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Sichuans Pandadörfer: Wo Umwelt- und Naturschutz Wohlstand bringen

2023-06-05 16:00:00 Source:german.chinatoday.com.cn Author:Ma Li
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Etwas versteckt im Kreis Baoxing, der zur Stadt Ya'an gehört, befindet sich die katholische Dengchigou-Kirche, ein geschichtsträchtiger Ort. Sie gilt nicht nur als wissenschaftliche Entdeckungsstätte des ersten Riesenpandas der Welt, sondern ist auch der Ursprung des ersten ausgestopften Pandas, der in Europa zu sehen war, sowie die Wiege der weltweiten Panda-Kultur.  

  

Seit einigen Jahren setzt das neue Panda-Dorf in Dengchigou, das hier im Kreis liegt, auf ein neues Entwicklungsmodell, eine Kombination aus Panda-Tourismus und ökologischer Landwirtschaft. Diese Art der nachhaltigen Entwicklung hat das Antlitz des Dorfes verändert und dabei geholfen, ein stabiles Einkommen für die Einheimischen zu generieren. 

 

  


Traumhafte Kulisse: Das malerische Antlitz des neuen Pandadorfs Dengchigou (Foto: Zhang Jinghai) 

  

Öko-Tourismus zum Wohl der Dorfbewohner 

  

Huang Tao ist einer der jungen Leute, die in das neue Pandadorf zurückgekehrt sind, mit dem Ziel, ein eigenes Geschäft aufzubauen. „Früher lebten die Einheimischen hier über Generationen von den Naturressourcen der Berge und Gewässer. Zum Schutz der Pandas und der Natur haben wir uns nun größtenteils aus den Bergen zurückgezogen. Doch dadurch ist keineswegs die Lebensgrundlage weggebrochen, wie man vielleicht meinen könnte. Stattdessen leben wir hier im Dorf nun gut vom Tourismus, genauer gesagt von der Panda-Wirtschaft“, sagt der 32-Jährige. Anstatt sich fern der Heimat in der Großstadt zu verdingen, entschieden sich heute viele junge Leute, im Ort zu bleiben und von den Vorteilen der neuartigen Wirtschaft zu profitieren, sagt er. 

  

Vor seiner Heimkehr betrieb Huang in Ya'an ein eigenes Unternehmen. „Die Geschäfte liefen zwar gut, aber ich hatte trotzdem kein wirkliches Zugehörigkeitsgefühl in der Stadt“, bedauert der Jungunternehmer. 2020 begann der Kreis Baoxing dann, den ländlichen Tourismus zu fördern. Das spornte junge Menschen an, nach Baoxing zurückzukehren. Huang und weitere 32 Familien nutzten die Chance und stiegen ins Tourismusgeschäft ein. Dank der Fördermaßnahmen der lokalen Regierung, des guten Rufs von Dengchigou und der lokalen ökologischen Vorteile gelang es ihnen, im Bereich des Agrotourismus durchzustarten. 

  

Auch Li Yunjun sprang auf diesen Zug auf. Der junge Mann eröffnete ein kleines Gasthaus im neuen Pandadorf. Während der Feiertage rund um den 1. Mai empfing er in diesem Jahr zahlreiche Touristen. Örtliche Spezialitäten wie Baoxing-Speck und Huhn mit grünem Pfeffer haben sich inzwischen auch überregional einen Namen gemacht. Früher lebte Liu in den Bergen von Dengchigou und versorgte seine Familie mit seinem Gehalt als LKW-Fahrer. Nur einige Zehntausend Yuan waren das pro Jahr, und die mussten für alle reichen. Nach dem Umzug in das Pandadorf eröffneten er und seine Frau das Gasthaus, das ihnen nun jährlich über 200.000 Yuan (rund 26.000 Euro) einbringt. „Als Kraftfahrer war mein Job auch stark wetterabhängig. Heute arbeite ich direkt von zuhause aus und verdiene zudem mehr Geld. Diese Veränderungen verdanke ich letztlich dem Schutz der Pandas“, sagt er. 

  

Um die Qualität des Ökotourismus zu verbessern und die Dienstleistungen des neuen Pandadorfs zu verfeinern, hat die lokale Regierung ein Unternehmen in die Gegend gebracht, das sich auf erstklassige Unterkünfte und Wellness spezialisiert hat. Dieser Schritt zielt darauf ab, alle Gasthäuser im Dorf durch fortschrittliches Management und eine moderne Geschäftsphilosophie auf ein höheres Niveau zu heben. Den Dorfbewohnern zufolge hat die Ansiedlung der Firma nicht nur die Entwicklung der örtlichen Herbergen angekurbelt und eine führende Marke geschaffen. Vielmehr trägt der frische Wind von außerhalb auch dazu bei, das Image des Dorfes als touristische Destination zu steigern und seine Aufnahmekapazität zu erhöhen. „Das Dorf hat eine qualitativ hochwertige Entwicklung vollzogen und im Zuge dessen auch mehr Arbeitsplätze für junge Menschen geschaffen“, sagt Unternehmer Li Yunjun.  

 

Im Jahr 2022 überstieg das Pro-Kopf-Einkommen des neuen Pandadorfes trotz der Auswirkungen von COVID-19 mehr als 18.000 Yuan, rund 2400 Euro also. Um dem Dorf neuen Aufschwung zu verleihen, hat Huang Tao in diesem Jahr die Initiative ergriffen, 0,67 Hektar mit lokalen Yamswurzeln zu bepflanzen und 100 Schweine zu züchten. Sein Plan: die Touristen nicht nur mit köstlichem Essen vor Ort zu verwöhnen und zum Verweilen einzuladen, sondern auch zum Kauf von lokalen Spezialitäten als Mitbringsel anzuspornen. 

 

  


Touristenattraktion: Im Dorf Wannian sieht man überall süße Panda-Elemente. (Foto: Yu Xiangjun)  

  

Wannian im ökologischen Übergang 

  

Das Dorf Wannian in der Gemeinde Longcanggou im Kreis Yingjing liegt am südlichen Eingang des Riesenpanda-Nationalparks. Ähnlich wie in Dengchigou beschert der Naturpark den Einheimischen gute Geschäfte. Allmählich können sie ausschließlich von den Einnahmen im Zusammenhang mit den Pandas leben. 2022 erreichte ihr Pro-Kopf-Einkommen 19.000 Yuan (rund 2500 Euro) und das Gesamteinkommen des Dorfes belief sich auf 640.000 Yuan (rund 84.000 Euro), was einem Anstieg von 275 Prozent im Jahresvergleich entspricht, fast einer Verdreifachung also. Das Dorf möchte den Panda-Kulturtourismus als Sprungbrett nutzen, um die Gesamteinnahmen in diesem Jahr auf über eine Million Yuan zu steigern 

  

Das „Momo-Haus“ im Dorf Wannian ist in der Region wohlbekannt. Das Wort „Momo“ stammt aus dem Shanhaijing („Buch der Berge und Meere“) und ist eine der alten chinesischen Bezeichnungen für den Panda. Wang Yonggang, Reiseführer im Panda-Nationalpark, erklärt uns, dass man 2022 eine animierte Figur namens Momo eingeführt und eine Reihe von Projekten aus der Taufe gehoben habe, die Wissenschaft und Unterhaltung miteinander verbinden. Zu diesem Infotainmentangebot zählten zum Beispiel die Multimedia-Ausstellungshalle und das Jugendaktivitätszentrum des Parks. Das digitale Maskottchen gebe den Tourismusprogrammen eine unverwechselbare Note. Momo sei zu einem Markenzeichen des Ortes geworden. 

  

Vor etwa zehn Jahren sah das Dorf Wannian noch ganz anders aus. „Damals war der Kohleabbau sehr umweltbelastend: Kohlereste gelangten in die Bäche, wodurch sich das Flusswasser schwarz färbte und nicht mehr trinkbar war“, erinnert sich der 56-jährige Tao Yonghu. Er ist stellvertretender Sekretär der Parteizelle von Wannian. Holz, Gestein und Wasser bildeten einst das wirtschaftliche Rückgrat des Dorfes sowie auch des Kreises Yingjing. Der übermäßige Raubbau dieser Rohstoffe fügte der örtlichen Umwelt jedoch schwere Schäden zu. In diesem Kontext war ein ökologischer Wandel dringend erforderlich. 

  

2017 startete die Provinz Sichuan das Pilotprogramm des Nationalparkmechanismus für den Riesenpanda. Knapp die Hälfte der Fläche des Kreises Yingjing, genauer gesagt 48,7 Prozent, ist heute Teil des Nationalparks. „Auch das Dorf Wannian gehört dazu. Das Wasserkraftwerk, Kohleminen und Holzverarbeitungsfabriken - all diese Anlagen wurden im Dorf geschlossen. Plötzlich standen die Dorfbewohner erst einmal ohne Einnahmequellen dar, das war natürlich anfangs ein Schock. Doch die ökologische Wende brachte auch neue Chancen für nachhaltiges Wirtschaften“, sagt Tao. 

 

  


Alles steht im Zeichen des Pandas: Die Rezeption eines Gasthauses im Dorf Wannian (Foto: Yu Xiangjun) 

  

Im selben Jahr verließ Tao Yonghu die Kohleminen, um mit den Dorfbewohnern im Bereich der ökologischen Landwirtschaft zusammenzuarbeiten. Aus „Ressourcennehmern“ sollten „Ressourcenschützer“ werden, die die grünen Hügel und das klare Wasser im Ort wie ihren Augapfel hüteten. Gemeinsam pflanzte man 33 Hektar Bambus an. In den letzten drei Jahren hat das Dorf über 400.000 Yuan (rund 53.000 Euro) an Subventionen für den Bambusanbau bereitgestellt und eine neue Pflanzfläche von über 200 Hektar erschlossen. 45 Prozent der Dorfbewohner sind an dem Projekt beteiligt. In diesem Jahr hat Wannian ein weiteres, 33 Hektar großes Tourismusgebiet eingerichtet, das eine Plantage zum Selbstpflücken von Bambussprossen, langläufige Wanderwege und ein Bambusmuseum umfasst. So wurden noch einmal neue Einkommensquellen geschaffen. 

  

„Die Bambusindustrie ist nur der erste Schritt in der Entwicklung des Dorfes. Weitere ,pandafreundliche Industrien‘ sollen folgen. Genau wie die Pandas, sind wir nun auf Bambus angewiesen, um Wohlstand zu erreichen“, betont Bi Han, der erste Sekretär der Dorfparteizelle. 

 

  


Naturhighlight: Der Eingang des Panda-Nationalparks im Dorf Wannian (Foto: Yu Xiangjun) 

 

Solides kulturelles Fundament 

  

Um sich vor Ort ein wissenschaftliches Bild zu machen, besuchte auch Xie Qiang, Direktor des Instituts für Ökologie an der Sichuan Academy of Environmental Sciences, schon mehrmals die beiden neuen Pandadörfer Dengchigou und Wannian. Mit der offiziellen Gründung des Panda-Nationalparks seien die traditionellen Industrien für Wasserkraft, Holz und Mineralien in den Kreisen Yingjing und Baoxing zurückgegangen, so seine Analyse. „Nach einer schmerzhaften Übergangszeit haben diese Orte nach und nach einen grünen und nachhaltigen Entwicklungspfad eingeschlagen, der die ländliche Wirtschaftsentwicklung und den Aufbau des Nationalparks gleichermaßen fördert, was es den Menschen nun ermöglicht, auf ein wohlhabendes Leben zuzusteuern“, so sein Fazit. 

  

Der Journalist der Ya'an Daily Gao Fuhua, der sich als „Panda-Journalist“ einen Namen gemacht hat, zeigt sich ebenfalls sehr optimistisch in Bezug auf die Panda-Wirtschaft. Diese habe hier in der Region ein solides kulturelles Fundament. „In Anlehnung an ein Kulturelement aus dem ,Shanhaijing‘ ist es dem Kreis Yingjing gelungen, sich eine digitale kulturelle Identität zu schaffen. Während sich der Kreis Baoxing, die wissenschaftliche Entdeckungsstätte des ersten Pandas der Welt, anhand des einzigartigen kulturellen Aushängeschilds Heimat des Pandaserfolgreich einen Namen gemacht hat. Diese Dinge bilden gute Grundlagen für die weitere hochwertige Entwicklung des Ökotourismus hier vor Ort“, sagt er.   

 

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