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Burkhard Risse: Von Begeisterung für Chinesisch zum Einsatz für Kulturaustausch

2023-04-05 10:33:00 Source:german.china.org.cn Author:Ren Bin
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Am Montag, den 3. April, fand in Beijing der Kongress des Chinesischen Übersetzerverbandes 2023 statt. Der Preis „Hervorragender ausländischer Übersetzer für Werke in chinesischer Sprache“ ging unter anderem an den deutschen Übersetzer und Lektor Burkhard Risse vom Verlag für fremdsprachige Literatur. Der 49-Jährige hat sich um die Übersetzung und Herausgabe der deutschen Ausgabe von „Xi Jinping: China regieren“ sowie von Weißbüchern verschiedener chinesischer Regierungsstellen verdient gemacht. Zu seinen Werken gehören auch Übersetzungen zu kulturellen Themen. Im Anschluss an den Kongress führte China.org.cn ein Interview mit dem Preisträger, der sich besonders für die chinesische Sprache und das Übersetzen begeistert.

 

 


Die Preisverleihung für den „Hervorragenden ausländischen Übersetzer für Werke in chinesischer Sprache“ an Burkhard Risse auf dem Kongress des Chinesischen Übersetzerverbandes 2023 (Mit freundlicher Genehmigung vom Chinesischen Übersetzerverband)


China.org.cn: Herr Risse, ich gratuliere Ihnen zur Verleihung des Preises „Hervorragender ausländischer Übersetzer für Werke in chinesischer Sprache“. Was halten Sie von dem Titel?

 

Burkhard Risse: Dieser Titel ist eine gute Motivation für Nachwuchsübersetzer, größere Beiträge zur Vermittlung des modernen China zu leisten. Das zeigt auch, dass China über eine sehr gute „Infrastruktur“ für Übersetzung verfügt, wie den Verlag für fremdsprachige Literatur oder den Übersetzerverband, die die Übersetzungsprojekte fördern.

 

Wenn man von „Herausragenden ausländischen Übersetzerinnen oder Übersetzern“ spricht, denke ich aber vor allem an Eva Schestag, die 6 Jahre an der ersten Komplettübersetzung von „Die Drei Reiche“ (2017) gearbeitet hat, oder Eva Lüdi Kong, die „Die Reise in den Westen“ (2016) im Laufe von 14 Jahren übersetzt hat. Aber so erfreulich es ist, dass neuere Übersetzungen von Klassikern erscheinen, so wichtig ist es auch, dass das moderne China stärker bekannt gemacht wird. Dafür habe ich bisher einen bescheidenen Beitrag geleistet.

 

Können Sie bitte kurz erzählen, wie Sie zur chinesischen Sprache und zum Übersetzen vom Chinesischen ins Deutsche gekommen sind?

 

Schon in der Schulzeit habe ich mich besonders für Fremdsprachen begeistert. Früh war mir klar, dass ich ein Fremdsprachenstudium absolvieren wollte und war besonders von geheimnisvollen, fremden Schriftsystemen fasziniert, am meisten von den chinesischen Schriftzeichen. Diese haben Jahrtausende überdauert und sind wie ein Fenster in frühere Epochen.

 

Außerdem konnte ich mir damit einen anderen, ganz eigenen und bedeutenden Teil der Weltkultur erschließen, der in den Bildungssystemen und Medien der westlichen Länder oft übersehen oder wegen der Schwierigkeiten der Sprache übergangen wird. Die philosophischen Denkschulen des Alten China sind unergründlich und können eine ganze Forschungslaufbahn ausfüllen.

 

An der Ruhr-Universität Bochum habe ich einige Zeit als Assistent am Richard-Wilhelm-Übersetzungszentrum gearbeitet und hunderte von Literatur-Übersetzungen aus dem Chinesischen ins Deutsche katalogisiert. Die vielen Beispiele berühmter Literaturübersetzungen haben mich besonders begeistert. Nach jahrelanger Tätigkeit als Sprachlehrer habe ich mich schließlich für Chinesisch-Deutsch-Übersetzung entschieden, weil ich der Meinung war, dass ich als Übersetzer einen größeren Beitrag für den Kulturaustausch leisten kann.

 

Wie ist es Ihnen gelungen, Ihre Sprachkenntnisse und Übersetzungsfähigkeiten kontinuierlich zu verbessern?

 

Schon bevor ich meine Stelle als Übersetzer beim Verlag für fremdsprachige Literatur in Beijing angetreten habe, hatte ich die Gewohnheit gepflegt, zur Verbesserung meiner Sprachkenntnisse zwei- oder mehrsprachige Veröffentlichungen zu studieren, z.B. die Weißbücher des Verlags oder dieselben Berichte von China.org.cn oder Radio China International in verschiedenen Sprachversionen. Seit ich die Stelle angetreten habe, muss ich für neue Begriffe durch intensive Recherche selbst eine passende deutsche Übersetzung erarbeiten.

 

Auch in meiner Freizeit ist das vergleichende Lesen die wichtigste Beschäftigung. Ich mag chinesische Gesellschaftsromane und Familiensagen, aber am interessantesten ist Science-Fiction, wie z. B. „Die drei Sonnen“ und „Die wandernde Erde“ von Liu Cixin, die auch Chinas neue Rolle als Weltraumnation widerspiegeln.

 

Nicht so spannend wie Science-Fiction, aber unentbehrlich sind Fernsehserien über das alltägliche Leben der Chinesen, um über die neuesten Trends auf dem Laufenden zu sein.

 

Sie haben an der Übersetzung und Überarbeitung von politischen Werken mitgewirkt. Was sind Ihrer Meinung nach die Besonderheiten und Schwierigkeiten beim Übersetzen politischer Literatur?

 

Politische Erklärungen und Fachtexte sind oft sehr abstrakt und die ausländischen Leser können sich nicht vorstellen, was politische Entscheidungen konkret für die einfachen Menschen bedeuten.

 

Was chinesische politische Reden angeht, stößt man bei der Übersetzung oft auf Bandwurmsätze, die bei einer direkten Übersetzung noch länger und unverständlicher würden, da das Deutsche längere Satzkonstruktionen benötigt und manche komprimierten Fachbegriffe genauer erklärt werden müssen, sofern keine Anmerkungen vorgesehen sind. Begriffe wie das „Vierfache Bewusstsein“ oder das „Vierfache Selbstvertrauen“ müssen z.B. oft zusätzlich erläutert werden.

 

 


Burkhard Risse auf dem Kongress des Chinesischen Übersetzerverbandes 2023 (Mit freundlicher Genehmigung vom Chinesischen Übersetzerverband)

 

Welche Veränderungen in der chinesischen Politik haben Sie durch Ihre Übersetzungsarbeit festgestellt und welche Politiken sind Ihrer Meinung nach konstant geblieben? Könnten Sie vielleicht ein oder zwei Beispiele anführen, um Ihre Meinung zu verdeutlichen?

 

Konstant ist zum Beispiel das Prinzip, dass die Kommunistische Partei Chinas (KP Chinas) die Interessen des chinesischen Volkes bündelt und die Politik im Interesse des größtmöglichen Teils der Bevölkerung umsetzt. Beispiele für das hohe Mobilisierungspotenzial der KP Chinas findet man sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart. Während der Covid-19-Pandemie konnte man sehr gut sehen, wie die KP Chinas das ganze Land über einen effizienten Verwaltungsapparat zur Umsetzung einer bestimmten Politik mobilisieren konnte. Im Gegensatz dazu betreibt Deutschland manchmal eine recht ineffiziente Politik, weil sich die verschiedenen Bundesländer nicht einigen können.

 

Gleichzeitig stellt China immer wieder neue Konzepte vor und hat Großprojekte ins Leben gerufen, wie z.B. die „Schicksalsgemeinschaft der Menschheit“ oder die „Neue Seidenstraßen-Initiative“. China spielt auf der Weltbühne eine immer größere Rolle. Beispielsweise gründet China eigene Institutionen mit internationalem Einfluss, wie die Asian Infrastructure Investment Bank.

 

Haben Sie diesbezüglich Fehlinterpretationen in der westlichen Welt beobachtet?

 

Ja, viele Menschen im Westen können sich vielleicht nicht vorstellen, dass China eine globale Strategie hat, die der gesamten Weltgemeinschaft nützen könnte. Man misstraut China, weil man annimmt, dass China in erster Linie seine eigenen nationalen Interessen verfolgt, genau wie die USA oder andere Großmächte. Das liegt vor allem daran, dass man noch in den Kategorien des Kalten Krieges und Nullsummenspiels denkt.

 

Ein weiterer Grund ist die unterschiedlich große kulturelle und sprachliche Distanz. Durch die leichte Erlernbarkeit der englischen Sprache und die Macht der amerikanischen Kulturindustrie rezipieren die Menschen in der westlichen Welt, wie z.B. die Deutschen, in großem Umfang amerikanische Kulturprodukte, selbst wenn diese von minderer Qualität sind. Viele hochwertige chinesische Kulturerzeugnisse bleiben hingegen den Deutschen verschlossen. Der Zugang zu China kann nur über viele Hürden erfolgen.

 

Sie haben bereits in den 1990er Jahren in China studiert. 2012 sind Sie nach Deutschland zurückgekehrt. Seit 2020 arbeiten Sie wieder in Beijing, im Verlag für Fremdsprachige Literatur. Wie hat sich China Ihrer eigenen Meinung nach in den letzten Jahren verändert?

 

Chinesische Großstädte verfügen über hervorragende U-Bahnnetze, Logistikketten und digitale Dienstleistungsangebote, die das tägliche Leben erheblich erleichtern. In Bezug auf den digitalen Zahlungsverkehr kann man sagen, dass sich die chinesische Entwicklung auf der Überholspur befindet. Unter anderem wurden zahlreiche Testzonen für neue Technologien eingerichtet. Erfreulicherweise hat sich auch die Luftqualität in den letzten Jahren stark verbessert.

 

Herr Risse, ich danke Ihnen für das Gespräch.

 

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