Die chinesisch-amerikanischen Beziehungen waren im Jahr 2018 überschattet von den Handelsstreitigkeiten zwischen beiden Ländern. Erst durch das Treffen der Staatsoberhäupter beider Länder beim G20-Gipfel am Jahresende entstand ein neuer Hoffnungsschimmer. Doch auf kurze Sicht dürften die Beziehungen holprig bleiben.
Von Qingyi Su*
Die chinesisch-amerikanischen Beziehungen waren im Jahr 2018 überschattet von den Handelsstreitigkeiten zwischen beiden Ländern. Erst durch das Treffen der Staatsoberhäupter beider Länder beim G20-Gipfel am Jahresende entstand ein neuer Hoffnungsschimmer.
Jäher Umschlag in den bilateralen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen
Nach dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump im Jahr 2017 konnte die Stabilität der chinesisch-amerikanischen Beziehungen zunächst insgesamt aufrechterhalten werden. Damals zeichnete sich noch nicht ab, dass sich die Stimmung nur ein Jahr später verfinstern würde. Noch im April 2017 waren Chinas Staatspräsident Xi Jinping und US-Präsident Trump in dessen Anwesen Mar-a-Lago in Florida zusammengekommen und hatten sich auf die weitere Förderung der bilateralen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen beider Länder verständigt.
Im November 2017 stattete Donald Trump dann der Volksrepublik seinen ersten offiziellen Staatsbesuch ab. Dabei wurden Handelsverträge in Höhe von 250 Milliarden US-Dollar unterzeichnet.
Doch bereits damals zeichneten sich ansatzweise erste ungünstige Tendenzen ab. So wurde beispielsweise der gemeinsame „Hundert-Tage-Plan“ zur Förderung des bilateralen Handels nicht wie vereinbart durchgeführt und US-Präsident Trump wies seine Handelsvertreter an, die so genannte „301-Untersuchung“ gegen China durchzuführen.
Am 28. November 2017 stieß das amerikanische Handelsministerium aus eigenem Antrieb die so genannte „Double negative survey“ gegen aus China importierte Aluminiumlegierungsplatten an. Es handelte sich um die erste derartige Untersuchung des amerikanischen Handelsministeriums im Rahmen der Handelsrechtsmittel (Trade Remidies) gegenüber China seit 25 Jahren. In einem Kommentar der „Financial Times“ vom 1. Dezember erklärte US-Vizefinanzminister David Malpass, dass der chinesisch-amerikanische Wirtschaftsdialog zum Stillstand gelangt sei und kein Plan zur Wiederaufnahme der Verhandlungen bestehe. Der Grund für die Aussetzung des Dialogs liege aus seiner Sicht darin, dass China in denjenigen Bereichen, auf die die amerikanische Seite besonderen Wert lege, keine Versprechen abgegeben habe.
Seit Jahresbeginn 2018 ist eine jähe Wende in den chinesisch-amerikanischen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zu beobachten. Trumps Regierung begann auf Grundlage der amerikanischen Gesetze, umfangreiche Zusatzzölle auf chinesische Importwaren zu erheben. Im Februar wurden aufgrund der Untersuchung nach Abschnitt 201 des amerikanischen Handelsgesetzes (Abschnitt-201-Untersuchung) Zusatzzölle von jeweils 30 bzw. 50 Prozent auf Solarzellen und Waschmaschinen aus China erhoben. Im Folgemonat wurde aufgrund der so genannten Abschnitt-232-Untersuchung die Erhebung von Zusatzzöllen in Höhe von 25 bzw. 10 Prozent auf Stahl und Aluminium ausgeweitet.
Während die neuen Zusatzzölle aus dem Februar und März noch Importwaren aus verschiedenen Ländern betrafen, war die folgende Abschnitt-301-Untersuchung ausschließlich gegen China gerichtet. Die US-Regierung warf der Volksrepublik vor, Chinas Gesetze, Rechtsvorschriften und politische Maßnahmen in den Bereichen Technologietransfer, geistiges Eigentum und Innovation seien „nicht legitim“ und „diskriminierend“ und führten schon heute zu „Belastung und Einschränkungen“ der Geschäftstätigkeiten der USA. Aufgrund der Abschnitt-301-Untersuchung wurde am 6. Juli ein detailliertes Zusatzzollverzeichnis für Importwaren aus China veröffentlicht, auf die zusätzliche Zölle von 25 Prozent und damit neue Zölle in Höhe von 50 Milliarden US-Dollar erhoben wurden. Darin waren über 1330 Arten von Importgütern gelistet. Als Gegenmaßnahme erhob die chinesische Regierung ihrerseits Zusatzzölle auf verschiedene US-Importwaren, darunter unter anderem Bohnen, Automobile und Flugzeuge des Herstellers Boing.
Bilaterale Verhandlungen zur Entspannung der Lage führten zu keinem Ergebnis, woraufhin sich die chinesische Regierung gezwungen sah, die oben genannten, harten Gegenmaßnahmen in Kraft zu setzen, bei denen es sich um eine Kombination aus quantitativen und qualitativen Maßnahmen handelte. Am 6. Juli implementierte die US-Regierung weitere Zusatzzölle auf chinesische Importwaren im Wert von 36 Milliarden US-Dollar. China setzte daraufhin entschiedene Gegenmaßnahmen durch. Zeitgleich reichte die Volksrepublik bei der Welthandelsorganisation (WTO) Klage gegen die im Rahmen der Abschnitt-301-Untersuchung von amerikanischer Seite offiziell erhoben Strafzölle auf chinesische Importwaren ein.
Am 17. September dann kündigte die US-Regierung an, ab dem 24. September Zusatzzölle in Höhe von zehn Prozent auf weitere chinesische Importe in Höhe von 200 Milliarden US-Dollar zu erheben und diese zudem ab dem 1. Januar 2019 auf 25 Prozent zu erhöhen. Außerdem erwäge man, so die Drohung seitens der USA, diese Zusatzzölle im Falle chinesischer Gegenmaßnahmen auf die restlichen Importwaren in Höhe von 260 Milliarden US-Dollar auszuweiten.
Am 18. September, dem Folgetag also, setzte China als Gegenmaßnahme seinerseits Zusatzzölle auf US-Importe im Wert von 60 Milliarden US-Dollar in Kraft. Zeitgleich reichte die Volksrepublik bei der WTO abermals Klage gegen die im Rahmen der Abschnitt-301-Untersuchung von den USA erhobenen Zölle auf chinesische Importe im Wert von 200 Milliarden US-Dollar ein.
Am 1. Dezember trafen dann schließlich die Staatsoberhäupter Chinas und der USA während des G20-Gipfels im argentinischen Buenos Aires zusammen und einigten sich darauf, dass die USA die geplanten und ab dem 1. Januar gültigen Zusatzzölle auf Importe im Wert von 200 Milliarden US-Dollar vorerst aussetzten und beide Seiten unverzüglich Verhandlungen über für sie dringliche Fragen aufnehmen. Auch verständigte man sich darauf, weitere Handlungen zur Verschärfung des Handelsstreits zu unterlassen.
Handelsstreit wirkt sich auch auf andere Bereiche aus
Der Handelsstreit zwischen China und den USA beschränkt sich keineswegs nur auf die gegenseitige Erhebung von Zusatzzöllen, sondern geht auch an anderen Bereichen nicht spurlos vorbei. Im August 2018 unterzeichnete Donald Trump den vom US-Senat und amerikanischen Repräsentantenhaus verabschiedeten „National Defense Authorization Act for the Fiscal Year 2019“, ein Gesetz, das auch die gesetzliche Bestimmung „Foreign Investment Risk Review Modernization Act“, kurz FIRRMA, beinhaltet. Durch diese gesetzliche Bestimmung wird die Überprüfung ausländischer Investitionen intensiviert. Auch sieht sie vor, die Machtbefugnisse des „Committee on Foreign Investment in the US“ (CFIUS) zu stärken.
Ausländische Investitionen in den USA werden nun noch strengeren Sicherheitskontrollen unterzogen, wovon auch chinesische Investitionen in den USA betroffen sind. Durch die neue gesetzliche Regelung haben sich die Kompetenzbereiche des CFIUS deutlich erweitert. Heute fallen darunter nicht mehr nur Joint Ventures in der Nähe von Militärbasen und Einrichtungen mit Relevanz für die staatliche Sicherheit, sondern auch Teile des Aktien- und Immobilienhandels. Der Abdeckungsbereich dieser US-Gesetze erstreckt sich also vom Wirtschaftsbereich bis hin zu nicht-wirtschaftlichen Bereichen.
Beispielsweise verhängte die US-Regierung am 1. September anhand der inländischen Gesetze bereits Sanktionen gegen die Abteilung für Ausrüstungsentwicklung bei der zentralen Militärkommission Chinas sowie ihre Verantwortlichen. Auch wurden Wissenschaftler, die am chinesischen Programm „Recruitment Program of Global Experts“ teilgenommen haben oder sich gerade daran beteiligen, auf Grundlage der neuen Gesetze organisatorisch und finanziell von der akademischen Fortbildung des amerikanischen Verteidigungsministeriums ausgeschlossen.
Seit Jahresbeginn 2018 wurden darüber hinaus mehrere gemeinsame Erklärungen durch die USA, Japan und die EU veröffentlicht, die eindeutig in Richtung China zielen. Am 8. Mai sowie am 26. Juli 2018 kam es zu scharfen Wortgefechten und heftigen Debatten zur Handelspolitik zwischen den Botschaftern Chinas und der USA auf der WTO-Konferenz in Genf. 2018 war gleichzeitig das Jahr, in dem die Reform der WTO auf die Tagesordnung gesetzt wurde.
Auch in anderen Bereichen lief es auf dem diplomatischen Parkett für China und die USA 2018 nicht immer rund: Während sachte Fortschritte in Bezug auf die koreanische Atomfrage erreicht werden konnten, kam es zu heftigen Auseinandersetzungen in Bezug auf die Taiwan-Straße und das Südchinesische Meer.
Zur Entspannung der koreanischen Atomfrage leistete China einen großen Beitrag und ebnete damit den Weg für das erste Treffen führender Persönlichkeiten Nordkoreas und der USA. Auch spielte die Volksrepublik eine konstruktive Rolle in Bezug auf die Verstärkung von Dialog und Zusammenarbeit zwischen Nord- und Südkorea. Man kann sagen, dass die chinesisch-amerikanische Zusammenarbeit bei der koreanischen Atomfrage einen der wenigen Glanzpunkte der Kooperation zwischen den beiden Ländern im Jahr 2018 darstellte.
Die Behandlung der Fragen der Taiwan-Straße und des Südchinesischen Meeres geben dagegen wenig Grund für Optimismus. Trotz mehrfachen Protestes der chinesischen Seite und wiederholter Warnungen unterzeichnete US-Präsident Trump den vom US-Kongress eingereichten „Taiwan Travel Act“, wodurch sich die Risse in den Beziehungen zwischen China und den USA bezüglich der Taiwan-Frage erneut verschärfen. Außerdem sorgten die USA im Südchinesischen Meer mehrfach für Provokationen. Mehrfach kam es zwischen chinesischen Kriegsschiffen und Kriegsschiffen der US-Marine zu Auseinandersetzungen in kurzer Entfernung und auch amerikanische Flugzeugträger drangen ins Südchinesische Meer vor. All das zeigt, dass die Kraftprobe zwischen China und den USA im Südchinesischen Meer sich nicht im Geringsten entspannt hat.
Gründe für die Reibereien
Die Reibereien zwischen China und den USA im Jahr 2018 lassen sich letztlich auf verschiedene Ursachen in vielen Bereichen zurückzuführen. Der direkte Grund für den Handelsstreit zwischen beiden Ländern aber ist, dass US-Präsident Trump einen Schwenk in seiner Handelspolitik vollzogen hat. Unter ihm haben die USA eine Wende vom Multilateralismus, der von seinen Vorgängern Barack Obama und George Bush vertreten wurde, hin zur Bevorzugung einzelner Regionen vollzogen.
Nach seinem Amtsantritt gab Donald Trump die Handelspolitik der regionalen Handelsliberalisierung auf und legte den Schwerpunkt stattdessen auf bilaterale Verhandlungen. Seither strebt er nach einer Handelsliberalisierung für die jeweiligen Partner. Dafür fordert er jedoch stets einen hohen Preis von seinen Verhandlungspartnern. Diese werden so nämlich gezwungen, ihren eigenen Wohlstand durch die Liberalisierung ihres Handels abzusichern. Im Hinblick darauf sind die harten Maßnahmen zur Zollerhöhung gegen China letztlich nur eine logische Konsequenz. Dass sich die Auseinandersetzungen zwischen China und den USA von Wirtschaft und Handel auf die Gesamtwirtschaft, ja sogar auf die Bereiche der koreanischen Atomfrage, die Taiwan-Straße sowie das Südchinesische Meer ausgeweitet haben, ist letztlich auf einen tiefer liegenden Grund zurückzuführen: den Wettbewerb zwischen den beiden großen Ländern.
Nach Trumps Amtsantritt zeichnete sich Washingtons China-Politik immer deutlicher ab. Im Bericht zur „National Security Strategy“ der Trump-Regierung werden China und Russland als nebeneinander bestehende Rivalen im Wettbewerb eingestuft. Dafür spricht die Tatsache, dass im Weißen Haus die so genannten „Falken“ den Ton angeben, die China nicht freundlich gesinnt sind. Die US-Regierung unter Donald Trump ist der Auffassung, dass Chinas Aufstieg und Wirtschaftswachstum in erster Linie im einzigartigen System des Landes begründet seien und dieses nur China nütze, nicht aber den USA. Das habe unfaire Ergebnisse zur Folge und führe letztlich sogar dazu, dass China die USA abhängen könnte. Aufgrund dieser Auffassung versucht die US-Regierung nun, China an neue Regeln zu binden, um so sicherzustellen, dass die USA auch weiterhin die Oberhand im Wettbewerb behalten.
Hoffnung auf eine bessere Zukunft
Auch in naher Zukunft dürften sich die chinesisch-amerikanischen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen holprig entwickeln und von Unwägbarkeiten geprägt sein. Vorsichtiger Optimismus wäre von daher wohl eine passende Einstellung.
Die Schlussfeier der kombinierten Katastrophenschutzübung (Disaster Management Exchange),
die von Soldaten der chinesischen Volksbefreiungsarmee und der US-Armee im November 2018 durchgeführt wurde,
fand in der südostchinesischen Metropole Nanjing statt.
Beim Treffen der Staatsoberhäupter beider Länder im Dezember wurde vereinbart, 90 Tage für die weiteren Verhandlungen vorzusehen. Diese bilden nun den einzigen Ausweg aus dem Handelsstreit. Obwohl die US-Regierung unter Trump eine außerordentlich harte Haltung an den Tag legt, zeigt sie dennoch die Bereitschaft, weiter mit China zu verhandeln. Und das bedeutet, dass die USA ein Interesse daran haben, in Verhandlungen zu treten, statt weitere Zusatzzölle zu erheben. Die Frist von 90 Tagen ist allerdings denkbar kurz bemessen. Zudem wird das Ergebnis von der Bereitschaft beider Seiten abhängen, eigene Zugeständnisse zu machen.
Dennoch gibt es guten Grund, weiterhin optimistisch zu sein, wenn auch eher vorsichtiger Optimismus angebracht ist.
Qingyi Su ist Senior Research Fellow and Deputy Head of Department of International Trade am Institute of World Economics and Politics (IWEP) der Chinese Academy of Social Sciences (CASS).