Kunden wählen in einem Duty-Free-Shop in der Stadt Haikou in der südchinesischen Provinz Hainan Produkte aus. (Foto: Xinhua, 2. Juli 2021)
Ökonomen raten der chinesischen Regierung zu einer proaktiveren Finanzpolitik, zur Erhöhung der Staatsausgaben und zu größeren Schritten bei der Ankurbelung des Konsums. Die Wirtschaft könnte ohne diese Maßnahmen während der anhaltenden COVID-19-Pandemie auf starken Gegenwind stoßen.
Die Regierung sollte die Staatsausgaben erhöhen und die Verwendung der Gelder im öffentlichen Sektor optimieren, um die Markterwartungen zu stabilisieren, stabile lokale Regierungsgeschäfte zu gewährleisten und die Marktteilnehmer zu schützen, da das Land nur einen begrenzten Spielraum für geldpolitische Maßnahmen habe, so Lu Ting, Chefökonom (China) bei Nomura.
„Dieses Jahr sind wir in das dritte Jahr des Kampfes gegen die COVID-19-Pandemie eingetreten. Die Ersparnisse einer beträchtlichen Anzahl von Familien und Unternehmen sind weg, und ihre Fähigkeit, weiteren Schocks zu widerstehen, ist geschwächt. Während einer Pandemie steigt die Arbeitslosenquote, was zu einem Rückgang der Konsumkapazität und der Konsumbereitschaft der Haushalte führt, insbesondere bei langlebigen Gütern“, sagte Lu am Samstag auf dem „Tsinghua PBCSF Chief Economists Forum“.
„Da viele Familien sowie vor allem kleine und mittlere Unternehmen mit großen Schwierigkeiten konfrontiert sind, ist es für China jetzt sehr wichtig, eine bevorzugte staatliche Ausgaben- und Kreditpolitik zu formulieren, wie zum Beispiel die Erhöhung des Umfangs von Steuerermäßigungen und Staatsgarantien für Kredite, sowie Mietentlastungen und verstärkte Steuer- und Gebührensenkungen“, fügte Lu hinzu.
Der Gesamtumsatz des chinesischen Einzelhandels mit Konsumgütern ist in den ersten vier Monaten des laufenden Jahres um 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gefallen. Dies teilte das Nationale Amt für Statistik am Montag mit.
Allein im April sank der Gesamtumsatz des Einzelhandels mit Konsumgütern im Vergleich zum Vorjahr um 11,1 Prozent auf 2,95 Billionen Yuan (416 Mrd. Euro). Zieht man den Umsatz, der mit Kraftfahrzeugen erzielt wurde, ab, erreichte der Einzelhandelsumsatz nurmehr 2,69 Billionen Yuan – ein Rückgang um 8,4 Prozent.
Die langsame Erholung des Konsums hänge mit der nachlassenden Konsumbereitschaft zusammen, sagte Sheng Songcheng, außerordentlicher Professor für Wirtschaft und Finanzen an der China Europe International Business School und ehemaliger Direktor der Statistik- und Analyseabteilung der Chinesischen Zentralbank.
„Es ist schwer, einen Rückgang des Dienstleistungsverbrauchs auszugleichen. Ich habe beispielsweise wegen der schrittweisen Abriegelung Shanghais seit drei Monaten keinen Haarschnitt mehr bekommen. Ich werde mir nicht innerhalb eines Monats dreimal die Haare schneiden lassen, sobald die Quarantänebeschränkungen aufgehoben worden sind. Der verlorene Konsum ist für immer verloren“, sagte Sheng.
Shen Jianguang, Chefvolkswirt des chinesischen E-Commerce-Riesen JD, betonte, dass die Förderung des Konsums in der gegenwärtigen Situation sowohl im Inland als auch im Ausland zur wichtigsten Aktivität wird.
„Wir haben herausgefunden, dass die frühere Verteilung von Konsumgutscheinen den lokalen Konsum erheblich gefördert hat. Da China bei der Entwicklung der digitalen Wirtschaft führend ist, hat die Ausgabe von Konsumgutscheinen auf digitalem Wege unmittelbare Ergebnisse bei der kurzfristigen Ankurbelung des Konsums erzielt“, sagte Shen auf dem Forum.