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Forum für Konfliktlösung: Mehr Austausch als Schlüssel für mehr gemeinsame Entwicklung zwischen China und Europa

2023-11-19 20:04:00 Source:german.chinatoday.com.cn Author:Wang Ruying
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Am 7. November fand in Beijing das Forum für zivilisatorischen Austausch und gegenseitiges Lernen zwischen China und Europa statt. Veranstaltet wurde es vom Internationalen Kommunikationsforschungszentrum und der Abteilung für Kultur- und Geschichtsforschung der Parteischule des Zentralkomitees der KP Chinas, auch bekannt als Nationale Verwaltungsakademie. Mehr als 130 Gäste aus China, Frankreich, Deutschland, Spanien und Belgien sowie anderen europäischen Ländern nahmen teil, darunter ehemalige Spitzenpolitiker sowie Botschafter, Unternehmer, renommierte Experten und Wissenschaftler, Stiftungs- und Medienvertreter. Ebenfalls anwesend waren Studierende und Lehrkräfte der Parteischule. Teil des Programms war unter anderem eine Podiumsdiskussion über die Geschichte und Entwicklung der Kulturräume China und Europa. 

 

  


Chinesische und europäische Gäste auf dem Forum. (Foto: Parteischule des Zentralkomitees der KP Chinas) 

 

Kommunikation statt Konflikte 

 

In einer Zeit, in der vielerorts geopolitische Konflikte schwelen, fühlt man sich unweigerlich an die im Jahr 1993 von Samuel Huntington aufgestellte Theorie vom „Kampf der Kulturen“ erinnert. Der US-Politologe argumentierte damals, dass das Zeitalter der Globalisierung zwar die zwischenstaatlichen Beziehungen gestärkt und den wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Austausch erleichtert habe, im Zuge der zunehmenden interkulturellen Interaktionen allerdings auch das Risiko von zwischenstaatlichen Reibungen und Konflikten habe wachsen lassen. 

  

Mit Blick auf die Geschichte zeigt sich: Obwohl Zusammenstöße und Konflikte zwischen verschiedenen Zivilisationen häufig vorkommen, sind doch auch zahlreiche historische Wendepunkte auf das gegenseitige Lernen verschiedener Kulturräume zurückzuführen. Während der Song- und Ming-Dynastie beispielsweise erfuhren die Chinesen dank der Einführung der buddhistischen Kultur aus Indien eine bedeutende Entwicklung hin zum Neo-Konfuzianismus. Umgekehrt nahmen die vier großen chinesischen Erfindungen einst entscheidenden Einfluss auf die europäische Renaissance. Der Übergang Europas von der Epoche des sogenannten finsteren Mittelalters in die Ära der Aufklärung wird berühmten Aufklärern wie Voltaire und Diderot verdankt, die sich wiederum im 17. und 18. Jahrhundert von Konfuzius und anderen alten chinesischen Philosophen inspirieren ließen. 

  

Das Gesagte legt den Schluss nahe, dass der interkulturelle Austausch einen bedeutenden Beitrag zum Fortschritt der Menschheit zu leisten vermag. In der heutigen multipolaren und globalisierten Welt ist es nötiger denn je, Austausch und gegenseitiges Lernen zu verstärken, um die gravierenden globalen Herausforderungen zu bewältigen und die Modernisierung der menschlichen Gemeinschaft zu fördern. Es gilt: Je vielfältiger die Zivilisationen der Welt sind, desto mehr gibt es zu lernen. 

  

Viele Zivilisationen, viele Modernisierungswege 

 

Lange Zeit war man im Westen von den Ideen des „Westzentrismus“ und „Dualismus“ überzeugt und glaubte, dass nur die westliche Zivilisation einen universellen Wert darstelle und der westliche Weg zur Modernisierung der einzig richtige sei. Auf dem jüngsten Forum in Beijing räumte Hervé Machenaud, Mitglied der Französischen Akademie für Technologie, ein, im Westen sei man in der Antike davon überzeugt gewesen, dass die eigene Religion das Nonplusultra darstelle. Was in den heiligen Schriften keine Erwähnung fand, galt als falsch. Aus diesem Grund neigten bis heute viele Menschen im Westen zu einem Dualismus. Das westliche Denken sei fest in diesem verwurzelt, so Machenaud. Vor diesem Hintergrund erkenne der Westen meist nur den westlichen Modernisierungsweg an und übersähe die Modernisierungswege anderer Staaten, was jedoch nicht richtig sei, kritisiert der Franzose. 

 

  


Sieht das westliche Denken im Dualismus verwurzelt: Hervé Machenaud, Mitglied der Französischen Akademie für Technologie. (Foto: Parteischule des Zentralkomitees der KP Chinas) 

 

Aufgrund unterschiedlicher geografischer und historischer Bedingungen haben die Menschen weltweit unterschiedliche Arbeits- und Wirtschaftsabläufe entwickelt. Dabei haben sich vielfältige Zivilisationen und Entwicklungswege herausgebildet. Durch die Anhäufung von Rohkapital im Zeitalter der großen Entdeckungsreisen stützte sich die Modernisierung einiger weniger europäischer Länder auf Kolonisierung, weshalb die europäische Zivilisation auch als maritime Zivilisation bezeichnet wird. 

  

Im Gegenzug dazu gilt China als Agrarnation und steht für die Gedanken von genügsamen Bauern, nämlich Frieden und Bescheidenheit. In China fand das Wort „Wenming“ (Zivilisation) Aufzeichnungen zufolge bereits vor der Qin-Dynastie Verwendung. Die Konnotationen des Begriffs sind dabei sehr vielfältig: Er steht für gute Erziehung, Gerechtigkeit, Harmonie zwischen Mensch und Natur sowie eine von Moral geleitete und an den Menschen orientierte Staatsführung. Die chinesische Zivilisation setzt sich seit jeher für die friedliche Koexistenz und gegenseitige Förderung verschiedener ethnischer Kulturen ein. Klassische Redewendungen wie „Der Edle strebt nach Harmonie statt Uniformität“ aus dem Klassiker „Gespräche des Konfuzius“ oder „Harmonie unter allen Ländern“ aus dem „Buch der Lieder“ implizieren diese zivilisatorische Sichtweise Chinas, sprich den Respekt vor der kulturellen Vielfalt und das Eintreten für die friedliche Koexistenz verschiedener Zivilisationen. Hans Feger, Professor für Philosophie und Literatur an der Freien Universität Berlin, sagte auf dem Forum, China schaue stets über seine Grenzen hinaus, um sich anderen Zivilisationen anzunähern und Impulse für die eigene Entwicklung zu gewinnen.   

 

  


Voller lobender Worte für die chinesische Kulturtradition: Gastredner Hans Feger, Professor für Philosophie und Literatur an der Freien Universität Berlin. (Foto: Parteischule des Zentralkomitees der KP Chinas) 

 

Seit dem Altertum hat China aus der Kulturfülle der Welt wertvolle Erkenntnisse geschöpft und sich innovativ weiterentwickelt. In der Zeit vor der Qin-Dynastie wetteiferten sprichwörtlich hundert Schulen miteinander. In der Wei- und Jin-Dynastie fand eine große Integration verschiedener ethnischer Gruppen in China statt. In der Neuzeit gab es die Bewegung zur Verwestlichung, in deren Rahmen man von den fortschrittlichen Technologien aus dem Westen lernte. Selbst der Marxismus stammt nicht aus China, sondern aus Europa, ist also ebenfalls ein „Importgut“. Es zeigt sich also: China ist in einer Tradition des Lernens von seinem Gegenüber verankert, im Geiste der Offenheit, Toleranz und Aufnahmebereitschaft. 

  

Professor Feger ging in diesem Zusammenhang auch auf die chinesische Idee des „Tianxia“ ein, die oft mit „alles unter dem Himmel“ übersetzt wird. Diese Idee stehe letztlich für einen Kosmopolitismus, so der Deutsche. Das Tianxia-System fuße auf dem Prinzip der „Nichtausgrenzung“ und werde durch Harmonie aufrechterhalten, und nicht etwa durch Hegemonie. Bis heute verfolge China diesen Grundgedanken und biete allen Ländern der Welt durch seine Modernisierungsleistungen neue Entwicklungsmöglichkeiten. Im Jahr 2021 stieß Staatspräsident Xi Jinping die Globale Entwicklungsinitiative an. Er rief alle Länder dazu auf, sich zu einer globalen Schicksalsgemeinschaft für mehr Entwicklung zusammenzuschließen. In diesem Jahr legte Xi noch einmal nach und stellte die Globale Zivilisationsinitiative vor. Damit steuert China wichtige neue Ansätze zur Förderung des globalen Modernisierungsprozesses und zum Fortschritt der Weltgemeinschaft bei. Alle diese Initiativen zeugen von Chinas Wunsch, seine Entwicklungsfrüchte mit der restlichen Welt zu teilen. Chinas Modernisierungsweg ist zudem letztlich ein Spiegel der großen Stärken der chinesischen Zivilisation – nämlich ihrer Innovationskraft, Inklusivität und friedlichen Natur. 

  

Große Kooperationsmöglichkeiten zwischen China und Europa 

 

Der große philosophische Vordenker Friedrich Wilhelm Leibniz kam in seinem Werk „Novissima Sinica“ (Das Neueste von China) einst zu dem Schluss, dass China und Deutschland die beiden Spitzen der menschlichen Kultur darstellten. Solange China und der Westen ihre Zusammenarbeit und ihren kulturellen Austausch intensivierten, so der Philosoph, könne die Welt vollkommene Harmonie erreichen. Aus heutiger Sicht ist dieser im 17. Jahrhundert entstandene Gedanke als höchst fortschrittlich zu bewerten. Dies sahen auch die Forumsteilnehmer so. 

  

Sven Biscop, Professor an der Universität Gent und Forscher am Königlichen Institut für Internationale Beziehungen in Belgien, gab in seiner Videoansprache zu bedenken, dass sich der kulturelle Dialog zwischen Europa und China angesichts des derzeitigen Wandels „abgekühlt“ habe. Basierend auf ihren gemeinsamen Interessen sollten China und Europa aber einen tiefgreifenden Dialog führen und so schnell wie möglich praktische Maßnahmen ergreifen, riet er. Auf die Frage, welche Maßnahmen China und Europa gemeinsam treffen könnten, erklärte der französische Sinologe Benoit Vermander, dass die chinesisch-europäische Zusammenarbeit derzeit vor allem aus einer Notwendigkeit heraus erfolge. Beide Seiten stünden vor globalen Herausforderungen wie dem Klimawandel, Terrorismus und geopolitischen Konflikten und müssten gemeinsam daran arbeiten, diese zu bewältigen. 

 

  


Der französische Sinologe Benoit Vermander nahm online am Forum teil. (Foto: Parteischule des Zentralkomitees der KP Chinas) 

  

Doch auch jenseits der Notwendigkeit, globale Krisen zu überwinden, gibt es zwischen China und Europa einen großen Raum für Zusammenarbeit. Luo Hongbo, Forscherin der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften, betonte in diesem Zusammenhang auf dem Forum, dass die Wirtschafts- und Handelszusammenarbeit den Stabilitätsanker der chinesisch-europäischen Beziehungen bilde. Für die Zukunft gelte es, die Wirtschaftszusammenarbeit und den Handelsaustausch zwischen China und der EU weiter auszubauen. 

 

  


Für Luo Hongbo bilden Wirtschafts- und Handelszusammenarbeit den Stabilitätsanker der chinesisch-europäischen Beziehungen. (Foto: Parteischule des Zentralkomitees der KP Chinas) 

 

Derzeit wächst der bilaterale Handel zwischen China und der EU stetig. China ist nach wie vor der größte Handelspartner der EU. Auch in Bezug auf die industrielle Entwicklung gibt es Komplementaritäten zwischen beiden Seiten. Die Industrie- und Lieferketten sind eng verzahnt und können sich gegenseitig gut ergänzen. Was die Investitionen angeht, verzeichnen beide Seiten ebenfalls ein stabiles Wachstum. Besonders viele Gelder fließen in Bereiche wie die Erforschung und Entwicklung neuer Impfstoffe sowie die Felder neue Energien, Elektrofahrzeuge, Logistik und Finanzen. Im Rahmen der Seidenstraßeninitiative haben die China-Europa-Güterzüge eine Transportgarantie für den chinesisch-europäischen Handel und die Investitionen gewährt und die infrastrukturelle Verbindung und Vernetzung auch in Zeiten der Pandemie erfolgreich aufrechterhalten. Xu Lirong, Vorstandsvorsitzender der China Shipowners Mutual Insurance Association, hob in seiner Rede auf dem Forum hervor, dass China und Europa Handelskonflikte durch eine industrielle Zusammenarbeit ersetzen sollten. Nach Xu ist bilaterale industrielle Zusammenarbeit historisch betrachtet die richtige Wahl. 

 

  


Xu Lirong plädierte auf dem Forum für mehr Industriezusammenarbeit. (Foto: Parteischule des Zentralkomitees der KP Chinas) 

 

Bei der bilateralen Zusammenarbeit zwischen China und Europa sind zudem neue Höhepunkte zu verzeichnen. Vor allem zukunftsorientierte Bereiche wie Umweltschutz, Digitalisierung und innovative Technologien finden große Beachtung. 2020 verständigte man sich gemeinsam auf die Einrichtung zweier hochrangiger Dialogmechanismen zu Umwelt und Klima sowie zur digitalen Zusammenarbeit. Ziel ist eine grüne und digitale Partnerschaft zwischen China und Europa. In Zukunft bietet es sich an, die Seidenstraßeninitiative und Chinas Globale Entwicklungsinitiative mit Europas Green Deal und Global Gateway zu verbinden und die jeweiligen Stärken dieser Initiativen zu nutzen, um gemeinsam die nachhaltige Entwicklung in Bereichen wie Umwelt- und Klimaschutz, Digitalisierung, Energie und Forschung zu fördern. 

 

Gemeinsam ist dem humanistischen Geist des antiken Griechenlands und des antiken Chinas, dass beide den Menschen ins Zentrum aller Anstrengungen stellen. Schon seit dem Altertum plädiert China für Frieden und Harmonie. Gestützt auf dieses gemeinsame geistige Erbe sind China und Europa imstande, durch Austausch Konsens zu erreichen und durch Zusammenarbeit Konflikte abzubauen. Der Aufstieg Chinas ist eher eine Chance als eine Bedrohung für die weltweite Entwicklung. Europa mit seiner profunden Philosophie und seiner klaren Ratio ist am besten in der Lage, ein „Vorreiter“ zu sein, um China neu zu verstehen und Chinas Ansätze zu akzeptieren. Als wichtige Akteure und Gestalter in der heutigen multipolaren und globalisierten Welt gilt es für China und Europa umso mehr, gegenseitiges Verständnis und Vertrauen zu entwickeln, um den Austausch und das gegenseitige Lernen fortzusetzen und einen größeren Beitrag zum Weltfrieden, zur globalen Prosperität und nachhaltigen Entwicklung sowie zum zivilisatorischen Fortschritt der Menschheit zu leisten. 

 

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