Raja Magasweran ist jetzt Anfang 70 und verbringt immer noch viel Zeit damit, in seinem Heimbüro an Projekten der Unternehmen zu arbeiten, die er mitgegründet hat.
„Im Oktober 1974 habe ich erstmals chinesischen Boden betreten“, erzählt uns Raja Magasweran aus Sri Lanka. Nach einem Jahr Sprachstudium am Sprachinstitut Beijing – heute als Beijing Language and Culture University bekannt – studierte er vier Jahre lang am Northeast Institute of Technology in Liaoning (heute Northeastern University). Mittlerweile ist der Sri-Lanker Geschäftsführer der Firma China Business Associates, die er auch mitgegründet hat.
Nach dem Studium habe er vor einer Frage gestanden, die sich wohl jeder stellt, der im Ausland studiert hat: Wohin geht es als nächstes? Bleiben und arbeiten oder zurück in die Heimat? Damals hatte in China gerade die Reform und Öffnung begonnen. Die Fülle an neuen Möglichkeiten bewog den Sri-Lanker schließlich, zu bleiben und in China seinen Träumen nachzugehen.
Offene Türen für ausländische Talente
Im Laufe der Jahre hat China seine Bestimmungen, die ausländischen Staatsbürgern das Leben und Arbeiten im Land erleichtern sollen, stetig weiterentwickelt und ausgeweitet. Beijings Regelungen für ausländische Talente – genannt „foreign talent policies“, kurz FTP – reichen in ihren Ursprüngen bis zur Gründungszeit der Volksrepublik im Jahr 1949 zurück. Vor allem nach 2000 aber hat man die Regelungen neu strukturiert und institutionalisiert.
Die Entwicklung der FTP spiegelt letztlich klar die Dynamik der chinesischen Einwanderungspolitik: Seit den späten 1970er Jahren, insbesondere seit Deng Xiaopings berühmter Rede über die Einführung von Talenten am 8. Juli 1983, kamen immer mehr ausländische Fachleute zum Arbeiten nach China und leisteten so einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung des Landes. Seit der ersten Welle des Zuzugs ausländischer Spitzenkräfte begann die chinesische Regierung, gezielte Maßnahmen zu erarbeiten, um die Verwaltung und den Aufenthalt dieser Menschen zu erleichtern. Bis heute dienen die damals entwickelten Maßnahmen als Grundpfeiler der chinesischen Einwanderungspolitik.
Zusätzlich zur Beantragung verschiedener Kurzzeitvisa führte China im August 2004 eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis (permanent residence, PR) für Ausländer ein. Bis 2023 konnten vor allem vier Gruppen von ausländischen Staatsbürgern eine solche Langzeitaufenthaltserlaubnis beantragen:
· ausländische Angestellte in Schlüsselpositionen in Unternehmen
· hochqualifizierte Talente und Arbeitnehmer mit speziellen Qualifikationen
· Ausländer, die eine relativ große Direktinvestition in China getätigt haben
· Ausländer, die eine Familienzusammenführung planen (zum Beispiel Ehepartner von chinesischen Staatsbürgern oder Ausländern mit dauerhafter Aufenthaltserlaubnis in China, unverheiratete Minderjährige oder ausländische Staatsbürger über 60 Jahre, die nur direkte Verwandte in China haben)
2023 hat China die Schwelle zur Beantragung einer solchen dauerhaften Aufenthaltserlaubnis noch weiter gesenkt. Mehrere Städte führten neue Maßnahmen ein, die das Verfahren zur Beantragung eines „permanent residence permit“ für ausländische Doktoranden erheblich vereinfachten. Shanghai und Shenzhen waren die ersten Städte, die ein beschleunigtes derartiges Verfahren für Ausländer mit Doktortitel einführten, kurz darauf folgten Beijing und Guangzhou dem Beispiel.
Geschichte aus erster Hand
Nachdem er sich entschlossen hatte, nicht nach Sri Lanka zurückzukehren, sondern in China zu bleiben, ließ Raja Magasweran sein Studentenvisum in ein Arbeitsvisum umwandeln. Über die Jahre gründete er mehrere Unternehmen und half zudem ausländischen Firmen beim Gang nach China. In den 1980er Jahren, als seine Kinder das schulpflichtige Alter erreichten, beschloss Magasweran mit seiner Familie nach San Francisco zu ziehen. Ein Abschied von China war dies aber keineswegs. Der Sri-Lanker pendelte weiter zwischen den Welten, kam für seine Geschäfte immer wieder ins Reich der Mitte. Viele Jahre später beantragte er schließlich eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis für die Volksrepublik, und später die 2023 erstmals ausgestellte Fünf-Sterne-Karte. Sie kann als eigenständiges Ausweisdokument in China verwendet werden, besitzt zehn Jahre Gültigkeit und gestattet es dem Inhaber, sich während dieses Zeitraums ununterbrochen in China aufzuhalten und dort zu arbeiten, ohne eine Arbeitserlaubnis beantragen zu müssen.
„Shanghai ist meine zweite Heimat“: Der Ungar Steven Back am Ufer des Huangpu-Flusses.
Steven Back kam vor fast zwei Jahrzehnten aus Ungarn nach China. Er arbeitet in der Kulturbranche, ist CEO der Firma Back & Rosta in Shanghai, die sich auf kulturelle Digitalisierung und intelligente Museumslösungen spezialisiert hat. Der Ungar ist außerdem Generalvertreter des Ungarischen Nationalmuseums in China. Seine Arbeit hat ihn durch ganz China geführt. Er war schon für verschiedene chinesische Museen tätig.
Auch in der Heimat Ungarn hat Back viele chinesische Freunde. Er pflegt eine Leidenschaft für die chinesische Sprache und Kultur. Chinesisch zu lernen, sei eine einzigartige Erfahrung, schwärmt er. Die Beschäftigung mit der Landessprache habe es ihm ermöglicht, die kulturellen Wurzeln Chinas zu erkunden und besser zu verstehen.
Schon in jungen Jahren träumte Back davon, viel von der Welt zu sehen. Zunächst ging es fürs Studium in die Niederlande. Dort lernte der Ungar dann eine junge Chinesin aus Shanghai kennen, seine heutige Frau. 2005 gingen die beiden gemeinsam nach Shanghai, wo Back zunächst in einem ungarischen Technologieunternehmen tätig war.
Im Laufe der Jahre hat der Chinakenner erlebt, wie sich das Arbeitsumfeld in Shanghai immer weiter verbesserte. Laut Back bietet das Büro für ausländische Experten der Stadt heute regelmäßig Serviceangebote zum Thema Sprache an und lädt Neuankömmlinge zu Veranstaltungen ein, die dabei helfen sollen, die allgemeinen staatlichen Bestimmungen besser zu erklären, damit sich Neuankömmlinge schneller einleben im Shanghaier Arbeitsumfeld.
2016 beantragte Back über den Ehegattenweg einen dauerhaften Aufenthaltstitel und schließlich die Fünf-Sterne-Karte, als Shanghai sie 2023 erstmals ausstellte. Mit dieser chinesischen „Greencard“ sei es heute viel einfacher, die Familie aus Ungarn zum Besuch einzuladen, sagt Back. Auch der Kauf von Zug- und Flugtickets sei deutlich unkomplizierter und bei der Wiedereinreise nach China könne er den E-Channel nutzen, also die automatisierte Passagierabfertigung.
Doch auch für gewöhnliche Besucher aus Ungarn ohne Aufenthaltstitel sei es mittlerweile deutlich einfacher, nach China einzureisen. Ungarischen Staatsbürgern mit gewöhnlichem Reisepass sei es seit dem 14. März dieses Jahres gestattet, unter anderem zu Geschäfts-, Tourismus- und Transitzwecken sowie auch zum Familienbesuch bis zu 15 Tage visumfrei in China zu verbringen. „Dadurch ist die Einladung von Museumsdirektoren und Experten zur Teilnahme an Kulturveranstaltungen – für unsere Arbeit sehr wichtig – wesentlich einfacher geworden“, freut sich der Unternehmer.
Der Russe Kirill Solonin, Professor an der Renmin-Universität, war einer der ersten Antragsteller, die die Fünf-Sterne-Karte erhielten. Er lobt das Design der Karte, das die fünf Sterne der Nationalflagge und einen Teil der Großen Mauer zeige. „Ich hatte mich schon lange darauf gefreut, die neue Ausweiskarte in den Händen zu halten“, sagt er. „Das Bewerbungsverfahren war für mich ganz unkompliziert: Ich bin schließlich seit gut zehn Jahren in der akademischen Forschung in China tätig und habe die meisten meiner akademischen Leistungen hier erbracht. Dass ich nun einen dauerhaften Aufenthaltstitel habe, macht mich sehr glücklich. Es ist für mich auch eine Art Anerkennung für meine Arbeit.“
Zafar Hayat Khan ist Professor an der Pädagogischen Universität Nanning in Guangxi. Der Pakistaner forscht und lehrt seit 2006 auf dem Gebiet der Thermofluide. Im Interview sagt er, dass die Fünf-Sterne-Karte auch ihm das Leben deutlich erleichtert habe. Lästige Besuche beim Visumsbüro entfielen nun.
Neben der Lockerung der Beschränkungen für dauerhafte Aufenthaltstitel, der Schaffung weiterer Geschäftsmöglichkeiten und der Vereinfachung des Bewerbungsverfahrens für Einreisevisa aus einigen Ländern setzt China auch auf den Aufbau sogenannter „International Talent Communities“ (ITC), um den Wohnbedarf ausländischer Fachkräfte zu decken.
Allein in Beijing finden sich gleich mehrere solche Wohnviertel, darunter die ITC in der Beijinger Zone für wirtschaftliche und technologische Entwicklung, kurz BETDA, im Süden der Hauptstadt. Bis Ende 2024 soll das Projekt etwa 7000 Wohneinheiten für ausländische Talente bereitstellen. Auch der Bezirk Haidian, auf der anderen Seite der Stadt, buhlt um Spitzenkräfte aus aller Welt aus verschiedensten Bereichen. Bereits 2017 begann man hier mit dem Aufbau einer ITC in der Zhongguancun-Wissenschaftsstadt. Mittlerweile ist hier ein modernes Areal entstanden für Wohnen, Arbeit, Lernen und Unternehmertum – speziell für Expatriates.
Ein Blick in die Zukunft
Gefragt nach Vorschlägen, wie sich das Arbeitsumfeld in China für Ausländer noch weiter verbessern ließe, antwortet Magasweran: „Bevor wir über mögliche Änderungen sprechen, dürfen wir erst einmal eines nicht vergessen: nämlich wie weit China schon gekommen ist von den frühen 1980er Jahren bis heute.“ China arbeite kontinuierlich daran, die Lebens- und Arbeitsbedingungen für ausländische Talente zu verbessern, lobt der Sri-Lanker. Er rät allen, die in China arbeiten wollen, „mehr Zeit darauf zu verwenden, mehr über die chinesische Sprache und Kultur zu lernen.“
Steven Back aus Ungarn freut sich derweil auf die Veränderungen, die sich in Zukunft ergeben könnten. Er könne sich zum Beispiel eine Art Fünf-Sterne-Karte auch für Menschen vorstellen, die nur für kurze Zeit in China arbeiten. So hätten diese auch eine Art lokalen Ausweis, regt er an.
Sicher ist: China setzt auch in Zukunft alle Hebel in Bewegung, um seine Richtlinien weiter zu optimieren und so noch mehr Spitzenkräfte aus dem Ausland anzuziehen und die Lebens- und Arbeitsbedingungen für die bereits hier lebenden Talente zu verbessern. Bei all den Anstrengungen darf man allerdings eines wirklich nicht vergessen: wie weit es das Land in diesem Bereich schon geschafft hat. Der Schlüssel ist, einerseits zu wissen, wo man herkommt, und anderseits, wohin es gehen soll.
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Entwicklung der Regelungen für einen dauerhaften Aufenthalt in China
Die Bestimmungen zum Daueraufenthalt in China – die wichtigsten staatlichen Regelungen, die Ausländern einen langfristigen Aufenthalt im Land ermöglichen – gehen auf das Jahr 1985 zurück. Damals wurde das „Gesetz der Volksrepublik China über die Verwaltung der Ein- und Ausreise von Ausländern“ verabschiedet. Dieses Gesetz schuf den Rahmen für Kurzzeitvisa (u. a. für Touristen, Familienbesuche oder Geschäftsreisen), Langzeitvisa (für Studierende, Arbeitnehmer und Investoren) und Daueraufenthaltsvisa (PR).
Im August 2004 traten die „Verwaltungsmaßnahmen zur Prüfung und Genehmigung der Daueraufenthaltserlaubnis für Ausländer in China“ in Kraft und das System der chinesischen „Greencard“ wurde implementiert. Für viele Ausländer im Land bedeutete dies das Ende der jährlichen Erneuerung der Aufenthaltsgenehmigung. Im Dezember 2012 erließ China Maßnahmen über entsprechende Behandlungen für Ausländer mit dauerhafter Aufenthaltserlaubnis. Am 1. Juli 2013 trat dann das „Gesetz der Volksrepublik China über die Ein- und Ausreiseverwaltung“ in Kraft, wodurch das Land die Bedingungen für die Genehmigung einer Daueraufenthaltserlaubnis präzisierte.
Die genannten Bestimmungen garantieren die Rechte und Interessen von ausländischen Staatsbürgern mit dauerhaftem Aufenthaltstitel, und zwar in Bezug auf Arbeit, Leben und Unternehmertum. Infolgedessen beantragten immer mehr Ausländer einen Aufenthaltstitel für China. Viele der Anträge werden bewilligt. Seit 2017 gestattet es das Ministerium für öffentliche Sicherheit zudem noch mehr Arbeitseinheiten, eine chinesische „Greencard“ für Ausländer zu beantragen, wodurch die bestehenden Regelungen noch einmal optimiert wurden.
Am 1. Dezember 2023 gab die Nationale Einwanderungsbehörde dann offiziell eine neue Version der „Greencard“ für Ausländer heraus: die sogenannte „Fünf-Sterne-Karte“. Die neue Version bietet im Vergleich zum Vorgängermodell technische Verbesserungen und ermöglicht es ihren Inhabern jetzt auch, viele Vorgänge sicher online abzuwickeln.