HOME>Leserfavoriten

Altern in China: Nachhaltiges Sozialabsicherungssystem, mehr Geschlechtergerechtigkeit

2022-12-27 16:48:00 Source:german.chinatoday.com.cn Author:Justine Coulson*
【Schließen】 【Drucken】 GroßMittelKlein

Dr. Justine Coulson ist Vertreterin des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) in China. 

  

Bis 2050 wird es weltweit 2,1 Milliarden Menschen über 60 Jahre geben. Da die Bevölkerung schneller altert als je zuvor, müssen sich auch die Regierungen noch schneller denn je auf diesen demografischen Wandel einstellen. Um eine erfolgreiche Anpassung an eine alternde Welt zu ermöglichen, wird jetzt auf globaler Ebene den Bedürfnissen und der Rolle älterer Menschen im Rahmen der Agenda für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Als entscheidende Größe für die Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden dieser wachsenden Bevölkerungsgruppe gilt dabei der gesellschaftliche Schutz. 

  

Der Internationale Aktionsplan von Madrid zum Thema Altern aus dem Jahr 2002 war die erste globale Vereinbarung, die ältere Menschen als Mitwirkende an der Entwicklung ihrer Gesellschaften anerkannte. Der Plan definiert drei vorrangige Bereiche für nationale Investitionen. Ziel ist es, alle Länder auf die Herausforderungen einer alternden Bevölkerung vorzubereiten und sie zum Handeln anzuspornen. Zu den Kernthemen zählen: ältere Menschen als Nutznießer und aktive Teilnehmer einer nachhaltigen Entwicklung zu verstehen, Gesundheit und Wohlbefinden bis ins hohe Alter sicherzustellen und ein günstiges Umfeld für die soziale Entwicklung zu schaffen, das die Bedürfnisse und Rechte älterer Menschen berücksichtigt. Für den Schutz älterer Menschen bestehen dabei drei Prioritäten: Krankenversicherung, Rentenabdeckung und Zugang zu guter medizinischen Versorgung und Langzeitpflege. Diese drei Aspekte garantieren, was die älteren Menschen brauchen. All dies dient letztendlich dazu, dass Senioren weiterhin eine angemessene Lebensqualität genießen und eine aktive Rolle in ihren Gemeinschaften spielen können. 

  

Geschlechtergerechtigkeit im Alter als zentrales Element 

  

Damit alle Menschen Zugang zu allen Dienstleistungen und Unterstützungsmaßnahmen haben, die für ein gesundes, erfülltes und unabhängiges Leben im Alter wichtig sind, müssen die gesellschaftlichen Schutzmechanismen für ältere Menschen gut greifen und Ungleichheiten beim Altern, einschließlich der Ungleichheit zwischen den Geschlechtern, gezielt angehen. 

  

Denn Frauen leben tendenziell länger als Männer: 2017 machten Frauen 54 Prozent der Weltbevölkerung im Alter von 60 Jahren oder älter und 61 Prozent der über 80-Jährigen aus. Doch in vielen Konstellationen erreichen Frauen das Alter ärmer und mit weniger Ersparnissen und Vermögen als Männer. Von der Geburt über die Kindheit und Jugend bis ins Erwachsenenalter führen die Auswirkungen geschlechtsspezifischer Ungleichheiten etwa bei Bildung, Gesundheit und Beschäftigung dazu, dass Frauen im Alter weniger finanziell abgesichert sind als ihre männlichen Altersgenossen. Weltweit gesehen verdienen Frauen 23 Prozent weniger als Männer, was zu einer lebenslangen Einkommensungleichheit beiträgt. Noch schlimmer: bei Frauen mit Kindern klafft das geschlechtsbedingte Lohngefälle noch deutlicher. Nach dem Eintritt in den Ruhestand erhalten Frauen in der Regel niedrigere Rentenzahlungen als Männer. 2021 betrug dieser Unterschied in einigen OECD-Ländern mehr als 40 Prozent. Da sie ein Leben lang weniger in ihre Fähigkeiten investiert haben, sind ältere Arbeitnehmerinnen oft unverhältnismäßig stark von der Einführung neuer Technologien und der Automatisierung von Arbeitsplätzen betroffen. 

  

Wie andere Länder in Asien und darüber hinaus steht auch China vor einer doppelten demografischen Herausforderung: einer niedrigen Geburtenrate und einer rasch alternden Bevölkerung. Seit 2022 schnellt Chinas Bevölkerung im Alter von 60 Jahren und darüber spürbar in die Höhe – mit einem voraussichtlich durchschnittlichen Jahresanstieg von über 11,5 Millionen Senioren zwischen 2021 und 2025. Das ist ein weitaus größerer Zuwachs als der jährliche Anstieg von 7,4 Millionen zwischen 2015 und 2020.  

  

Im Jahr 2021 gab es 267 Millionen ältere Menschen in China. Doch bis 2050 könnte diese Zahl auf über 500 Millionen ansteigen, was dann mehr als 40 Prozent der Gesamtbevölkerung entspräche. Die rasch wachsende ältere Bevölkerungsgruppe ist ein Beleg für die rasante sozioökonomische Entwicklung Chinas in den letzten vier Jahrzehnten. Diese hat dafür gesorgt, dass eine gesündere, wohlhabendere und besser ausgebildete ältere Generation entstanden ist. Die Volksrepublik hat vor diesem Hintergrund erkannt, wie wichtig es ist, ein nachhaltiges Sozialabsicherungssystem zu entwickeln, das auf die Bedürfnisse einer alternden Bevölkerung eingeht und dafür sorgt, dass deren Wohlergehen vermehrt wird und soziale Fairness und Gerechtigkeit gewährleistet werden. 

  

Tanzen im Ruhestand: Die Regierung von Jing'an (Provinz Jiangxi) hat eigens ein Sommerprogramm für ländlichen Tourismus für ältere Stadtbewohner aufgelegt, damit diese der Sommerhitze entkommen können. (Foto: Xinhua) 

  

2020 läutete die UN-Generalversammlung eine Dekade für gesundes Altern (2021-2030) ein. In einer entsprechenden Resolution rief sie die Regierungen der Mitgliedsländer dazu auf, die Finanzierung des Gesundheitswesens, die Langzeitpflege, die Renten und andere soziale Schutzmaßnahmen gut zu integrieren. Ziel müsse es sein, die Bedürfnisse älterer Menschen zu decken und es ihnen zu ermöglichen, „das zu sein und zu tun, was sie schätzen“, so das Papier. Im Einklang mit dieser Empfehlung hat sich China dazu verpflichtet, die derzeitigen Herausforderungen zu bewältigen, denen sich Menschen beim Übergang zwischen verschiedenen Sozialabsicherungssystemen gegenübersehen, indem es ein einheitliches, mehrstufiges Sozialabsicherungssystem entwickelt hat. Dieses System dient als ein Sicherheitsnetz für die gesamte Bevölkerung, unabhängig von Wohnort, Beschäftigung oder Geschlecht. 

  

Die Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse älterer Frauen wird für den Erfolg dieser geplanten Verbesserungen von entscheidender Bedeutung sein. Auch in China haben Frauen mit 80,88 Jahren eine höhere Lebenserwartung als Männer (75,37 Jahre). Das Wohlergehen der Frauen in China hat in den vergangenen Jahren merklich zugenommen, denn mehr als 95 Prozent der Frauen sind heute von der medizinischen Grundversicherung abgedeckt. Obwohl sich auch die reproduktive Gesundheit von Frauen in Stadt und Land deutlich verbessert hat und die Bedürfnisse älterer Frauen – insbesondere im Hinblick auf Pflegedienste – stärker in den Mittelpunkt gerückt wurden, machen Frauen weiterhin nur 45 Prozent der gesamten erwerbstätigen Bevölkerung aus. 

  

Die weltweite Erfahrung hat gezeigt, dass ein lebenslang geringeres Engagement in der Erwerbsarbeit dazu führen kann, dass Frauen mit 60 Jahren ein weitaus niedrigeres Einkommen haben als Männer. Um sicherzustellen, dass Frauen bei guter Gesundheit, in Würde und mit den nötigen Fähigkeiten altern können und zudem in der Lage sind, ihr volles Potenzial in die Gesellschaft einzubringen, sind Investitionen in einen lebenszyklusbasierten Schutzansatz, bei dem die Gleichstellung der Geschlechter im Mittelpunkt steht, unerlässlich. 

  

*Dr. Justine Coulson ist Vertreterin des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) in China. 

Teilen:

Copyright © 1998 - 2016

今日中国杂志版权所有 | 京ICP备10041721号-4

京ICP备10041721号-4