Ein undatiertes Foto zeigt Kathrin von Rechenberg an einem Trockenplatz für duftenden Wolkenorganza im Bezirk Shunde von Foshan in der südchinesischen Provinz Guangdong. (Xinhua)
Kathrin von Rechenberg trägt ein wunderschönes, duftendes Wolkengaze-Kostüm, das sie selbst entworfen hat, und plaudert mit Nachbarn in einem „Hutong“, einer traditionellen Gasse, im Qianmen-Viertel im Zentrum von Beijing.
Die gebürtige Münchnerin war auf den ersten Blick so fasziniert von der feinen, klassischen chinesischen Seide, dass sie 1999 nach China kam, um sie ausfindig zu machen. Die Suche gestaltete sich allerdings schwieriger als erwartet.
Etwa ein Jahr später lernte sie ihren Mann Zhang Xiangyun kennen. In einem altehrwürdigen Laden in Qianmen, wo Rechenberg später ein Bekleidungsatelier einrichtete, fand das Paar duftenden Wolkenorganza, der in den 1960er Jahren gewebt und in den 1980er Jahren gefärbt wurde.
Rechenberg wurde in eine Künstlerfamilie hineingeboren und stark von ihrem Großvater und Vater beeinflusst, die beide im Kunstbereich tätig waren. Zunächst lernte sie in Deutschland Schneiderin und studierte anschließend in Frankreich Kostümdesign. Nach ihrem Abschluss arbeitete sie mit einer Reihe von berühmten Marken wie Chanel und Christian Dior zusammen.
„Der duftende Wolkenorganza, auch als Gambiergaze bekannt, ist ein handgewebter, pflanzengefärbter Stoff mit einer langen, tief verankerten Geschichte in der südchinesischen Provinz Guangdong. Da seine Herstellung viel Zeit in Anspruch nimmt und besondere Techniken erfordert, ist Organza selten und kostbar“, so Rechenberg.
Um mehr über diese Seide zu erfahren und sich für ihre Designs inspirieren zu lassen, besuchte sie mehrmals eine Färberei in Shunde in Guangdong. „Der Farbstoff wird aus der Dioscorea Cirrhosa gewonnen, wobei die Gerbsäure durch chemische Reaktionen eine Vielzahl von Farben wie Kastanienbraun, Braun und Kaffee erzeugt“, sagte sie.
Zhang bemerkte, dass die Herstellung von duftendem Wolkenorganza mehr als 30 Färbevorgänge und ein natürliches Trocknen in jedem Intervall erfordere. In einem letzten Arbeitsschritt müssten die Stoffe dann mit Schlamm bedeckt werden, damit dessen eisenhaltige Bestandteile mit der Gerbsäure und der Seidenfaser reagieren und die Farben verändern können.
„Nach dem Färben muss der Organza jahrelang stehen, bevor der gesamte Prozess abgeschlossen ist und er verwendet werden kann, was die Seide noch wertvoller macht“, sagte Rechenberg und fügte hinzu, dass solche Stoffe, die von der natürlichen Erde, Wasser und Sonnenschein genährt werden, eine einzigartige Lebenskraft hätten und so zu einem Stoff würden, der „atmen“ könne.
Das natürliche Färbeverfahren ist ein herausragendes Merkmal des duftenden Wolkenorganzas. Rechenberg hat bei ihren Designs immer auf Originalität geachtet. Sie lässt sich von geometrischen Linien und architektonischen Formen inspirieren und reduziert unnötige Schnitte, um das ursprüngliche Design so weit wie möglich zu erhalten.
„Westliche Kostümbildner sind daran gewöhnt, Schönheit durch komplexe Designs und Schnitte zu präsentieren, ich aber folge nur den Linien und Stofffarben“, sagte Rechenberg. Die Färbetechnik des duftenden Wolkenorganza wurde 2008 in die Liste des nationalen immateriellen Kulturerbes Chinas aufgenommen, was mehr Menschen auf den Stoff aufmerksam machte.
Rechenberg wurde 2020 als Freundschaftsbotschafterin für Chinas immaterielles Kulturerbe im Bereich Textilien ernannt. Inzwischen hat ihre Marke, Rechenberg Art Couture, zunehmend an Beliebtheit gewonnen.
„Ich habe über die vergangenen zwei Jahrzehnte in China ein besseres Verständnis von traditioneller chinesischer Kultur erhalten und gelernt, nach Harmonie mit der Natur zu streben. Ich werde weiter die chinesische Kultur und Geschichte studieren und meinen drei Kindern zeigen, dass es auch eine gute Lebensweise sein kann, Kunsthandwerk herzustellen“, sagte sie.
Ein undatiertes Foto zeigt Kathrin von Rechenberg, die in einer Fabrik/Manufaktur im Bezirk Shunde in Foshan in der südchinesischen Provinz Guangdong duftenden Wolkenorganza überprüft. (Xinhua)