Text: Xia Yuanyuan / Fotos: Yu Xiangjun
An diesem Wintertag bietet sich Besuchern am Ufer des Gelben Fluss im Jung-Gar-Banner in der Inneren Mongolei ein zauberhaftes Bild: ein Schwarm von Rostgänsen hat sich hier niedergelassen und tummelt sich auf der Wasseroberfläche. Die tierfreundliche Umwelt ist das Ergebnis der jahrelangen Umweltschutzanstrengungen der örtlichen Regierung. Durch eine Reihe von Maßnahmen wie Kampf gegen die Wüstenbildung, Wiederaufbereitung von Industrieabwässern und die Anwendung eines Flusspatensystems hat sich die Wasserqualität des Gelben Flusses und die Umwelt vor Ort kontinuierlich verbessert.
Aus Abwässern wird neue Einnahmequelle
Die Einleitung von Industrieabwässern war einst eine der Hauptursachen für die Wasserverschmutzung im Einzugsgebiet des Gelben Flusses. Zhang Kangping, Direktor des Büros für Wasserumwelt-Management des Amts für Umweltschutz im Jung-Gar-Banner, erzählt uns, dass die lokale Regierung seit Jahren auf grüne Entwicklung setzt. Insbesondere werde die Wiederverwertung von Industrieabwässern gezielt vorangetrieben. „Früher bedeutete Umweltschutz eine Last, ja einen Kostenfaktor“, sagt er. Jetzt hingegen brächten die Schutzanstrengungen sogar Gewinne.
Die Wirtschaftsentwicklungszone des Jung-Gar-Banners ist als Cluster der Kohle- und Chemieindustrie bekannt. Die ansässigen Unternehmen in der Zone leiten jedoch hoch salzhaltige Abwässer von bis zu 300.000 Litern pro Stunde ab. Und mit der Erweiterung der Zone nimmt die Abwassermenge sogar noch zu. Um das Problem in den Griff zu bekommen, haben die örtlichen Behörden insgesamt 143 Millionen Yuan in den Aufbau der Abwasserwirtschaft investiert und hochmoderne Kläranlagen errichtet. Diese sind zum einen in der Lage, alle hoch salzhaltigen Abwässer professionell aufzubereiten, zum anderen können sie eine Vielzahl von industriellen Rohstoffen herstellen, etwa Natriumchlorid oder Natriumsulfat. So schlägt man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Einerseits wird das Abwasser behandelt, andererseits eine lukrative Wiederverwendung ermöglicht.
Technologie auf neuestem Stand: Eine Anlage zur Reinigung von Grubenwasser im Jung-Gar-Banner
Neben der Behandlung von Industrieabwässern hat das Jung-Gar-Banner auch große Anstrengungen unternommen, um Grubenwasser zu reinigen und wiederzuverwenden. Bei Grubenwasser handelt es sich um Abwasser, das während des Kohleabbaus aus dem Kohleflöz oder unter Tage austritt und die Umwelt beeinträchtigt. „Das Jung-Gar-Banner zählt mehr als 130 Kohlebergwerke und jährlich fallen etwa 18 Millionen Tonnen Grubenwasser an. In der Vergangenheit führte die Ableitung des Grubenwassers nicht nur zur Verschwendung von Wasserressourcen, sondern auch zur Verschmutzung der wichtigsten Flüsse in der Region“, erinnert sich Zhang zurück.
Mittlerweile hat sich das Bild völlig gewandelt. Da die Schwebstoffe im Grubenwasser vor Ort relativ leicht sind, ist das Abwasser gut aufzubereiten. Als unsere Reporterin eine lokale Anlage zur Grubenwasserreinigung besucht, erfährt sie, dass das behandelte Wasser hier in zwei unterirdische Zisternen fließt, in denen das gereinigte Wasser klar und sauber ist. Werkstattdirektor Li Zhili erklärt uns, dass die Zisternen insgesamt zwei Millionen Liter gereinigtes Grubenwasser fassen können. Das gereinigte Nass diene den Menschen im Minengebiet als Wasser für den Lebens- und Arbeitsalltag. Auf diese Weise ließen sich jeden Tag Tausende Yuan einsparen, erklärt Li.
Aus der Wüste entspringt eine grüne Oase
Das Jung-Gar-Banner liegt am Mittellauf des Gelben Flusses, einer halbtrockenen bis trockenen Region, die mit Bodenerosion und einem Ungleichgewicht zwischen Wasser und Sand kämpft. Die Eindämmung der Desertifikation gilt hier als vorrangige Aufgabe bei der Regulierung des Gelben Flusses.
Seit 2000 hat das Jung-Gar-Banner bereits 2,63 Milliarden Yuan in den Umweltschutz investiert, mit Erfolg. Graslandschaften und Wälder mit einer Fläche von rund 430.000 Hektar konnten angelegt werden. Damit ist die Waldabdeckung in der Region von 8,4 Prozent auf 36,38 Prozent gestiegen, die Vegetationsbedeckung sogar von 16,6 Prozent auf 76,2 Prozent. Darüber hinaus hat man einen Deich von 61 Kilometern Länge errichtet, zudem 800 Sedimentations- und 2000 Sandfangdämme. All dies trug dazu bei, dass Boden und Wasser auf einer Fläche von rund 150.000 Hektar erhalten werden konnten. Nicht zuletzt gelang es, die Gefahr von Sandstürmen und Bodenverlusten wirksam einzudämmen.
Als Flusspate auf Dorfebene im Jung-Gar-Banner inspiziert Qiao Xu den Abschnitt des Gelben Flusses, für den er verantwortlich ist, zweimal im Monat. In den letzten Jahren hat er mit Freuden festgestellt, dass die Zahl der hier rastenden Zugvögel deutlich zugenommen hat. Man kann mittlerweile sogar geschützte Tierarten der Kategorie 2 wie Schwäne, Rostgänse und Graukraniche sichten. „Mit den Bäumen und dem Gras hat auch die Anzahl der Zugvögel zugenommen, was beweist, dass sich unsere ökologische Umwelt deutlich verbessert hat“, gibt Qiao stolz zu Protokoll.
Um sicherzustellen, dass der Gelbe Fluss klar und sauber bleibt, haben die Fluss-Verantwortlichen auf Banner-, Gemeinde- und Dorfebene Inspektionen zu einer regelmäßigen Arbeitsaufgabe gemacht. Jeder Fluss hat nun einen festen Verantwortlichen. Dieser soll von Zeit zu Zeit die Flussoberfläche, das Ufer und die Gräben im eigenen Zuständigkeitsbereich überprüfen und auftretende Probleme rechtzeitig lösen. „Die Umgebung meiner Heimatstadt hat sich auf diese Weise inzwischen merklich verbessert. Auch mein Verantwortungsbewusstsein für den Schutz unseres ,Mutterflusses‘ ist gestiegen“, sagt Qiao.
Einheimische profitieren vom Tourismus
Neben dem ökologischen Nutzen schafft die Sanierung des Gelben Flusses auch neue Chancen für die Entwicklung des Tourismus.
Winterlandschaft: Blick auf die imposante Schlucht des Gelben Flusses im Jung-Gar-Banner
Das Landschaftsgebiet der Schlucht des Gelben Flusses Jung-Gar liegt im Kreis Weijiamao, genauer gesagt im Dorf Dujiamao. Früher war hier die Landwirtschaft die Haupteinkommensquelle der Menschen. Aber jetzt konzentrieren sich die Einheimischen auf die Entwicklung des Tourismus. Dank einer Reihe interaktiver Erlebnisangebote hat sich das Landschaftsgebiet über die Region hinaus einen Namen gemacht. Seit 2021 hat man mehr als 300.000 Touristen empfangen. Die große Besucherzahl gibt der Entwicklung von Hotellerie und Gastronomie Auftrieb. Das durchschnittliche Einkommen der Dorfbewohner hat sich über die Jahre vervielfacht.
Die Geschäfte laufen: Yao Li betreibt erfolgreich ein Restaurant am Gelben Fluss. (Foto: Xia Yuanyuan)
Das Dörfchen Xiaotanzi am Gelben Fluss beispielsweise ist mittlerweile zu einem beliebten Ausflugziel gereift. Viele Touristen pilgern in das malerische Örtchen, um die lokale Küche zu probieren, insbesondere die köstlichen Fische, die direkt im Gelben Fluss gezüchtet werden. Die geschäftstüchtigen Dorfbewohner haben den Markt genau im Blick. Viele haben mittlerweile eigene Restaurants am Flussufer eröffnet.
Der Aufschwung des Tourismus in der Heimat ermutigt viele Wanderarbeiter, aus den Städten wieder in die alte Heimat zurückzukehren. So auch Yao Li. Sie gab 2012 ihr Geschäft in der Bekleidungsbranche in der Stadt auf, um nach Xiaotanzi zurückzukehren und hier ein Restaurant zu eröffnen. Die Geschäfte laufen gut. Ihr Betrieb bringe ihr 200.000 bis 300.000 Yuan pro Jahr, sagt sie.
Die engagierte Restaurantbesitzerin erklärt uns: „Früher mussten wir unser Dorf verlassen und in der Stadt arbeiten. Jetzt bieten sich Beschäftigungsmöglichkeiten direkt in der Heimat.“ Das sei insbesondere dem erfolgreichen Umweltschutz zu verdanken, lobt sie. „Dank der schönen Natur wird auch unser Leben hier immer besser und schöner.“