und Export, den die Volksrepublik anstrebt, gut zu meistern, was bedeutet, dass die Inlandsnachfrage in China eine immer wichtigere Rolle spielen wird.
Durch die neue Importmesse hofft China nun, die Effizienz und die rationale Ausgestaltung der globalen Ressourcenallokation zu verstärken sowie Struktur und Qualität des Angebots zu verbessern. Zudem soll die Regulierung der Industriestruktur besser gefördert, die Konsumstruktur auf eine höhere Stufe gehoben, die relevante Politik erneuert und das Umfeld für betriebswirtschaftliche Tätigkeiten optimiert werden. Kurzum: Ein moderneres Wirtschaftssystem soll entstehen.
Insgesamt gesehen, ist es der Volksrepublik heute bereits gelungen, bescheidenen Wohlstand im Land zu erreichen. Doch im Zuge der umfassenden Vollendung des Aufbaus einer Gesellschaft mit bescheidenem Wohlstand stellt die Bevölkerung auch zunehmend höhere materielle und kulturelle Ansprüche an ihr Leben. Der Bedarf der chinesischen Verbraucher an hochwertigen ausländischen Waren wächst folglich ständig.
Statistiken der Weltorganisation für Tourismus zufolge gaben die Chinesen im Jahr 2017 rund 258 Milliarden US-Dollar für touristische Auslandsreisen aus, was nahezu 20 Prozent der weltweiten Gesamtausgaben für Tourismus ausmachte. Dabei kauften sie außerdem ausländische Waren im Wert von 99,8 Milliarden US-Dollar ein.
Durch die neue Importmesse sollen Chinas Verbraucher hochwertige Importwaren in Zukunft direkt in Augenschein nehmen können. Das kommt den Absätzen ausländischer Waren im Inland zugute und fördert die Rückführung der Konsumtion ins Inland. So sollen in Zukunft die individuellen, diversifizierten und differenzierten Bedürfnisse der Bevölkerung besser befriedigt werden.
Für eine noch offenere Weltwirtschaft
Durch die Reform und Öffnung in den vergangenen vier Jahrzehnten hat die chinesische Wirtschaft einen verschiedene Entwicklungsphasen überschreitenden Aufschwung genommen. Mittlerweile ist die Volksrepublik zur weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft und der größten Handelsnation der Welt avanciert. Ihr Beitrag für die Weltwirtschaft liegt seit Jahren kontinuierlich über 30 Prozent.
Chinas Wirtschaft spielt die Rolle eines Stabilisators und ist zu einem wichtigen Wachstumsmotor der Weltwirtschaft gereift. Gemäß den Statistiken des Weißbuchs „China und die Welthandelsorganisation“, das im Juni 2018 vom Presseamt des Staatsrates veröffentlicht wurde, wird China in den kommenden 15 Jahren voraussichtlich Waren im Wert von 24 Billionen US-Dollar einführen, womit sämtliche Importe der vergangenen 40 Jahre (im Wert von 21,8 Billionen US-Dollar) übertroffen würden. (siehe Abb. 2)
Die Importmesse soll hier in Zukunft als offene Plattform für globalen Einkauf und globalen Vertrieb dienen. An dieser internationalen Veranstaltung ist einerseits Chinas konsequente Unterstützung des multilateralen Handelssystems und der Entwicklung des freien Handels zu erkennen – die Volksrepublik spricht sich entschieden gegen Protektionismus aus und tritt aktiv für den Aufbau und die Wahrung einer offenen Weltwirtschaft ein; andererseits bietet die Importmesse verschiedenen Ländern eine gute Plattform, ihre Waren und Dienstleistungen nach China zu exportieren, das heißt die Volksrepublik liefert wirksame öffentliche Güter für die Förderung des Aufbaus einer offenen Weltwirtschaft. Dieser Schritt zeigt Chinas großes Verantwortungsbewusstsein in diesem Bereich und wird das Niveau der Liberalisierung des globalen Handels weiter heben, neue Nachfrage für das Weltwirtschaftswachstum schaffen und der Weltwirtschaft einen neuen Wachstumsschub verleihen.
Kein Wunder also, dass Chinas erste internationale Importmesse schon im Vorfeld große globale und regionale Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hat. Viele Länder haben ihre aktive Teilnahme daran angekündigt. Das Großevent wird auch von der Welthandelsorganisation, der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung und der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung tatkräftig unterstützt. Staatsoberhäupter und Regierungschefs von mehr als zehn Staaten sowie hunderte ranghohe Regierungsbeamte und führende Unternehmer haben ihre Teilnahme an der Importmesse angekündigt.
Am Rand der Importmesse wird zudem das „Internationale Wirtschafts- und Handelsforum Hongqiao“ abgehalten. Führende Politiker, Unternehmer und Wissenschaftler werden dabei über Themen wie die Öffnung nach außen und gemeinsames Gewinnen beraten. Es wird eine gemeinsame Entwicklung angestrebt und es sollen Lösungen für schwierige Probleme gefunden werden. Ziel ist es, aktiv einen Konsens zu bilden, den Handel weiter zu liberalisieren und die wirtschaftliche Globalisierung voranzutreiben.
Wichtige Plattform zur Förderung des globalen Handels
Chinas Internationale Importmesse ist weltweit die erste große Messe ihrer Art, bei der es sich ausschließlich um Importe dreht. Bei den gezeigten Waren und Dienstleistungen handelt es sich also um reine Einfuhren. Die Organisatoren der Messe haben die Messlatte für die Veranstaltung bereits hoch angesetzt: sie wollen eine weltweit erstklassige Messe ausrichten, so heißt es. Konkret bezieht sich diese Erstklassigkeit auf fünf Aspekte: die teilnehmenden Unternehmen, die ausgestellten Produkte, das Messeumfeld, die Messe-Dienstleistungen und die Effizienz. Mit größter Sorgfalt wollen die Organisatoren die Ausstellung zu einer offenen Plattform für die Förderung des internationalen Handels aufbauen.
Die Großveranstaltung mit einer Präsentationsfläche von 300.000 Quadratmetern wird aus einer umfassenden Ausstellung für staatliche Investitionen und staatlichen Handel sowie sieben kommerziellen Unternehmensausstellungen bestehen. Präsentiert werden High-End-Anlagen, Anlagen künstlicher Intelligenz, Automobile, elektronische Konsumgeräte und Haushaltsgräte. Zudem werden Kleidung und Schmuck, Lebensmittel, Agrarprodukte, medizinische Geräte sowie Arzneimittel und Gesundheitsprodukte gezeigt. Auch für den Dienstleistungshandel wird es eine eigene Ausstellungszone geben. Die teilnehmenden Länder bzw. Regionen werden nicht nur ihre hochwertigen Produkte auf der Messe ausstellen, sondern auch mehr als einhundert neue Technologien präsentieren, die die neuesten Entwicklungstrends der Spitzenerzeugnisse in Produktion und Dienstleistung zeigen.
Schon in der Anmeldungsphase wurde das große Interesse deutlich. Mehr als 80 Staaten haben ihre Teilnahme an der Länderausstellung bereits bestätigt, über 2800 Unternehmen aus 130 Ländern sicherten ihre Teilnahme an der Ausstellung für Unternehmen zu. Darunter finden sich mehr als 200 Firmen der Top-500-Liste.
Alle G20-Länder und mehr als 50 Länder und Regionen entlang den Routen des Wirtschaftsgürtels Seidenstraße und der maritimen Seidenstraße des 21. Jahrhunderts sowie 30 der am wenigsten entwickelten Länder der Welt werden auf der Importmesse vertreten sein. Die Importmesse zeichnet sich also durch eine breite Repräsentativität aus. Prognosen zufolge dürften mehr als 150.000 Einkäufer die Messehallen besuchen. Viele teilnehmende Unternehmen hoffen, durch die Messepräsenz ihre Vertriebskanäle auszubauen und das Event als Plattform zu nutzen, geeignete Lieferanten und Anbieter für gute Lösungskonzepte zu finden, um so ihre Standortverteilung in China und auf der Welt zu optimieren.
Um die Effizienz der Vertragsabschlüsse zu erhöhen, haben die Messeveranstalter direkte Kontakte mit den Unternehmen aufgenommen und eine Reihe von Maßnahmen zur Erleichterung der Teilnahme insbesondere in Bezug auf Zollabfertigung, epidemiologische Prüfung und Teilnahmegewährleistung sowie andere Bereiche getroffen. Zudem wird der Schutz geistigen Eigentums auf der Messe großgeschrieben. Hierfür wurde eigens ein gesondertes Dienstleistungszentrum für rechtliche Beratung und die Beilegung von Streitigkeiten in Bezug auf den Schutz geistigen Eigentums auf dem Messegelände errichtet. Es soll gewährleisten, dass die Messe auch zu einer vorbildlichen Veranstaltung in Sachen Schutz geistiger Eigentumsrechte und insgesamt zu einer Plattform zur Förderung des globalen Handels wird.
* Autorin Yao Ling ist Vizedirektorin des Instituts für Europa- und Asienstudien der Chinesischen Akademie für Internationalen Handel und wirtschaftliche Zusammenarbeit (Chinese Academy of International Trade and Economic Cooperation).