„Als Deutscher habe ich das Glück, nun visumfrei nach China einreisen zu können. So konnte ich gut einen Monat im Land verbringen, da praktisch mehrfache visumfreie Einreisen erlaubt sind.“ Das erklärt der deutsche Reise-Influencer Ken Abroad auf seinem beliebten YouTube-Kanal. Er ist einer der Profiteure der neuen Politik zur visafreien Einreise, die Chinas Regierung Ende vergangenen Jahres eingeführt hat. Sie berechtigt viele europäische Inhaber eines gewöhnlichen Reisepasses ohne Visum in die Volksrepublik einzureisen und erspart ihnen somit zeitaufwendige und kostspielige Behördengänge. Viele Menschen in Europa machen bereits Gebrauch von der Neuregelung und starten touristisch in Richtung Asien.
Anfang Mai kündigte Chinas Staatspräsident Xi Jinping während seiner ersten Europareise seit fast fünf Jahren zudem an, die Visumbefreiung für Kurzzeitbesuche in China für Bürger aus zwölf Ländern noch einmal bis Ende 2025 zu verlängern, auch für elf Staaten in Europa. Die neuerliche Charmeoffensive in Sachen Visumspolitik zeigt Chinas festen Willen, seine hochgradige Außenöffnung fortzusetzen und den Austausch und die Zusammenarbeit mit dem Ausland weiter zu stärken.
Angetrieben von den günstigen Voraussetzungen hat sich Chinas Einreiseverkehr in den letzten Monaten dann auch stetig erholt. Die Nationale Einwanderungsbehörde (NIA) stellte im ersten Quartal des laufenden Jahres rund 466.000 Visa für ausländische Reisende aus – fast 120 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Insgesamt zählte die Behörde zudem zwei Millionen visumsfreie Einreisen ausländischer Staatsangehöriger auf das chinesische Festland, ein Plus von 266 Prozent im Jahresvergleich. Der Boom im Einreiseverkehr setzte sich auch während der Maifeiertage fort. Zahlen des Ministeriums für Kultur und Tourismus zufolge gab es während der fünftägigen Ferien rund um den Tag der Arbeit etwa 1,76 Millionen Einreisen auf das chinesische Festland.
In Reisestimmung: Diese Touristen besichtigen am 6. April das Einkaufsviertel am berühmten Yuyuan-Garden im Herzen Shanghais. (Foto: Chen Aiping / Xinhua)
Eindrücke aus erster Hand
Im Zuge des neuen China-Reisefiebers berichten auch immer mehr ausländische Travel-Vlogger über ihre Reiseerfahrungen in der Volksrepublik und geben so der Welt Einblicke aus erster Hand ins Reich der Mitte. Der deutsche Ken Abroad, dem 320.000 Abonnenten auf YouTube folgen, ist ebenfalls auf diesen Zug aufgesprungen. China habe ihn richtig „geflasht“, nachdem er einen Monat lang quer durchs Land gereist sei, berichtet er auf seinem Channel.
In seinen Videos hat er Städte wie Shanghai, Guangzhou, Beijing, Harbin, Xi’an und Ürümqi sowie auch die Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macao erkundet und sich dabei auch durch die regionalen Speisenkarten gefuttert. Chinas Metropolen seien „modern, zivilisiert, sauber, sicher, schön und beeindruckend“, so sein Fazit. Auch mit berühmten chinesischen Online-Zahlungsmitteln wie WeChat Pay hat sich der Deutsche auf seiner Reise vertraut gemacht.
„Bei eurer Chinareise werdet ihr schnell feststellen, dass hier bargeldloses Bezahlen überall zum Alltag gehört. Vom Obsthändler um die Ecke bis hin zu hippen Bars, Restaurants, Cafés und Geschäften – überall kann man digital bezahlen. Hier nutzen einfach alle Online-Payment, was das Bezahlen im Alltag super reibungslos und easy macht, sei es beim Einkaufen, beim Essengehen oder im öffentlichen Nahverkehr“, schwärmt Ken in einem seiner Videos.
Am meisten aber habe ihn beeindruckt, dass das Land so sauber sei und es kaum Armut gebe. „Ich habe während meiner Reise in allen sechs Städten, in denen ich auf dem Festland war, nirgends Obdachlose gesehen“, sagt er. In Deutschland sehe das mancherorts ganz anders aus, so der Weltenbummler.
Auf seiner offiziellen Website stellt der Influencer sich im Detail vor. Er wolle die „echten“ Seiten jedes Landes auf seinem Kanal einfangen, schreibt er dort. Wo gehen die Einheimischen selbst essen? Wo hängen sie ab? Wie reisen sie durchs eigene Land? Mit solchen Fragen und großer Neugier im Gepäck präsentiert Ken in seinen Clips ein authentisches und positives Tourismus-Image und zeigt vielseitige Facetten der besuchten Länder. Unter seinen Videos finden sich dazu jede Menge Kommentare.
„Viele Leute unterstellen mir wegen meiner China-Videos, dass ich von der chinesischen Regierung gekauft wurde.“ Das sei natürlich Unfug und eine absurde Behauptung, weist Ken die Vorwürfe in einem seiner Beiträge zurück, in dem er die Fragen seiner Fans beantwortet. Als Beispiel führt er seine Xinjiang-Reise an, auf der er sich ohne offizielle Erlaubnis völlig frei habe bewegen können, wie er versichert.
Er gibt zu bedenken, dass die Chinaberichterstattung der westlichen Medien oft negativ sei. Die Realität sehe jedoch anders aus. „Alles, was ich in China hautnah erlebt habe, hat mich sehr überrascht und war besser als erwartet. Das Land gefällt mir super und ich empfehle allen, nach China zu reisen und sich persönlich ein Bild zu machen, anstatt dieses faszinierende Land und seine Menschen in irgendwelche Schubladen zu stecken.“
Touristische Charmeoffensive
Fakt ist: Ken Abroad ist kein Einzelfall. Wenn man sich durch die Reisevideos unterschiedlicher ausländischer Vlogger klickt, findet man immer wieder sehr ähnliche Darstellungen über China. Die guten Reiseerfahrungen der Influencer sind auch den günstigen Bedingungen der chinesischen Regierung zu verdanken.
Die Visaerleichterungen sind dabei nur ein Teil des Puzzles. Parallel dazu arbeitet die Regierung gezielt daran, den Service für Auslandstouristen zu verbessern. Schon im September 2023 gab das Generalbüro des chinesischen Staatsrats eine Mitteilung über gezielte Maßnahmen bekannt, um das Potenzial des Tourismus besser zu entfalten und für eine hochwertige Entwicklung der Tourismusindustrie zu sorgen. Darin wird unter anderem gefordert, die Buchung von Eintrittskarten für Sehenswürdigkeiten, den Kauf von Bus- und Schifftickets, das Einchecken in Unterkünften und das elektronische Bezahlen für ausländische Reisende einfacher zu machen. Auch setzt die Regierung darauf, den grenzüberschreitenden Reiseverkehr zu beschleunigen und wieder mehr Direktflugverbindungen zu anderen Ländern zu eröffnen.
Um Hürden beim digitalen Bezahlen für ausländische Touristen abzubauen, haben das Ministerium für Kultur und Tourismus, die Chinesische Volksbank, die State Administration of Foreign Exchange und Chinas Verwaltung für nationales Kulturerbe im April des laufenden Jahres eine Bekanntmachung herausgegeben, in der sie alle mit 5A und 4A bewerteten Reiseziele, alle Ferienorte auf nationaler und Provinzebene, alle touristischen Kulturstraßen nationaler Ebene sowie alle Drei- bis Fünf-Sterne-Hotels dazu anhalten, auch internationale Bankkarten zu akzeptieren.
Größere Kultur- und Tourismuseinrichtungen sind aufgefordert, neben digitalem Payment auch Ticketschalter mit Personal zu unterhalten sowie Barzahlungen zu unterstützen, hieß es in der Bekanntmachung weiter. An Kultur- und Tourismusorten mit großem ausländischen Zulauf soll zudem leichter Geld umgetauscht werden können. Auch der mobile Zahlungsverkehr werde weiter optimiert, heißt es in dem Papier.
Ganz neu: Am 15. Mai hat China eine Regelung auf den Weg gebracht, die die visafreie Einreise für ausländische Touristengruppen an Bord von Kreuzfahrtschiffen über alle chinesischen Kreuzfahrthäfen ermöglicht. Touristengruppen, die aus mindestens zwei Ausländern bestehen und von chinesischen Reisebüros betreut werden, können visumfrei an Bord von Kreuzfahrtschiffen über die Häfen in 13 chinesischen Städten, darunter Shanghai, Tianjin, Guangzhou und Sanya, nach China einreisen, so teilte die Nationale Einwanderungsbehörde mit.
Shi Zeyi, stellvertretender Direktor des Büros für internationalen Austausch und Zusammenarbeit des Ministeriums für Kultur und Tourismus, wies auf das positive Wachstum des Kreuzfahrtmarktes hin und sagte, dass von Februar bis April bereits über 14.000 Touristen aus mehr als 40 Ländern und Regionen China an Bord von Kreuzfahrtschiffen angesteuert hätten.
Das Ministerium sei nun dabei, den gesamten Prozess des Einreisetourismus zu straffen, Probleme zu lösen und die Visums- und Zollbestimmungen zu optimieren. Zudem werde an einer Verbesserung der touristischen Dienstleistungen sowie des Managements und Konsumumfeldes an beliebten Kultur- und Touristenspots gearbeitet, so Shi weiter. „All dies dient dazu, das Reisen in China für ausländische Touristen reibungsloser und komfortabler zu machen.“
„China ist ein riesiges und faszinierendes Land und es gibt noch jede Menge Orte, die eine Reise wert sind“, resümiert Reise-Vlogger Ken auf seinem Kanal. Seine nächste China-Reise sei schon in Planung, verrät er. „Vielleicht in der zweiten Jahreshälfte, dann aber mit einem Mietauto, um nicht nur die großen Städte zu erkunden, sondern auch das Hinterland.“ Man darf also gespannt sein, welche Eindrücke aus erster Hand der Deutsche beim nächsten Mal per Video in seine Heimat trägt.