Die Welt stößt so schnell wie nie zuvor in der Geschichte Treibhausgase aus. Dies führt zu einem Anstieg der globalen Temperaturen und erfordert Planungen, um zu verhindern, dass sich unvermeidbare, beispiellose Klimaereignisse zu handfesten Katastrophen auswachsen.
Am 13. Oktober wurde der Internationale Tag der Katastrophenvorbeugung begangen, der in diesem Jahr den Schwerpunkt auf Bildung und den Nachwuchs legte. Denn Kinder sind diejenigen, die am meisten darunter leiden werden, wenn sich unsere Welt weiter erwärmt. Sie müssen daher lernen, mit den Folgen des egoistischen Versagens der Generation ihrer Eltern umzugehen, die nicht schnell genug auf die Warnungen der Wissenschaftler reagiert hat.
Das Rote Kreuz in Hongkong beging den Internationalen Tag mit einem großen Fest im Stadtteil Sai Kung, bei dem Kinder mit den fünf größten Klimaereignissen bekannt gemacht wurden, die die Küstenmetropole bedrohen. Jedes wurde durch eine hitzebekämpfende Figur verkörpert. Die Charaktere: Regen, Sturm, Hitze, Flut und Erde.
Die Symbolik der ersten vier Figuren ist offensichtlich, die fünfte aber, Erde, bedarf einer Erklärung. Dieser Hitzekämpfer, der in der Kindersprache eingeführt wird, soll laut Organisatoren anderen helfen, „sich mit ihren Füßen, an Land in Sicherheit zu bringen“. In der Erwachsenensprache soll dieser Held die Bedeutung gemeinschaftlichen Handelns unterstreichen, bei dem sich geerdete Menschen zusammentun, um einander zu helfen und andere zu schützen.
Ein Gruppenfoto bei der Internationalen Konferenz „Integrated Research on Disaster Risk 2024 (IRDR)“, die am 22. und 23. Oktober 2024 in Beijing stattfand. (Foto vom Veranstalter zur Verfügung gestellt)
Die entscheidende Bedeutung der Sensibilisierung der Öffentlichkeit und der Einbindung der Gemeinschaft in die Präventionsmaßnahmen war auch ein wichtiger Konsens beim Treffen einer Gruppe junger Wissenschaftler aus aller Welt in Beijing. Die Zusammenkunft fand im Rahmen der internationalen Konferenz „Integrated Research on Disaster Risk 2024“ statt, kurz IRDR – ein wissenschaftliches Programm, das vom Internationalen Wissenschaftsrat (ISC) sowie dem UN-Büro für Katastrophenvorsorge (UNDRR) mitfinanziert wird. Professorin Yang Saini, neue Exekutivdirektorin des IRDR, eröffnete die Konferenz.
Vier Wissenschaftler aus Brasilien, China, Benin und Griechenland berichteten über das steigende Risiko widriger Klimaereignisse, auf das ihre Regierungen reagieren müssten. Eine fünfte Wissenschaftlerin, Nchini Livinus Wayih aus Kamerun, schilderte die Gefahren, die durch eine ausgedehnte Stadtentwicklung an den Flanken eines aktiven Vulkans entstehen. Erst 1999 habe dessen Ausbruch Gebäude in der Regionalhauptstadt Buea beschädigt, die inzwischen zu einer Stadt mit 300.000 Einwohnern angewachsen sei.
Vulkanausbrüche sind streng genommen natürlich keine Klimaereignisse, obwohl sie das Klima stark beeinflussen können. In den vergangenen 260 Millionen Jahren haben Vulkanausbrüche immer wieder zu massenhaftem Artensterben und einer Überhitzung des Planeten durch die Freisetzung von Kohlendioxid geführt. In jüngerer Zeit ließ sich allerdings beobachten, dass einzelne Ausbrüche wie der des Pinatubo auf den Philippinen 1991 und des Hunga Tonga in der Haʻapai-Inselgruppe im südlichen Pazifik 2022 die globalen Temperaturen sogar abgekühlt haben. Dies ist möglicherweise auf den Ausstoß von Staub in die Atmosphäre zurückzuführen.
Wie bei klimatischen Ereignissen lassen sich auch Katastrophen im Zusammenhang mit vulkanischen Aktivitäten durch die Einrichtung von Frühwarnsystemen vermeiden, welche die lokale Bevölkerung in die Risikobewertung und die Bemühungen um Schadensbegrenzung einbeziehen. Allerdings sind die Ressourcen hierfür in der Regel knapp, insbesondere in den Entwicklungsländern.
Angesichts der allgemeinen Kostenbeschränkungen ist die Entwicklung preisgünstiger Lösungen unerlässlich. Professorin Wu Shengnan von der Chongqing Academy of Governance erläuterte auf der IRDR-Konferenz, inwiefern Chinas Erfahrungen für andere Länder von Bedeutung sein könnten.
Am 7. August 2010 rauschte eine verheerende Schuttlawine einen Berghang im Kreis Zhouqu in Gansu hinab und zerstörte ein 500 Meter breites und fünf Kilometer langes Areal. 1501 Menschen starben, 264 werden bis heute vermisst.
Auslöser für die Gerölllawine war damals das Zusammenkommen gleich mehrerer außergewöhnlicher Ereignisse: Zum einen liegt der Kreis in einem zerklüfteten Gelände, das durch komplexe geologische Strukturen, weiches und zersplittertes Gestein und stark verwitterte Oberflächen gekennzeichnet ist. Zwei Jahre zuvor hatte sich außerdem das Erdbeben von Wenchuan ereignet, das die Gesteinsschichten noch weiter zerklüftet hatte.
Aber am bedeutsamsten war, dass das Gebiet in den neun Monaten zuvor unter beispiellosen Dürrebedingungen gelitten hatte, die dazu führten, dass die Böden austrockneten und zerbröckelten. Dann ereignete sich auch noch ein Jahrhundertsturm wie es ihn wohl nur alle 50 Jahre gibt, mit über 90 mm Niederschlag über Nacht. Die Landschaft verwandelte sich daraufhin in eine Schlammlawine, die Gebäude und ihre Bewohner im Schlaf unter sich begrub.
Es gab damals keinerlei Warnung, aber es hätte eine geben können. Heutzutage können Drohnen, optische Fernerkundung und Techniken wie das interferometrische Radar mit synthetischer Apertur (InSAR) eingesetzt werden, um eine Frühwarnung zu ermöglichen. Diese Methoden sind zwar teuer, aber teuer sind auch die möglichen Folgen eines Nichtstuns.
Daher setzte man beim Wiederaufbau des Kreises Zhouqu von Anfang an auf gute Prävention: Risikobewertung, Wiederaufbau in Gebieten mit geringem Risiko und Vorrichtungen zur sachgemäßen Ableitung künftiger Schuttströme in bebauten Gebieten.
Vielleicht noch wichtiger ist, dass China ein System der lokalen öffentlichen Beteiligung an der Überwachung und Warnung (PPMW) eingerichtet hat, das inzwischen fast 40.000 Gemeinden im ganzen Land abdeckt. Dieses PPMW-System beruht auf Aufklärung und einer aktiven Beteiligung der Bevölkerung.
Auf Dorfebene werden verantwortliche Beobachter ernannt und geschult. Sie sind mit der Aufgabe betraut, potenzielle Gefahrenherde regelmäßig zu überprüfen, mit steigender Frequenz, wenn die Wettervorhersagen dies erforderlich machen. Aufgabe dieser Beobachter ist es, das Dorfkomitee auf potenzielle Gefahren aufmerksam zu machen. Die Berichte werden dann an die Gemeinde weitergeleitet, um eine professionelle Risikoeinschätzung zu veranlassen. Alle Einwohner erhalten Informationen zur Gefahrenabwehr, samt Evakuierungsanweisungen und Notfallkontakten, sowie persönliche Rettungspläne, die die Bedürfnisse einzelner Haushalte berücksichtigen.
2018 kam es in der Nähe des Dorfes Boli in Sichuan zu einem ähnlichen Ereignis wie im Kreis Zhouqu. Ein Erdrutsch verschüttete fast 500 Hektar Ackerland und zerstörte 186 Häuser. Da jedoch das PPMW-System aktiv war, kam niemand ums Leben. Offiziellen Schätzungen zufolge hat das PPMW-System zwischen 2017 und 2019 knapp 100.000 Chinesen das Leben gerettet.
Auf derselben Sitzung der IRDR-Konferenz erläuterte Gouvidé Jean Gbaguidi vom Westafrikanischen Wissenschaftszentrum für Klimawandel und angepasste Landnutzung (WASCAL), wie der Klimawandel in Benin zu einer Vielzahl neuer Gefahren in verschiedenen Teilen des Landes führt. Im Süden von Benin nehmen Überschwemmungen und Küstenerosion zu. In Zentralbenin verschärfen sich Probleme wie Dürren und Buschbrände durch die intensive Landwirtschaft. Im Norden besteht eine tödliche Kombination aus Trockenheit und saisonalen Überschwemmungen. Ähnlich wie in Kamerun verschärft die rasche Verstädterung das Problem noch weiter. Zudem bieten die aus lokalen Materialien billig gebauten Häuser kaum Schutz vor Überschwemmungen.
Auch in den semiariden Regionen Brasiliens stellt die Trockenheit ein wachsendes Problem dar. Da Dürreereignisse aufgrund des Klimawandels immer häufiger auftreten und an Schwere gewinnen, wird der Zugang zu Wasser zunehmend problematisch. Lidiane Costa, Doktorandin an der São Paulo State University, konzentriert sich auf die Erforschung der Anfälligkeit von Menschen, die in städtischen Gebieten leben. Sie und ihr Team stellten fest, dass der Zugang zu Wasser selbst innerhalb von Städten stark variiert. Ein entscheidender Einflussfaktor für die Anfälligkeit war und ist hier oft das Thema Armut: gemeinsame Unterbringung, keine Badezimmer oder Wasserleitungen sowie niedrige Einkommen.
In Griechenland wüten derweil immer häufiger Brände und Überschwemmungen. Zudem erlebt das Land jährlich über 300 schwere Erdbeben. Chrysoula Chitou, Doktorandin an der Universität Ioannina, berichtete über die gemeinsame Arbeit mit Professorin Stella Tsani von der Universität Athen. Sie erörterte die politischen Rahmenbedingungen der Europäischen Union und erläuterte, wie die griechische Regierung versucht, robuste Regulierungsrahmen zu schaffen, um Hochwasser- und Brandrisiken bewerten und bewältigen zu können.
Griechenland ist eines von fünf europäischen Pilotgebieten, die versuchen, auf Waldbrände zu reagieren, indem sie gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Belange bei der Bewertung, Reduzierung und Anpassung an die neue Normalität berücksichtigen. In dieser Hinsicht gibt es einige Parallelen zum chinesischen PPMW-System.
Wie Chitou erklärte, steht Griechenland vor einigen Herausforderungen, die auch von anderen auf dem Seminar vertretenen Ländern geteilt werden. Die politischen Zuständigkeiten seien in Griechenland oft auf verschiedene Ministerien verteilt, was zu mangelnder Koordination führe, sagt sie. „Gesetze zur Landnutzung und Stadtplanung werden nicht konsequent umgesetzt, da die lokalen Behörden nicht über die erforderlichen Mittel und das technische Fachwissen verfügen oder unter den Druck spezieller Interessengruppen geraten.“ Kurzfristige politische Prioritäten, die manchmal von Wahlerwägungen getrieben würden, hätten oft Vorrang vor dem scheinbar weniger unmittelbaren Bedarf an größerer Widerstandsfähigkeit, so die Forscherin. Auch das öffentliche Engagement halte sich – trotz der Bemühungen zur Sensibilisierung der Bevölkerung – in Grenzen. „Die Menschen scheinen nicht zu begreifen, wie wichtig es ist, die Leitlinien zu befolgen“, sagt sie. Das gelte insbesondere, wenn diese Leitlinien individuellen Interessen zuwiderliefen. „Ich denke da etwa an erschwingliche Immobilien oder Häuser mit See- oder Bergsicht.“ Angesichts verlockender Preise oder schöner Aussicht gerieten Präventionsgedanken schon mal aus dem Blick.
Chinas PPMW-System funktioniert, weil China eine wohlgeordnete Gesellschaft ist. Die partizipative Regierung reicht bis ins Dorf. Lokale Entscheidungen sind eher die Regel als die Ausnahme.
In China gehen die Menschen davon aus, dass Beamte im öffentlichen Interesse handeln. Sie sind daher bereit, Anweisungen zu befolgen und haben sich schon immer für gemeinsame Ziele eingesetzt. Die zentrale Stellung der Kommunistischen Partei Chinas bedeutet, dass strategische Planung nicht nur möglich ist, sondern auch zu nachweisbaren Erfolgen führt: geringere Risiken, größere Widerstandsfähigkeit, Rettung von Menschenleben.
Das macht China zu etwas Besonderem. Anderen Ländern dürfte es jedoch schwer fallen, in Chinas Fußstapfen zu treten.
*ROBERT WALKER ist emeritierter Professor und emeritierter Fellow des Green Templeton College der Universität Oxford. Er ist Professor an der Jingshi Academy der Beijing Normal University und Fellow der Royal Society of Arts sowie der Academy of Social Sciences in Großbritannien.
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