„Verlässlichkeit und Vertrauen - diese beiden Werte spielen in der deutschen und chinesischen Kultur eine wichtige Rolle. Sie sind gleichzeitig Grundlage für diplomatische Beziehungen und politische Partnerschaften. Es ist gut, dass wir uns persönlich getroffen und gesprochen haben.“ Mit diesen Worten zog Bundeskanzler Olaf Scholz eine kurze Bilanz über seinen Besuch in China und sein Treffen mit Staatspräsident Xi Jinping auf dem Nachrichtendienst Twitter. Gerade auch vor dem Hintergrund unschöner Angriffe aus Teilen der deutschen Politik und der Medienlandschaft gegen die Reise des Bundeskanzlers.
Ich denke einmal, das positive Fazit hängt auch mit der Begrüßung des deutschen Bundeskanzlers durch Staatspräsident Xi Jinping zusammen. Xi hatte dabei mit herzlichen Worten an die erste persönliche Begegnung beider 2017 in Hamburg erinnert und weiter ausgeführt, Scholz sei der erste europäische Führungspolitiker, der China nach dem 20. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas besuche. Er bewertete dies als Ausdruck des guten Wunsches von Scholz nach der weiteren Entwicklung der chinesisch-deutschen Beziehungen. Xi sei überzeugt, dass dieser Besuch dazu beitragen werde, sich einander besser verstehen zu lassen und einander besser vertrauen zu können.
Präsident Xi erinnerte an das 50. Jubiläum der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern. Die Geschichte der 50 Jahre zeige, dass man nicht von der grundlegenden Richtung der bilateralen Beziehungen abweiche und festen Schrittes vorangehe, wenn man sich stets gegenseitig respektiere, trotz Unterschieden immer nach Gemeinsamkeiten suche, voneinander lerne und zum beiderseitigen Nutzen zusammenarbeite. Und im Hinblick auf die momentanen großen Umbrüche und Unwägbarkeiten der internationalen Lage seien China und Deutschland als Länder mit großem Einfluss mehr denn je gefordert, enger zu kooperieren und mehr Beiträge zur Wahrung des Friedens und zum Wachstum der Welt zu leisten.
Natürlich sprach Xi auch die für Deutschland so wichtige Wirtschafts- und Handelskooperation an. Nicht ohne Grund wurde der deutsche Bundeskanzler von Repräsentanten von Unternehmen begleitet, die zum Fundament deutscher Volkswirtschaft gehören, ich nenne da nur als wenige Beispiele BMW, Volkswagen, Siemens, BASF und auch BioNTech. Die deutsche Seite wird hier mit besonderer Genugtuung die Ausführungen Xis zur Kenntnis genommen haben: Durch die ständige Vertiefung der pragmatischen Zusammenarbeit in den vergangenen 50 Jahren sei der bilaterale Handel um das fast 1.000-Fache gestiegen, was der sozioökonomischen Entwicklung beider Länder gedient habe. Beide Seiten sollten den „Kuchen“ der gemeinsamen Interessen weiter vergrößern, indem sie das Potenzial der Zusammenarbeit in traditionellen Bereichen ausbauten und gleichzeitig die Kooperation in neuen Bereichen wie neue Energien, Künstliche Intelligenz und Digitalisierung aktivierten.
Hierzu bemerkte der deutsche Bundeskanzler: Deutschland unterstütze nachdrücklich die Handelsliberalisierung sowie die wirtschaftliche Globalisierung, lehne eine „Abkopplung“ ab und wolle die Wirtschafts- und Handelskooperation mit China weiter vertiefen. Dies sind sehr wichtige Sätze, gerade gegenüber denjenigen Kräften, die systematisch auf eine Abschottung und auf den Aufbau von Fronten hinarbeiten.
Die Palette der in den Gesprächen festgestellten Gemeinsamkeiten reicht aber noch weiter. So etwa bei der Bewältigung des Klimawandels, dem Schutz der biologischen Vielfalt sowie der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie und der Nahrungsmittelkrise. In Sachen Pandemiebekämpfung hat man etwa eine engere Zusammenarbeit zwischen dem deutschen Robert Koch-Institut und der chinesischen Seite vereinbart, die chinesische Seite hat eine erste limitierte Zulassung von Impfstoffen des deutschen Herstellers Biontech/Pfizer erteilt. Oder: man hat einen bilateralen Klima- und Transformationsdialog vereinbart. Auch die Vorarbeiten für ein weltweites Biodiversitätsabkommen wollen Deutschland und China gemeinsam vorantreiben. Als Gesamttenor des Treffens kann man festhalten, dass sich China und Deutschland in gemeinsamer globaler Verantwortung sehen.
Über das positive Reisefazit von Olaf Scholz habe ich mich als ein deutscher Bürger sehr gefreut. Dies ganz besonders vor dem Hintergrund der unschönen Angriffe gegen Olaf Scholz aus Deutschland wegen dieser Reise. Sogar die amtierende Außenministerin meinte, dem Bundeskanzler aus dem fernen Taschkent besserwisserische Ratschläge geben zu müssen. Aus dem Herzen gesprochen hat mir daher der unabhängige Journalist Gabor Steingart, früherer Redakteur des Spiegels und Chefredakteur des Handelsblattes. Der hatte im Vorfeld des Besuches ausgeführt: „Die Amerikaner drängen die Deutschen zum Bruch mit ihrer bisherigen Chinapolitik. Uncle Sam ruft uns über den Atlantik zu: We want you! Bei FDP und Grünen, aber auch bei Jens Spahn und Friedrich Merz stoßen die USA damit auf eine heftige Nickbewegung.“ Und er warnte vor dem negativen Einfluss der USA auf Deutschland. Amerikas Decoupling-Konzept sei für uns ein Inflationstreiber aller erster Güte. Seine Empfehlung für Olaf Scholz war, auf seine Reise das Buch Nationale Interessen seines Parteifreundes Klaus von Dohnanyi mitzunehmen. Der hatte nämlich scharfsinnig belegt, die Interessen der USA seien immer hart geopolitisch und ökonomisch begründet: Die Verschleierung ihrer Machtinteressen mit humanitären Argumenten habe in den USA Tradition und dürfe uns nicht täuschen. Ich denke einmal, auch Gabor Steingart wird mit dem Ergebnis des Treffens zwischen Staatspräsident Xi Jinping und Bundeskanzler Olaf Scholz zufrieden sein.
Der Autor ist Ministerialdirigent a.D. (Land Hessen), Mitglied des Justizprüfungsamtes Hessen a.D. und Beirat der CIIPA des Handelsministeriums der VR China. Die Meinung des Autors spiegelt die Position unserer Webseite nicht notwendigerweise wider.