Benard Ayieko
Vom 5. bis 10. November war China Gastgeber der fünften China International Import Expo, kurz CIIE. In diesem Jahr stand das Messeevent unter dem Motto „Globale Öffnungsimpulse setzen, Kooperationschancen gemeinsam nutzen“. Die erste CIIE öffnete im Jahr 2018 ihre Pforten. Im Laufe der Jahre hat sich das Messeevent, das traditionell im Nationalen Ausstellungs- und Kongresszentrum in Shanghai stattfindet, zu einem jährlichen Pflichttermin für viele Aussteller und Besucher aus aller Welt gemausert – mit massiven positiven Auswirkungen auf den Welthandel. Die CIIE ist zu einem wichtigen Kanal für internationale Geschäfte, verstärkte Zusammenarbeit und die Generierung gemeinsamen Wohlstands gereift.
Die Veranstaltung ist ein klarer Beweis dafür, dass sich China unter Führung von Staatspräsident Xi Jinping dafür einsetzt, gemeinsame Marktchancen mit anderen Ländern zu schaffen. Die diesjährige Expo kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die Welt noch immer mit COVID-19 und den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie kämpft, insbesondere den nachteiligen Auswirkungen auf die globalen Lieferketten.
Strategischer Pfeiler im chinesisch-afrikanischen Handel
Insbesondere für die afrikanischen Länder ist die CIIE eine große Chance. Sie dient für die Staaten Afrikas als wichtiger Katalysator, um ihre Exporte und Zahlungsbilanzen neu auszurichten, ja das Wirtschaftswachstum und die Entwicklung anzukurbeln. Viele afrikanische Länder sind Nettoimporteure mit enormen Handelsdefiziten. Die CIIE fungiert daher als fruchtbarer Boden für die Erweiterung ihrer Märkte und die Schaffung neuer Partnerschaften bei der Wertschöpfung. Ziel ist es, Zugang zu Waren und Dienstleistungen zu erhalten, die auf den heimischen Märkten dieser Länder nicht erhältlich sind. Die Verfügbarkeit dieser Güter zu wettbewerbsfähigen Preisen bietet den afrikanischen Verbrauchern mehr Auswahl, schärft ihren Geschmack und erweitert ihre Vorlieben. Die CIIE ist dabei nicht nur ein Marktplatz für Waren und Dienstleistungen auf internationaler Ebene. Sie fungiert vielmehr auch als Triebkraft für wettbewerbsfähige Preise auf den Binnenmärkten vieler afrikanischer Staaten. Und das spüren afrikanische Verbraucher direkt im Geldbeutel.
Fünf Jahre nach ihrer Premiere ist die CIIE also heute ein wichtiger strategischer Eckpfeiler der chinesisch-afrikanischen Handelsbeziehungen. Nach Daten der Hauptzollverwaltung Chinas ist der Handel zwischen China und Afrika allein zwischen 2020 und 2021 von 186,97 Milliarden US-Dollar auf 254,3 Milliarden US-Dollar geklettert. Das entspricht einem Wachstum von 35,3 Prozent knapp zwei Jahre nach der Eröffnungsexpo 2018. In der ersten Jahreshälfte 2022 sind die Handelsströme zwischen China und Afrika noch einmal um 16,6 Prozent bzw. 137,38 Milliarden US-Dollar gestiegen. Im gleichen Zeitraum beliefen sich die neu hinzugekommenen Investitionen Chinas in Afrika auf 2,17 Milliarden Dollar. Eine Analyse der Handelsgüter zeigt, dass China seit der Einführung der CIIE zunehmend Agrar- und Industrieprodukte aus Afrika importiert. Umgekehrt führt der Kontinent aus China Produkte wie Kleidung, Elektrogeräte und fortschrittliche Technologien ein. Chinas Handel mit Afrika hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten verzwanzigfacht. Doch das Handelsdefizit fällt nach wie vor weitgehend zugunsten Chinas aus.
Angesichts dieses Ungleichgewichts bietet die CIIE den afrikanischen Ländern eine Chance, ihre Ausfuhren nach China und auf andere globale Märkte zu steigern. Angola, Südafrika und die Demokratische Republik Kongo gehören derzeit zu den größten afrikanischen Exporteuren nach China, während Ägypten und Nigeria große Importeure chinesischer Produkte sind. Die CIIE öffnet für den afrikanischen Kontinent das Tor zu einem riesigen, lukrativen Markt mit 1,4 Milliarden Menschen. Vor Ort in Shanghai zu sein, steigern die Bekanntheit afrikanischer Marken und die Nachfrage nach afrikanischen Produkten auf dem chinesischen Markt.
Greifbar nah: Agrarprodukte aus Afrika sind am 7. November im CIIE-Messebereich für Lebensmittel und Agrarprodukte ausgestellt. (Foto: Dong Ning)
Plattform für Produkte „Made in Africa“
Die CIIE bietet Afrika die Möglichkeit, sich wirtschaftlich noch einmal neu aufzustellen, um bestehende Handelsdefizite nicht nur mit China, sondern auch mit anderen Ländern und Regionen der Welt auszugleichen. Hierzu trägt letztlich auch die Zusage Chinas bei, Waren im Wert von 300 Milliarden US-Dollar direkt aus afrikanischen Ländern zu importieren, die China auf der 8. Ministerkonferenz des Forums für Chinesisch-Afrikanische Zusammenarbeit im November 2021 abgegeben hat.
Für die afrikanischen Länder bietet die CIIE eine Plattform, auf der afrikanische Unternehmen heimische Produkte ausstellen können, um für ihre Marken zu werben und neue Geschäftspartner zu finden, nicht nur unter chinesischen Unternehmen, sondern auch mit anderen Ausstellern aus aller Welt. Die Messe ist zudem auch eine Chance, Nischenmärkte für weniger bekannte afrikanische Exportprodukte in China zu erschließen. Botswana und Sambia sind einige der afrikanischen Länder, die sich an vorderster Front für diese Art der Wirtschaftszusammenarbeit mit der Volksrepublik einsetzen.
Im technologischen Bereich ist China bereits ein wichtiger Partner für Afrika, insbesondere im verarbeitenden Gewerbe. Chinesische Technologie bringt große Vorteile für die Herstellung international wettbewerbsfähiger Produkte. China verfügt heute über fortschrittliche Technologien in Bereichen wie Forschung, Ingenieurwesen und auch Informations- und Kommunikationstechnologie, die allesamt nach wie vor eine entscheidende Rolle bei der Herstellung von Exportgütern spielen. Technologien aus China helfen außerdem, brachliegende Rohstoffe und natürliche Ressourcen zu erschließen. Und diese wiederum spielen für das BIP-Wachstum der meisten afrikanischen Volkswirtschaften eine Schlüsselrolle.
Auch wenn die Geschäftssprache universell sei mag, trägt doch die Interaktion mit chinesischen Unternehmen (und damit auch mit globalen Ausstellern) auf der CIIE letztlich auch in gewisser Weise dazu bei, interkulturelle und sprachliche Barrieren abzubauen, die manchmal noch immer ein Handelshemmnis für afrikanische Exporteure darstellen. In diesem Zusammenhang hat sich die Einrichtung von Konfuzius-Instituten in Afrika als lohnenswert erwiesen. Hier wird unter anderem modernes Chinesisch in Wort und Schrift unterrichtet. Die Kultureinrichtungen sind ebenfalls ein wichtiger Motor für den chinesisch-afrikanischen Handel. Der wachsende Austausch zwischen Geschäftsleuten beider Seiten wird die Handelsbeziehungen in Zukunft sicher noch weiter beflügeln.
Die Erfolge der bisherigen Importmessen in Shanghai sprechen für sich. Südafrika beispielsweise hat dank der CIIE als erstes afrikanisches Land eine Exportlizenz für Rindfleisch nach China erhalten. Auch bei den Einfuhren von südafrikanischen Mineralien, Früchten, Wein und Meeresprodukten zeigt sich ein klarer Aufwärtstrend. Äthiopien hat derweil sein Kaffeegeschäft mit China ausgeweitet, und zwar durch E-Commerce. Und Kenia und Mosambik machen Fortschritte beim Export von verarbeiteten Agrarprodukten nach China.
Die CIIE bietet den afrikanischen Ländern die Möglichkeit, neue Marken auf dem chinesischen Markt einzuführen und bestehende zu relaunchen, den Bekanntheitsgrad afrikanischer Handelsmarken zu erhöhen, Händler zu treffen und Verträge abzuschließen. Das erweitert Afrikas geschäftlichen Einfluss auf der internationalen Bühne und die Business-Netzwerke. Insbesondere aufstrebenden Volkswirtschaften wie Kenia, Senegal, der Elfenbeinküste, Äthiopien, Ruanda und Ghana bietet das internationale Messeevent die Chance, Exportmöglichkeiten auf dem chinesischen Markt auszuloten. Chinas weitere Marktöffnung für die afrikanischen Länder macht Hoffnung, dass die künftigen CIIE-Messeevents in Shanghai Afrikas Handel nicht nur mit China weiter ankurbeln werden, sondern auch mit anderen Ländern und Regionen in aller Welt. Man darf also gespannt sein.
*Benard Ayieko stammt aus Kenia und arbeitet als Ökonom, Berater und regionaler Kommentator für Handel und Investitionen in Nairobi.